Leitsatz (amtlich)
1. Der Antrag auf Verweisung einer Rechtssache an das Gericht des ersten Rechtszugs einer anderen Gerichtsbarkeit (§ 34 Abs. 3 FGO) kann nur als Hilfsantrag gestellt werden.
2. Mit der Klage kann die Feststellung begehrt werden, daß für bestimmte, nach Auffassung des Klägers nicht steuerbare Umsätze die Pflicht zur Voranmeldung und zur Leistung von Vorauszahlungen entfällt.
3. Eine Feststellungsklage ist gegen die Behörde zu richten, die an dem streitigen Rechtsverhältnis beteiligt ist oder die den für nichtig angesehenen Verwaltungsakt erlassen hat. Das gilt auch, wenn ein FA als Hilfsstelle der OFD tätig wird.
4. Die Umsatzsteuer ist auch insoweit, als sie Leistungen mit örtlichem Bezug erfaßt, keine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis.
5. Es ist rechtsstaatlich zulässig, einen Gegenstand mit zwei Steuern zu belegen.
Normenkette
GG Art. 20, 105 Abs. 2 Nr. 1; FGO § 33 Abs. 1 Nr. 1, § 34 Abs. 3, §§ 41, 63; UStG 1951 § 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Steuerpflichtiger) ist Gastwirt und Hotelier in ... Er vereinnahmt beinahe ausschließlich Entgelte aus der Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle, aus der Beherbergung von Gästen und aus der Überlassung von Flächen für Automaten (Januar 1966: ca. 13 000 DM von 13 982,71 DM Gesamtentgelten). Nach seiner Ansicht ist die Besteuerung dieser Umsätze durch § 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 UStG 1951 verfassungswidrig, weil insoweit die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder auf dem Gebiet der Verbrauch- und Verkehrsteuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis (Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG) verletzt wird.
Der Steuerpflichtige hat eine Feststellungsklage gegen den Beklagten und Revisionsbeklagten (FA) anhängig gemacht, mit der er ausweislich des Tatbestands des angegriffenen Urteils des FG beantragt hat, "festzustellen, daß er nicht verpflichtet sei, a) die genannten Umsätze in seinen monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen anzugeben und b) für diese Umsätze Umsatzsteuervorauszahlungen zu leisten". Er hat außerdem nach erfolgloser Beschwerde Anfechtungsklage gegen die Umsatzsteuerfestsetzung des FA für Januar 1966 erhoben.
Das FG hat beide Klagen abgewiesen. Es hat zur Feststellungsklage in seinem Urteil vom 25. Februar 1966 ausgeführt: Der Klagantrag zu a) sei unbegründet. Der Steuerpflichtige habe gemäß § 166 Abs. 2 AO, § 13 Abs. 2 Satz 1 UStG 1951 alle Fragen in Steuererklärungen und Voranmeldungen so zu beantworten, daß das FA die Frage der Steuerpflicht prüfen könne. Dazu gehöre unbeschadet des Rechts des Steuerpflichtigen, eine verfassungswidrige Umsatzsteueranforderung zu rügen, die Angabe aller Entgelte. Der Klagantrag zu b) sei unzulässig. Der Steuerpflichtige könne Anfechtungsklagen gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen erheben (§ 41 Abs. 2 FGO). Das FG hat eine Ergänzung dieses Urteils rechtskräftig abgelehnt und bemerkt: Es sei nicht erforderlich gewesen, über einen Hilfsantrag auf Verweisung an das Verwaltungsgericht zu befinden; der Finanzrechtsweg sei stillschweigend bejaht worden. - Zur Anfechtungsklage hat das FG in seinem Urteil vom 10. Oktober 1966 ausgeführt: Die Klage sei unbegründet. Es stimme dem nicht veröffentlichten Beschluß des BFH V S 9/66 vom 28. Juli 1966 darin zu, daß eine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis nur vorliege, wenn der Steuertatbestand einen örtlichen Bezug aufweise. Daran fehle es in § 1 UStG 1951.
