Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbungskostenpauschbetrag bei Vermietung und Verpachtung: Abschlussgebühren eines Bausparvertrags als Schuldzinsen
Leitsatz (amtlich)
Die Abschlussgebühren eines Bausparvertrages, der bestimmungsgemäß der Ablösung eines Darlehens dient, mit dem der Erwerb einer vermieteten Immobilie finanziert wurde, sind nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, § 9a Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG abziehbare Schuldzinsen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1; EStG 1997 § 9a S. 1 Nr. 2 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb im Jahr 1997 (Streitjahr) ein zu Wohnzwecken vermietetes Mehrfamilienhaus. Zur Finanzierung des Erwerbs nahm er ein tilgungsfreies Darlehen auf und schloss einen Bausparvertrag ab, der nach den Vereinbarungen des tilgungsfreien Darlehens dessen späterer Ablösung dienen soll. Der Bausparvertrag wurde an die Gläubigerin des Darlehens abgetreten. Für den Abschluss des Bausparvertrages fielen Gebühren in Höhe von 4 000 DM an, die der Kläger im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr neben dem Pauschbetrag des § 9a Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 16. April 1997 (BGBl I, 821) ―EStG 1997― als Werbungskosten ansetzte.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) ließ die Abschlussgebühren nicht neben dem Pauschbetrag des § 9a Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 zum Abzug zu.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es vertrat in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 546 veröffentlichten Urteil die Auffassung, dass zu den Schuldzinsen i.S. des § 9a Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 1997 auch sonstige Kreditkosten zählten. Der gegenteiligen Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) im Schreiben vom 23. September 1997 (BStBl I 1997, 895, unter 3.) sei nicht zu folgen.
Mit der Revision macht das FA geltend, die Abschlussgebühren eines Bausparvertrages seien zwar Schuldzinsen i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG, aber nicht nach § 9a Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG neben dem Werbungskostenpauschbetrag abziehbar.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das FG hat zu Recht die Abschlussgebühren als Schuldzinsen neben dem Werbungskostenpauschbetrag des § 9a Satz 1 Nr. 2 EStG berücksichtigt.
1. Nach § 9a Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 1997 konnten im Streitjahr im Falle der Vermietung von Gebäuden zu Wohnzwecken neben einem Pauschbetrag von 42 DM pro Quadratmeter Wohnfläche die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG abziehbaren Schuldzinsen, die Absetzungen für Abnutzung und Substanzverringerung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen abgezogen werden.
a) Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass der Begriff der Schuldzinsen in § 9a Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 1997 und in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG identisch und daher einheitlich auszulegen ist. Hierfür spricht der Wortlaut des § 9a Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 1997, der auf die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG abziehbaren Schuldzinsen verweist und damit den dortigen Begriff in seinen Gesetzesbefehl aufnimmt. Ob angesichts dieses klaren Wortlauts ein davon abweichender Wille des Gesetzgebers es überhaupt rechtfertigen könnte, eine hiervon abweichende Auslegung vorzunehmen, kann offen bleiben. Denn es ist nicht erkennbar, dass eine abweichende Ausgestaltung der Begriffe beabsichtigt war, wie das FA meint. Vielmehr ergibt sich sowohl aus der Begründung des ursprünglichen Gesetzesentwurfs für das Jahressteuergesetz 1996 (BTDrucks 13/901, S. 132) als auch aus der Begründung der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (BTDrucks 13/1558, S. 153), dass gemäß § 9a Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG Schuldzinsen i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG abziehbar sein sollen. Die Verweisung wurde in Kenntnis der Auslegung dieses Begriffs ins Gesetz aufgenommen. Der Umfang der Abgeltungswirkung des § 9a EStG wurde im Gesetzgebungsverfahren überprüft und erweitert, indem die ursprünglich vorgesehene Verweisung, die auch Renten und dauernde Lasten umfasste, auf Vorschlag des Finanzausschusses auf die Schuldzinsen beschränkt wurde. Daraus ist zu folgern, dass nach dem Willen des Gesetzgebers gerade die Schuldzinsen i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG abziehbar sein sollen. Eine vom Gesetzgeber beabsichtigte Einschränkung der Reichweite des Begriffs der Schuldzinsen gegenüber der Auslegung bei § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG ist weder ausgeführt noch sonst erkennbar. Soweit das FA unter Berufung auf das BMF in BStBl I 1997, 895, unter 3. Abs. 2 Satz 3 eine andere Auffassung vertritt, kann dieser aus den genannten Gründen nicht gefolgt werden.
b) Die Abschlussgebühren des Bausparvertrages sind Schuldzinsen i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG. Schuldzinsen sind alle Aufwendungen zur Erlangung wie Sicherung eines Kredits (Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 29. Oktober 1985 IX R 56/82, BFHE 145, 52, BStBl II 1986, 143). Der Begriff ist weit auszulegen. Zu den Schuldzinsen gehören auch die Nebenkosten der Darlehensaufnahme (BFH-Urteil vom 7. November 1989 IX R 190/85, BFHE 159, 439, BStBl II 1990, 460, unter 2.), insbesondere die Abschlussgebühren eines Bausparvertrages für ein zukünftiges Bauspardarlehen als vorweggenommene Werbungskosten (BFH-Urteile vom 8. Februar 1983 VIII R 163/81, BFHE 138, 202, BStBl II 1983, 355; vom 3. Juni 1975 VIII R 80/73, BFHE 116, 38, BStBl II 1975, 699).
c) Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind Schuldzinsen als Werbungskosten abziehbar, soweit sie mit einer Einkunftsart des § 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn mit dem den Schuldzinsen zugrunde liegenden Darlehen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudes oder Gebäudeteils finanziert werden (vgl. BFH-Urteile vom 27. Oktober 1998 IX R 44/95, BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676, und vom 23. Oktober 2001 IX R 65/99, BFH/NV 2002, 341).
2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Abschlussgebühren im Streitfall abziehbar. Sie wurden vom Kläger zur Erlangung eines zukünftigen Bauspardarlehens aufgewendet. Nach den Feststellungen des FG steht fest, dass dem Kläger keine Möglichkeit verbleibt, den abgeschlossenen Bausparvertrag zu anderen Zwecken als zur Erlangung der Baufinanzierung zu verwenden (vgl. zu diesem Erfordernis BFH in BFHE 116, 38, BStBl II 1975, 699). Mit den Mitteln des Bauspardarlehens wird das tilgungsfreie Darlehen, mit dem der Kläger den Erwerb des vermieteten Hauses im Streitjahr finanziert hat, abgelöst. Zu diesem Zweck wurde der Bausparvertrag an die Darlehensgläubigerin abgetreten.
Fundstellen
Haufe-Index 913407 |
BFH/NV 2003, 687 |
BStBl II 2003, 398 |
BFHE 200, 519 |