Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für privat angeschafften PC; geringwertiges Wirtschaftsgut
Leitsatz (NV)
- Ein privat angeschaffter und in der privaten Wohnung aufgestellter PC kann ein Arbeitsmittel i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG sein.
- Ein PC-Monitor ist regelmäßig kein geringwertiges Wirtschaftsgut i.S. des § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 2 S. 1, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten über die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für einen Personalcomputer (PC) als Werbungskosten.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte als Soldat (stellvertretender Kompaniechef in einem Lehrbataillon) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1996 machte er u.a. anteilige Aufwendungen für einen neu angeschafften PC in Höhe von 796 DM geltend (Anschaffungskosten: 2 389 DM - verteilt auf drei Jahre), ferner die Kosten für Zubehörteile (zwei Speichererweiterungen, eine Grafikkarte und ein Netzverlängerungskabel) in Höhe von 600 DM und für einen Monitor in Höhe von 650 DM.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) erkannte diese Aufwendungen nicht an.
Die dagegen gerichtete Klage war teilweise erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) entschied, dass die Kosten des PC dem Grunde nach als Werbungskosten zu berücksichtigen seien; denn der PC sei nach der Überzeugung des Senats ausschließlich beruflich genutzt worden. Bei der anteiligen Berücksichtigung der Aufwendungen sei allerdings von einer vierjährigen Nutzungsdauer auszugehen. Des Weiteren stellten die Speichererweiterungen und die Grafikkarte keine geringwertigen Wirtschaftsgüter dar, sondern seien Bestandteile des neu angeschafften PC; die Bemessungsgrundlage müsse dementsprechend erhöht werden. Der Monitor und das Netzverlängerungskabel hingegen seien als geringwertige Wirtschaftsgüter in voller Höhe zu berücksichtigen.
Mit der Revision macht das FA geltend, die Entscheidung des FG verletze sowohl § 6 Abs. 2, § 7 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 und Nr. 7 und § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als auch § 76 Abs. 1 Satz 1, § 96 Abs. 1 Satz 1 und § 119 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Das FA beantragt, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger treten der Revision entgegen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist teilweise begründet (§ 126 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
1. Das FG hat zutreffend die Aufwendungen für den PC des Klägers als Werbungskosten berücksichtigt.
Werbungskosten sind nach der Rechtsprechung des Senats alle Aufwendungen, die durch den Beruf des Steuerpflichtigen veranlasst sind (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 23. März 2001 VI R 175/99, BFHE 195, 225, BStBl II 2001, 585, m.w.N.). Dazu gehören u.a. auch Aufwendungen für Arbeitsmittel (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG). Erstreckt sich die Verwendung oder Nutzung eines Arbeitsmittels auf mehr als ein Jahr, sind die Aufwendungen auf die voraussichtliche Nutzungsdauer zu verteilen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 Satz 2 und Nr. 7 EStG i.V.m. § 7 Abs. 1 EStG).
Auch ein privat angeschaffter PC, der sich in der Privatwohnung des Steuerpflichtigen befindet, kann ein Arbeitsmittel sein. Es mag zutreffen, dass ein solches Gerät erfahrungsgemäß auch privat genutzt wird. Es gibt aber keinen allgemeinen Erfahrungssatz zur Höhe des privaten Nutzungsanteils. Insbesondere kann nicht ―wie das FA meint― ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass eine private Nutzung in einem nicht unwesentlichen oder sogar überwiegenden Maße erfolgt. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf das Urteil des erkennenden Senats vom 19. Februar 2004 VI R 135/01 (zur Veröffentlichung bestimmt) Bezug genommen.