Mit den Revisionen macht der Steuerpflichtige geltend: Das FG hätte nicht stillschweigend den Finanzrechtsweg bejahen dürfen, sondern die Rechtssachen an das zuständige Verwaltungsgericht verweisen müssen. Es fehle die in § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO geforderte Gesetzgebungskompetenz des Bundes und die Verwaltungszuständigkeit des FA. Umsätze aus örtlich bedingten Gegebenheiten könnten nicht durch Bundesgesetz der Besteuerung unterworfen werden. Die Frage, ob eine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis vorliege, sei entgegen dem BFH-Beschluß V S 9/66 nicht nach der Gesetzestechnik zu entscheiden, sondern nach dem Gehalt der geregelten Materie. Wäre die Auffassung des BFH zutreffend, müßte § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967 verfassungswidrig sein, der Lieferungen von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle der Umsatzsteuer unterwerfe. Die Verwaltungszuständigkeit des FA sei aus den Erwägungen der BFH-Beschlüsse II S 8/67 vom 27. März 1968 (BFH 91, 547, BStBl II 1968, 491 und II S 4/69 vom 11. November 1969, BFH 97, 154, BStBl II 1969, 340) zu verneinen. - Die Getränkeumsätze müßten auch deswegen von der Umsatzsteuer freigestellt werden, weil sie bereits durch die Getränkesteuer der Stadt ... erfaßt würden. Eine doppelte Belastung derselben Umsätze durch gleichartige Verbrauch- und Verkehrsteuern sei unzulässig. Das habe der BFH in seinem Urteil V 37/59 U vom 19. Juli 1962 anerkannt (BFH 75, 711, BStBl III 1962, 525).
Der Steuerpflichtige macht gegenüber dem auf die Feststellungsklage ergangenen FG-Urteil zusätzlich geltend: Das Urteil sei nicht gegen das FA als Hilfsstelle der OFD ergangen. Die Anwendung des § 166 Abs. 2 AO setze wie im Falle der Rechtswegprüfung die Gesetzgebungskompetenz des Bundes und die Verwaltungszuständigkeit des FA voraus (§ 3 Abs. 1 AO). In der Vorschrift seien nicht die Hilfsstellen der OFD als Berechtigte angegeben. Im übrigen entfalle nach § 13 Abs. 1 Satz 3 UStG 1951 die Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen, sofern keine umsatzsteuerbaren Entgelte vereinnahmt würden. Er habe ein berechtigtes Interesse daran, schon vor etwaigen Umsatzsteuerfestsetzungen bestätigt zu erhalten, daß er im Ausmaß der fehlenden Bundesgesetzgebungskompetenz keine Vorauszahlungen zu leisten habe; er setze sich sonst der Gefahr zeitweiser Umsatzsteuerverkürzung aus:
Der Steuerpflichtige macht gegenüber dem auf die Anfechtungsklage ergangenen FG-Urteil hilfsweise geltend: Die Getränkesteuer sei als durchlaufender Posten aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden.
Der Steuerpflichtige beantragt,
1. die Urteile des FG aufzuheben und die Rechtssachen an das zuständige Gericht zu verweisen,
2. in der Feststellungssache hilfsweise auszusprechen, daß die Entgelte aus den genannten Gegebenheiten keine Rechtspflicht zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und zur Leistung von Umsatzsteuervorauszahlungen auslösen,
3. in der Anfechtungssache hilfsweise die Vorentscheidungen ersatzlos aufzuheben und die Umsatzsteuer Januar 1966 auf 0 DM herabzusetzen,
4. in der Anfechtungssache weiterhin hilfsweise die Umsatzsteuer Januar 1966 um 4 % der an die Stadt ... abgeführten Getränkesteuer zu mindern.
Das FA beantragt, die Revisionen zurückzuweisen.
