Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitunternehmer kann nur sein, wer am Gewinn beteiligt ist
Leitsatz (NV)
1.) Beteiligung am Gewinn einer Personengesellschaft bedeutet, daß ein Anspruch auf einen bestimmten Teil des Gewinns bestehen muß, der entsprechend einem Gewinnverteilungsschlüssel festgelegt ist. Deshalb ist eine Person nur dann am Gewinn einer Personengesellschaft beteiligt und kann sonach nur dann als Gesellschafter angesehen werden, wenn das, was sie aus der Gesellschaft bezieht, von der Höhe des erzielten Gewinns abhängig ist.
2.) Umsatzbeteiligung kann in der Regel nicht als Gewinnbeteiligung angesehen werden.
3.) Mitunternehmerrisiko ergibt sich nicht schon daraus, daß jemand aufgrund seiner Stellung als Geschäftsführer entscheidenden Einfluß auf die Höhe der ihm zustehenden Vergütung hat.
Normenkette
EStG § 15
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind verheiratet. Der Kläger ist . . . Die Klägerin ist . . . Der Kläger war bis Anfang 1972 im Angestelltenverhältnis bei der Firma A-GmbH. Er entwickelte ein elektronisches Gerät.
Wegen des bestehenden Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der A-GmbH und um die Entwicklung des Geräts kommerziell zu verwerten, meldete die Klägerin am 1. Mai 1971 einen Gewerbebetrieb zur Herstellung elektronischer Geräte an. Dabei gab sie an, keine Arbeitnehmer zu beschäftigen. Für 1971 machte sie auch keine Lohn- und Gehaltsaufwendungen als Betriebsausgaben geltend. Die notwendigen Arbeiten für die Herstellung der Geräte führte der Kläger durch.
Nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei fremden Arbeitgebern war der Kläger ab 1. April 1973 als Angestellte, bei der Klägerin tätig. Ein Arbeitsvertrag wurde abgeschlossen. Das Arbeitsgebiet des Klägers umfaßte die Entwicklung und Geschäftsführung. Neben dem vereinbarten Gehalt zuzüglich 52 DM vermögenswirksamer Leistungen erhielt der Kläger eine Weihnachtsgratifikation von zwei Monatsgehältern und eine Beteiligung am Umsatz in Höhe von 5 v. H. In Verlustjahren sollte die Umsatzbeteiligung entfallen. Seit dem 1. Januar 1976 besteht zugunsten des Klägers eine Direktversicherung. Die jährlichen Beitragszahlungen betrugen in den Streitjahren 2 712 DM.
Die Gesamtaufwendungen für die Tätigkeit des Klägers betrugen 1975: 52 533 DM, 1976: 69 509 DM, 1977: 72 261 DM, 1978: 84 708 DM, 1979: 93 317 DM. Die Gewinne der Klägerin beliefen sich auf 1975: 32 239 dM, 1976: 54 569 DM, 1977: 17 911 DM, 1978: 55673 DM, 1979: 30 077 DM.
Nach einer Betriebsprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) davon aus, daß der Kläger nicht Arbeitnehmer, sondern Mitunternehmer sei. Er erließ demzufolge für die Streitjahre (1975 bis 1979) einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellungsbescheide. Außerdem erließ das FA für die Streitjahre Einkommensteuerbescheide, denen die Gewinnfeststellungsbescheide zugrunde liegen.
Der gegen die vorstehend bezeichneten Bescheide gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Mit der Revision wird die Verletzung materiellen Rechts gerügt.
Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung und die Gewinnfeststellungsbescheide 1975 bis 1979 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Mitunternehmer ist nur, wer als Gesellschafter einer Personengesellschaft oder als Teilhaber einer wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaft Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG -; Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751).
