Leitsatz (amtlich)
Der Senat schließt sich der Auffassung des IV. Senats an (Beschluß IV R 34/70 vom 10. März 1970, BFH 98, 461, BStBl II 1970, 457), daß der Anschlußrevisionskläger die Kosten der Anschlußrevision zu tragen hat, wenn die unselbständige Anschlußrevision wegen Unzulässigkeit der Revision von vornherein unzulässig war.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 1, § 135 Abs. 1
Tatbestand
Gegen das am 23. April 1971 zugestellte Urteil des FG, mit dem die Klage z. T. abgewiesen worden war, legte der Kläger (Steuerpflichtige) die vom FG zugelassene Revision ein. Sein Schriftsatz vom 22. Mai 1971 ging am 25. Mai 1971 beim FG ein. Ausweislich des bei den Akten befindlichen Briefumschlages hatte der Steuerpflichtige den Schriftsatz als Einschreiben am 24. Mai 1971 um 18 Uhr bei der Post aufgegeben. Die Revisionsbegründung reichte der Steuerpflichtige am 23. Juni 1971 beim BFH ein. Das FA legte mit Schreiben vom 8. Juni 1971, das am 14. Juni 1971 beim FG einging, Anschlußrevision ein.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unzulässig.
Nach § 120 FGO ist die Revision bei dem FG innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Einlegungsfrist für das am 23. April 1971 zugestellte Urteil endete demgemäß am 24. Mai 1971, nachdem der 23. Mai 1971 auf einen Sonntag fiel. Die Revisionsschrift des Steuerpflichtigen ging aber erst am 25. Mai 1971 beim FG ein und war daher verspätet.
Der Senat sah sich nicht in der Lage, dem Steuerpflichtigen nach § 56 Abs. 2 letzter Satz FGO von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil Gründe, die ein Verschulden des Steuerpflichtigen an dem verspäteten Eingang der Revisionsschrift ausschließen könnten, offensichtlich nicht gegeben sind. Dem Steuerpflichtigen war aus der dem FG-Urteil beigegebenen Rechtsmittelbelehrung die für die Revisionseinlegung maßgebliche Frist bekannt. Wenn er aber erst um 18 Uhr desselben Tages, an dem die Frist ablief, die Revisionsschrift als Einschreibebrief zur Post gab, so konnte er nicht damit rechnen, daß das Schreiben noch am selben Tage (24. Mai 1971) beim FG eingehen würde, zumal das FG seinen Sitz in Düsseldorf, also nicht am Wohnort des Steuerpflichtigen in Bonn hat.
Auch die Anschlußrevision des FA ist unzulässig.
Die Anschlußrevision ist nicht innerhalb der Revisionsfrist des § 120 Abs. 1 FGO eingelegt worden. Es handelte sich deshalb um eine auch im finanzgerichtlichen Verfahren grundsätzlich statthafte unselbständige Anschlußrevision (BFH-Urteil I R 188/67 vom 9. Juli 1969, BFH 96, 397, BStBl II 1969, 690). Diese ist in ihrem Schicksal abhängig von der Revision. Da die Revision unzulässig ist, ist ohne weiteres auch die Anschlußrevision von vornherein unzulässig (BFH-Beschluß IV R 34/70 vom 10. März 1970, BFH 98, 461, BStBl II 1970, 457).
Die Kostenentscheidung ergibt sich auch wegen der Kosten der Anschlußrevision aus § 135 Abs. 1 FGO. Danach trägt der unterliegende Beteiligte die Kosten des Verfahrens. Das ist im Streitfall das FA. Der Senat schließt sich damit der Auffassung des IV. Senats (Beschluß IV R 34/70, a. a. O.) an, der in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des früheren RG bei einer wegen Unzulässigkeit der Revision von vornherein unzulässigen Anschlußrevision ebenfalls die Kosten dem Anschlußrevisionskläger auferlegt hat. Zwar hat der Große Senat für Zivilsachen des BGH (Beschluß GSZ 2/51 vom 17. Dezember 1951, Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bd. 4 S. 229), worauf der IV. Senat zutreffend hingewiesen hat, die Auffassung vertreten, daß bei Zurücknahme einer zulässigen Revision dem Revisionskläger auch die Kosten einer zulässigen unselbständigen Anschlußrevision aufzuerlegen sind. Dieser Fall unterscheidet sich indessen, worauf auch der Große Senat des BGH hinweist, von dem Streitfall insbesondere dadurch, daß der Revisionskläger, der seine Revision zurücknimmt, durch diese in seinem freien Belieben stehende prozessuale Verfügung über sein Rechtsmittel zugleich frei über das prozessuale Schicksal der Anschließung bestimmt. Eine solche freie Verfügung des Revisionsklägers ist bei einer von vornherein unzulässigen Anschlußrevision aber nicht gegeben.
Fundstellen
Haufe-Index 69619 |
BStBl II 1972, 90 |
BFHE 1972, 393 |