Leitsatz (amtlich)
Ein Haus- und Grundbesitzerverein ist zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen seiner Mitglieder nur insoweit befugt, als deren Haus- und Grundbesitz betroffen ist.
Normenkette
StBerG § 4 Nr. 7
Verfahrensgang
Tatbestand
Mit Verfügung vom 11. Juli 1978 untersagte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) dem Kläger und Revisionskläger (Kläger), einem Haus- und Grundbesitzerverein, die Hilfeleistung in Steuersachen. Zur Begründung führte das FA in der Verfügung aus: Der Kläger habe für zwei Mitglieder seines Vereins Steuererklärungen gefertigt. Da neben den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und sonstige Einkünfte erklärt sowie Werbungskosten und außergewöhnliche Belastungen beantragt worden seien, habe der Kläger insoweit unbefugte Hilfeleistung in Steuersachen erbracht. Diese Tätigkeit werde ihm, soweit es sich nicht um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung handle, untersagt (§ 7 des Steuerberatungsgesetzes - StBerG -). Der Kläger gehöre nicht zum befugten Personenkreis. Die untersagte Tätigkeit sei ihm daher nicht erlaubt. Dabei sei es unerheblich, ob die Tätigkeit haupt- oder nebenberuflich, entgeltlich oder unentgeltlich ausgeübt werde (§§ 2, 5 StBerG).
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Steuerliche Hilfeleistung kann nur dann untersagt werden, wenn sie geschäftsmäßig erfolgt (§ 7 Abs. 1 i. V. m. §§ 2 bis 4 StBerG). FA und OFD sind offenbar davon ausgegangen, daß die Hilfeleistung des Klägers geschäftsmäßig war. Das FG ist auf diese Frage jedoch nicht eingegangen. Es hat auch keine Feststellungen zu diesem Punkt getroffen. Dem erkennenden Senat ist daher eine Entscheidung in der Sache nicht möglich. Die Vorentscheidung war somit aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Das FG wird bei seiner neuerlichen Entscheidung folgendes zu beachten haben:
1. Geschäftsmäßig ist die Hilfeleistung, wenn sie selbständig und in der Absicht erfolgt, die Betätigung in gleicher Art zu wiederholen. Unentgeltlichkeit schließt die Geschäftsmäßigkeit nicht aus. Nicht geschäftsmäßig ist die Hilfeleistung nur dann, wenn sie aus Anlaß eines besonderen Einzelfalles ausgeübt wird. Mehrfache Ausübung kann ein Anzeichen für die Geschäftsmäßigkeit sein (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 24. Juli 1973 VII R 58/72, BFHE 110, 7, BStBl II 1973, 743; Gehre, Steuerberatungsgesetz, § 2 Anm. 3).
2. Nach § 7 Abs. 1 StBerG kann das FA die geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen untersagen, wenn die Tätigkeit durch eine Vereinigung ausgeübt wird, die nicht unter die §§ 3 oder 4 StBerG fällt. Der Kläger ist eine Vereinigung i. S. des § 4 Nr. 7 StBerG. Er nimmt als ein Haus- und Grundbesitzerverein in ähnlicher Weise wie eine Berufsvertretung die Interessen seiner Mitglieder auf einem bestimmten Gebiet, dem des Haus- und Grundbesitzes, wahr (vgl. BFH-Beschluß vom 23. Februar 1979 VI B 160/78, BFHE 127, 136, BStBl II 1979, 341; Gehre, a. a. O., § 4 Anm. 12 bis 14). Der Kläger ist damit aber nur beschränkt zur Hilfeleistung befugt. Er muß sich im Rahmen seines Aufgabengebiets halten. Die Hilfeleistung darf also nur Gebiete betreffen, auf denen die Mitglieder durch gemeinsame Interessen verbunden sind (vgl. BFHE 110, 7, BStBl II 1973, 743). Eine steuerliche Hilfeleistung des Klägers für seine Mitglieder, die nicht mit deren Haus- und Grundbesitz zusammenhängt, ist daher nicht erlaubt.
3. Der angefochtene Verwaltungsakt ist nicht schon deswegen rechtswidrig, weil er keine ausdrückliche Begründung der Ermessensbetätigung enthält. Es ist zwar richtig, daß die Untersagung nach § 7 Abs. 1 StBerG eine Ermessensentscheidung der Verwaltung darstellt (vgl. Urteil des BFH vom 7. März 1978 VII R 47/77, BFHE 124, 569, BStBl II 1978, 418) und daß nicht begründete Ermessensentscheidungen der Verwaltung im Regelfall rechtsfehlerhaft sind (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 3. Februar 1981 VII R 86/78, BFHE 133, 1, BStBl II 1981, 493). Im vorliegenden Fall liegt jedoch eine zweigliedrige Verwaltungsentscheidung vor, nämlich die Rechtsentscheidung, ob der Kläger in der Vergangenheit die Voraussetzungen der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen erfüllt hat, und die darauf folgende Ermessensentscheidung, ob dem Kläger deswegen die Hilfeleistung für die Zukunft nach § 7 Abs. 1 StBerG untersagt werden soll. Durch die Rechtsentscheidung ist die Ermessensentscheidung schon so vorgeprägt, daß es einer Begründung der letzteren nur bedarf, wenn Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausnahmefalls vorliegen. Solche sind hier nicht gegeben (vgl. auch BFH-Urteil vom 13. April 1978 V R 109/75, BFHE 125, 126, BStBl II 1978, 508)
Zu Unrecht beruft sich der Kläger für seine Gegenauffassung auf das Urteil des erkennenden Senats in BFHE 124, 569, BStBl II 1978, 418. Danach darf eine Untersagung der Hilfeleistung in Steuersachen erst angeordnet werden, wenn sich herausstellt, daß eine weniger einschneidende Maßnahme zur Unterbindung des Mißbrauchs keine Aussicht auf Erfolg bietet. Aus diesem Urteil kann jedoch nicht entnommen werden, daß das FA ausnahmslos in seiner Untersagungsverfügung zu begründen hat, warum es nicht eine andere Maßnahme als die Untersagung angeordnet hat. Dafür besteht vielmehr nur dann Anlaß, wenn bei verständiger Würdigung des Falles Anhaltspunkte dafür gegeben sind, daß eine Untersagung besonders belastend und daher eine weniger einschneidende Maßnahme angezeigt ist. Im Falle des Urteils in BFHE 124, 569, BStBl II 1978, 418 lagen solche Anhaltspunkte deswegen vor, weil die Untersagungsverfügung in die Berufsausübung des dortigen Klägers in einschneidendem Maße eingriff. Im vorliegenden Fall aber behinderte die angefochtene Verfügung den Kläger, einen Haus- und Grundbesitzerverein, in seiner satzungsgemäßen Tätigkeit in keiner Weise. Die Verwaltung brauchte daher nicht besonders zu begründen, warum sie gerade diese und keine andere Maßnahme ergriffen hat.
Fundstellen
BStBl II 1984, 118 |
BFHE 1984, 481 |