Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessungsgrundlage für Grunderwerbsteuer bei Bündelung von Verträgen
Leitsatz (amtlich)
1. Erwirbt jemand aufgrund der Gesamtheit der Verträge ein Grundstück mit fertiggestelltem Gebäude (eine bezugsfertige Eigentumswohnung), so rechnet jede Leistung zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung (Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer), die der Erwerber als Entgelt für die Veräußerung des Grundstücks in dem Zustand gewährt, in dem es zum Gegenstand des Erwerbsvorganges gemacht ist. Aus der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer scheiden nur solche Leistungen des Erwerbers aus, die nicht den der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang betreffen. Maßgebend hierfür ist nicht, ob die Leistung des Erwerbers als eigene Verpflichtung zur Abgeltung einer wirtschaftlich eigenständigen Leistung ausgestaltet ist, sondern ob mit der Leistung des Erwerbers objektiv Aufwand abgegolten werden soll, der die Herstellung des vereinbarten Zustandes des veräußerten Grundstücks betrifft.
2. Aufwendungen des Erwerbers, die keine erwerbsobjektbezogenen Leistungen (des Veräußerers, ggf. auch eines Dritten) betreffen, sind dann und insoweit in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, als sich Leistung und Gegenleistung nicht ausgewogen gegenüberstehen. Zur Bemessungsgrundlage zählen darüber hinaus Aufwendungen, die der Erwerber auch dann zu erbringen hat, wenn er die betreffenden Leistungen nicht in Anspruch nimmt (Fortführung des Urteils vom 19. Juli 1989 II R 95/87, BFHE 157, 248, BStBl II 1989, 685).
Normenkette
GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
I. Die Eheleute A zusammen sowie die Ehefrau alleine (Kläger,
Revisionsbeklagte und Anschlußrevisionskläger) erwarben durch notariell
beurkundete Verträge vom 2. September 1983 je einen Miteigentumsanteil von
823/10 000 an einem Grundstück in B. Als Kaufpreis waren für den
Miteigentumsanteil am Grundstück jeweils 53 824,00 DM sowie für einen bereits
erstellten Bauplanvorschlag anteilig jeweils 2 286,00 DM zusammen jeweils 56
110,00 DM vereinbart. In dem Vertrag wurde darauf hingewiesen, daß die
baurechtlichen Festsetzungen die Errichtung eines Mehrfamilienhauses nebst
Garagenanlage gestatten und daß die Käufer eine Wohnungs- bzw.
Teileigentumseinheit als Bauherren im eigenen Namen zu errichten
beabsichtigten. Die Käufer (Kläger) anerkannten, gegenüber den übrigen
Miteigentümern verpflichtet zu sein, das Kaufobjekt gemeinsam mit diesen nach
Maßgabe einer näher bezeichneten Baugemeinschaftsvereinbarung nebst Anlagen
und des dieser Baugemeinschaftsvereinbarung anliegenden Bauplanvorschlages zu
bebauen und Wohnungs- bzw. Teileigentum zu begründen. Den Klägern wurde
jeweils eine Abschrift der Baugemeinschaftsvereinbarung übergeben. Sie wurden
vom Notar dahingehend belehrt, daß ihr Inhalt als Teil der Vereinbarungen mit
dem Abschluß des Kaufvertrages für sie verbindlich sei. Sie erklärten, daß
ihnen der Inhalt der Urkunde bekannt sei.
Bei der sog. Baugemeinschaftsvereinbarung handelte es sich um eine am 21.
Dezember 1982 notariell beurkundete einseitige Erklärung der
C-Bau-Betreuungs-KG. Aus ihr ergibt sich u.a., daß der Grundstückseigentümer
die Erstellung einer Vorplanung für die Bebauung des Grundstücks veranlaßt und
seine Bereitschaft zu erkennen gegeben habe, durch Veräußerung von
Miteigentumsanteilen das Bauvorhaben zu unterstützen. Den Käufern sollte ein
von der Bauherrengemeinschaft beauftragter Betreuer mit Betreuungsleistungen
zur Verfügung stehen und für sie in Gemeinschaft die Baudurchführung im Namen,
für Rechnung und auf Gefahr der Auftraggeber abwickeln. Die Erklärung enthielt
nähere Bestimmungen über die Art und Durchführung der geplanten Bebauung. Es
war vorgesehen, daß der Betreuer nach Beschlußfassung durch die Gemeinschaft
den Bauauftrag im Namen und für Rechnung der Bauherren vergeben sollte.
