Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Erwirbt eine GmbH, deren Gesellschafter Geschwister und ein Abkömmling eines der Geschwister sind, die Grundstücksmiteigentumsanteile dieser Geschwister, so ist die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 7 GrEStG nicht anwendbar.
Normenkette
GrEStG § 3 Nr. 7
Tatbestand
Die Klägerin, eine GmbH, erwarb Grundbesitz, der Herrn AX und Frau FY als Miteigentümern je zur Hälfte gehörte. Die Geschäftsanteile der Klägerin befanden sich im Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs zu 50 v. H. in Händen von Frau Y, zu 47,5 v. H. in Händen von Herrn AX und zu 2,5 v. H. in Händen von Herrn BX, einem Sohn von Herrn AX.
Das Finanzamt (FA) forderte eine Grunderwerbsteuer an.
Mit der Sprungberufung beantragte die Klägerin unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats II 234/52 S vom 21. Oktober 1953, (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 58 S. 136 - BFH 58, 136 -, BStBl III 1953, 343) Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 7 GrEStG, da es sich im wirtschaftlichen Ergebnis um einen Erwerb des Sohnes von seinem Vater handele, § 3 Nr. 7 GrEStG aber die Fortführung der Familien-GmbH begünstige.
Die Sprungberufung hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) teilte die Auffassung des FA, daß § 3 Nr. 7 GrEStG nach seinem Wortlaut nicht anwendbar sei. Es hielt auch eine erweiternde Ausdehnung der Grundsätze des oben angeführten BFH-Urteils II 234/52 S vom 21. Oktober 1953 nicht für möglich.
Die Rb. begründete die Klägerin im wesentlichen unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen noch damit, daß die Freistellung bei wirtschaftlicher Betrachtung zumindest aus Billigkeitserwägungen - ähnlich wie bei den Gedankengängen der Körperschaftsteuer für die personenbezogene GmbH bzw. der Betriebsaufspaltung bei den Ertragsteuern überhaupt - gerechtfertigt sei. Es müßten für alle Steuerarten dieselben Maßstäbe gelten.
Entscheidungsgründe
Die seit dem Inkrafttreten der FGO ab 1. Januar 1966 als Revision zu behandelnde Rb. kann keinen Erfolg haben.
Das FG hat zunächst mit Recht entschieden, daß Miteigentum unbeschadet der Regelung in §§ 1008 ff. BGB bürgerlich-rechtlich und dementsprechend auch grunderwerbsteuerrechtlich (§ 2 Abs. 1 GrEStG) als Volleigentum wie Alleineigentum zu behandeln ist. Wird Miteigentum veräußert, so liegen also mehrere getrennte Steuerfälle über jeden Miteigentumsanteil als Grundstück je für sich vor, für die an sich getrennte Steuerbescheide erteilt werden müssen (vgl. insoweit Urteile des Senats II 127/60 vom 11. Juli 1962 und II 143/61 vom 10. Juni 1964, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung (HFR) 1962 Nr. 331 S. 351, und 1964 Nr. 385 S. 425; vgl. auch Boruttau-Klein, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, 8. Aufl., § 1 Tz. 11, 30, § 15 Tz. 16). Wird aber Miteigentum an einen Erwerber veräußert und werden die Steuerfälle äußerlich in einem an den Erwerber gerichteten Steuerbescheid zusammengefaßt, so hat es der Senat für zulässig erachtet, nur diesen einen Steuerbescheid zu erteilen. Zur Begründung kann auf das Urteil des Senats II 79/60 vom 7. Dezember 1960 (HFR 1961 Nr. 106 S. 103) verwiesen werden.
In der Sache hat das FG mit zutreffender Begründung die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 7 GrEStG auch nicht für entsprechend anwendbar gehalten. § 3 Nr. 7 GrEStG setzt voraus, daß die das Grundstück erwerbende Vereinigung ausschließlich aus dem Veräußerer und seinen Abkömmlingen (oder aus diesen allein) besteht. Wie zu 1 dargelegt, liegen in der Veräußerung von Miteigentum durch zwei Miteigentümer getrennte Steuerfälle, die auch sachlich getrennt zu beurteilen sind, so z. B. für die Freigrenze des § 3 Nr. 1 GrEStG, aber auch für die Anwendbarkeit des § 3 Nr. 7 GrEStG. Hinsichtlich des Miteigentums von Herrn AX an der erwerbenden GmbH waren aber außer dem Veräußerer und seinem Abkömmling noch die Schwester des Veräußerers und hinsichtlich des Miteigentums von Frau Y an der GmbH noch der Bruder der Veräußerin und dessen Abkömmling beteiligt.
Die Grundgedanken des Urteils II 234/52 S vom 21. Oktober 1953 a. a. O. sind auf den sehr verschieden gelagerten Streitfall nicht anwendbar. Im damaligen Fall hatten Eheleute ein zum Gesamtgut der Gütergemeinschaft (also zum Gesamthandseigentum) gehörendes Grundstück auf eine KG (Personengesellschaft ebenfalls mit Gesamthandseigentum) übertragen, die ausschließlich aus den Eheleuten und deren gemeinschaftlichen Abkömmlingen bestanden hatte. Der Senat hat in dieser Entscheidung bereits die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 7 GrEStG im Falle der übertragung von Alleineigentum eines Ehegatten für nicht anwendbar erklärt, ebenso später in dem Fall, wenn Ehegatten ein zum Gesamtgut der Gütergemeinschaft gehörendes Grundstück auf eine nur aus dem Ehemann und gemeinschaftlichen Abkömmlingen bestehende Vereinigung übertragen (vgl. insoweit Urteil des Senats II 60/56 U vom 24. Oktober 1956, BFH 63, 433, BStBl III 1956, 364 zu III 1). Dies muß um so mehr gelten, wenn an der erwerbenden Vereinigung Geschwister und also auch Abkömmlinge beteiligt sind, die keine gemeinschaftlichen Abkömmlinge sind.