Es führt aus: Der Finanzrechtsweg sei gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO gegeben. Die Umsatzsteuer unterliege der Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Eine etwaige Überschreitung dieser Kompetenz sei bei der Rechtswegprüfung unbeachtlich. Die Verwaltungszuständigkeit des FA sei entgegen den im BFH-Beschluß II S 8/67 (a. a. O.) geäußerten Zweifeln zu bejahen. Der Finanzrechtsweg sei aber zum mindesten nach § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO in Verbindung mit § 6 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zur Finanzgerichtsordnung vom 30. Dezember 1965 gegeben. Hinsichtlich der Feststellungsklage rügt das FA: Der Steuerpflichtige habe mit der Revision seinen Klagantrag geändert und stelle nunmehr den bisherigen Hilfsantrag auf Verweisung als Hauptantrag. Es bestünden Bedenken gegen die Passivlegitimation. § 63 Abs. 2 FGO gelte nur für Anfechtungsund Verpflichtungsklagen. Feststellungsklagen in Umsatzsteuersachen müßten gegen die OFD gerichtet werden.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revisionen, die gemäß § 73 Abs. 1, § 121 FGO zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden sind, sind zulässig, aber unbegründet.
1. Die Revisionen sind zulässig (§ 115 Abs. 1 FGO). Die Revisionssumme liegt in der Anfechtungssache unter 1 000 DM. Das FG hat jedoch die Revision zugelassen. Die Revisionssumme in der Feststellungssache übersteigt 1 000 DM. Das FG hat für die Klage, deren Streitgegenstand mit dem der Revision übereinstimmt, einen Streitwert von 3 000 DM festgesetzt. Der Steuerpflichtige hält einen Wert von 4 800 DM für angemessen. Der Senat übernimmt die Festsetzung des FG. Es kann dahinstehen, ob der Klagantrag zu a) nichtvermögensrechtlicher Art ist und schon deswegen ein Wert von mindestens 3 000 DM anzusetzen ist (§ 14 Abs. 1 GKG). Auch bei Annahme eines nur vermögensrechtlichen Streits ist das Interesse des Steuerpflichtigen an der Durchsetzung seiner Anträge erheblich. Der Steuerpflichtige macht schon für Januar 1966 eine Umsatzsteuerminderung von 559 DM geltend. Der Senat hält nach freiem Ermessen einen Streitwert von 3 000 DM für ausreichend und angemessen (§ 140 Abs. 3 FGO).
2. Der Senat sieht in den Anträgen des Steuerpflichtigen auf Verweisung der Rechtssachen Hilfsanträge für den Fall, daß der Finanzrechtsweg verneint werden sollte. Ein Verweisungsantrag gemäß § 34 Abs. 3 Satz 1 FGO kann seiner Natur nach kein Hauptantrag sein. Wer ein Gericht anruft, erstrebt eine günstige Sachentscheidung. Wäre dem Steuerpflichtigen nicht an einer solchen Entscheidung gelegen, sondern lediglich an einer Verweisung des Rechtsstreits, wäre eine unzulässige - weil unnötige - Anrufung der FG anzunehmen. Dies muß auch für den hier vorliegenden Fall gelten, daß vom Standpunkt des Steuerpflichtigen aus der Bejahung des Finanzrechtswegs eine negative Sachentscheidung folgt. Wenn der Steuerpflichtige seine Rechtsauffassung für zwingend hielte, wäre zu erwarten gewesen, daß er den von ihm für zulässig erachteten Verwaltungsrechtsweg unmittelbar beschritten hätte. Er hat das nicht getan und damit zu erkennen gegeben, daß er eine günstige Sachentscheidung der FG für möglich hält. Für ein solches Verständnis seiner Anträge besteht um so mehr Anlaß, als die Gerichte bei der Prüfung der Rechtswegzulässigkeit nicht an die Rechtsauffassung des Klägers gebunden sind (Urteil des BGH III ZR 160/57 vom 19. Januar 1959, BGHZ 29, 187) und aus den vom FA angestellten Erwägungen eine von der Sachentscheidung unabhängige Rechtswegprüfung möglich erscheint.
Die Rüge des FA, es liege eine in der Revisionsinstanz unzulässige Klagänderung vor (§ 123 Satz 1 FGO), braucht demnach nicht erörtert zu werden.
3. Das FG hat zu Recht den Finanzrechtsweg als gegeben angesehen. Es kann nicht beanstandet werden, daß es seine Auffassung nicht begründet hat. Seine Ansicht ist daraus erkennbar, daß es auf die Klagen entweder sachlich eingegangen ist oder sie aus einem Grunde als unzulässig bezeichnet hat, der der Rechtswegprüfung nachgeht.
