Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Durch Aufwendungen, die ein Mieter nicht zur vorübergehenden Einfügung im Sinne des § 95 BGB, sondern zum Ausbau der gemieteten Geschäftsräume vornimmt, werden keine zum Anlagevermögen des Mieters gehörige abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter angeschafft oder hergestellt, für die Investitionszulage gewährt werden kann.
Normenkette
BHG § 21; BGB § 95 Abs. 2; BewG § 50 Abs. 1 S. 2; BHG § 19
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen für den Ausbau von Geschäftsräumen zur Inanspruchnahme der Investitionszulage nach § 21 des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) in der Fassung vom 26. Juli 1962 - BHG 1962 - (BStBl I 1962, 997) berechtigen.
Die Revisionsklägerin, die in mehreren Berliner Filialgeschäften Einzelhandel mit ... betreibt, wurde vom Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) mit dem Antrag auf Bewilligung von 2.636,53 DM Investitionszulage für den Ausbau von drei Filialen abgewiesen. Im einzelnen handelt es sich um folgende Anschaffungen und Arbeiten: Ergänzung und Ausbau der Heizungsanlagen, Schaufensterscheiben, Schaufensteranlagen, Türen, Elektroinstallationen, Bodenbelag, Maler- und Maurerarbeiten, Mauerdurchbruch und Fassadenputz.
Die gegen die Einspruchsentscheidung des FA eingelegte Berufung wurde vom Verwaltungsgericht (VG) mit folgender Begründung zurückgewiesen. Es seien hier keine abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens im Sinn des § 21 BHG 1962 angeschafft worden, und zwar gleichgültig, ob dieser Begriff bürgerlich-rechtlich, insbesondere nach § 95 Abs. 2 BGB, oder steuerrechtlich, insbesondere nach § 50 Abs. 1 Satz 2 BewG, ausgelegt werde. Die hergestellten oder angeschafften Anlagen könnten unter keiner rechtlichen Beurteilung als Betriebsvorrichtungen angesehen werden. Die von der Revisionsklägerin errichteten und mit den jeweiligen Gebäuden, in denen sich die gemieteten Geschäftsräume befinden, fest verbundenen Anlagen seien nach ihrer Art und ihrem Umfang nicht dazu bestimmt, nur zu einem vorübergehenden Zweck eingefügt zu sein. Aus den Handwerkerrechnungen gehe hervor, daß alle Anlagen im Zug der Erneuerung der Geschäftsräume eingefügt worden seien. Die Umbauten und Einbauten beweglicher Sachen stünden in einem so engen Zusammenhang mit den jeweiligen Gebäuden, daß ihre Entfernung nach Ablauf der Mietverträge über die Geschäftsräume ausgeschlossen sei. Der Begriff der Betriebsvorrichtung nach § 50 Abs. 1 Satz 2 BewG setze bürgerlich-rechtlich als wesentliche Bestandteile des Gebäudes zu betrachtende, steuerlich jedoch nicht in das Grundvermögen einzubeziehende Gegenstände voraus, mit denen das betreffende Gewerbe betrieben werde (Urteil des BFH III 382/57 U vom 14. August 1958, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 67 S. 325 - BFH 67, 325 -, BStBl III 1958, 400). Das treffe jedoch auf die Aufwendungen der Revisionsklägerin nicht zu. Die Arbeiten und Einbauten hätten nur den Zweck, den Aufenthalt des Personals und der Kundschaft in den Räumen angenehmer zu gestalten, nicht aber damit das Gewerbe der Revisionsklägerin zu betreiben. Hauptzweck aller neugeschaffenen Einrichtungen sei die Nutzung der gemieteten Geschäftsräume. Bei den Maurer-, Maler- und Tapeziererarbeiten, der Umgestaltung der Schaufenster und Ladentüren und den Elektroinstallationen bedürfe dies keiner weiteren Begründung. Das gleiche gelte aber auch für die Erweiterung der Heizungsanlagen, deren Zweck über eine normale Beheizung der Laden- und Büroräume nicht hinausgehe. Entgegen der Auffassung der Revisionsklägerin könnten die Anlagen auch nicht deshalb als bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens angesehen werden, weil die Revisionsklägerin die Filialen in gemieteten Räumen betreibe und diese als ihr Anlagevermögen gesondert aktiviere und besteuere. Darauf komme es bei der Auslegung des § 21 BHG 1962 nicht an. Das Wirtschaftsgut ändere nicht dadurch seinen Charakter, weil die Revisionsklägerin nur Mieterin der Geschäftsräume sei. Das von der Revisionsklägerin angezogene Urteil des Finanzgerichts (FG) Hamburg II 163/59 vom 13. Dezember 1962 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1963 Nr. 461 S. 351) betreffend Umgestaltung eines Operettentheaters für die Zwecke eines Lichtspielhauses behandle einen nicht vergleichbaren Fall, bei dem die Aufwendungen in einer besonderen Beziehung zu dem auf dem Grundstück ausgeübten Betrieb gestanden hätten.
