Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblicher Grundstückshandel beim Verkauf von Eigentumswohnungen
Leitsatz (NV)
Der Kauf eines Mietwohngebäudes nach Aufteilung in Eigentumswohnungen und der in engem zeitlichen Zusammenhang damit erfolgende Verkauf von mehr als drei dieser Eigentumswohnungen überschreitet in der Regel die Grenze privater Vermögensverwaltung. Unerheblich ist, ob der Veräußerer des Mietwohngebäudes dieses langjährig durch Vermietung genutzt hatte.
Normenkette
GewStDV a.F. § 1 Abs. 1; EStG § 15 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) kaufte 1979 12 Eigentumswohnungen eines Mietwohngrundstücks nach dessen Aufteilung. Die Wohnungen veräußerte sie bis zum Jahr 1984, und zwar vier Wohnungen in den Jahren 1979 bis 1981 (Streitjahre), eine Wohnung im Jahr 1982 und die restlichen Wohnungen im Jahr 1984. Die Klägerin übte außerdem für das Grundstück die Hausverwaltung aus.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) sah in diesen Grundstücksgeschäften der Klägerin einen gewerblichen Grundstückshandel und erließ deshalb für die Streitjahre entsprechende Gewerbesteuermeßbescheide und Einkommensteuerbescheide. Die Einsprüche der Klägerin hatten keinen Erfolg. Das FA änderte vielmehr die angefochtenen Einkommensteuerbescheide zum Nachteil der Klägerin.
Nach Abtrennung der auch wegen der Gewerbesteuermeßbeträge 1979 und 1980 erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) der Klage wegen des Gewerbesteuermeßbetrags 1981 in vollem Umfang und wegen der Einkommensteuer für die Streitjahre teilweise statt. Das FG bejahte zwar alle sonstigen Voraussetzungen des gewerblichen Grundstückshandels, vertrat aber die Auffassung, daß die Klägerin den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten habe. Das FA müsse daher die Einkommensteuer für die Streitjahre in der Weise neu berechnen, daß die Einkünfte aus den Eigentumswohnungen als solche aus Vermietung und Verpachtung anzusehen und evtl. Spekulationsgewinne anzusetzen seien.
Mit der Revision rügt das FA rechtsfehlerhafte Anwendung des § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und des § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i. V. m. § 1 der Gewerbesteuer - Durchführungsverordnung (GewStDV) in der für die Streitjahre geltenden Fassung.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.
Die Klägerin hat durch den Erwerb und die Veräußerung der 12 Eigentumswohnungen alle Voraussetzungen des gewerblichen Grundstückshandels erfüllt.
1. Nach der Begriffsbestimmung des § 1 Abs. 1 GewStDV a. F., die für das Streitjahr grundsätzlich auch für den Begriff des gewerblichen Unternehmens in § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG maßgeblich war (Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751; siehe nunmehr auch § 15 Abs. 2 EStG), ist ein Gewerbebetrieb gegeben, wenn eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Die Betätigung darf weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs, noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen sein. Sie darf sich auch nicht als bloße Vermögensverwaltung darstellen. Die letztbezeichnete Einschränkung steht zwar nicht im Gesetz. Sie wird jedoch in ständiger Rechtsprechung vom BFH aus dem Gesetz abgeleitet (z. B. Beschluß des Großen Senats in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751).
2. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß sich die Klägerin bei dem Kauf und Verkauf der 12 Eigentumswohnungen selbständig und nachhaltig betätigt hat, daß sie mit Gewinnabsicht gehandelt und sich am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt hat.
a) Es kann kein Streit darüber bestehen, daß die Klägerin selbständig tätig geworden ist, da sie die Eigentumswohnungen auf eigene Rechnung gekauft und verkauft hat (vgl. BFH-Urteil vom 8. August 1979 I R 186/78, BFHE 129, 177, BStBl II 1980, 106). Ebenso hat sich die Klägerin nachhaltig betätigt. Nachhaltig ist eine Tätigkeit, wenn sie von der Absicht getragen ist, sie zu wiederholen und daraus eine ständige Erwerbsquelle zu machen, und wenn sie sich objektiv - in der Regel durch Wiederholung - als nachhaltig darstellt (vgl. u. a. Urteile des BFH vom 21. August 1985 I R 60/80, BFHE 145, 33, BStBl II 1986, 88; vom 15. Juli 1986 VIII R 289/81, BFH/NV 1987, 92, m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind durch die insgesamt 12 Verkäufe in den Jahren 1979 bis 1984 erfüllt.
Ferner kann nicht ernstlich zweifelhaft sein, daß die Klägerin die Absicht hatte, durch den Kauf und die Verkäufe der Wohnungen Gewinne zu erzielen. Diese Absicht wird von der Klägerin auch nicht bestritten.
b) Schließlich hat sich die Klägerin mit den Verkäufen der Wohnungen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfordert, daß sich der Veräußerer mit seiner Veräußerungsabsicht an den allgemeinen Markt wendet (BFH-Urteil vom 20. Dezember 1963 VI 313/62 U, BFHE 78, 352, BStBl III 1964, 137). Der Verkäufer muß sich an einen unabgeschlossenen Kreis von Personen wenden (BFH-Urteil vom 10. August 1983 I R 120/80, BFHE 139, 386, BStBl II 1984, 137; Urteil des erkennenden Senats vom 23. Oktober 1987 III R 275/83, BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293). Dabei genügt es, wenn die Verkaufsabsicht nur einem kleinen Kreis von Personen - unter Umständen auch nur einer Person - bekannt wird und der Verkäufer damit rechnet, seine Verkaufsabsicht werde sich herumsprechen (Urteile in BFHE 139, 386, BStBl II 1984, 137; in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293). Wie das FG zu Recht festgestellt hat, liegen diese Voraussetzungen im Streitfall vor, weil aufgrund der hausverwaltenden Tätigkeit der Klägerin deren Verkaufsabsicht den Hausbewohnern und Wohnungseigentümern bekanntgeworden und sich somit in einem unabgeschlossenen Kreis herumgesprochen hat. Dabei kann davon ausgegangen werden, daß die Klägerin die Wohnungen ggf. an jeden, den es anging, verkaufen wollte.
