Leitsatz (amtlich)
Zur Frage des Leistungsaustausches bei Werbezuschüssen, die der Hersteller einer Ware dem Händler anläßlich der Durchführung von Werbemaßnahmen gewährt.
Normenkette
UStG 1951 § 1 Nr. 1; UStDB 1951 § 7
Tatbestand
Die Klägerin (Steuerpflichtige) betreibt als sogenannte Haupthändlerin der X-Werke AG einen Handel mit X-Kraftfahrzeugen. In dem von der Steuerpflichtigen für die Jahre 1963 und 1964 angegebenen Gesamtumsatz sind Werbezuschüsse enthalten, die der Steuerpflichtigen von der X-Werke AG gezahlt werden. Das FA hat die Werbezuschüsse der Umsatzsteuer unterworfen.
Die Werbezuschüsse werden von der X-Werke AG aufgrund von "Richtlinien zum Gemeinsamen Werbefonds für Händler-Anzeigen" gewährt. In diesen "Richtlinien" heißt es u. a. :
"Die Werkswerbung weckt das Interesse. Dank der intensiven Werkswerbung sind X-Fahrzeuge und ihre Vorzüge überall in Deutschland bekannt. Das Interesse dafür wächst von Jahr zu Jahr.
Die Händler-Werbung muß das Interesse lenken.
Den Kaufwunsch zu lenken - dem Interessenten zu sagen:
'bei mir gibt es diese Fahrzeuge zu kaufen' - das ist Ihre Aufgabe als X-Händler. Um Ihnen dabei zu helfen, unterstützt Sie die X-Werke AG noch einmal finanziell bei Ihrer Anzeigenwerbung.
Alle X-Vertragshändler erhalten eine dauernde anteilgerchte Werbeunterstützung gemäß ihrem Neuwagen-Umsatz nach folgenden Bedingungen:
1. Alle machen mit
Die Teilnahme ist für alle X-Vertragshändler obligatorisch. Darüber hinaus empfehlen wir, Ihre Vertragswerkstätten auch an den Vorteilen des GWF teilhaben zu lassen (Abrechnung über Sie - siehe Ziffer 6).
2. Unser Zuschuß
Für jedes von Ihnen abgenommene Neufahrzeug bekommen Sie von der X-Werke AG einen zusätzlichen Bonus von DM 10,- als Zuschuß zu Ihrer Anzeigenwerbung.
3. Ihr Beitrag
Voraussetzung ist, daß Sie selbst weitere DM 10,- für Neuwagen-Anzeigen aufwenden. Dieser Händleranteil wird bei der Auslieferung des Fahrzeuges zunächst einbehalten. Sie finden also auf jeder Fahrzeugabrechnung eine Belastung über DM 10,- für 'Werbefonds'.
Dieses Geld fließt zusammen mit dem unter 2. genannten Beitrag der X-Werke AG auf ein besonderes Konto. Pro Neuwagen-Einheit erhalten Sie also DM 20,- vergütet, sobald Sie Netto-Aufwendungen für Anzeigen etc. in dieser Höhe nachweisen."
Die Stpfl., die die Meinung vertritt, daß die ihr gezahlten Zuschüsse nicht umsatzsteuerbar seien, erhob nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen die Umsatzsteuer-Bescheide für 1963 und für 1964 Klage zum FG. Das FG hat der Klage stattgegeben.
Es hat ausgeführt, die Steuerpflichtige sei der X-Werke AG gegenüber nicht zur Werbung verpflichtet und nehme die Werbung überwiegend im eigenen Interesse vor. Die X-Werke AG sei an der Werbung allenfalls insofern mittelbar interessiert, als es ihr darauf ankomme, daß X-Fabrikate seitens der Steuerpflichtigen abgesetzt würden. Der Steuerpflichtigen stehe es jedoch frei, in welcher Weise sie die Werbung durchführe. Bei dieser Interessenlage und im Hinblick darauf, daß die Steuerpflichtige zur Werbung nicht verpflichtet sei, erbringe die Steuerpflichtige gegenüber der X-Werke AG keine umsatzsteuerlich relevante Leistung. Da zwischen den Beteiligten kein Leistungsaustausch stattfinde, seien die Zuschüsse nicht als Entgelt anzusehen und unterlägen nicht der Umsatzsteuer.
Das FG hat infolgedessen in Abänderung der Steuerbescheide des FA die Umsatzsteuer für 1963 auf ... DM und für 1964 auf ... DM festgesetzt.
Mit der Revision rügt das FA unrichtige Anwendung des geltenden Rechts. Das FG sei, so wird ausgeführt, zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Steuerpflichtige gegenüber der X-Werke AG nicht zur Leistung verpflichtet sei. In Wirklichkeit habe sich die Steuerpflichtige "allgemein" zur Werbung auch zugunsten der X-Werke AG verpflichtet, da sie es sich nicht leisten könne, auf Werbung zu verzichten, vielmehr zur Werbung für X-Fabrikate nach den "Richtlinien" gehalten sei. Nach dem tatsächlichen Ablauf der zwischen der Steuerpflichtigen und der X-Werke AG bestehenden Geschäftsbeziehungen erbringe die Steuerpflichtige gegenüber der X-Werke AG eine Werbeleistung und erhalte dafür eine Vergütung in Form der Werbezuschüsse. Diese unterlägen mithin als steuerpflichtiges Entgelt in vollem Umfang der Umsatzsteuer, so daß die Vorentscheidung aufzuheben sei.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage gegen die Umsatzsteuer-Bescheide 1963 und 1964 als unbegründet abzuweisen.
