Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Mitgliederbeiträge im Sinn des § 8 KStG bei Hausbesitzervereinen.
Normenkette
KStG §§ 8, 12
Tatbestand
Streitig ist die Körperschaftsteuerpflicht 1947 eines Haus- und Grundbesitzervereins. § 2 der Satzung des Vereins lautet: "Zweck des Vereins ist die Wahrung und Förderung der Belange der in § 1 genannten Haus- und Grundbesitzer durch schriftliche und mündliche Beratung und Belehrung in rechtlichen, steuerlichen, technischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten des Haus- und Grundbesitzes, insbesondere im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau.
Ein wirtschaftlicher Betrieb ist ausgeschlossen. Der Verein betreibt keine gewerbliche wirtschaftliche Tätigkeit".
Das Finanzamt hat den Verein als steuerpflichtig angesehen und gemäß dem Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 8. November 1941 S 2525 - 15 I 20 v. H. der Beitragseinnahmen als steuerpflichtige Einnahmen betrachtet.
Der Einspruch blieb erfolglos. Auf die Berufung hat die Vorinstanz die Körperschaftsteuerpflicht des Hausbesitzervereins verneint, weil es sich bei den Beiträgen um echte Mitgliederbeiträge im Sinne des § 8 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), § 21 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes (Erste KStDV) handele. Wer einem Verein beitrete, so führt die Vorinstanz aus, erwarte vom Verein wirtschaftliche oder ideelle Vorteile für sich. Neben der Wahrung und Förderung der einzelnen Mitglieder verfolge der Verein zweifellos den allgemeinen Zweck, die Interessen der Haus- und Grundbesitzer ganz allgemein im Auge zu haben und zu vertreten. Die Summe der Einzelinteressen der Mitglieder bildeten zusammen den Gesamtzweck des Vereins. Jedes Vereinsmitglied habe also nach der Satzung die Möglichkeit, sich vom Verein beraten zu lassen. Ein besonderes Entgelt für diese Beratung habe das Mitglied nicht zu entrichten. Es stehe nicht fest, ob und in welchem Umfang die Vereinsmitglieder von diesem Recht Gebrauch gemacht hätten. Ein erheblicher Teil nehme den Verein nicht in Anspruch. Lasse sich ein Einzelmitglied beraten, so liege in der Zahlung seines Beitrags auch kein anteiliges Entgelt. Sonst wäre nicht zu verstehen, warum Mitglieder, die von der Beratungsmöglichkeit keinen Gebrauch machten, den gleichen Beitrag zu entrichten hätten, wie die Mitglieder, die sich beraten ließen. Die Bereithaltung käuflicher Vordrucke diene lediglich dazu, dem Mitglied den Weg zum Händler zu ersparen. In dem Entgelt für die Vordrucke liege kein besonderer Beitrag des Mitglieds.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts ist begründet.
Die Vorinstanz ist mit Recht davon ausgegangen, daß für 1947 eine Steuerbefreiung des Hausbesitzervereins als Berufsverband ohne öffentlich-rechtlichen Charakter nicht in Frage kommt. Diese Steuerbefreiung ist erst durch § 4 Abs. 1 Ziff 8 KStG in der Fassung des Anhangs zum Gesetz Nr. 64 zur vorläufigen Neuordnung von Steuern vom 22. Juni 1948 eingeführt. Der Verein ist also für 1947 in vollem Umfange unbeschränkt steuerpflichtig.
