Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB bei vorhandener BFH-Rechtsprechung; Darlegungserfordernisse bei Rüge der Sachaufklärungspflicht und Verstoß gegen rechtliches Gehör
Leitsatz (NV)
- Hat der BFH zu den aufgeworfenen Fragen bereits Stellung genommen, ist zusätzlich darzutun, weshalb gleichwohl eine erneute Entscheidung erforderlich sein soll.
- Für die Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) sind nach ständiger Rechtsprechung genaue Angaben und Ausführungen zu bestimmten Punkten erforderlich.
- Für eine schlüssige Gehörsrüge ist substantiiert und schlüssig darzulegen, was bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen worden wäre. Soweit eine Überraschungsentscheidung gerügt wird, müssen rechtskundig vertretene Kläger grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und ihren Vortrag darauf einrichten.
- Mit der Rüge der unzutreffenden Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen und der fehlerhaften Rechtsanwendung im Streitfall, kann die Zulassung der Revision nicht erreicht werden.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2, § 116 Abs. 3 S. 3; AO 1977 §§ 129, 173 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
FG Münster (Urteil vom 28.11.2003; Aktenzeichen 14 K 1624/03 E) |
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Ihre Begründung entspricht nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Im Übrigen liegen die geltend gemachten Zulassungsgründe auch nicht vor.
1. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) nicht hinreichend dargelegt. Abgesehen von der fehlenden Auseinandersetzung mit der schon vorhandenen BFH-Rechtsprechung ist nicht dargetan, weshalb gleichwohl eine erneute Entscheidung erforderlich sein soll (vgl. BFH-Beschlüsse vom 9. November 1999 VIII B 85/99, BFH/NV 2000, 472; vom 7. November 2001 XI B 37/01, BFH/NV 2002, 511). Der BFH hat zu den aufgeworfenen Fragen bereits Stellung genommen (s. z.B. die Zitate im Urteil des Finanzgerichts ―FG― zu § 129 der Abgabenordnung ―AO 1977―: BFH-Urteile vom 31. Juli 2002 X R 49/00, BFH/NV 2003, 2; vom 29. Januar 2003 I R 20/02, BFH/NV 2003, 1139; zu § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977: BFH-Urteil vom 23. Oktober 2002 III R 32/00, BFH/NV 2003, 441, m.w.N.).
2. Die geltend gemachten (vermeintlichen) Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) sind nicht hinreichend dargetan. Hinsichtlich der gerügten Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) fehlt es an den nach ständiger Rechtsprechung erforderlichen genauen Angaben und Ausführungen zu bestimmten Punkten (z.B. BFH-Beschlüsse vom 27. Oktober 1998 X B 115/97, BFH/NV 1999, 630; vom 10. September 2002 X B 42/02, BFH/NV 2003, 70). Angesichts der in den Erklärungsformularen ausdrücklich gestellten Fragen nach Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Anlage N) und nach Erhaltungsaufwendungen (Anlage V) ist nicht ersichtlich, was das FG noch hätte aufklären sollen (zum möglichen Mitverschulden des Beklagten und Beschwerdegegners bei der Sachaufklärung s. BFH-Beschluss vom 29. September 2003 IX B 64/03, BFH/NV 2004, 10, m.w.N.).
Für eine schlüssige Gehörsrüge haben die Kläger nicht substantiiert dargelegt, was sie bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätten (vgl. BFH-Beschluss vom 14. November 2003 VII B 123/03, BFH/NV 2004, 512). Soweit hinsichtlich § 173 Abs. 1 Nr. 1 (richtig wohl: Nr. 2) AO 1977 eine Überraschungsentscheidung gerügt wird, hätten die rechtskundig vertretenen Kläger grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und ihren Vortrag darauf einrichten müssen (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Oktober 1994 2 BvR 126/94, Deutsches Verwaltungsblatt 1995, 34). Dazu hatten sie spätestens in der mündlichen Verhandlung vor dem FG hinreichend Gelegenheit.
3. Das FG hat seiner Entscheidung die zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt. Letztlich rügen die Kläger dessen unzutreffende Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen und fehlerhafte Rechtsanwendung im Streitfall, womit jedoch die Zulassung der Revision nicht erreicht werden kann (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. Juni 2002 X B 74/01, BFH/NV 2002, 1331; vom 4. Juli 2002 IX B 169/01, BFH/NV 2002, 1476).
Fundstellen