Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Beweiserhebung über die Eigenschaft eines Wirtschaftguts als Betriebsvorrichtung
Leitsatz (NV)
Mit der Sachaufklärungsrüge kann nicht geltend gemacht werden, das FG hätte Beweis darüber erheben müssen, ob ein Inventargegenstand Betriebsvorrichtung i.S. des § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG ist, denn diese Frage ist eine Rechtsfrage.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3; BewG § 68 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
Gründe
Der Senat verbindet die Verfahren IV B 45/01, IV B 46/01, IV B 47/01 und IV B 48/01 zur gemeinsamen Entscheidung (§ 73 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Die Beschwerden sind begründet.
1. Gemäß Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) richtet sich die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen eine gerichtliche Entscheidung nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften, wenn die Entscheidung vor dem 1. Januar 2001 verkündet oder von Amts wegen anstelle einer Verkündung zugestellt worden ist. Das ist hier der Fall.
2. Die Verfahrensrügen der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) sind teilweise nicht ordnungsgemäß i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. erhoben worden und im Übrigen unbegründet. Deshalb kommt eine unmittelbare Aufhebung der Vorentscheidung nach § 116 Abs. 6 FGO nicht in Betracht.
a) Die Sachaufklärungsrügen in Bezug auf die Einbeziehung der Darlehenszinsen sind bereits unzulässig. Es fehlt an der ordnungsgemäßen Darlegung eines Verfahrensmangels i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Der Senat verweist insoweit zur Begründung auf seinen Beschluss IV B 41-44/01 vom heutigen Tage.
b) Die Sachaufklärungsrügen in Bezug auf die Versagung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) sind ebenfalls nicht ordnungsgemäß erhoben worden.
aa) Soweit die Klägerin das Übergehen des Beweisantrags rügt, macht sie damit keine Verletzung der Sachaufklärungspflicht geltend, denn der Beweisantrag betraf keine Feststellung von Tatsachen. Vielmehr richtete er sich auf die Beantwortung der Rechtsfrage, welcher Gegenstand der Inventarliste als Betriebsvorrichtung i.S. des § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) anzusehen sei. Über diese Rechtsfrage konnte nicht durch Zeugenvernehmung Beweis erhoben werden. Die Beantwortung der Rechtsfrage war vielmehr Sache des Gerichts selbst.
bb) Ähnlich verhält es sich mit der Rüge, das Finanzgericht (FG) hätte aufklären müssen, welche Vorrichtungen Bestandteil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Grundstücksverwaltung und -nutzung seien. Auch diese Frage ist eine Rechtsfrage, die auf der Grundlage technischer und betriebswirtschaftlicher Feststellungen zu beantworten ist. Die Klägerin macht nur geltend, eine Beweisaufnahme hätte ergeben, dass "Lastenaufzüge", "Kleinkälte" und "Anschlüsse für Kühltheken und Kleinkälte" ebenso wie Beleuchtungsanlagen zu behandeln seien und deshalb zu den kürzungsunschädlichen Vorrichtungen gehörten. Was dazu im Einzelnen durch Sachverständigenbeweis, Ortsbesichtigung und Vorlage von Plänen und Rechnungen hätte festgestellt werden können, trägt die Klägerin aber nicht vor.
cc) Keine ordnungsgemäße Sachaufklärungsrüge stellt schließlich auch das Vorbringen der Klägerin dar, das FG hätte aufklären müssen, ob der Einbau der Inventargegenstände durch den Mieter möglich gewesen wäre. Die Klägerin trägt nicht vor, dass die Einbauten technisch nicht durch den Mieter hätten erfolgen können. Vielmehr beschränkt sich das Vorbringen darauf, es sei wirtschaftlich unsinnig gewesen, den Einbau vom Mieter vornehmen zu lassen, weil im Rahmen der Bauausführung durch einen Generalunternehmer die entsprechenden Einrichtungen kostengünstiger vom Vermieter hätten erstellt werden können. Darauf kam es aber nach Meinung des FG nicht an, wie insbesondere daraus deutlich wird, dass das FG auf die Vorfinanzierung des Bauvorhabens durch die GmbH II, der späteren Mieterin, hingewiesen hat.
c) Die Rügen, das FG habe seine Entscheidung nicht auf der Grundlage des Gesamtergebnisses des Verfahrens getroffen (Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO) sind zumindest unbegründet.
aa) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Daraus ergibt sich die Verpflichtung des FG, den Inhalt der ihm vorliegenden Akten sowie das Ergebnis von Beweiserhebungen jeder Art vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen (Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 6. Dezember 1978 I R 131/75, BFHE 126, 379, BStBl II 1979, 162, Nr. 4 der Gründe; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 96 Rz. 8, m.w.N.). Für die Würdigung des Prozessstoffs gilt jedoch der Grundsatz der freien Beweiswürdigung, auf Grund dessen das Tatsachengericht seine Schlussfolgerungen nach seiner freien Überzeugung und revisionsrechtlich nicht überprüfbar ziehen kann, sofern sie durch die festgestellten Tatsachen gedeckt sind und die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet werden (BFH-Urteil vom 25. Mai 1988 I R 225/82, BFHE 154, 7, BStBl II 1988, 944).
bb) In keinem der gerügten Punkte kann der Senat einen Verstoß gegen diese Grundsätze erkennen.
aaa) Soweit sich die Rügen auf die Einbeziehung der Darlehenszinsen in den Gewerbeertrag beziehen, verweist der Senat wieder auf seine Ausführungen dazu im Beschluss IV B 41-44/01 vom heutigen Tage.
bbb) Soweit die Klägerin rügt, das FG gehe vom falschen Sachverhalt aus, weil es in den Urteilen heiße "Kühlung und Kühlmöbel" statt "Kühlung der Kühlmöbel", kann offen bleiben, ob durch die erfolgreichen Anträge auf Tatbestandsberichtigung klargestellt ist, dass es sich nicht um einen inhaltlichen Fehler, sondern um einen Schreibfehler gehandelt hat. Selbst wenn das FG davon ausgegangen sein sollte, dass Kühlmöbel in den Betriebsvorrichtungen enthalten sein sollten, hätte sich dieser Fehler auf das Ergebnis nicht ausgewirkt. Denn auch die Kühlung der Kühlmöbel wäre ebenso wie die Kleinkälteanlagen und die Installationen für Kälteanlagen sowie die Installationen in der Bäckerei und Küche vom FG als kürzungsschädliche Betriebsvorrichtung behandelt worden.
3. Die Beschwerden sind aber deshalb begründet, weil die Rechtssachen grundsätzliche Bedeutung haben. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab und verweist im Übrigen auf den Beschluss über die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide vom gleichen Tag (Az. IV S 7-10/01).
Fundstellen