Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis der betrieblichen Veranlassung von Bewirtungsaufwendungen
Leitsatz (NV)
In dem zum Nachweis der betrieblichen Veranlassung auszufüllenden amtlichen Vordruck ist der bewirtende Unternehmer als Teilnehmer der Bewirtung zu bezeichnen. Diesen Anforderungen genügt die bloße Unterzeichnung des amtlichen Vordrucks durch den Bewirtenden nicht. Eine Nachholung der unterbliebenen Angabe des Bewirtenden außerhalb des für die Belegerstellung geltenden engen zeitlichen Rahmens ist unbeachtlich.
Normenkette
EStG 1980 § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 Sätze 1-2; UStG § 1 Nr. 2c
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) betrieben in den Streitjahren 1981 bis 1985 in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ein Ingenieurbüro. Die GbR war an der Entwicklung, Konstruktion und Fertigung von . . . beteiligt. Die in Geschäftsräumen der GbR durchgeführten Entwicklungsarbeiten wurden von leitenden Ingenieuren der Auftraggeber laufend überwacht. Dabei kam es vor, daß Konstruktionsbesprechungen geführt wurden, die sich teilweise über den ganzen Tag hinzogen. Den anläßlich dieser Konstruktionsbesprechungen angefallenen Bewirtungsaufwand machten die Kläger, von denen stets einer an den Bewirtungen teilnahm, als Betriebsausgaben geltend.
Im Anschluß an eine im Jahre 1986 durchgeführte Außenprüfung, die die Gewinnfeststellungen sowie die Umsatzsteuern der Streitjahre betraf, erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) einen Teil der Bewirtungsaufwendungen nicht als Betriebsausgaben an. Er beanstandete, daß in den von den Klägern zum Nachweis der betrieblichen Veranlassung der Bewirtungen vorgelegten amtlichen Vordrucken, wie sie in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr.2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der in den Streitjahren gültigen Fassung für den Betriebsausgabenabzug vorgeschrieben waren, der jeweils teilnehmende Kläger nicht namentlich als bewirtende Person aufgeführt worden war. Für nicht ausreichend hielt er, daß die Vordrucke von dem jeweils bewirtenden Kläger unterschrieben worden waren. Dementsprechend kürzte er die Betriebsausgaben und erfaßte die entsprechenden Beträge als umsatzsteuerpflichtigen Eigenverbrauch.
Die gegen die nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Gewinnfeststellungs- und Umsatzsteuerbescheide der Streitjahre eingelegten Einsprüche hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben. Es hat im wesentlichen ausgeführt, nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei zwar in dem amtlichen Vordruck auch der bewirtende Steuerpflichtige namentlich aufzuführen. Dieses Nachweiserfordernis sei im Streitfall jedoch erfüllt, weil der jeweils bewirtende Kläger seinen Namen als deutlich lesbare Unterschrift in das Vordruckfeld ,,Unterschrift" eingesetzt habe. Die Unterschrift des jeweiligen Klägers dokumentiere die Tatsache seiner Teilnahme. Es sei unstreitig, daß stets der bewirtende Kläger den jeweiligen Vordruck unterschrieben habe. Im übrigen dürfe es nicht zu Lasten der Kläger gehen, daß eine Unsicherheit bestanden habe, an welcher Stelle im Vordruck der Bewirtende, der ja nicht - wie im Vordruck besonders vorgesehen - zu den bewirteten Personen gehöre, anzugeben sei. Ob eine Ergänzung der amtlichen Vordrucke habe später erfolgen dürfen, könne daher offen bleiben.