Darüber hinaus enthielt die Vereinbarung einen Bauplanvorschlag und eine
Baubeschreibung.
Bereits am 28. April/17. Mai 1983 hatten die Kläger mit der
C-Bau-Betreuungs-KG einen notariell beurkundeten Baubetreuungsvertrag
abgeschlossen, mit dem sie die C-Bau-Betreuungs-KG als Betreuer bestellten.
Zur Durchführung der geplanten Bauerrichtung im Rahmen der
Bauherrengemeinschaft erteilten die Kläger dem Betreuer Auftrag und Vollmacht,
sie als Bauherren nach außen zu vertreten. Der Betreuer sollte u.a. folgende
Pflichten haben: Beschaffung der Baufinanzierung, Sicherung der Zwischen- und
Endfinanzierung der vom Auftraggeber zu tragenden Kaufpreis- und
Bauaufwendungen mit fremden oder eigenen Mitteln des Bauherren einschließlich
der Bürgschaftsübernahme des Betreuers, Einholung der Baugenehmigung, Abschluß
eines Architekten- und Generalunternehmervertrages, rechtzeitige
Kaufpreiszahlung, Übernahme der Geschäftsführung der Bauherrengemeinschaft,
Durchführung der Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum und Fertigstellung
der Schlußabrechnung.
Den Klägern wurde die Erstellung des Projekts mit Garage nach Maßgabe der
Baugemeinschaftsvereinbarung zu einem anteiligen Festpreis ohne Teppichboden-
und Wandfliesenarbeiten zugesichert; diese waren gesondert zu zahlen. Außerdem
hatten die Kläger nach dem Baubetreuungsvertrag als Bauherren die Zinsen und
Finanzierungsnebenkosten zu tragen. Darüber hinaus waren an den Betreuer zu
zahlen: Gebühren für wirtschaftliche Betreuung, für Treuhandtätigkeit, für
steuerliche Objektbetreuung und Beratung, für Versicherungen und
Versicherungsgarantien, für Vermittlung und Bearbeitung der
Zwischenfinanzierung, für Vermittlung und Bearbeitung der Endfinanzierung,
Bürgschaftsprovisionen, Gebühr zum Ausgleich der Notarkostenübernahme für die
abzuschließenden Verträge, Gebühr für Vermittlung und Beratung sowie eine
Garantiegebühr für die Zusammenführung der vollständigen
Bauherrengemeinschaft. Am 20. September 1983 fand eine einstündige
Bauherrenversammlung statt, an der ein Wohnungseigentümer und die
C-Bau-Betreuungs-KG teilnahmen. Am 11. November 1983 schlossen die Erwerber,
vertreten durch die C-Bau-Betreuungs-KG, und das Bauunternehmen D einen
privatschriftlichen Bauvertrag über die schlüsselfertige Erstellung des
Bauvorhabens ab.
Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsanschlußbeklagte (das Finanzamt
--FA--) setzte mit drei nach § 165 Abs.1 der Abgabenordnung (AO 1977)
vorläufigen Steuerbescheiden vom 29. November 1983 gegen die Kläger
Grunderwerbsteuer, und zwar gegen die Eheleute in Höhe von je 3 367,00 DM und
gegen die Klägerin in Höhe von 6 735,00 DM fest. Das FA ging dabei für jeden
Miteigentumsanteil (Eigentumswohnung) von einer Bemessungsgrundlage von 336
797,00 DM aus. Diese hatte das FA wie folgt ermittelt:
beurkundeter Kaufpreis 56 110,00 DM
Baukosten 173 299,00 DM
Finanzierungskosten 26 912,00 DM
Gebühren
für wirtschaftliche Betreuung 14 346,00 DM
für Treuhandtätigkeit 7 173,00 DM
für steuerliche Objektbetreuung
und Beratung 3 801,00 DM
für Versicherungen und 1 901,00 DM
Versicherungsgarantie
für Vermittlung und Bearbeitung der
Zwischenfinanzierung 5 046,00 DM
für Vermittlung und Bearbeitung der
Endfinanzierung 6 360,00 DM
Bürgschaftsprovision 8 410,00 DM
Gebühr
zum Ausgleich der Notarkostenübernahme
für die abzuschließenden Verträge 3 028,00 DM
für die Vermittlung und Beratung, die
an die Vertriebsgesellschaft 19 007,00 DM
weitergeleitet wird
Garantiegebühr für die Zusammenführung der
vollständigen Baugemeinschaft 11 404,00 DM.
