Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Entscheidung über Ähnlichkeit eines Berufs i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG durch Sachverständigengutachten
Leitsatz (NV)
Die Entscheidung, ob der Steuerpflichtige nach den festgestellten Tatsachen einen dem Beruf eines Ingenieurs ähnlichen Beruf i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ausübte oder nicht, darf das FG nicht einem Sachverständigen überlassen. Vielmehr gehört dies zu den Aufgaben des FG.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 96 Abs. 1
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist zum Teil unzulässig und im übrigen unbegründet. Sie war daher insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.
1. Die Beschwerde ist unzulässig, soweit der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die Zulassung der Revision wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) begehrt.
a) Insoweit setzt die Zulässigkeit der Beschwerde u. a. voraus, daß die Divergenz bezeichnet wird (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dies erfordert, daß ein abstrakter Rechtssatz dargelegt wird, der in dem Urteil des Finanzgerichts (FG) enthalten ist und es trägt, und daß diesem Rechtssatz ein von ihm abweichender Rechtssatz einer genau bezeichneten Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) gegenübergestellt wird (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl. 1993, § 115 Rz. 63 m. w. N.).
b) Der Vortrag des Klägers erfüllt nicht diese Voraussetzungen. Der Kläger hat keinen abstrakten Rechtssatz dargelegt, der das Urteil des FG trägt und von Rechtssätzen in den vom Kläger bezeichneten BFH-Urteilen vom 18. Juni 1980 I R 109/77 (BFHE 132, 16, BStBl II 1981, 118); vom 31. Juli 1980 I R 66/78 (BFHE 132, 22, BStBl II 1981, 121), und vom 11. Juli 1991 IV R 73/90 (BFHE 165, 221, BStBl II 1991, 878) abweicht. Das FG-Urteil enthält zwar den vom Kläger zitierten Satz, der Kläger habe weder eine ingenieurmäßige Ausbildung erlangt noch eine ingenieurähnliche Tätigkeit ausgeübt. Dieser Satz ist aber kein abstrakter Rechtssatz, sondern enthält lediglich eine rechtliche Würdigung der vom FG festgestellten Tatsachen. Ihm läßt sich weder direkt noch indirekt entnehmen, daß es nach Auffassung des FG auf die Berufsbezeichnung des Klägers -- seinen Titel -- und nicht auf seine durch Ausbildung und Fortbildung erlangten Kenntnisse ankomme.
Soweit der Kläger die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels begehrt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), ist die Beschwerde jedenfalls unbegründet.
a) Für das FG bestand kein Anlaß, über die Ausbildung des Klägers, die vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten und die für diese Tätigkeiten benötigten Kenntnisse Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben. Dem FG waren aufgrund des Vortrags des Klägers und den von ihm vorgelegten Urkunden der Ausbildungsgang des Klägers, seine durch Weiterbildung erlangten Zusatzqualifikationen und die vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten genau bekannt. Sie waren unstreitig und bedurften keines Beweises mehr. Aus der vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) eingeholten Auskunft der Fachhochschule X -- Fachbereich Maschinenbau und Chemieingenieurwesen -- vom 22. Juni 1987, die das FA dem Kläger am 9. September 1987 übersandt hatte, war dem FG ferner bekannt, daß der Kläger aufgrund seiner Berufstätigkeit in Spezialgebieten über Kenntnisse verfügt, die über dem Niveau der Technikerausbildung liegen. Aus der Auskunft ergab sich jedoch auch, daß die vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten nicht die Kenntnisse aus dem Kernbereich des Maschinenbaustudiums voraussetzten.
Diese Tatsachen steuerrechtlich zu würdigen und zu entscheiden, ob der Kläger einen dem Beruf des Ingenieurs ähnlichen Beruf i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ausübte oder nicht, durfte das FG nicht einem Sachverständigen überlassen. Vielmehr gehörte dies zu den Aufgaben des FG.
b) Den im Schriftsatz des Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 19. November 1993 enthaltenen neuen Sachvortrag durfte der beschließende Senat nicht berücksichtigen, da der Schriftsatz erst nach Ablauf der Beschwerdefrist bei Gericht einging (s. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 55).
Fundstellen
Haufe-Index 420058 |
BFH/NV 1995, 217 |