Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung bei verzögerter Weiterleitung im internen Postaustausch

 

Leitsatz (NV)

Wurde eine Nichtzulassungsbeschwerde sechs Tage vor Fristablauf beim BFH eingelegt und leitet der BFH den Beschwerdeschriftsatz im internen Postaustausch einen Tag später an das (seinerzeit dafür zuständige) Finanzgericht weiter, geht dieser dort aber erst 7 Tage später ein, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

 

Normenkette

FGO § 56

 

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig.

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten und Beschwerdeführers (Finanzamt ―FA―) ging zwar bei dem seinerzeit ausschließlich hierfür zuständigen Finanzgericht (FG) nach Ablauf der Monatsfrist des § 115 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO a.F.) ein. Dem FA ist aber Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Amts wegen nach § 56 Abs. 2 Satz 4 FGO zu gewähren. Einer besonderen Antragstellung, Begründung oder Glaubhaftmachung bedurfte es im Streitfall nicht, denn der Wiedereinsetzungsgrund ist offenkundig (vgl. z.B. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 56 Rdnr. 58; z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 13. Juli 1999 VII B 64/99, BFH/NV 1999, 1633):

Die Beschwerdefrist lief am 14. August 2000 ab. Am 9. August 2000 ging der Beschwerdeschriftsatz beim BFH ein. Dieser leitete ihn mit Schreiben vom 10. August 2000 im internen Postaustausch an das FG München weiter und benachrichtigte das FA von der Abgabe. Daran, dass das Schreiben beim FG erst am 16. August 2000 einging, trifft das FA kein Verschulden mehr. Denn bei einer Weiterleitung durch den BFH war damit zu rechnen, dass die Beschwerde das FG noch innerhalb der Beschwerdefrist erreicht. Dies wäre jedenfalls bei einer Weiterleitung auf dem Postwege, den der BFH für Sendungen an alle anderen FG benutzt, der Fall gewesen. Die Verzögerung durch den internen Postaustausch kann dem FA nicht zur Last gelegt werden (vgl. ähnlich zur Revisionsfrist BFH-Urteil vom 4. Juni 1992 IV R 123-124/91, BFHE 169, 132, BStBl II 1993, 125; BFH-Urteil vom 18. Dezember 1998 VI R 105/98, BFH/NV 1999, 1098).

Die Grundsätze für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gelten, da § 56 FGO insoweit keine Unterscheidung trifft, für sämtliche Prozessbeteiligte, also ―entgegen der Meinung des Klägers und Beschwerdegegners― auch für das FA.

Im Übrigen ergeht die Entscheidung nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne Begründung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 624865

BFH/NV 2001, 1418

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