1. Entgegen der Ansicht des FG besteht zwischen den Klägern kein Gesellschaftsverhältnis im vorstehenden Sinn. Das zwischen den Klägern bestehende, als Arbeitsvertrag bezeichnete Rechtsverhältnis ist kein verdecktes Gesellschaftsverhältnis.
Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß ein Gesellschaftsverhältnis besteht, wenn sich mehrere Personen gegenseitig verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Gesellschaftsvertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten (§ 705 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -). Es hat jedoch übersehen, daß Gesellschafter nur sein kann, wer am Gewinn beteiligt ist (vgl. Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1390 m. w. N.).
Der Kläger war in den Streitjahren nicht am Gewinn des von der Klägerin betriebenen Unternehmens beteiligt. Beteiligung am Gewinn einer Personengesellschaft bedeutet, daß der Gesellschafter entsprechend dem maßgebenden Gewinnverteilungsschlüssel anteilsmäßig einen bestimmten Teil des Gewinns erhält. Mithin ist eine Person nur dann am Gewinn einer Personengesellschaft beteiligt und kann mithin nur dann als Gesellschafter angesehen werden, wenn das, was sie aus der Gesellschaft bezieht, von der Höhe des erzielten Gewinns abhängig ist. Diese Voraussetzung liegt im Streitfall nicht vor.
Die vereinbarte Umsatzbeteiligung kann selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, daß diese in Verlustjahren entfallen soll, nicht als Gewinnbeteiligung gewertet werden; denn außer dem Umstand, daß keine Gewinne erzielt wurden, hatte die vereinbarte Umsatzvergütung keinerlei Beziehungen zum Gewinn.
Auch die nahezu in jedem Jahr erfolgte Gehaltserhöhung ist keine Gewinnbeteiligung, weil keine gewinnabhängigen, sondern feste Bezüge als Gehalt vereinbart worden sind.
Eine andere Betrachtung wäre nur dann möglich, wenn durch die Vergütung des Klägers die Gewinne der Personengesellschaft regelmäßig aufgezehrt werden würden (vgl. BFH-Urteil vom 22. Januar 1985 VIII R 303/81, BFHE 143, 247, BStBl II 1985, 363). Das jedoch trifft im Streitfall nicht zu.
2. Kann schon der Kläger deshalb nicht als Mitunternehmer i. S. von § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG angesehen werden, weil er kein Gesellschafter des von der Klägerin betriebenen Unternehmens war, so fehlt ihm ferner die Mitunternehmereigenschaft, weil er kein Mitunternehmerrisiko getragen hat und keine Mitunternehmerinitiative entfalten konnte.
a) Mitunternehmerrisiko trug der Kläger nicht, weil er weder am Gewinn, noch am Verlust, noch an den stillen Reserven, noch am Geschäftswert des Unternehmens der Klägerin beteiligt war. Entgegen der Ansicht des FG ist es für die Annahme eines Mitunternehmerrisikos nicht ausreichend, daß der Kläger aufgrund seiner Stellung als Geschäftsführer entscheidenden Einfluß auf die Höhe der ihm gebührenden Vergütung gehabt habe. Einen solchen Einfluß hat jeder Fremdgeschäftsführer, dem eine Umsatztantieme zugesagt worden ist.
Der Kläger hat auch kein Mitunternehmerrisiko getragen, weil der Bestand seiner Rechtsbeziehungen als Angestellter zu dem Unternehmen der Klägerin von der jeweiligen wirtschaftlichen Lage dieses Unternehmens abhing; denn ein solches Risiko trägt mehr oder weniger jeder Angestellte. Es unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von dem Risiko eines Gesellschafters und kann daher diesem wirtschaftlich nicht gleichgesetzt werden (BFHE 143, 247, BStBl II 1985, 363).
b) Kann schon nach alledem der Kläger nicht als Mitunternehmer angesehen werden, kann die Frage der Mitunternehmerinitiative unerörtert bleiben.
Fundstellen
Haufe-Index 416521 |
BFH/NV 1990, 160 |