Es kommt also nur darauf an, ob und inwieweit die Beiträge als Mitgliederbeiträge im Sinne des § 8 KStG angesehen werden können. Nach ständiger Rechtsprechung sind Beiträge im Sinne des § 8 KStG nur solche Beträge, die die Mitglieder lediglich in ihrer Eigenschaft als Mitglieder nach den Satzungen zu entrichten verpflichtet sind. Handelt es sich dagegen um einen Leistungsaustausch zwischen der Personenvereinigung und ihren Mitgliedern, ist für den Begriff des Beitrags kein Raum (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs I A 392/36 vom 9. Februar 1937, Reichssteuerblatt S. 430, sowie die in diesem Urteil angeführte Rechtsprechung, ferner I 434/40 vom 28. Januar 1941, Reichssteuerblatt S. 243, siehe auch Gutachten des Bundesfinanzhofs I D 1/52 S vom 17. Mai 1952, Bundessteuerblatt III S. 228). Nach der Rechtsprechung kann ein Leistungsaustausch auch dann vorliegen, wenn die Leistungen des Vereins durch Pauschbeträge abgegolten werden. Der Reichsfinanzhof hat ferner mehrfach zum Ausdruck gebracht, daß eine Leistung an die Mitglieder bereits darin liegen kann, daß der Verein den Mitgliedern seine Einrichtungen zur Verfügung hält (Urteile des Reichsfinanzhofs I A 385/30 vom 9. Juni 1931, Reichssteuerblatt S. 847; I A 196/32 vom 6. Dezember 1932, Reichssteuerblatt 1933 S. 329 = Slg. Bd. 32 S. 161; I A 252/32 vom 10. Oktober 1933, Reichssteuerblatt S. 1288).
An den Grundsätzen dieser Rechtsprechung wird festgehalten. Aus der Satzung ergibt sich, daß der Verein weitgehend der unmittelbaren Förderung der wirtschaftlichen Interessen der einzelnen Mitglieder dient. Wenn der Verein Tätigkeiten ausübt, die freiberuflicher oder gewerblicher Natur sind, so liegt insoweit ein Leistungsaustausch zwischen dem Verein und seinen Mitgliedern vor. Der oben angeführten Rechtsprechung liegt die Erwägung zugrunde, daß es nicht Sinn der Steuerbefreiung von Mitgliederbeiträgen des § 8 KStG sein könne, Einkünfte des Vereins aus solchen Tätigkeiten freizulassen, die bei den diese Tätigkeit ausübenden Personen (Gewerbetreibenden, Angehörigen freier Berufe) der Steuer unterworfen werden.
Die Vorinstanz irrt demnach, wenn sie echte Mitgliederbeiträge für möglich hält, soweit es sich um den Austausch von Leistung und Gegenleistung zwischen dem Verein und den Mitgliedern handelt. Auch kann die Ansicht nicht geteilt werden, daß die Wahrung der Gesamtinteressen die Summe der Interessen der einzelnen Mitglieder bedeutet. Bei dieser Rechtslage ist es gleichgültig, ob das Mitglied ein besonderes Entgelt für die einzelne Inanspruchnahme zu entrichten hat, oder ob diese Leistungen des Vereins in dem Mitgliederbeitrag mit abgegolten werden. Da die Vorentscheidung diese Grundsätze verkannt hat, war sie aufzuheben.
Bei freier Beurteilung hält der Senat die Sache für spruchreif. Da in den Mitgliederbeiträgen steuerpflichtige und steuerfreie Einkünfte enthalten sind, ist im Wege der Schätzung eine Aufteilung vorzunehmen. Es bestehen keine Bedenken, für diesen Zweck die vom Finanzamt an Hand des Erlasses des Reichsministers der Finanzen S 2525 - 15 III vom 8. November 1941 gewählte Schätzung zu übernehmen. Der Erlaß ist nicht amtlich veröffentlicht. Er stimmt mit Abschnitt 45 der Körperschaftsteuer-Richtlinien II 1948/49 überein. Beide Anordnungen stellen nur das Ergebnis der Rechtsprechung dar. Das Finanzamt hat 20 v. H. der Beitragseinnahmen als körperschaftsteuerpflichtige Einnahmen angesehen. Dieser Anteil ist offenbar niedrig bemessen. Er wird auch von dem Verein, unter der Voraussetzung, daß die Körperschaftsteuerpflicht bejaht wird, der Höhe nach nicht angegriffen. Der Senat sieht die Schätzung des Finanzamts als ein dem Verein günstiges Ergebnis an und trägt keine Bedenken sie zu übernehmen. Zur Wiederherstellung der Entscheidung des Finanzamts ist die Vorentscheidung aufzuheben und die Berufung des Vereins gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts als unbegründet kostenpflichtig zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 407684 |
BStBl III 1953, 212 |
BFHE 1954, 553 |
BFHE 57, 553 |
BB 1953, 700 |
DB 1953, 706 |
StRK, KStG:8 R 3 |
FR 1953, 264 |
NWB, F. 4 S.201 Nr. 55 |