Mit der Revision wird folgendes geltend gemacht: Die Abgrenzung des Begriffs "beweglich" habe sich nach bürgerlichem Recht und Bilanzrecht zu richten. Außerdem sei dabei der Zweck des BHG zu berücksichtigen. Da die Ladenausbauten in gemieteten Räumen nach § 95 BGB nicht Bestandteile des Grundstücks werden könnten, müßten sie zum beweglichen Anlagevermögen gerechnet werden. Daran vermöge auch nichts zu ändern, daß die Revisionsklägerin bei Aufgabe der Geschäftsräume unter Umständen, etwa wegen der zusätzlichen Aufwendungen, auf die ganze oder teilweise Entfernung der Einbauten verzichte. Im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung würden in immer kürzeren Abständen Neugestaltungen erforderlich, insbesondere bei Miete von Läden, in denen früher andere Artikel verkauft worden seien. Die Richtlinien für die Abgrenzung der Betriebsvorrichtungen vom Grundvermögen (BStBl II 1960, 93), auf die der Berliner Senator für Finanzen im Erlaß vom 17. Dezember 1962 (Steuer- und Zollblatt für Berlin - StZBl Bln - S. 1953) verweise, dienten ausdrücklich nur der Abgrenzung der grundsteuerpflichtigen und der gewerbesteuerpflichtigen Wirtschaftsgüter. Im Streitfall unterlägen sämtliche Investitionen der Gewerbesteuer, da die Ausbauten und Einrichtungen in gemieteten Räumen nicht zum Grundvermögen im Sinn des Bewertungsrechts zählten. Mit der Gebäudeerhaltung hätten die Aufwendungen nichts zu tun. Im Gegensatz zur Auffassung der Vorinstanz treffe das erwähnte Urteil des FG Hamburg II 163/59 bezüglich der Umgestaltung eines Operettentheaters in ein Lichtspielhaus auf den Streitfall zu, weil es sich hier ebenfalls zum Teil darum handle, daß die Räume anderen Verwendungszwecken (früher für Lebensmittel, jetzt für sanitäre Artikel) zugänglich gemacht werden mußten. Auf Einzeluntersuchungen, ob die Voraussetzungen des § 95 BGB hier erfüllt seien, komme es für die Entscheidung nicht an. Die Ausgaben von Ladengeschäften seien ihrer Natur nach ein einheitliches und besonderes Wirtschaftsgut, das steuerlich nicht in seine Einzelteile zerlegt werden könne. Die besonderen Investitionen für die Herrichtung von Ladengeschäften seien in dem BFH-Urteil VI 123/63 U vom 31. Juli 1964 (BFH 80, 223, BStBl III 1964, 555) als Anschaffungskosten für besonders abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter angesehen worden. Nach dem BFH-Urteil I 411/61 U vom 29. März 1965 (BFH 82, 123, BStBl III 1965, 291) sei auch die gesonderte Absetzung für Abnutzung für Schaufensteranlagen zugelassen worden, weil insofern ein selbständiges Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens vorliege. Diese Rechtsentwicklung müsse auch bei der Abgrenzung der beweglichen Wirtschaftsgüter für die Investitionszulage beachtet werden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Nach § 21 Abs. 1 BHG 1962 kann Investitionszulage für angeschaffte oder hergestellte abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gewährt werden. Mit Recht hat die Vorinstanz sämtliche im Streitfall zu beurteilenden Arbeiten, Einbauten, Veränderungen oder Ergänzungen in den drei Filialen der Revisionsklägerin schon ihrer Natur nach als Leistungen angesehen, die in einem so engen Zusammenhang mit den jeweiligen Gebäuden stehen, daß ihre Entfernung nach ihrer etwaigen Zweckerreichung, hier dem Ablauf der Mietverträge über die Geschäftsräume, ausgeschlossen ist. Die im einzelnen vorgenommenen und vom VG mit bindender Wirkung für den BFH festgestellten Arbeiten können nur den Gebäuden zugerechnet werden. Das gilt nicht nur für das gesamte von den Handwerkern für Maler-, Tapezierer- und Maurerarbeiten verwendete Material, weil es hier überhaupt an abgrenzbaren selbständigen beweglichen Sachen mangelt, sondern auch für die äußerlich als Teile des Gebäudes erkennbaren Gegenstände wie Schaufensterscheiben, Ladentüren, Heizungsanlagen und Elektroinstallationen. Zwar bestimmt § 95 Abs. 2 BGB, daß zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügte Sachen ihre rechtliche Selbständigkeit behalten und deshalb als bewegliche Sachen im Sinne des bürgerlichen Rechts angesehen werden können. Um solche Sachen handelt es sich jedoch im Streitfall nicht.
Mit Recht ist die Vorinstanz davon ausgegangen, daß sich die hier vorzunehmende Prüfung normalerweise darauf bezieht, ob durch Aufwendungen für den Ausbau von Geschäftsräumen wesentliche Bestandteile des Gebäudes, Betriebsvorrichtungen oder einfach bewegliche Gegenstände des Anlagevermögens entstanden sind. Wie sich aus der dazu vorliegenden Rechtsprechung ergibt, können die äußeren Vorgänge und ihre steuerrechtliche Beurteilung nur die Stellung des Vermieters und Eigentümers beeinflussen, nicht dagegen die steuerliche Stellung des Mieters bestimmen, der im Streitfall nach der für den Senat bindenden Feststellung der Vorinstanz in das Gebäude keine nur einem vorübergehenden Zweck dienende Sachen im Sinne des § 95 Abs. 2 BGB eingefügt hat. Die Auswirkungen der Ausbaumaßnahmen sind auch keine "Gegenstände", die dem Mieter als wirtschaftliches Eigentum zugerechnet werden könnten, da die tatsächliche und rechtliche Herrschaftsgewalt darüber dem Eigentümer zusteht. Der Mieter kann nur seine Aufwendungen entsprechend dem im Rahmen der Miete entstandenen Nutzungsrecht abschreiben. Dabei handelt es sich um die Verteilung der Aufwendungen auf die Dauer der Miete. Investitionszulagefähig sind jedoch nur körperliche Gegenstände, die Wirtschaftsgüter des beweglichen Anlagevermögens sein müssen (so bereits das BFH-Urteil IV 215/62 U vom 6. August 1964, BFH 80, 279, BStBl III 1964, 575).
Das FG hat demnach im Ergebnis zu Recht die Gewährung der Investitionszulage nach § 21 BHG 1962 abgelehnt.
Fundstellen
Haufe-Index 412233 |
BStBl III 1967, 65 |
BFHE 1967, 195 |
BFHE 87, 195 |