Das FG ist im Streitfall zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger seinen PC nahezu ausschließlich beruflich genutzt hat. Das FG führt hierzu aus: Maßgeblich sei insoweit zunächst, ob ein Steuerpflichtiger in einem Beruf tätig sei, in dem ein PC regelmäßig berufsbezogen eingesetzt werden könne. Zwar gehöre der Beruf eines Soldaten nicht zu denen, die typischerweise durch Schreib- und Verwaltungsarbeiten geprägt seien. Der Kläger habe aber glaubhaft vorgetragen, dass er zahlreiche schriftliche Unterlagen habe erstellen müssen, die mit seiner beruflichen Tätigkeit im Zusammenhang stünden; die Schriftstücke, die mit Hilfe des PC gefertigt worden seien, habe er einzeln aufgelistet. Da der Kläger zudem seinen Dienst ―als Vorgesetzter und Ausbilder― in einem Lehrbataillon verrichtet habe, folge der Senat auch dem Vorbringen, dass diese Tätigkeit mit einem höheren schriftlichen Arbeitsaufwand verbunden gewesen sei.
Diese Tatsachenwürdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie trägt die Entscheidung des FG, dass es sich bei dem PC des Klägers um ein Arbeitsmittel handelt und dass die Aufwendungen dementsprechend ―in Höhe der AfA― als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für eine mehr als unwesentliche private Nutzung des PC. Ob darüber hinaus dem Standort des PC im häuslichen Arbeitszimmer tatsächlich die hohe indizielle Bedeutung zukommt, die das FG ihm beigemessen hat, kann vor diesem Hintergrund dahingestellt bleiben. Unzutreffend ist jedenfalls die Annahme des FA, das FG habe die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für den PC allein unter diesem Gesichtspunkt bejaht. Die hierauf gerichteten Einwände des FA sind für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung.
2. Die Kosten des PC-Monitors können allerdings ―entgegen der Ansicht des FG― im Streitjahr nur anteilig berücksichtigt werden, da es sich hierbei nicht um ein geringwertiges Wirtschaftsgut handelt. Die zu einem PC gehörenden Peripherie-Geräte sind zwar in der Regel selbständig bewertungsfähig, aber nicht selbständig nutzungsfähig i.S. des § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG (in der für das Streitjahr geltenden Fassung) i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 EStG; denn sie sind ihren technischen Eigenschaften nach auf ein Zusammenwirken mit dem PC angelegt und verlieren mit einer Trennung von diesem bzw. den übrigen Geräten regelmäßig ihre eigene Nutzungsfähigkeit. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird ebenfalls auf das Urteil des Senats vom 19. Februar 2004 VI R 135/01 Bezug genommen.
3. Die verfahrensrechtlichen Rügen des FA greifen nicht durch. Der Anspruch des FA auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO) wurde nicht verletzt. Dass die Rechtsauffassung des FG dem FA erst durch das Urteil bekannt wurde, ist unerheblich. Das FG ist grundsätzlich weder verpflichtet, die maßgebenden rechtlichen Gesichtspunkte seiner Entscheidung mit den Beteiligten umfassend zu erörtern noch die einzelnen für seine Entscheidung maßgebenden Gesichtspunkte im Voraus anzudeuten (BFH-Urteil vom 24. April 1990 VIII R 170/83, BFHE 160, 256, 259, BStBl II 1990, 539, 540; Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 19. Mai 1992 1 BvR 986/91, BVerfGE 86, 133, 144; ferner Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 119 Rz. 10 a). Das FG hat auch nicht gegen den Untersuchungsgrundsatz (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen. Im Streitfall genügte es, dass der Kläger den Umfang der beruflichen Nutzung des PC nach Ansicht des FG schlüssig und glaubhaft dargelegt hat. Insbesondere begründet der Umstand, dass der Kläger keine Aufzeichnungen über die Art und Dauer der Nutzung des PC geführt hat, keine weiteren Aufklärungspflichten.
4. Die AfA-Bemessungsgrundlage ermittelt sich wie folgt:
Anschaffungskosten (alt) |
2 976 DM |
Monitor |
650 DM |
Netzkabel |
13 DM |
Anschaffungskosten (neu) |
3 639 DM |
Auf der Grundlage einer Nutzungsdauer von vier Jahren sind die Aufwendungen des Klägers im Streitjahr in Höhe eines Betrages von insgesamt 910 DM zu berücksichtigen.
5. Die Befugnis, dem FA die Ermittlung des festzusetzenden Betrages zu übertragen, ergibt sich aus § 100 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 121 FGO.
Fundstellen
BFH/NV 2004, 1241 |
DB 2005, 6 |
BBK 2004, 823 |