Der Senat vertritt in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt Urteil II 89/64 vom 16. Februar 1966, BFH 85, 302, BStBl 1966 III, 319) die Auffassung, daß Befreiungsvorschriften keinesfalls eng auszulegen sind, etwa nur deshalb, weil es sich um Ausnahmen von der Besteuerung handelt, sondern unter sinnvoller Würdigung des mit der Ausnahmebestimmung verfolgten Zwecks. Der eindeutige Gesetzeswortlaut läßt aber Zweifel nicht offen. Eine ausdehnende Auslegung durch die Rechtsprechung entgegen dem Wortlaut ist - bei aller Anerkennung der Gestaltungsfreiheit auch im Rahmen von Familiengesellschaften durch den Senat (vgl. insoweit z. B. Urteil II 148/62 U vom 8. Dezember 1965, BFH 84, 411, BStBl III 1966, 148 zu II 1) - nicht gerechtfertigt, da die Anwendung des Gesetzes nicht zu einem sinnwidrigen, vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnis führt. In Anknüpfung an § 3 Nr. 6 GrEStG wird durch § 3 Nr. 7 GrEStG ein Vorgang begünstigt, durch den praktisch Abkömmlinge Grundstücke von Eltern (und weiteren Vorfahren) erwerben. Demgegenüber ist aber grundsätzlich nicht nur der Erwerb zwischen Ehegatten, sondern stets der zwischen Geschwistern oder anderen Verwandten in der Seitenlinie grunderwerbsteuerpflichtig.
Der Senat hat die oben angegebene Entscheidung II 234/52 S vom 21. Oktober 1953 wesentlich noch unter Bezugnahme auf die Vergünstigungsvorschriften der §§ 5, 6 GrEStG gestützt. Diese Vorschriften gelten zwar für Gesamthandsgemeinschaften - wie im damaligen Falle für eine KG -, nicht aber für selbständige Rechtspersönlichkeiten, wie im Streitfall die GmbH (vgl. insoweit das, wenn auch zu einem anderen Sachverhalt zu § 6 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 GrEStG ergangene Urteil des Senats II 165/62 vom 22. Juni 1966, BFH 86, 520, BStBl III 1966, 554 zu 2). Die strenge bürgerlich-rechtliche Trennung zwischen dem Eigentum der Kapitalgesellschaft und dem ihrer Gesellschafter gestattet auch keine andere Auslegung des § 3 Nr. 7 GrEStG unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Dies gilt gerade bei der Grunderwerbsteuer, bei der die Frage, ob ein zu besteuernder Grundstücksübergang vorliegt, grundsätzlich nach der im Vordergrund stehenden rechtlichen Beurteilung zu entscheiden ist, während demgegenüber die wirtschaftliche Betrachtung auf dem Gesetz gewollte Ausnahmen, insbesondere im Rahmen des § 1 Abs. 2 GrEStG, beschränkt bleiben muß.
Aus diesen Erwägungen können auch die von der Klägerin angeführten Grundsätze auf dem Gebiet der Besteuerung nach dem Ertrag, die sie im übrigen nach ihren eigenen Angaben - als in ihrem Falle falsch - bekämpft, für die Grunderwerbsteuer als eine Steuer vom Rechtsverkehr nicht herangezogen werden. Abgesehen davon, daß die Ausführungen der Klägerin, soweit es sich um neues tatsächliches Vorbringen handeln sollte, in dieser Instanz, in der grundsätzlich Rechtsfragen zu entscheiden sind, nicht mehr berücksichtigt werden könnten (§ 288, § 296 AO in der vor Inkrafttreten der FGO gültigen Fassung, § 118 Abs. 1, 2 FGO), ist rechtlich folgendes zu bemerken: Die besondere Behandlung der sogenannten personenbezogenen Kapitalgesellschaften bei der Körperschaftsteuer - etwa hinsichtlich der Steuersätze (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 KStG) - beruht auf einer ausdrücklichen Regelung des Gesetzgebers. - Bei den Fragen der Betriebsspaltung mit Verpachtung des (dem Gesellschafter bzw. der sogenannten Besitzgesellschaft bürgerlich-rechtlich gehörenden) Grundstücks handelt es sich um die ertragsteuermäßigen Sonderauswirkungen hinsichtlich der einem Betrieb dienenden Wirtschaftsgüter, vor allem z. B. um die Zuordnung der aus der Verpachtung gezogenen Einkünfte zu solchen aus Vermietung und Verpachtung oder aus Gewerbebetrieb bzw. auch um die Behandlung des Grundstücks als Privat- oder noch Betriebsvermögen mit Wirkung z. B. auf den Veräußerungsgewinn und auch auf die Gewerbesteuer. Dagegen ist es für die Grunderwerbsteuer, wie bereits erwähnt, entscheidend, ob ein übergang des Grundstücks selbst von einem auf einen anderen Rechtsträger stattgefunden hat.
Allgemeine Billigkeitserwägungen schließlich müssen bei der Beurteilung dieser Rechtsfragen außer Betracht bleiben.
Fundstellen
Haufe-Index 412292 |
BStBl III 1967, 29 |
BFHE 1967, 91 |
BFHE 87, 91 |
StRK, GrEStG:3/7 R 1 |