Mit der vom FG zugelassenen Revision macht das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr.2 EStG in der in den Streitjahren gültigen Fassung) geltend.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr.2 Satz 1 EStG 1980 dürfen Aufwendungen für die Bewirtung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, den Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht mindern, soweit sie nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind oder soweit ihre Höhe und ihre betriebliche Veranlassung nicht nachgewiesen sind. Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige gemäß Satz 2 der vorbezeichneten Vorschrift auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck (Anlage 3a zu den Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1981) die folgenden Angaben zu machen: Ort und Tag der Bewirtung, bewirtete Personen, Anlaß der Bewirtung und Höhe der Aufwendungen; hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so ist dem Vordruck die Rechnung über die Bewirtung, die vom Inhaber der Gaststätte unterschrieben sein muß, beizufügen. Diese Form des Nachweises ist eine materielle Tatbestandsvoraussetzung für die gewinnmindernde Berücksichtigung der Bewirtungsaufwendungen (Senatsurteil vom 30. Januar 1986 IV R 150/85, BFHE 146, 241, BStBl II 1986, 488).
a) Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung in BFHE 146, 241, BStBl II 1986, 488, auf die Bezug genommen wird, eingehend dargelegt, daß der bewirtende Unternehmer zwar nicht zu den ,,bewirteten Personen" i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr.2 Satz 2 EStG gehört, daß er aber gleichwohl als Teilnehmer der Bewirtung in dem amtlichen Vordruck namentlich zu bezeichnen ist (klargestellt durch die ab 1990 geltende Gesetzesfassung). Die Aufzeichnungspflicht schließt die namentliche Anführung aller Bewirtungsteilnehmer, also auch des bewirtenden Steuerpflichtigen selbst (bei Gesellschaften der sie vertretenden Personen) und/oder seiner teilnehmenden Arbeitnehmer, zwingend ein (BFH-Urteil vom 25. Februar 1988 IV R 95/86, BFHE 152, 506, BStBl II 1988, 581).
b) Von diesem Grundsatz ist auch das FG im Streitfall ausgegangen. Es hat aber zu Unrecht angenommen, daß der bewirtende Steuerpflichtige hinreichend in den amtlichen Vordrucken bezeichnet worden sei, weil die Vordrucke von dem jeweils bewirtenden Kläger unterzeichnet worden seien. Mit der Unterzeichnung des zum Nachweis der betrieblichen Veranlassung des Bewirtungsvorgangs auszufüllenden amtlichen Vordrucks macht der Steuerpflichtige nach außen hin nicht zweifelsfrei erkennbar, daß er selbst an der Bewirtung teilgenommen hat. Die Unterzeichnung des Vordrucks bedeutet ihrem objektiven Inhalt nach lediglich, daß der Unterzeichner die Richtigkeit und Vollständigkeit der in das Dokument aufgenommenen Angaben bestätigt und die Verantwortung dafür übernimmt. Ein anderer Erklärungswert kommt der Unterschriftsleistung regelmäßig nicht zu. Es ist durchaus denkbar, daß für den Bewirtenden andere Personen an der Bewirtung teilgenommen haben. Ebenso ist es möglich, daß der Steuerpflichtige lediglich die Bewirtungskosten für die als Bewirtete ausdrücklich bezeichneten Personen übernommen hat und dies mit dem Vordruck als betrieblich veranlaßten Vorgang nachweisen will. Bei dem ausgefüllten amtlichen Vordruck handelt es sich von Gesetzes wegen nicht um ein von dem teilnehmenden Steuerpflichtigen zu erstellendes Protokoll. Dementsprechend reicht es auch aus, wenn die Angaben in dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck nicht vom Steuerpflichtigen selbst, sondern von einer von ihm dazu bevollmächtigten Person durch Unterschrift bestätigt werden (vgl. BFH-Urteil vom 27. Juni 1990 I R 168/85, BFHE 161, 125, BStBl II 1990, 903 unter 2. b.). Dies ist anders als etwa bei einem gerichtlichen Protokoll, das vom Vorsitzenden zu unterzeichnen ist (vgl. § 160 Abs. 1 Nr.2 i.V.m. § 163 der Zivilprozeßordnung - ZPO -; Wieczorek, Zivilprozeßordnung, 2. Aufl., § 160 Anm.C IIb). Ist der Steuerpflichtige in dem Vordruck mithin nicht ausdrücklich als Bewirtender aufgeführt und ergibt sich - wie im Streitfall - auch nicht aus dem Inhalt des Vordrucks im übrigen, daß der Unterzeichner selbst an der Bewirtung teilgenommen hat, ist den Aufzeichnungspflichten nicht genügt. Dabei spielt es zudem keine Rolle, wenn der Steuerpflichtige mit der Unterschrift zugleich bekunden will, daß er an der Bewirtung teilgenommen hat. Entscheidend ist nicht der innere Wille, sondern der aus der Sicht eines vernünftigen Empfängers erkennbare Erklärungswert der in dem Vordruck gemachten Angaben. Das FA soll allein anhand der gesetzlichen Nachweise über die betriebliche Veranlassung und die Höhe von Bewirtungsaufwendungen, zu denen der vollständig ausgefüllte amtliche Vordruck gehört, in die Lage versetzt werden, sich ein vollständiges Bild über den Bewirtungsvorgang zu machen, um den Zusammenhang der Bewirtung mit einem betrieblichen Vorgang oder einer Geschäftsbeziehung überprüfen zu können (vgl. BFH in BFHE 146, 241, BStBl II 1986, 488).