3. Entgegen der Auffassung des FG hat die Klägerin bei dem Kauf und den Verkäufen der Eigentumswohnungen den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschritten.
a) Zwar ist zutreffend, daß die Verkäufe von Eigentumswohnungen unabhängig von ihrer Zahl allein noch nicht aus dem Rahmen der privaten Vermögensverwaltung herausfallen, wenn es lediglich um den Verkauf langjährig durch Vermietung genutzter Wohnungen als Abschluß der privaten Vermögensverwaltung geht. Es muß sich dabei aber um das Ende der privaten Vermögensverwaltung des Veräußerers handeln, d. h., der Veräußerer muß die Wohnungen vorher als private Vermögensverwaltung langjährig durch Vermietung genutzt haben. Nur unter diesem Gesichtspunkt hat es der BFH in dem vom FG angeführten Urteil in BFHE 139, 386, BStBl II 1984, 137 als unschädlich angesehen, wenn die durch Vermietung genutzten Wohnungen zum Zwecke des Verkaufs in Eigentumswohnungen aufgeteilt werden.
Diese Zusammenhänge hat das FG übersehen. Die Wohnungen sind nicht durch die Klägerin, sondern durch jemand anderen vor der Aufteilung in Eigentumswohnungen und dem Verkauf langjährig durch Vermietung genutzt worden. Die Klägerin hat daher nicht nur Verkäufe der Wohnungen zum Abschluß der privaten Vermögensverwaltung vorgenommen. Sie hat vielmehr die Wohnungen gekauft und in engem zeitlichen Zusammenhang damit wieder verkauft. Dieser Kauf und der damit in engem zeitlichen Zusammenhang erfolgte Verkauf der Eigentumswohnungen begründet den gewerblichen Grundstückshandel (Urteile des Senats in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293; vom 26. Februar 1988 III R 321/84, BFH/NV 1988, 561).
b) Demgegenüber kann sich die Klägerin nicht erfolgreich darauf berufen, daß sie die Wohnungen zunächst nicht in Weiterveräußerungsabsicht gekauft, sondern diese Absicht erst gefaßt habe, als sich die Vermietungssituation am Wohnungsmarkt negativ entwickelt habe. Die innere Einstellung der Klägerin beim Kauf der Wohnungen kann wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden (Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 12. Juni 1978 GrS 1/77, BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620, und in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751). Entscheidend ist daher, ob die Wohnungen in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Kauf veräußert worden sind. Besteht ein solcher Zusammenhang, zwingt dies nach den Regeln der Lebenserfahrung mangels eindeutiger gegenteiliger Anhaltspunkte zu der Schlußfolgerung, daß bei dem Kauf der Wohnungen zumindest eine bedingte Verkaufsabsicht bestanden hat, auch wenn die eigentliche Absicht auf eine anderweitige Nutzung als durch Verkauf gerichtet war (Urteile des Senats in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293; in BFH/NV 1988, 561).
Den erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Kauf und dem Verkauf von Wohnungen hat der erkennende Senat bei einem Zeitraum von bis zu etwa fünf Jahren bejaht (Urteile in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293; in BFH/NV 1988, 561). Die Verkäufe der vier Wohnungen in den Streitjahren liegen weit unter diesem Zeitraum, ebenso der Verkauf einer Wohnung im Jahre 1982. Aber auch bei den Verkäufen der restlichen Wohnungen im Jahre 1984 besteht noch der erforderliche zeitliche Zusammenhang mit dem Kauf der Wohnungen, obwohl hier möglicherweise die Grenze von fünf Jahren etwas überschritten worden ist. Einmal handelt es sich bei dem Zeitraum von fünf Jahren nur um eine ungefähre Grenze. Zum andern ist zu berücksichtigen, daß die Klägerin mit den Verkäufen alsbald nach dem Kauf der Wohnungen begonnen und sie dann fortlaufend weitergeführt hat. In solchen Fällen ist jedenfalls dann eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, wenn die letzten Verkäufe die Fünfjahresgrenze wie im Streitfall nicht wesentlich überschreiten.
c) Die Zahl der Wohnungsverkäufe durch die Klägerin liegt schließlich weit über der Zahl von vier Wohnungen, ab der nach der Rechtsprechung des BFH gewerblicher Grundstückshandel beginnen kann (Urteile vom 8. August 1979 I R 186/78, BFHE 129, 177, BStBl II 1980, 106; vom 23. Januar 1985 I R 284/81, BFH/NV 1985, 14, und in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293, sowie in BFH/ NV 1988, 561). Mit den vier Wohnungsverkäufen in den Streitjahren hat die Klägerin diese Zahl schon erreicht. In die für die Beurteilung des gewerblichen Grundstückshandels erforderliche Gesamtbetrachtung sind zudem noch die Verkäufe im Jahr 1982 und 1984 einzubeziehen. Die insgesamt 12 Verkäufe stellen eindeutig gewerblichen Grundstückshandel dar.
4. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, kann das angegriffene Urteil keinen Bestand haben. Die Sache ist spruchreif.
Fundstellen
Haufe-Index 416987 |
BFH/NV 1990, 59 |
BFH/NV 1991, 584 |
BFHE 1991, 395 |
BB 1991, 333 |