Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Ist das dem Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebs gehörende Herrenhaus bei der Einheitsbewertung in die wirtschaftliche Einheit des landwirtschaftlichen Betriebs einbezogen worden, so kommt eine hiervon abweichende Bewertung des Herrenhauses als besondere wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens nur nach zuvoriger Berichtigung des Einheitswerts des landwirtschaftlichen Betriebs in Betracht.
Normenkette
AO §§ 222, 225a; BewG §§ 22-23, 29, 50-51
Tatbestand
Das Finanzamt hat einen Einheitswert für das Neue Schloß des Beschwerdeführers (Bf.) auf den 21. Juni 1948 festgestellt. Der hierüber erteilte Einheitswertbescheid ist als Nachfeststellungsbescheid bezeichnet. Hierbei wurde das Neue Schloß als besondere wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens (Einfamilienhaus) nach dem gemeinen Wert mit 69 800 DM bewertet. Der Bf. bekämpft die gesonderte Bewertung und ist der Auffassung, daß das Neue Schloß in die wirtschaftliche Einheit seines landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betriebs einzubeziehen sei. Im übrigen wendet sich der Bf. auch gegen die Höhe der Bewertung. Schließlich bringt er verfahrensrechtliche Bedenken gegen die Zulässigkeit einer Nachfeststellung vor. Der gesamte Grundbesitz des Bf. beträgt rund 2000 ha, davon 523 ha Landwirtschaft, das übrige Forstwirtschaft. Der landwirtschaftliche Betrieb zerfällt in fünf Unterbetriebe, von denen jeder ein Gutswohnhaus besitzt und selbständig verwaltet wird. Es ist eine landwirtschaftliche Oberleitung mit einem Domänenrat an der Spitze vorhanden, die in einem besonderen Verwaltungsgebäude (Bauhof) untergebracht ist. Land- und Forstwirtschaft des Bf. sind vom Finanzamt als eine wirtschaftliche Einheit behandelt worden. Bis 1931 wurde das Neue Schloß als besondere wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens bewertet. Auf Grund einer im Jahre 1930 vorgenommenen Betriebsprüfung wurde die besondere Bewertung des Neuen Schlosses fallen gelassen und dieses in die wirtschaftliche Einheit des landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Vermögens des Bf. einbezogen. Neuerdings kehrte das Finanzamt jedoch wiederum zu seiner früheren Auffassung zurück, daß das Neue Schloß mit dem landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betrieb des Bf. nichts zu tun habe, da es nur Repräsentationszwecken diene. Das Finanzamt erblickte infolgedessen in der ab 1931 vorgenommenen Einbeziehung des Neuen Schlosses in die wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einen Bewertungsfehler. Die Sprungberufung des Bf. gegen den vom Finanzamt erlassenen Nachfeststellungsbescheid wurde vom Finanzgericht zurückgewiesen. Das Urteil des Finanzgerichts ist im wesentlichen wie folgt begründet. Das Neue Schloß falle aus dem Rahmen der üblichen Gutshäuser heraus. Es enthalte keine Einrichtungen für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, nur im Erdgeschoß befänden sich einige Wohnräume für landwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte. Es diene Repräsentationszwecken. Gegen die Höhe der Bewertung bestünden keine Bedenken. In verfahrensrechtlicher Hinsicht müsse allerdings zugegeben werden, daß die Voraussetzungen für eine Nachfeststellung im Streitfall nicht vorlägen. Jedoch sei die Bezeichnung als Nachfeststellung unschädlich. Denn in Wirklichkeit stelle der vom Finanzamt erlassene Nachfeststellungsbescheid eine zulässige berichtigende Artfortschreibung dar.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.), in der ersatzlose Aufhebung des vom Finanzamt erlassenen Nachfeststellungsbescheids erbeten wird.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist begründet.
Als Nachfeststellungsbescheid ist der vom Bf. angefochtene Einheitswertbescheid über das Neue Schloß nicht haltbar (§ 5 des Gesetzes betreffend Fortschreibungen und Nachfeststellungen von Einheitswerten des Grundbesitzes auf den 21. Juni 1948 vom 10. März 1949, Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes -- WiGBl -- 1949 S. 25 = Steuer und Zollblatt 1949 S. 109 in Verbindung mit § 23 des Bewertungsgesetzes -- BewG --). Keine der Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Ziff. 1, 2 BewG liegt im Streitfall vor. Es ist insbesondere keine wirtschaftliche Einheit neu gegründet worden. Das Neue Schloß ist nach Feststellung des Finanzgerichts mindestens seit 1935 als Teil des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs erfaßt worden. Eine Nachfeststellung des Einheitswerts für das Neue Schloß müßte daher, wenn und solange der Einheitswert 1935 für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unverändert fortbesteht, in gewissem Umfang zu einer Doppelheranziehung führen. Das Finanzgericht versucht, den unzulässigen Nachfeststellungsbescheid unter dem Gesichtspunkt einer berichtigenden Artfortschreibung aufrechtzuerhalten. Es ist richtig, daß Fortschreibungen von Einheitswerten zwecks Fehlerberichtigung zulässig sind, und daß dies auch für Artfortschreibungen gilt. Es kann aber nicht zugegeben werden, daß die besondere Bewertung des Neuen Schlosses hier eine berichtigende Artfortschreibung darstellt. Eine Fortschreibung zwecks Fehlerberichtigung bezieht sich immer auf einen vorangegangenen, nachträglich als fehlerhaft erkannten Einheitswertbescheid. Im vorliegenden Falle könnte vielleicht darüber gestritten werden, ob der Einheitswert 1935 für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Bf. insofern unrichtig war, als er das Neue Schloß in die wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens einbezogen hat. Wäre insoweit wirklich ein Bewertungsfehler anzuerkennen, so könnte mit Wirkung von einem späteren Feststellungszeitpunkt an bei Erreichung der Wertfortschreibungsgrenze ein berichtigender Wertfortschreibungsbescheid für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ergehen, in dem das Neue Schloß nicht mehr enthalten ist, und dies würde auf der anderen Seite die besondere Bewertung des Schlosses als Grundvermögen zur Folge haben. Nicht aber kann in einem Falle, wie dem hier gegebenen, wo landwirtschaftlicher Betrieb und Schloß im Eigentum derselben Person stehen, eine vorweg und für sich allein vorgenommene gesondere Bewertung des Neuen Schlosses als berichtigende Artfortschreibung hinsichtlich des bisherigen Einheitswerts für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gelten, solange der das Neue Schloß umfassende Einheitswert 1935 für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Bf. unverändert fortbesteht. Dies hat das Finanzgericht verkannt. Hiernach war das angefochtene Urteil nebst dem ihm zugrunde liegenden Einheitswertbescheid für das Neue Schloß ersatzlos aufzuheben. Darüber, ob ausreichende Gründe für eine berichtigende Wertfortschreibung des Einheitswerts des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs auf den 1. Januar 1935 vorliegen, ist in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.
Fundstellen
Haufe-Index 425861 |
BStBl III 1957, 190 |
BFHE 1957, 506 |