Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein im Ausland erworbener Seeleichter in das Inland verbracht, um vor seinem erstmaligen Einsatz umgebaut zu werden, so handelt es sich bei den Transportkosten um aktivierungspflichtige Anschaffungsnebenkosten.
2. Die Vercharterung eines unbemannten Seeleichters (Pontons) genießt als Mietvercharterung nicht die Steuerbegünstigung des § 34c Abs.4 EStG.
Orientierungssatz
Auch nach dem Zeitpunkt des Erwerbs eines Wirtschaftsguts des Anlagevermögens können noch Aufwendungen anfallen, die als Anschaffungsnebenkosten den Anschaffungskosten zuzurechnen sind. Hierzu zählen alle Aufwendungen, die dazu dienen, das erworbene Wirtschaftsgut erstmals in einen dem angestrebten Zweck entsprechenden betriebsbereiten Zustand zu versetzen (vgl. BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 34c Abs. 4 S. 3
Verfahrensgang
FG Hamburg (Entscheidung vom 27.04.1983; Aktenzeichen I 132/80) |
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Partenreederei, erwarb 1973 einen absenkbaren Seeleichter für 1,7 Mio DM. Sie übernahm das Fahrzeug im Juni 1973 in Nordamerika. Der Leichter war zu dieser Zeit nach Ausrüstung und Aufbauten für Wasserarbeiten eingerichtet. Der Klägerin war jedoch an einem absenkbaren seegängigen Transportponton gelegen. Sie plante daher Umbauten im Werte von etwa 250 000 DM. In der Zeit von Ende Juni bis Mitte August 1973 wurde der Leichter nach einem deutschen Hafen geschleppt. Inzwischen hatte die Klägerin beschlossen, das Fahrzeug durch Aufbau einer Back (Aufbau auf dem Vorschiff) und eines Turms zur Aufnahme von Bedienungselementen zu einem modernen Schwergutponton umzurüsten. Die Umbauarbeiten wurden von August bis Oktober 1973 für rd. 800 000 DM von einer inländischen Werft durchgeführt; für die weitere Ausrüstung fielen noch rd. 70 000 DM an. Die bei der Umrüstung entfernten bisherigen Ausrüstungsgegenstände wurden für ca. 287 000 DM veräußert.
Ab Dezember 1973 vercharterte die Klägerin den Ponton. Dies geschah zum Teil in der Weise, daß die Klägerin für den Charterer die Beförderung übernahm und dazu einen Schlepper stellte. In anderen Fällen wurde lediglich der Ponton zu einem bestimmten Tagespreis verchartert. Für die Beförderung war in diesen Fällen der Charterer zuständig. Der Ponton war in ein inländisches Seeschiffsregister eingetragen und führte die deutsche Flagge.
Die Klägerin hat den Ponton mit dem Kaufpreis abzüglich des Erlöses für die entfernte Spezialausrüstung und zuzüglich der Kosten für den Umbau und die Neuausrüstung aktiviert. Die Schleppkosten von rd. 437 000 DM behandelte die Klägerin als Betriebsausgabe. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) sah darin jedoch zusätzliche Anschaffungskosten. Außerdem betrachtete das FA die Überlassung des Pontons ohne Gestellung eines Schleppers nicht als Vercharterung eines ausgerüsteten Handelsschiffes im internationalen Verkehr und versagte für die Jahre, in denen diese Nutzungsart überwog, die Steuervergünstigung aus § 34c Abs.4 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Entsprechend dieser Beurteilung erließ das FA geänderte oder erstmalige Gewinnfeststellungen für die Jahre 1973 bis 1977 sowie Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 1974 bis 1977 und setzte außerdem die Einheitswerte des Betriebsvermögens zum 1.Januar 1974 bis 1977 fest.
Nach erfolglosem Vorverfahren griff die Klägerin diese Bescheide mit Ausnahme der Gewinnfeststellung und des Gewerbesteuerbescheids 1976 mit der Klage an. Mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1983, 614 abgedruckten Urteil gab das Finanzgericht (FG) dieser Klage statt; es sah in den Schleppkosten Betriebsausgaben und rechnete auch die Vermietung des Pontons zu den in § 34c Abs.4 EStG begünstigten Chartergeschäften.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.
1. Die Klägerin kann ihre Ausgaben für den Transport des Pontons in die Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) nicht als Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs.4 EStG im Jahre ihres Entstehens gewinnmindernd absetzen; es handelte sich dabei vielmehr um Ausgaben, die als Anschaffungskosten gemäß § 7 EStG im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA) über die Nutzungszeit des Wirtschaftsguts verteilt werden müssen.
Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, sind nach § 6 Abs.1 Nr.1 Satz 1 EStG mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu aktivieren. Dies macht im Falle der Anschaffung von Anlagegütern die Trennung der Ausgaben für die Anschaffung von jenen für den Einsatz des Wirtschaftsguts erforderlich. Dabei sind entgegen der Auffassung des FG als Anschaffungskosten nicht nur die Kosten des Erwerbs, d.h. die Aufwendungen für die Überführung des Anlagegegenstandes aus der fremden in die eigene Verfügungsmacht zu berücksichtigen. Vielmehr können im Einzelfall auch nach dem Zeitpunkt des Erwerbs noch Aufwendungen anfallen, die als Anschaffungsnebenkosten den Anschaffungskosten zuzurechnen sind (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5.Mai 1983 IV R 18/80, BFHE 138, 385, BStBl II 1983, 559). Hierzu zählen nach der Rechtsprechung alle Aufwendungen, die dazu dienen, das erworbene Wirtschaftsgut erstmals in einen dem angestrebten Zweck entsprechenden betriebsbereiten Zustand zu versetzen (BFH-Beschluß vom 12.Juni 1978 GrS 1/77, BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620; vgl. auch Urteil vom 24.Mai 1968 VI R 6/67, BFHE 92, 400, BStBl II 1968, 574). Der Regierungsentwurf eines Bilanzrichtlinie-Gesetzes (BTDrucks 10/317 S.13) hat diese Umschreibung der Anschaffungsnebenkosten in § 260 Abs.2 des Handelsgesetzbuches (HGB) übernommen; der Unterausschuß des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages hat sie in § 255 Abs.1 seines Gesetzentwurfs vom 1.August 1985 beibehalten. Sie entspricht auch bisher schon der Auffassung des Handelsrechts (vgl. Husemann, Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Anlagegegenstände, 2.Aufl., S.90; Fülling, Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Vorräte, 1976, 99).
Demgemäß sind bei der Anschaffung von Vorräten die Kosten des Transports zum Betriebsgrundstück sowie auch die Kosten des Umladens, des Transports zum Lagerplatz und des Einlagerns zum Beschaffungsbereich und zu den Anschaffungskosten gerechnet worden (BFH-Urteil vom 31.Juli 1967 I 219/63, BFHE 90, 128, BStBl II 1968, 22). Nichts anderes gilt für die Anschaffung von Anlagegütern. Zu den Anschaffungskosten zählen in diesem Falle sämtliche anläßlich des Erwerbs und im Zusammenhang mit ihm entstandenen Kosten bis zur Betriebsbereitschaft des angeschafften Gegenstandes (Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, 4.Aufl., § 153 AktG Anm.14).
Im Streitfall war der gebraucht erworbene Ponton nach den Feststellungen des FG für Wasserarbeiten eingerichtet und in dieser Form für den von der Klägerin ins Auge gefaßten Transport von Schwergütern nicht brauchbar; er sollte daher zunächst umgebaut und alsdann im Betrieb der Klägerin eingesetzt werden. Da der Ponton erst nach dem Umbau für die Zwecke der Klägerin betriebsbereit war, gehören die bis zu diesem Zeitpunkt auf ihn gemachten Verwendungen zu den Anschaffungskosten. Dabei kann offenbleiben, ob die Kosten des Umbaues nach den Grundsätzen des zu einem Gebäude ergangenen BFH-Beschlusses vom 22.August 1966 GrS 2/66 (BFHE 86, 792, BStBl III 1966, 672) als Herstellungskosten zu behandeln sind; dies würde es nicht hindern, die vorher entstandenen Aufwendungen noch als Anschaffungskosten des umzubauenden Wirtschaftsguts zu behandeln. Ob die Klägerin ursprünglich weniger weitgehende Umbaumaßnahmen plante und sich erst während des Transports zu den tatsächlich durchgeführten Umbauten entschloß, hat keine Bedeutung. Ausschlaggebend ist vielmehr, daß der Ponton in seinem Zustand bei der Übernahme durch die Klägerin für ihre Zwecke nicht brauchbar war und ein Umbau zumindest durch Entfernung der störenden Einrichtung erfolgen mußte. Die Werftüberführung kann daher nicht als Ballastfahrt im Rahmen des normalen Schiffseinsatzes behandelt werden.
2. Das FG hat angenommen, daß der Klägerin die Steuerermäßigung nach § 34c Abs.4 EStG auch in den Fällen zustehe, in denen sie den Ponton an Dritte vercharterte, die ihrerseits für seine Beförderung über See sorgten. Dem ist nicht zuzustimmen.