Eine andere Beurteilung ist, wie das FG meint, auch nicht deshalb geboten, weil der amtliche Vordruck in den Streitjahren zwar die Rubrik ,,bewirtete Personen" aufwies, jedoch keine besondere Stelle für die Angabe über die Teilnahme des bewirtenden Steuerpflichtigen enthielt. Zwar mag angesichts dessen eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich der Frage, an welcher Stelle im Vordruck der bewirtende Steuerpflichtige kenntlich zu machen ist, ausgelöst worden sein. Kein Zweifel konnte jedoch daran bestehen, daß der bloßen Unterschriftsleistung nach dem Aufbau des amtlichen Vordrucks nicht die Bedeutung zukommen konnte, die persönliche Teilnahme des unterzeichnenden Steuerpflichtigen zu dokumentieren. Unter diesen Umständen gibt es keinen Grundsatz, der es rechtfertigen könnte, die Aufzeichnungspflichten als erfüllt anzusehen, wenn der Steuerpflichtige sich zwar nicht als Teilnehmer des Bewirtungsvorgangs bezeichnet, er aber den Vordruck unterschreibt.
c) Dem Tatbestand des vorinstanzlichen Urteils ist zu entnehmen, daß die unzureichend ausgefüllten Vordrucke nachträglich, nämlich nach Beginn der Außenprüfung, um den Namen des jeweils bewirtenden Klägers ergänzt worden sind. Diese Ergänzung ist unbeachtlich.
aa) Nach der Rechtsprechung des BFH ist der amtliche Vordruck zeitnah zu erstellen. Das folgt aus dem Zweck der Vorschrift, eine verschärfte Nachweispflicht zu begründen, um dem FA die Überprüfung der betrieblichen Veranlassung der als Betriebsausgaben geltend gemachten Bewirtungskosten sowie der Angemessenheit ihrer Höhe nach zu erleichtern und die Mißbrauchsmöglichkeit in diesem Bereich einzuschränken (vgl. BFH in BFHE 146, 241, BStBl II 1986, 488). Dementsprechend darf das Ausfüllen des amtlichen Vordrucks nicht bis nach Ablauf des Geschäftsjahrs aufgeschoben werden (BFH-Urteile vom 25. März 1988 III R 96/85, BFHE 153, 119, BStBl II 1988, 655; vom 31. Juli 1990 I R 62/88, BFHE 162, 45, BStBl II 1991, 28).
