Leitsatz (amtlich)
Zu den Begründungserfordernissen einer auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und auf Divergenz gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist selbständiger Organisations- und Programmierberater. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) würdigte die Tätigkeit des Klägers zunächst als freiberufliche Tätigkeit. Im Anschluß an eine Betriebsprüfung sah das FA den Kläger als Gewerbetreibenden an und gewährte bei den Einkommensteuerveranlagungen 1973 bis 1976 und 1978 nicht mehr den Freibetrag für Angehörige freier Berufe (§ 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --). Die Klage hatte keinen Erfolg. Gegen die Nichtzulassung der Revision erhob der Kläger Beschwerde mit der Begründung, nach ständiger Rechtsprechung -- der Kläger führt einige Entscheidungen des erkennenden Senats mit Datum und Aktenzeichen an -- habe der Bundesfinanzhof (BFH) dargelegt, daß entscheidend für die freiberufliche Tätigkeit Art und Qualität der wie auch immer erworbenen Fähigkeiten sei. Dieses sei nicht beachtet worden.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Der Kläger hat nicht angegeben, ob er die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) oder wegen Abweichung -- Divergenz -- des Urteils des Finanzgerichts (FG) von einer Entscheidung des BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) einlege. Die Prüfung unter beiden rechtlichen Gesichtspunkten ergibt, daß die Beschwerde nicht den gesetzlichen Erfordernissen genügt.
1. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist in der Beschwerdeschrift darzulegen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Das besagt, daß der Beschwerdeführer mindestens konkret auf die Rechtsfrage und ihre Bedeutung über den Einzelfall hinaus eingehen muß (BFH-Beschluß vom 18. Januar 1968 V B 45/67, BFHE 90, 369, BStBl II 1968, 98). Dabei braucht nicht ausdrücklich gesagt zu werden, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung; es genügt, daß sich das aus dem Vorbringen ergibt (BFH-Beschluß vom 17. Februar 1970 II B 48/69, BFHE 98, 372, BStBl II 1970, 332). Die Begründung des Klägers, nach den von ihm angeführten, zur Tätigkeit als Ingenieur ergangenen BFH-Urteilen vom 18. Juni 1980 I R 109/77 (BFHE 132, 16, BStBl II 1981, 118), vom 18. Juni 1980 I R 113/78 (BFHE 132, 20, BStBl II 1981, 121), vom 31. Juli 1978 I R 66/78 (BFHE 132, 22, BStBl II 1981, 121) komme es für die steuerrechtliche Einordnung von Einkünften unter solche aus freiberuflicher Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) allein auf Art und Qualität "der wie auch immer erworbenen Fähigkeiten" an, läßt nicht erkennen, worin der Kläger eine noch ungeklärte Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung sieht. Welche rechtlichen Gesichtspunkte für die Einordnung der Tätigkeit von EDV-Beratern eine Rolle Spielen, ist in der Entscheidung des BFH vom 3. Dezember 1981 IV R 79/80 (BFHE 134, 565, BStBl II 1982, 267) unter Zusammenfassung der bisherigen Rechtsprechung ausführlich dargestellt. In Anbetracht der schon vorhandenen Rechtsprechung zu einer Tätigkeit, wie sie der Kläger ausübt, hätte er unmißverständlich sagen müssen, worin er die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sieht. Durch den Zwang zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde soll der BFH der Mühe enthoben sein, die zu einem bestimmten Fragenkreis ergangenen höchstrichterlichen Entscheidungen auf mögliche noch ungeklärte Rechtsfragen durchzusehen und sodann Vermutungen anzustellen, welche Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung der Beschwerdeführer wohl gemeint haben könnte.