Der Finanzrechtsweg ist in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten gegeben, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO). Im vorliegenden Fall verwaltet das FA nach § 9 Abs. 2 FVG, der mit Art. 108 GG vereinbar ist, die Umsatzsteuer als Hilfsstelle der zuständigen OFD, einer Bundesfinanzbehörde (BFH-Urteil V R 128/66 vom 27. Juni 1968, BFH 92, 144, BStBl II 1968, 488; BFH-Beschluß V B 11/69 vom 22. Juli 1969, BFH 95, 467, BStBl II 1969, 564, unter Auseinandersetzung mit der entgegenstehenden Rechtsprechung des II. Senats des BFH, Beschlüsse II S 8/67, a. a. O., und II 68 und 91/64 vom 15. Oktober 1968, BFH 94, 268, BStBl II 1969, 126). Auch die Erwägungen in dem BFH-Beschluß II S 4/69 (a. a. O.) geben dem Senat keinen Anlaß, von seiner Auffassung abzuweichen.
Der Bund hat die Gesetzgebungskompetenz. Nach Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG in der bis zum 31. Dezember 1969 maßgebenden Fassung hatte der Bund die konkurrierende Gesetzgebung über die Verbrauch- und Verkehrsteuern mit Ausnahme der Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis. Die Umsatzsteuer ist nicht teilweise eine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis. Sie entsteht zwar teilweise aus örtlich bedingten Gegebenheiten. Darauf kommt es jedoch, wie der Senat bereits in seinem nicht veröffentlichten Beschluß V S 9/66 vom 28. Juli 1966 ausgeführt hat, nicht an. Art. 105 Abs. 2 GG spricht von der "Gesetz" gebung über "Steuern". Das Steuergesetz, so wie es der Gesetzgeber gestaltet hat, bestimmt danach, ob eine Verbrauch- oder Verkehrsteuer oder eine Steuer vom Einkommen usw. eingeführt wird, und ist schließlich auch dafür maßgebend, ob eine Verbrauch- oder Verkehrsteuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis vorliegt. Das BVerfG vertritt die gleiche Auffassung. Es hat in seinem Beschluß 2 BvL 11/61 vom 23. Juli 1963 ausgeführt: "Die örtliche Radizierung muß sich aus der normativen Gestaltung des Steuertatbestands selbst ergeben, nicht aber kann sie aus der natürlichen Beschaffenheit des Gegenstands hergeleitet werden, dessen Verbrauch der Steuer unterworfen ist" (BVerfGE 16, 306, 327; ähnlich schon Blendermann, Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, Institut Finanzen und Steuern Heft 54 S. 16, 19-21). Dem steht nicht entgegen, daß das BVerfG an anderer Stelle seines Beschlusses ausführt (Abschn. B 10), Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis knüpften an örtliche Gegebenheiten an. Es bleibt offen, ob für die Anknüpfung die natürliche Beschaffenheit des Besteuerungsgegenstands oder die gesetzliche Fixierung maßgebend ist. Das BVerfG entscheidet sich in seinen folgenden Ausführungen (Abschnitt B 11) für die zweite auch vom Senat für zutreffend gehaltene Auffassung. Eine Erweiterung der Bundesgesetzgebungskompetenz könnte hierin nur dann gesehen werden, wenn die enge Auffassung des Steuerpflichtigen von der Bundesgesetzgebungskompetenz richtig wäre.
