Entscheidungsstichwort (Thema)
Rüge fehlender Urteilsgründe
Leitsatz (NV)
Ein wesentlicher Verfahrensmangel i. S. von §116 Abs. 1 Nr. 5 FGO liegt auch vor, wenn das FG lediglich inhaltslose oder unverständliche Wendungen niederschreibt, die nicht erkennen lassen, von welchen Erwägungen es ausgegangen ist, und die eine Überprüfung des Rechtszustandes nicht ermöglichen.
Normenkette
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 5
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Steuerberater selbständig tätig. Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) die Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr geschätzt hatte, reichte der Kläger die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung seines Gewinns aus selbständiger Arbeit nach. Von dem nach §4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelten Gewinn zog der Kläger für "DDR-Tätigkeit" einen Betrag in Höhe von 19 935 DM ab. Es handelt sich dabei um nach der Steuerberatergebührenverordnung (StGebV) berechnete Honorare für von ihm im einzelnen aufgeführte unentgeltlich erbrachte Leistungen an Unternehmen in den neuen Bundesländern.
Mit der Klage machte der Kläger geltend, nach dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 15. März 1990 IV A 7 -- S 0336 -- 21/90 (BStBl I 1990, 122) seien die Honorare, die er für seine unentgeltliche Arbeitsleistung hätte berechnen können, als Betriebsausgaben abzuziehen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte aus, der Wert der unentgeltlichen Arbeitsleistung sei nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig. Der Wert erhöhe weder den Wert seines Betriebsvermögens noch mindere er dieses i. S. von §4 Abs. 4 EStG, weil der Wert der eigenen Arbeitsleistung, soweit er nicht in den Wert eines Wirtschaftsguts eingegangen sei, kein (selbständiges) einlagefähiges Wirtschaftsgut darstelle (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 9. Juli 1987 IV R 87/85, BFHE 150, 345, BStBl II 1988, 342). Unabhängig davon, daß das BMF-Schreiben das Gericht nicht binde, setze dieses voraus, daß Aufwendungen (Minderungen des Betriebsvermögens) für die Erbringung der unentgeltlich erbrachten Nutzungen oder Leistungen entstanden seien. Sinn der Regelung sei, tatsächlich entstandene Aufwendungen im Zusammenhang mit einer unentgeltlichen Tätigkeit zum Abzug zuzulassen, die ohne Billigkeitsregelung -- mangels Zusammenhang mit Einnahmen -- nicht abzugsfähig wären. Die fiktiven Honorare seien kein Aufwand in diesem Sinne. Die entstandenen tatsächlichen Betriebsausgaben habe der Kläger bereits abgezogen.
Die Revision ließ das FG nicht zu.
Mit der Revision macht der Kläger geltend, im Urteil fehle der Hinweis auf eine mögliche Revision. Auch seien die Urteilsgründe nicht nachvollziehbar angegeben. Das Urteil enthalte keine nachvollziehbare Tatbestandsbeschreibung bzw. Tatbestandsfeststellung. Er habe mit der Klage eine Steuerbegünstigung lt. BMF-Schreiben für seine "DDR-Tätigkeit" 1990 begehrt. Es regele steuermindernde Lieferungen und sonstige Leistungen (im Sinne des Umsatzsteuergesetzes) an Unternehmer in der früheren "DDR" auf der Rechtsgrundlage des Einigungsvertrages. Gerügt werde die Ungleichbehandlung von Lieferungen zu sonstigen Leistungen lt. den nicht nachvollziehbaren Gründen des FG. Unstreitig müsse sein, daß Aufwendungen für die DDR-Tätigkeit nicht unter das Abzugsverbot des §2 a EStG (ausländische Einkünfte) fallen. Die DDR und auch die neuen Bundesländer seien niemals Ausland gewesen. Nach dem BMF-Schreiben seien die Leistungen gegenüber Unternehmern in der früheren DDR steuerfrei, soweit sich aus diesen Leistungen Gewinne ergeben. Für Lieferungen stelle der Erlaß ausdrücklich fest, daß Leistungen abzüglich Buchwert im Überschußfall keinen Umsatz und auch keinen steuerpflichtigen Gewinn darstellen sollten. Unternehmer, die wie er sonstige Leistungen (ohne Buchwerte) erbrächten, dürften gegenüber Unternehmen, die Lieferungen erbrächten, nicht schlechter gestellt werden, weil sonst der Grundsatz der steuerlichen Gleichbehandlung aller Unternehmer nicht gewährleistet sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen, hilfsweise, den festgestellten Gewinn um 19 935 DM zu mindern.
Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht statthaft (§124 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) und daher durch Beschluß zu verwerfen (§126 Abs. 3 FGO).
Abweichend von §115 Abs. 1 FGO findet nach Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs die Revision nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der BFH sie zugelassen hat. Auf diese Möglichkeit hat das FG den Kläger in der Rechtsmittelbelehrung auch ausdrücklich hingewiesen. Nichtzulassungsbeschwerde hat der Kläger jedoch nicht erhoben, vielmehr Revision eingelegt und das eingelegte Rechtsmittel auch ausdrücklich so bezeichnet.
Mangels wesentlicher Verfahrensmängel i. S. von §116 Abs. 1 FGO ist im Streitfall eine zulassungsfreie Revision nicht gegeben. Insbesondere greift die Rüge, das angefochtene Urteil sei nicht mit Gründen versehen (§116 Abs. 1 Nr. 5 FGO) nicht durch. Der Kläger hat einen wesentlichen Verfahrensmangel i. S. von §116 Abs. 1 Nr. 5 FGO nicht schlüssig gerügt.
Ein wesentlicher Verfahrensmangel i. S. von §116 Abs. 1 Nr. 5 FGO liegt allerdings nicht nur dann vor, wenn das FG seine Entscheidung überhaupt nicht begründet, sondern auch dann, wenn es bei seiner Begründung lediglich inhaltslose oder unverständliche Wendungen niederschreibt, die nicht erkennen lassen, von welchen Erwägungen das Gericht ausgegangen ist, und die eine Überprüfung des Rechtsstandpunkts nicht ermöglichen (Senatsbeschluß vom 12. Juni 1996 IV R 45/95, BFH/NV 1996, 918, m. w. N.). Das gilt ferner, wenn das FG einen selbständigen Anspruch oder ein selbständiges Angriffsmittel mit Stillschweigen übergeht. Dagegen ist die Rüge nicht schlüssig, wenn der angebliche Begründungsmangel nur ein Tatbestandsmerkmal einer Rechtsnorm berührt (Senatsbeschlüsse in BFH/NV 1996, 918, und vom 20. November 1990 IV R 80/90, BFH/NV 1991, 609).
Den danach zu stellenden Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht. Das angefochtene Urteil läßt klar erkennen, daß nach der Rechtsauffassung des FG die geltend gemachten Betriebsausgaben nicht abzugsfähig sind. Ob diese Auffassung zutrifft oder nicht, ist für das Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels i. S. von §116 Abs. 1 Nr. 5 FGO unerheblich. Das FG hat ferner klar zu erkennen gegeben, daß nach seiner Rechtsauffassung auch das vom Kläger herangezogene BMF- Schreiben in BStBl I 1990, 122 nicht dazu führt, daß der Kläger fiktive Honorare für unentgeltlich erbrachte Leistungen in den neuen Bundesländern als Betriebsausgaben abziehen kann. Es hat sich auch mit dem Wortlaut des BMF-Schreibens, insbesondere den Ausführungen unter Ziff. I 2 a auseinandergesetzt und ist somit auf die vom Kläger vorgebrachten Argumente eingegangen.
Fundstellen
Haufe-Index 67440 |
BFH/NV 1998, 1100 |