Nach § 34c Abs.4 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung wird die Steuervergünstigung für ausländische Einkünfte aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr gewährt, die in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen waren und die deutsche Flagge führten. Dabei macht es keinen Unterschied, ob als Handelsschiffe eigene oder gecharterte Fahrzeuge zur Beförderung von Personen und Gütern eingesetzt wurden. Demgegenüber ist die Vercharterung von Handelsschiffen nur begünstigt, wenn sie vom Vercharterer ausgerüstet worden sind (§ 34c Abs.4 Satz 3 EStG). Die Bestimmung soll eine steuerliche Begünstigung für die deutsche Seeschiffahrt, d.h. die deutsche Handelsflotte mit den deutschen Schiffahrtsunternehmen herbeiführen (BFH-Urteil vom 5.August 1976 IV R 12/73, BFHE 119, 473, BStBl II 1976, 710).
Da die Klägerin in den fraglichen Fällen nicht selbst die Beförderung von Gütern im Wege eines Frachtvertrags übernommen hatte, wäre die Vercharterung des Pontons nur dann begünstigt, wenn die Klägerin ein ausgerüstetes Schiff überlassen hätte. Im Rahmen des § 34c Abs.4 Satz 3 EStG ist erforderlich, daß der Vercharterer auch die Besatzung des Schiffes stellt; nur dann nimmt er wie der Ausrüster i.S. von § 510 HGB am Betrieb des Handelsschiffes teil. Diese Voraussetzung kann bei der Vercharterung eines stets unbemannten Pontons nicht erfüllt werden. Hieraus ist jedoch nicht zu folgern, daß die Vercharterung eines solchen Pontons generell nach § 34c Abs.4 Satz 3 EStG steuerbegünstigt ist, wenn nur die übrige erforderliche Schiffsausrüstung vorhanden ist.
§ 34c Abs.4 Satz 2 EStG begünstigt den Einsatz eigener oder gecharterter Handelsschiffe bei der Beförderung von Personen oder Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen. Einen solchen Verkehr kann der Eigentümer oder Charterer eines Pontons nicht aufnehmen, weil dem Ponton der Schiffsantrieb fehlt; die Beförderung kommt vielmehr erst zustande, wenn gleichzeitig ein Schlepper eingesetzt und dadurch ein manövrierfähiger Schiffsverband hergestellt wird. Dementsprechend stellt der Vercharterer eines unbemannten Pontons nicht wie bei der Bereitstellung eines bemannten Schiffes ein zur Beförderung im internationalen Verkehr geeignetes Seeschiff zur Verfügung; dies ist erst der Fall, wenn gleichzeitig mit dem Ponton die Antriebskraft und die Steuerung in Gestalt eines Schleppers überlassen wird. Der Senat hat entschieden, daß die Vercharterung eines unbemannten Seeschiffes als Mietvercharterung (bare-boat- charter) nicht nach § 34c Abs.4 Satz 3 EStG begünstigt ist (Urteil in BFHE 119, 473, BStBl II 1976, 710). Die Vercharterung eines Pontons stellt aber als bare-boat-charter einen reinen Mietvertrag dar (Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg vom 21.Juli 1977 6 U 30/77, Versicherungsrecht 1978, 918).
Der Klägerin ist einzuräumen, daß im Falle der Mietvercharterung eines deutschen Schiffes an ein deutsches Schiffahrtsunternehmen insgesamt eine höhere Steuerbelastung eintritt als bei der Verwendung eines eigenen oder eines gecharterten ausgerüsteten Schiffes. Dies ist vom Gesetzgeber aber bewußt in Kauf genommen worden. Andernfalls würde nämlich auch die Mietvercharterung an ein im Ausland tätiges Schiffahrtsunternehmen begünstigt, ohne daß dies der deutschen Seeschiffahrt zugute käme. Von daher ist es folgerichtig, daß die Vercharterung eines Pontons nur begünstigt ist, wenn der Vercharterer gleichzeitig einen bemannten Schlepper stellt und dadurch an der Seeschiffahrt teilnimmt.
Im Streitfall mag die Klägerin es zusätzlich übernommen haben, für die Handhabung des Pontons beim Be- und Entladen einen Fachmann zur Verfügung zu stellen. Entgegen der Auffassung des FG hat die Klägerin damit aber kein bemanntes Schiff überlassen. Für die Anwendung des § 34c Abs.4 Satz 3 EStG ist vielmehr ausschlaggebend, ob die Mannschaft den Transport über See besorgt.
Fundstellen
Haufe-Index 60698 |
BStBl II 1986, 60 |
BFHE 145, 67 |
BFHE 1986, 67 |
BB 1986, 511-511 (S) |
DB 1986, 359-359 (ST) |
HFR 1986, 163-163 (S) |
FR 1986, 269-270 (ST) |
DStZ/E 1986, 79-79 (S) |