Mit der Klage machten die Kläger geltend, daß nur die Aufwendungen für den Erwerb der Miteigentumsanteile an dem unbebauten Grundstück der Grunderwerbsteuer unterliege. Selbst wenn Einheitlichkeit der abgeschlossenen Verträge vorläge, gehörten aber bestimmte vom FA berücksichtigte Beträge nicht zur Gegenleistung. Diese betrage deswegen höchstens jeweils 281 798,57 DM.
Das Finanzgericht (FG) hat den Klagen teilweise stattgegeben und die Grunderwerbsteuer auf zweimal 2 867,45 DM und einmal 5 734,90 DM herabgesetzt. Gegenstand des Erwerbsvorgangs sei jeweils das Grundstück im bebauten Zustand. Die Grundstückskaufverträge und die Baubetreuungsverträge seien grunderwerbsteuerrechtlich als einheitliche, auf den Erwerb von fertigen Eigentumswohnungen gerichtete Rechtsgeschäfte zu werten. Es liege insgesamt ein formgültiges Vertragswerk i.S. des § 313 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vor. Der notariell beurkundete Kaufvertrag und der notariell beurkundete Baubetreuungsvertrag enthielten sämtliche für den Erwerb eines bebauten Grundstücks notwendigen Regelungen von Rechten und Pflichten der Beteiligten. Das FA habe jedoch eine zu hohe Bemessungsgrundlage angenommen. Nicht zur Gegenleistung gehörten die Gebühren für Vermittlung und Bearbeitung der Endfinanzierung (6 360,00 DM), für Vermittlung und Bearbeitung der Zwischenfinanzierung (5 046,00 DM) und für steuerliche Objektbetreuung und Beratung (3 801,00 DM) sowie die Bürgschaftsprovision (8 410,00 DM) und die Zinsen und Finanzierungsnebenkosten (26 912,00 DM). Unter Berücksichtigung eines Saldos von 477,19 DM, der sich aus der Berechnung laut Steuerbescheiden und der Endabrechnung ergab, setzte das FG die Grunderwerbsteuer jeweils nach einer Gesamtbemessungsgrundlage von 286 745,19 DM fest.
Mit der vom FA (auf Zulassung durch den Senat) eingelegten Revision rügt es Verletzung der §§ 8 Abs.1, 9 Abs.1 Nr.1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG). Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Juli 1989 II R 95/87 (BFHE 157, 248, BStBl II 1989, 685) seien in die Gegenleistung alle die Leistungsbestandteile einzubeziehen, die das Grundstück in dem Zustand betreffen, in dem es zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht wird, insbesondere auch die Kosten der Fremdfinanzierung für die Zeit bis zur Fertigstellung des Erwerbsgegenstandes. Die vom FA noch im Klageverfahren vertretene Rechtsauffassung, daß die Zinsen für die Zwischenfinanzierung nicht zur Bemessungsgrundlage zu rechnen seien, werde nach den Grundsätzen des oben genannten BFH-Urteils nunmehr nicht weiter aufrecht erhalten.
Nach Auffassung des FA ist die Bemessungsgrundlage jeweils wie folgt zu ermitteln:
für den gemeinsamen Erwerb der Kläger
Grundstückskosten 56 110,00 DM
Baukosten 173 299,00 DM
Zinsen und Finanzierungsnebenkosten
laut Endabrechnung 24 162,64 DM
Gebühren laut Endabrechnung von
81 012,83 DM abzüglich darin
enthaltener Gebühr für
Steuerberatung von 3 834,64 DM 77 178,19 DM
--------------
330 750,03 DM
für den Erwerb der Klägerin
Grundstückskosten 56 110,00 DM
Baukosten 173 299,00 DM
Zinsen und Finanzierungsnebenkosten
laut Endabrechnung 24 309,51 DM
Gebühren laut Endabrechnung von
81 012,83 DM abzüglich darin
enthaltener Gebühr für
Steuerberatung in Höhe von 3 834,64 DM
77 178,19 DM
-------------
330 896,70 DM.
Das FA beantragt, unter Abänderung der Vorentscheidung die Grunderwerbsteuer jeweils entsprechend festzusetzen.
Die Kläger haben unselbständige Anschlußrevision eingelegt und beantragt,
unter Aufhebung der Vorentscheidung die Grunderwerbsteuer auf je 538,20 DM
herabzusetzen.
