Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde: Grundsätzliche Bedeutung
Leitsatz (NV)
- Eine Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO n.F., wenn sich ihre Bedeutung in der Entscheidung eines konkreten Einzelfalls erschöpft. Dass der BFH über einen vergleichbaren Sachverhalt bislang noch nicht entschieden hat, macht eine Rechtssache nicht klärungsbedürftig, wenn der Streitfall nicht geeignet ist, Grundsätze zur Auslegung und Anwendung des § 33 EStG zu entwickeln, die für eine Vielzahl gleichartiger Fälle bedeutsam sind.
- Die Rechtsfrage, ob Eltern sittlich verpflichtet sind, ihren seit einem Tauchgang verschollenen Sohn suchen zu lassen, ist nicht grundsätzlich bedeutsam; sie lässt sich anhand der von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien beantworten. Die Rechtssache ist auch nicht geeignet, eine weitere Fallgruppe der tatsächlichen oder sittlichen Verpflichtung zu entwickeln, da sie einen selten vorkommenden Einzelfall zum Gegenstand hat, der zudem nur unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls entschieden werden kann.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; EStG § 33
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Rechtssache ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) formulierte Rechtsfrage, ob Aufwendungen für die Suche nach einem ―seit einem Tauchgang verschollenen― nahen Angehörigen als außergewöhnliche Belastung nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind, ist nicht im Allgemeininteresse klärungsbedürftig.
Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig sein (st. Rspr., vgl. Bundesfinanzhof ―BFH―, Beschluss vom 21. April 1999 I B 99/98, BFHE 188, 372, BStBl II 2000, 254, m.w.N.). Daraus folgt, dass sich die Bedeutung nicht in der Entscheidung des konkreten Einzelfalls erschöpfen darf, sondern eine Vielzahl gleichartiger Fälle betreffen muss.
Ein über die Entscheidung des Streitfalles hinausgehendes Interesse an der Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage ist nicht ersichtlich. Zwar hat der BFH einen vergleichbaren Sachverhalt bislang nicht entschieden. Dies macht die Rechtssache jedoch nicht grundsätzlich klärungsbedürftig, denn sie ist nicht geeignet, Grundsätze zur Auslegung und Anwendung des § 33 EStG zu entwickeln, die für eine Vielzahl gleichartiger Fälle bedeutsam sind.
Was unter einer sittlichen Verpflichtung i.S. des § 33 EStG zu verstehen ist, ist höchstrichterlich geklärt. Nach ständiger Senats-Rechtsprechung setzt eine Zwangsläufigkeit aus sittlichen Gründen voraus, dass das sittliche Gebot "ähnlich einem Rechtszwang von außen her als eine Forderung oder zumindest Erwartung der Gesellschaft in der Weise in Erscheinung tritt, dass die Unterlassung Nachteile im sittlich-moralischen Bereich oder auf gesellschaftlicher Ebene zur Folge haben kann" (u.a. Urteil vom 22. Oktober 1996 III R 265/94, BFHE 182, 352, BStBl II 1997, 558, m.w.N.). Allerdings bedürfen insbesondere die Merkmale eines so offen formulierten Tatbestandes wie § 33 EStG über die abstrakten Definitionen hinaus, was unter sittlicher oder tatsächlicher Zwangsläufigkeit zu verstehen ist, der Konkretisierung. Dementsprechend hat die Rechtsprechung Fallgruppen von Verpflichtungsgründen gebildet und Voraussetzungen für Grund und Umfang der Abziehbarkeit bestimmter Aufwendungen festgelegt (z.B. Prozess- oder Krankheitskosten). Die Frage, ob es einer sittlichen Pflicht entspricht, einen Sohn, der seit einem Tauchgang in Ägypten verschollen ist, zwei Monate später durch eine aus acht Personen bestehende Tauchgruppe suchen zu lassen, lässt sich anhand der von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien beantworten. Der Streitfall ist auch nicht geeignet, eine weitere Fallgruppe zu entwickeln und deren Voraussetzungen zu bestimmen. Denn der Streitfall betrifft einen selten vorkommenden Sachverhalt, der zudem nur unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls entschieden werden kann.
Die Entscheidung ergeht gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne Angabe weiterer Gründe.
Fundstellen