Sonach kann die Bundesgesetzgebung Steuergegenstände erfassen, die örtlich radiziert sind, sofern nur die abstrakte Tatbestandsfassung nicht örtlich radiziert ist. Diese Voraussetzung erfüllt § 1 Nr. 1 UStG 1951. Er unterwirft "Lieferungen und sonstige Leistungen" der Umsatzsteuer und erfaßt infolge seiner allgemeinen Fassung auch die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle, das Beherbergen von Gästen und das Überlassen von Flächen für Automaten. Es bedurfte keiner besonderen örtlich radizierten Tatbestandsmerkmale, um die letztgenannten Leistungen umsatzsteuerbar zu machen. Der Hinweis des Steuerpflichtigen auf § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG 1967 geht fehl (zur Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift vgl. BVerfG-Beschluß 1 BvR 576/68 vom 22. Oktober 1968, HFR 1969, 514). Dort werden zwar "Lieferungen von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle" erwähnt, jedoch nicht steuerbegründend, sondern als Tatbestandsmerkmal, auf das eine Ausnahmeregelung - die Ermäßigung des Steuersatzes auf 5,5 v. H. für die Lieferungen von Speisen und Getränken - nicht angewendet werden soll. Die Entscheidung, ob ein Steuergesetz örtlich radiziert ist, ist in der Regel anhand der steuerbegründenden Tatbestandsmerkmale zu treffen. Örtliche Radizierungen in Steuerbefreiungs- oder -ermäßigungsvorschriften oder in Vorschriften, die Befreiungen oder Ermäßigungen einschränken, können in diesem Zusammenhang nur dann Bedeutung erlangen, wenn sie den steuerbegründenden Tatbestand als Ausnahme erscheinen lassen. Dies ist bei § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967 im Verhältnis zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStG 1967 nicht der Fall.
Ohne Bedeutung für die Entscheidung des Rechtsstreits ist, ob § 1 Nr. 1 UStG als Bundesrecht fortgeltendes Reichsrecht ist (UStG vom 16. Oktober 1934, RGBl I 1934, 942) oder durch das Änderungsgesetz vom 28. Juni 1951 (BGBl I 1951, 402) als Bundesrecht neugeschaffen wurde. Auch im ersten Fall wäre die Vereinbarkeit des § 1 Nr. 1 UStG mit dem Grundgesetz zu überprüfen (Art. 123 Abs. 1 GG) und zu bejahen.
Die Frage, ob der Finanzrechtsweg auch nach § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO in Verbindung mit § 6 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zur Finanzgerichtsordnung eröffnet ist, braucht - weil schon § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO gegeben ist - nicht entschieden zu werden.
4. Die Feststellungsklage ist entgegen der Auffassung des FG hinsichtlich beider Anträge zulässig.
Der Steuerpflichtige macht das teilweise Nichtbestehen von Rechtsverhältnissen im Sinne des § 41 Abs. 1 FGO geltend. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 UStG 1951 hat der Unternehmer zu bestimmten Terminen Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben, in denen er die im abgelaufenen Zeitraum vereinnahmten Entgelte bezeichnet. Nach § 13 Abs. 1 Satz 2 UStG 1951 hat er gleichzeitig eine Vorauszahlung zu entrichten, die den Entgelten für die vorangemeldeten steuerpflichtigen Umsätze entspricht. Entgelte aus nichtsteuerbaren Umsätzen brauchen, abgesehen von einer hier nicht einschlägigen Ausnahme (Umsätze in Zollausschlüssen und Zollfreigebieten), in der Voranmeldung nicht angegeben zu werden. Das ergibt sich aus § 65 Abs. 2 UStDB 1951, der in Satz 2 Mindestangaben verlangt und in Satz 1 dem BdF gestattet, im amtlichen Muster weitere Angaben zu fordern (BFH-Urteil V 145/58 vom 25. August 1960, StRK, Umsatzsteuergesetz, § 13, Rechtsspruch 9). Die Angabe nichtsteuerbarer Umsätze ist kein in § 65 Abs. 2 Satz 2 UStDB 1951 genanntes Mindesterfordernis, und das für 1966 verwandte amtliche Muster der Umsatzsteuervoranmeldung verlangt nur die Angabe nichtsteuerbarer Umsätze in Zollausschlüssen und Zollfreigebieten. Aus § 166 Abs. 2 AO ergibt sich keine weitergehende Verpflichtung des Steuerpflichtigen; nach dieser Bestimmung sind nur gestellte Fragen zu beantworten. Sonach würde der Steuerpflichtige - träfe seine Ansicht von der teilweisen Verfassungswidrigkeit des § 1 Nr. 1 UStG 1951 zu - die insoweit nichtsteuerbaren vereinnahmten Entgelte nicht voranzumelden brauchen. Im gleichen Ausmaß wären auch keine steuerpflichtigen Entgelte vorhanden und keine Vorauszahlungen zu leisten.