bb) Davon ausgehend ist der Senat der Auffassung, daß im Streitfall eine nachträgliche Ergänzung des Vordrucks um die für die Beurteilung der betrieblichen Veranlassung wesentlichen Umstände, zu denen auch die Angabe des bewirtenden Steuerpflichtigen gehört, unzulässig ist. Fehlen einzelne der gesetzlich geforderten Angaben in dem Vordruck oder sind sie unvollständig, so kann dieser Beleg im Rechtssinne nicht als erstellt angesehen werden. Der amtliche Vordruck ist als eine für den Betriebsausgabenabzug notwendige materielle Tatbestandsvoraussetzung nur gegeben, wenn alle notwendigen Angaben gemacht worden sind. Die Nachholung der unterbliebenen Angaben außerhalb des für die Belegerstellung geltenden zeitlichen Rahmens hat demzufolge unberücksichtigt zu bleiben. Eine andere Beurteilung würde dem Zweck der Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr.2 Satz 2 EStG widersprechen, den Mißbrauch des Spesenabzugs einzudämmen.
Der Senat weicht damit nicht von der Rechtsprechung des BFH ab, wonach die in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr.2 Satz 2 letzter Halbsatz EStG vorgeschriebene Rechnung unter bestimmten Voraussetzungen um den Namen des Bewirtenden nachträglich ergänzt werden kann (BFH-Urteile vom 27. Juni 1990 I R 168/85, BFHE 161, 125, BStBl II 1990, 903; vom 2. Oktober 1990, VIII R 62/86, BFHE 162, 296, BStBl II 1991, 174). Der Angabe des Bewirtenden in dem amtlichen Vordruck kommt eine andere Bedeutung und ein anderes Gewicht im Hinblick auf den Betriebsausgabenabzug zu als der entsprechenden Angabe in der diesem Vordruck beizufügenden Gaststättenrechnung. Das wird schon dadurch ersichtlich, daß Vordruck und Gaststättenrechnung unterschiedliche Nachweisfunktionen erfüllen. Der Vordruck dient im Falle einer Gaststättenbewirtung in erster Linie dem Nachweis der betrieblichen Veranlassung der Bewirtung. Der Steuerpflichtige muß die teilnehmenden Personen sowie den Bewirtungsanlaß angeben. Da diese Umstände grundsätzlich allein anhand des Vordrucks als Eigenbeleg überprüft werden, gehört es - wie bereits ausgeführt - zu der gebotenen zeitnahen Erstellung, daß diese Angaben vollständig gemacht werden. Die Gaststättenrechnung hingegen ist ein Fremdbeleg. Ihre Beweiskraft erstreckt sich auf die im Vordruck gemachten Angaben über Ort und Tag der Bewirtung und die Höhe der dem Steuerpflichtigen durch die Bewirtung in der Gaststätte entstandenen Aufwendungen. Ihre nachträgliche Ergänzung kann als zulässig angesehen werden, zumal eine dadurch bedingte Mißbrauchsgefahr geringer einzustufen ist als bei der Nachholung von den im amtlichen Vordruck zu machenden Angaben. Bereits der Besitz der Rechnung ist ein Beweisanzeichen dafür, daß dem Steuerpflichtigen die Bewirtungsaufwendungen entstanden sind.
Außerdem darf die Ergänzung der Rechnung nur durch den Rechnungsaussteller erfolgen (vgl. BFH in BFHE 161, 125, BStBl II 1990, 903).
d) Wie sich aus den vorherigen Ausführungen ergibt, haben die Kläger den notwendigen Aufzeichnungspflichten zum Nachweis der betrieblichen Veranlassung der Bewirtungsvorgänge nicht genügt. Sie haben in den zeitnah zu erstellenden amtlichen Vordrucken keine Angaben dazu gemacht, wer von ihnen an den Bewirtungen teilgenommen hat. Die unvollständige Ausfüllung der Vordrucke hat zur Folge, daß der gesamte Bewirtungsaufwand nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig ist (BFH in BFHE 146, 206, BStBl II 1986, 488).
2. Da die strittigen Bewirtungskosten (§ 4 Abs. 5 Nr.2 EStG) bei der Gewinnermittlung ausscheiden, weil die Kläger die amtlichen Vordrucke nicht vollständig ausgefüllt haben, sind diese Aufwendungen nach § 1 Abs. 1 Nr.2c des Umsatzsteuergesetzes zu behandeln.
Fundstellen