2. Bei Stützung der Nichtzulassungsbeschwerde auf Divergenz muß die Entscheidung des BFH, von der nach der Behauptung des Beschwerdeführers das Urteil des FG abweicht, "bezeichnet" werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Gefordert wird eine genaue Bezeichnung des BFH-Urteils mit Aktenzeichen und Datum oder der Fundstelle (BFH-Beschluß vom 6. Mai 1970 VI B 140/69, BFHE 99, 25, BStBl II 1970, 552). Die Notwendigkeit der Bezeichnung der BFH-Entscheidung bedingt zwangsläufig zusätzliche Erläuterungen in der Beschwerdeschrift. Das ergibt sich aus einer am Wortlaut sowie am Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung orientierten Auslegung. Soll die Behauptung einer Divergenz die Revision eröffnen, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschlüsse vom 7. März 1975 VI C 47.74, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 310, § 132 VwGO, Nr. 130; vom 18. Dezember 1972 II 24.72, Buchholz, a. a. O., 232, § 87 BBG, Nr. 52) darzutun, daß das vorinstanzliche Gericht seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit der näher angeführten Rechtsprechung des übergeordneten Revisionsgerichts nicht übereinstimmt. Dieser Rechtssatz braucht zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen zu sein, muß sich jedoch aus der angeführten Entscheidung hinreichend deutlich ergeben. Das Bundesarbeitsgericht hat dies in dem Beschluß vom 19. November 1979 -- 5 AZN 15/79 -- (Neue Juristische Wochenschrift 1980, 1814) dahin verdeutlicht, daß der Beschwerdeführer abstrakte Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und abstrakte Rechtssätze aus divergenzfähigen Entscheidungen -- im Streitfall aus den genannten Entscheidungen des BFH -- so bezeichnen muß, daß eine Abweichung erkennbar wird. Dieses Erfordernis sei notwendig, da die auf Divergenz gestützte Nichtzulassungsbeschwerde ebenfalls eine einheitliche Rechtsprechung sichern soll. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung der beiden genannten obersten Gerichtshöfe des Bundes an.
Diesen Anforderungen wird die Begründung der namens des Klägers eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde nicht gerecht. Nach seinem Vortrag soll sich aus den von ihm genannten BFH-Urteilen der Rechtssatz ergeben, für die Beurteilung der Tätigkeit eines EDV-Beraters als freiberufliche komme es allein darauf an, welcher Art und Qualität dessen Fähigkeiten seien. Zugunsten des Klägers ist davon auszugehen, daß er damit zugleich behauptet, das FG sei von dem Rechtssatz ausgegangen, daß es auf die Art und Qualität der Fähigkeiten allein nicht ankomme. Abstrakte Rechtssätze dieses Inhalts sind weder vom BFH noch vom FG aufgestellt worden. Die vom Kläger genannten drei Urteile in BFHE 132, 16, BStBl II 1981, 118, BFHE 132, 20, BStBl II 1981, 121 und BFHE 132, 22, BStBl II 1981, 121 sind zur selbständigen Berufstätigkeit von Ingenieuren und der Berufstätigkeit von Personen, die einen dem Ingenieur ähnlichen Beruf ausüben, ergangen. Für die erste Gruppe -- die Ingenieure -- ist der Satz aufgestellt worden, daß zu ihr nur die Personen gehören, die aufgrund der vorgeschriebenen Berufsausbildung berechtigt sind, die Bezeichnung Ingenieur zu führen. Für die zweite Personengruppe -- die einen dem Ingenieurberuf ähnlichen Beruf ausübt -- ist in den Entscheidungen gesagt, daß die betreffende Person eine dem Ingenieurberuf vergleichbare Ausbildung genossen haben müsse, ausnahmsweise aber Kenntnisse vorhanden sein müßten, die üblicherweise nur durch eine Berufsausbildung als Ingenieur vermittelt werden könnten. Das FG hat im Falle des Klägers ebenfalls darauf abgestellt, ob die ausbildungsmäßigen Grundlagen ausreichen, um seine Tätigkeit unter eine freiberufliche einzuordnen.
Fundstellen
Haufe-Index 74429 |
BStBl II 1983, 479 |
BFHE 1983, 152 |