Der Steuerpflichtige hat ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung der Rechtsverhältnisse aus § 13 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG 1951. Das FA ist seiner Auffassung entgegengetreten. Füllt der Steuerpflichtige die Voranmeldungen nach seinen Vorstellungen aus und leistet er entsprechend geringere Vorauszahlungen, muß er gewärtigen, daß das FA die Vorauszahlungen im Schätzungswege festsetzt (§ 65 Abs. 1 UStDB 1951) oder ein Steuerstrafverfahren einleitet. Er kann seine Rechte auch nicht mit einer Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen (§ 41 Abs. 2 FGO). Die Verpflichtungen aus § 13 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG 1951 sind ohne vorherige Aufforderung (Verwaltungsakt) des FA zu erfüllen. Eine spätere Umsatzsteuerfestsetzung steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den streitigen Rechtsverhältnissen; eine Anfechtungsklage gegen eine solche Festsetzung könnte den Steuerpflichtigen nicht mehr vor Schätzungsnachteilen und einer etwaigen Strafverfolgung bewahren.
5. Zu Recht hat der Steuerpflichtige die Feststellungsklage gegen das FA gerichtet und hat das FG in dem auf die Feststellungsklage ergangenen Urteil das FA als Beklagten bezeichnet. Die Zweifel des FA an seiner Passivlegitimation sind unberechtigt. Allerdings schweigt § 63 Abs. 1 FGO dazu, gegen wen eine Feststellungsklage zu richten ist; § 63 Abs. 2 FGO, der Klagen gegen das FA auch dann zuläßt, wenn es Hilfsstelle einer OFD ist, erwähnt die Feststellungsklage ebenfalls nicht. Aus dem Schweigen des Gesetzes kann jedoch weder darauf geschlossen werden, daß die Feststellungsklage gegen die betroffene Körperschaft zu richten ist, noch darauf, daß Feststellungsbeklagter in den Fällen des § 9 Abs. 2 FVG das FA als Hilfsstelle der OFD oder gar die OFD sein müßte. Die FGO geht im Gegensatz zur Verwaltungsgerichtsordnung (§ 78) davon aus, daß die Behörde (nicht die betroffene öffentlich-rechtliche Körperschaft) Beteiligter ist. Das muß ohne gesetzliche Anordnung auch für die Feststellungsklage gelten. Zutreffend bemerkt die Begründung zu einem Gesetzentwurf zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 6. August 1968, der § 63 Abs. 1 FGO auf die Feststellungsklage erweitern soll, die beabsichtigte Neufassung diene lediglich der Klarstellung (Bundestagsdrucksache V/3196 S. 8). Ein Verfahrensgesetz, das generell Behörden als Beteiligte behandelt, kann nicht die verhältnismäßig unbedeutende Feststellungsklage von dieser Regelung ausschließen. Zwischen der Feststellungsklage und den anderen Klagen bestehen infolge der Möglichkeit einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts und infolge der Subsidiaritätsklausel des § 41 Abs. 2 FGO Beziehungen, die es oft als zweckmäßig erscheinen lassen, Feststellungsklagen und andere Klagen eventualiter miteinander verbunden zu erheben. Das ist nach § 43 FGO nur bei gleichen Beklagten zulässig. Der Senat hält es für geboten, § 63 Abs. 1 FGO auf Feststellungsklagen entsprechend anzuwenden und die Behörde als Feststellungsbeklagte zu behandeln, die an dem streitigen Rechtsverhältnis beteiligt ist oder die einen für nichtig gehaltenen Verwaltungsakt erlassen hat. § 63 Abs. 2 FGO ist wegen seines engen Zusammenhangs mit § 63 Abs. 1 FGO in die entsprechende Anwendung einzubeziehen. Im vorliegenden Fall ist die richtige Behörde verklagt worden. Das beklagte FA forderte die Umsatzsteuervoranmeldung an und zog die Umsatzsteuervorauszahlung ein, zu deren Abgabe und Entrichtung sich der Steuerpflichtige nicht verpflichtet fühlte.
