Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB bei Mehrfachbegründung des FG-Urteils; vGA
Leitsatz (NV)
1. Stützt sich die Entscheidung des FG auf mehrere rechtliche Gesichtspunkte, so ist in der NZB-Begründung für jeden dieser Gründe ein Zulassungsgrund i. S. des § 115 Abs. 3 FGO darzulegen.
2. Die Annahme einer vGA liegt nahe, wenn eine Kapitalgesellschaft ihren Gesellschaftern ohne Nachweis der jeweiligen individuellen Leistung gleich hohe Vergütungen zahlt.
3. Die Frage, ob eine Kapitalgesellschaft ihren Gesellschafter-Geschäftsführern eine wissenschaftliche Betreuung zusätzlich zum Gehalt honorieren durfte, beantwortet sich nach dem Maßstab eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2; FGO § 115 Abs. 2
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie genügt nicht den in § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestellten Anforderungen. Deshalb war sie zu verwerfen.
1. Eine zulässige Nichtzulassungsbeschwerde setzt die schlüssige Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes i. S. des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO voraus. Daran fehlt es im Streitfall. Dessen Besonderheit besteht nämlich darin, daß das Finanzgericht (FG) die von ihm angenommene verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) mehrfach begründet hat. Es hat die vGA kumulativ aus folgenden Gründen angenommen:
1) Wegen der wirtschaftlichen Gleichartigkeit der Honorarzahlungen mit Gewinnausschüttungen i. S. des § 29 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung -- GmbHG --,
2) wegen des Fehlens klarer Vereinbarungen über die Honorarzahungen und
3) wegen der unangemessenen Höhe der zusätzlichen Honorarzahlungen.
Jede Begründung trägt für sich genommen die getroffene Entscheidung. Bei dieser Sachlage hätte die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) für jede der drei Begründungen einen eigenständigen Revisionszulassungsgrund darlegen müssen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 115 Rdnr. 59, m. w. N.), wenn die Beschwerdebegründung den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO hätte genügen sollen. Tatsächlich fehlt es jedoch an der Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes für die unter 2) und 3) genannten Begründungen. Dies führt schon für sich genommen zur Unzulässigkeit der Beschwerde.
2. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, daß die Beschwerdebegründung auch aus anderen Gründen nicht durchgreift.
a) Der Senat hat schon in seinem Urteil vom 2. Dezember 1992 I R 54/91 (BFHE 170, 119, BStBl II 1993, 311) anerkannt, daß das Entgelt für Leistungen eines Gesellschafters (dort: Gewinntantieme) als vGA zu qualifizieren ist, wenn es lediglich der Form nach in einen schuldrechtlichen Anspruch gekleidet wird, jedoch wirtschaftlich mit einer Gewinnausschüttung i. S. des § 29 GmbHG identisch ist. Eine entsprechende Annahme liegt vor allem dann nahe, wenn eine Kapitalgesellschaft an ihre Gesellschafter stets nur gleich hohe Entgelte zahlt und es an einem genauen Nachweis über die von jedem Gesellschafter erbrachten individuellen Leistungen fehlt. Das FG hat zwar die Entscheidung nicht zitiert. Sie ist dennoch auch für den Streitfall einschlägig und belegt, daß die Rechtsfrage als solche höchstrichterlich geklärt ist.
b) Wenn die Klägerin geltend macht, speziell in ihrem Falle greife die vom FG angenommene Indizwirkung einer vGA nicht durch, so muß sie zunächst das Interesse der Allgemeinheit an einer Entscheidung darüber darlegen, ob der genannte Grundsatz ausnahmslos gilt oder Ausnahmen zuläßt. Unbeschadet der Rechtsfrage, ob der o. g. Grundsatz nicht ausnahmslos gelten muß, bietet der Streitfall in tatsächlicher Hinsicht keinen Anlaß für die Annahme einer Ausnahme. Die Höhe der Umsätze, der Gewinne und der an die Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlten Entgelte legt die Annahme nahe, daß die zusätzlichen Honorarzahlungen als ein Instrument der Gewinnabschöpfung eingesetzt wurden und schon deshalb mit Gewinnausschüttungen i. S. des § 29 GmbHG wirtschaftlich identisch waren (vgl. unten d). Der insoweit begründete Anscheinsbeweis wird nicht durch die unbewiesene Behauptung der Klägerin widerlegt, der zeitliche Aufwand ihrer Gesellschafter sei über die Jahre hinweg gleich hoch gewesen. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde nur die konkret erbrachte Einzelleistung entsprechend ihrem Wert entgolten haben. Bei dieser Beweislage hatte das FG keinen Anlaß, die Möglichkeit zu erörtern, ob kapazitätsbedingt Leistungen der Gesellschafter von der Klägerin in gleicher Höhe in Anspruch genommen und deshalb auch in gleicher Höhe honoriert wurden. Ein solches von der Klägerin behauptetes Denken entspricht nicht dem Maßstab des Handelns eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters.
c) Zwar hat das FG die Wissenschaftlichkeit der von den Gesellschaftern ausgeübten Tätigkeiten in Zweifel gezogen. Es hat aber auch ausgeführt: "Ob die übernommene Tätigkeit somit stets wissenschaftlichen Charakter hatte, kann jedoch offenbleiben, denn der bloße Hinweis auf die Wissenschaftlichkeit der geschuldeten Leistung genügt dem Erfordernis der Klarheit und Eindeutigkeit der Vereinbarung nicht." Damit kam es nach der Auffassung des FG auf die Wissenschaftlichkeit der Tätigkeit nicht an. Um so weniger hatte das FG Anlaß, ein Sachverständigengutachten über den wissenschaftlichen Charakter der Tätigkeit einzuholen. Auch die Klägerin hat in ihrer Beschwerdebegründung nicht dargelegt, weshalb der wissenschaftliche Charakter der Tätigkeit der Annahme einer vGA entgegenstehen könnte.
d) Letztlich ist jedoch allein entscheidend, ob die Klägerin die von ihren Gesellschafter-Geschäftsführern ausgeübte wissenschaftliche Betreuung von Marketinganalysen diesen gegenüber zusätzlich honorieren durfte. Diese Frage ist nach dem Maßstab des Handelns eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu beurteilen. Bei Umsätzen der Klägerin zwischen 2,7 Mio. (1986) und 3,1 Mio. DM (1988) und einem Gewinn vor Zahlung von Entgelten an die Gesellschafter-Geschäftsführer in Höhe von rd. 455 000 DM (1986 und 1988) bzw. von 395 000 DM (1987) würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter seinen Geschäftsführern kein Gesamtentgelt von 450 400 DM (1986) bzw. von 394 000 DM (1987) bzw. von 454 200 DM (1988) versprochen haben. Er würde darauf geachtet haben, daß auch der Klägerin ein angemessener "Gewinnanteil" verblieben wäre. Dies spricht dafür, daß das zusätzlich gezahlte Betreuungshonorar Gewinnabschöpfungscharakter hatte, weshalb es vom FG zutreffend sowohl als vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) als auch als andere Ausschüttung i. S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG beurteilt wurde.
Der Senat sieht von einer weitergehenden Begründung in analoger Anwendung des Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.
Fundstellen
Haufe-Index 421515 |
BFH/NV 1997, 66 |