Die Steuerpflichtige beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die von der Vorinstanz vorgenommene Würdigung des Streitfalls für zutreffend. Insbesondere sei die Vorinstanz dem wirtschaftlichen Gehalt des Sachverhalts insofern in vollem Umfang gerecht geworden, als sie zu Recht einen Leistungsaustausch verneint habe.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision hat keinen Erfolg.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteile V 21/58 U vom 12. November 1959, BFH 70, 33, BStBl III 1960, 13; V 144/62 U vom 5. August 1965, BFH 83, 362, BStBl III 1965, 630; V 222/65 vom 21. November 1968, BFH 94, 464, BStBl II 1969, 278) liegt bei Werbezuschüssen ein steuerbarer Leistungsaustausch zwischen Zuschußgeber und Zuschußnehmer nicht vor, wenn sich der Zuschußnehmer nicht zur Werbung verpflichtet hat, er die Werbung im eigenen Interesse betreibt und die Gewährung des Zuschusses nicht losgelöst von der Warenlieferung des Zuschußgebers erfolgt, sondern mit dieser eng verknüpft ist. Die Vorinstanz, die diese Rechtsprechung berücksichtigt hat, ist in der sachlichen Würdigung dem wirtschaftlichen Gehalt des Streitfalles im wesentlichen gerecht geworden, so daß sich ihre Entscheidung im Ergebnis als zutreffend erweist.
Dies gilt insbesondere für die Auffassung, die die Vorinstanz zu der Frage des Vorliegens einer rechtlichen Verpflichtung der Steuerpflichtigen zur Werbung gegenüber der X-Werke AG vertritt. Eine solche rechtliche Verpflichtung besteht nicht, da der X-Werke AG in den "Richtlinien" kein Anspruch auf Vornahme von Werbemaßnahmen gegen die Steuerpflichtige eingeräumt ist. Eine Rechtsverpflichtung der Steuerpflichtigen kann - entgegen der Auffassung des FA - auch nicht aus den Umständen des Streitfalles unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Gesamtbildes entnommen werden. Bei Unterlassen jeglicher Werbung würde die Steuerpflichtige allerdings von der X-Werke AG keine Werbezuschüsse erhalten. Es ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Senats weit weniger dieser Umstand, der die Steuerpflichtige zu Werbemaßnahmen veranlaßt oder sogar zwingt, als vielmehr die Tatsache, daß die Steuerpflichtige als Automobilhändler im Neuwagengeschäft ohne Werbung gegenüber ihrer Konkurrenz nicht bestehen kann. Die Steuerpflichtige betreibt - wenn auch mit Unterstützung der Herstellerfirma - die Werbung für X-Fabrikate, um sich gegenüber Konkurrenzbetrieben zu behaupten, nicht aber, weil sie hierzu der Herstellerfirma gegenüber verpflichtet ist. Zwar hat sich der erkennende Senat in dem Urteil V 144/62 U vom 5. August 1965 (a. a. O.) dahin ausgesprochen, daß eine rechtliche Verpflichtung nicht immer ausdrücklich vereinbart sein muß, sondern daß sie sich auch aus den Umständen des einzelnen Falles ergeben kann. In jedem Fall ist aber erforderlich, daß eine Verpflichtung des Zuschußnehmers als Grundlage des Leistungsaustausches im Sinne einer sonstigen Leistung (§ 1 Nr. 1 UStG 1951) gegeben ist. Daran fehlt es hier.
Auch die Würdigung der Interessenlage an dem Werbungseffekt ist, so wie sie die Vorinstanz vorgenommen hat, nicht zu beanstanden. Es ist zwar richtig, daß - wie das FA mehrfach betont hat - der X-Werke AG die Werbetätigkeit der Steuerpflichtigen insofern zugute kommt, als höhere Umsätze der Steuerpflichtigen im Neuwagengeschäft auch zu einem größeren Warenbezug bei der Lieferfirma führen. Dies ist jedoch von der Vorinstanz zutreffend als eine mittelbare Folgewirkung der Werbemaßnahmen gewürdigt worden. Da es für die X-Werke AG letzten Endes gleichgültig ist, von welchem Händler die Neuwagen an die Endabnehmer verkauft werden, steht das eigene, unmittelbare Interesse der Klägerin an ihren Werbemaßnahmen eindeutig im Vordergrund.
Da nach alledem weder eine rechtliche Verpflichtung der Steuerpflichtigen zur Werbung gegeben ist noch ein unmittelbares Interesse der X-Werke AG an den durchgeführten Werbemaßnahmen erkennbar ist, hat die Vorinstanz einen umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch im Sinne einer sonstigen Leistung nach § 1 Nr. 1 UStG 1951 im Ergebnis zu Recht verneint. Wie die Abrechnung der Werbezuschüsse durch die Beteiligten steuerlich zu beurteilen ist und inwieweit auf seiten der X-Werke AG ein Preisnachlaß anzuerkennen ist, kann auf sich beruhen, da bereits die primäre Frage des Leistungsaustausches zu verneinen ist.
Da sich somit die Vorentscheidung im Ergebnis als zutreffend erweist, war die Revision als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
Fundstellen
BStBl II 1972, 367 |
BFHE 1972, 389 |