6. Das sachliche Vorbringen des Steuerpflichtigen bleibt ohne Erfolg. Zu den Ausführungen, Umsätze aus örtlichen Gegebenheiten seien weder voranzumelden noch seien für sie Vorauszahlungen zu leisten und die Umsatzsteuerfestsetzung Januar 1966 sei wegen der Einbeziehung solcher Umsätze rechtswidrig, ist bereits dargelegt, daß § 1 Nr. 1 UStG 1951 diese Umsätze erfaßt und mit Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG a. F. vereinbar ist.
Der Steuerpflichtige kann nicht damit gehört werden, seine Umsätze müßten wenigstens insoweit von der Umsatzsteuer freigestellt werden, als auf ihnen Getränkesteuer ruhe. Es gibt kein verfassungsrechtliches Gebot, nach dem ein Gegenstand nur einmal besteuert werden kann. Auch aus dem Rechtsstaatsprinzip läßt sich ein derartiger Grundsatz nicht ableiten. Da die Steuerkraft unterschiedlich verteilt ist, muß es dem Steuergesetzgeber erlaubt sein, die allgemeinen großen Steuern (insbesondere die Umsatzsteuer und Einkommensteuer) durch spezielle kleinere Steuern zu ergänzen. So unterliegt z. B. der Gewinn aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer und der Gewerbeertragsteuer. Ergänzende Steuern erhalten oft einen zusätzlichen Rechtfertigungsgrund durch volkswirtschaftliche Überlegungen, so auch die Getränkesteuer im Verhältnis zur Umsatzsteuer. Die Getränkesteuer verteuert die Abgabe von alkoholhaltigen Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle. Sie wirkt demnach einem Genuß solcher Getränke im Übermaß und Exzessen in der Öffentlichkeit entgegen. § 4 Nr. 9 UStG 1951 ist nicht Ausdruck eines allgemeinen Doppelbesteuerungsverbots auf dem Gebiete der Verkehrsteuern. Diese Auffassung muß schon aus der enumerativen und abschließenden Formulierung der Vorschrift abgeleitet werden. Der Senat hat in seinem Urteil V 37/59 U vom 19. Juli 1961 (BFH 75, 111, BStBl III 1962, 585) nicht anerkannt, daß eine doppelte Belastung derselben Umsätze durch gleichartige Verbrauch- und Verkehrsteuern unzulässig ist. Er hat ausgesprochen, daß Umsätze in der sowjetischen Besatzungszone, die dort bereits der Umsatzsteuer unterworfen wurden, nicht noch einmal im Bundesgebiet zur Umsatzsteuer herangezogen werden können. Diese Rechtsprechung dient der Vermeidung einer Doppelbesteuerung durch dieselbe Steuer, der Umsatzsteuer. Sie besagt nichts über das Verhältnis von Verbrauch- und Verkehrsteuern zueinander.
Entgegen der Auffassung des Steuerpflichtigen dürfen Bund und Länder denselben Gegenstand nebeneinander besteuern. Die Frage nach der Gesetzgebungskompetenz des Bundes oder der Länder stellt sich als Folge des föderativen Bundesstaats. Der Bürger kann aber aus dem föderativen Staatsaufbau keinen Anspruch auf eine Milderung oder anderweitige Verteilung der Steuerlast herleiten.
Schließlich kann dem Steuerpflichtigen nicht darin gefolgt werden, daß er die Getränkesteuer als durchlaufenden Posten für die Stadt ... vereinnahmt habe. Ein durchlaufender Posten im Sinne des § 5 Abs. 3 UStG 1951 setzt voraus, daß unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem Zahlenden (hier den Gästen) und dem Zahlungsempfänger (hier der Stadt ...) bestehen. Daran fehlt es. Steuerschuldner der Getränkesteuer ist der Steuerpflichtige. Er erfüllt mit der Entrichtung der Getränkesteuer eine eigene Verpflichtung (BFH-Urteile V 267/56 U vom 21. März 1957, BFH 65, 383, BStBl III 1957, 378, betreffend Tabaksteuer; V 172/57 U vom 15. Januar 1959, BFH 68, 371, BStBl III 1959, 143, betreffend Wechselsteuerhaftung; V 106/62 vom 10. Dezember 1964, StRK, Umsatzsteuergesetz, § 5 Abs. 3, Rechtsspruch 38, betreffend Fleisch-Ausgleichsabgabe).
Fundstellen