Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlen von Gründen
Leitsatz (NV)
An dem Mangel fehlender Gründe (§116 Abs. 1 Nr. 5 FGO) leidet eine Entscheidung, die den Beteiligten keine Überprüfung ermöglicht, weil nicht erkennbar ist, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Erwägungen sie beruht. Dies ist der Fall, wenn Gründe gänzlich fehlen oder ein eigenständiger Klagegrund oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen worden ist. Ein eigenständiger Klagegrund liegt vor, wenn der vollständige Tatbestand einer mit selbständiger Wirkung ausgestatteten Rechtsnorm betroffen ist (ständige Rechtsprechung).
Normenkette
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 5
Verfahrensgang
Gründe
Die Revision der Kläger, Revisionskläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist als unzulässig zu verwerfen (§126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. Gemäß Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) findet abweichend von §115 Abs. 1 FGO die Revision nur statt, wenn sie das Finanzgericht (FG) oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen hat oder wenn ein Fall der zulassungsfreien Revision gemäß §116 FGO gegeben ist.
Das FG hat die Revision nicht zugelassen.
2. Die von den Klägern eingelegte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision weist der Senat als unbegründet zurück. Weder weicht die Vorentscheidung von einer Entscheidung des BFH ab (§115 Abs. 2 Nr. 2 FGO), noch haben die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt (§115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Im übrigen ergeht der Beschluß insoweit gemäß Art. 1 Nr. 6 BFHEntlG ohne Begründung.
3. Gründe für eine zulassungsfreie Revision i. S. des §116 Abs. 1 FGO liegen nicht vor. Zwar rügen die Kläger, die Vorentscheidung sei i. S. der Nr. 5 der Vorschrift nicht mit Gründen versehen. Diese Rüge greift indessen nicht durch. An dem Mangel fehlender Gründe (§116 Abs. 1 Nr. 5 FGO) leidet eine Entscheidung, die den Beteiligten keine Überprüfung ermöglicht, weil nicht erkennbar ist, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Erwägungen sie beruht (BFH-Urteil vom 26. Juni 1975 IV R 122/71, BFHE 116, 540, BStBl II 1975, 885; BFH-Beschluß vom 12. Juli 1994 VII R 2/94, BFH/NV 1995, 230; zuletzt BFH-Beschluß vom 2. Juli 1997 II R 61/96, nicht veröffentlicht). Dies ist der Fall, wenn Gründe gänzlich fehlen oder ein eigenständiger Klagegrund oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen worden ist (BFH-Beschluß in BFH/NV 1995, 230). Ein eigenständiger Klagegrund liegt vor, wenn der vollständige Tatbestand einer mit selbständiger Wirkung ausgestatteten Rechtsnorm betroffen ist (BFH-Urteil vom 6. März 1985 II R 240/83, BFHE 143, 393, BStBl II 1985, 494; BFH-Beschluß vom 30. Juli 1990 V R 49/87, BFH/NV 1991, 326). Das Fehlen der Gründe ist abzugrenzen gegen das Vorliegen unvollständiger oder unzureichender Gründe, bei denen lediglich auf einzelne Argumente der Beteiligten nicht eingegangen worden ist.
Im Streitfall erweist bereits die Revisionsbegründung der Kläger selbst, daß die Vorentscheidung mit Gründen versehen war. Sie rügen, in der Auseinandersetzung mit ihrer Argumentation zitiere die Vorentscheidung lediglich zwei Entscheidungen des BFH und führe dann aus, daß deren Voraussetzungen im Streitfall nicht gegeben seien. Die rechtliche Würdigung erschöpfe sich in der Aussage, daß in der Nichtbeanstandung der Steuererklärungen der Vorjahre durch den Beklagten, Revisionsbeklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) keine vertrauensbildende Maßnahme gesehen werden könne. Auf die Besonderheiten bei Nachhaltigkeit eines gesetzten Vertrauenstatbestandes sei das FG hingegen nicht eingegangen. Somit ist erkennbar, welcher Grund -- mag dieser (auch im Hinblick auf die von den Klägern betonte Nachhaltigkeit des Vertrauenstatbestandes) tatsächlich vorgelegen haben oder nicht oder rechtsfehlerhaft beurteilt worden sein oder nicht -- für die Entscheidung maßgebend gewesen ist. Wenn die Kläger zudem geltend machen, das FG habe nicht geprüft, ob die angegriffene steuerliche Behandlung ihrer Eigentumswohnung auch Art. 14 des Grundgesetzes verletze, rügen sie zwar, daß das FG sich nicht mit allen ihren Argumenten befaßt habe, nicht dagegen wird damit das Übergehen eines eigenständigen Klagegrundes gerügt.
Fundstellen
Haufe-Index 67578 |
BFH/NV 1998, 1241 |