Nach ihrer Auffassung ist Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Grunderwerbsteuer jeweils lediglich der Kaufpreis für den anteilig erworbenen Grund und Boden. Es liege zwar ein sog. Bauherrenmodell zugrunde, aus dem der BFH nach ständiger Rechtsprechung die Einheitlichkeit der Verträge ableite, die grundsätzlich zur Einbeziehung der Baukosten und diverser Gebühren in die Bemessungsgrundlage führe. Im vorliegenden Fall sei der abgeschlossene Bauvertrag jedoch nicht notariell beurkundet. Dies führe zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Der Bauvertrag sei wesentlicher Bestandteil des Vertragswerks und damit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu § 313 BGB beurkundungsbedürftig. Da der Bauvertrag nicht notariell beurkundet worden sei, sei er gemäß § 125 BGB nichtig und eine Einbeziehung der Baukosten in die Besteuerung nach § 1 Abs.1 Nr.1 GrEStG nicht zulässig. Aus § 313 Satz 2 BGB ergebe sich keine andere Beurteilung, denn zu dem Zeitpunkt, in dem die angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheide ergangen seien, sei die Auflassung noch nicht erfolgt gewesen. Eine Heilung der vorläufig nichtigen Verträge sei danach noch nicht eingetreten gewesen. Die Besteuerung hätte erst mit der Auflassung, die am 23. Februar 1984 erfolgt sei, vorgenommen werden können.
Entscheidungsgründe
II. Unter Zurückweisung der Anschlußrevision werden auf die Revision des FA die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen.
1. Die Anschlußrevision der Kläger ist unbegründet.
Zutreffend ist das FG zu dem Ergebnis gelangt, daß sich die Vereinbarungen, die die Kläger abgeschlossen haben, auf den Erwerb jeweils einer bezugsfertigen Eigentumswohnung gerichtet haben. Die Würdigung durch das FG entspricht im wesentlichen der neueren Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. hierzu BFH-Urteile vom 18. Oktober 1989 II R 85/87, BFHE 158, 483, BStBl II 1990, 181; vom 24. Januar 1990 II R 94/87, BFHE 160, 284, BStBl II 1990, 590; vom 6. März 1991 II R 133/87, BFHE 164, 117, BStBl II 1991, 532; vom 5. Februar 1992 II R 110/88, BFHE 166, 402, BStBl II 1992, 357). Insoweit haben die Kläger auch keine Einwendungen erhoben. Mit ihrem Einwand, die Baukosten könnten nicht in die Besteuerung nach § 1 Abs.1 Nr.1 GrEStG einbezogen werden, weil der Bauvertrag durch tatsächliche Verknüpfung Bestandteil des Rechtsgeschäfts geworden, aber nicht zivilrechtlich wirksam im Sinne dieser Vorschrift abgeschlossen worden sei, haben die Kläger keinen Erfolg. Sie verkennen, daß die Einbeziehung der Baukosten in die grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage nicht notwendigerweise darauf beruht, daß die ihnen zugrunde liegenden Verträge mit dem Grundstückskaufvertrag "verknüpft" sind. Vielmehr ergibt sich die Einbeziehung nicht nur der den Grund und Boden betreffenden Leistungen des Erwerbers in die Bemessungsgrundlage aus der besonderen Ausgestaltung des grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenstandes des Erwerbs. Aufgrund der von den Klägern abgeschlossenen Verträge und der Verpflichtung auf der Anbieterseite stand im Zeitpunkt des Erwerbes der Miteigentumsanteile fest, daß die Kläger das jeweilige Grundstück nur in bebautem Zustand erhalten sollten und konnten (vgl. BFH-Urteile in BFHE 158, 483, BStBl II 1990, 181, und in BFHE 166, 402, BStBl II 1992, 357).
Im übrigen würde ein Formmangel des Bauvertrages, auch wenn man den Klägern folgen würde, nicht zu dem von den Klägern gewünschten Ergebnis führen. Es läge dann zwar ein infolge unvollständiger Beurkundung --insgesamt-- unwirksames Rechtsgeschäft vor. Dieses unterläge aber gemäß § 41 Abs.1 AO 1977 der Steuer aus § 1 Abs.1 Nr.1 GrEStG (BFH-Urteil vom 19. Juli 1989 II R 83/85, BFHE 158, 126, BStBl II 1989, 989).
2. Auf die Revision des FA ist die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zu anderweitiger Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
a) Das FG hat seine Entscheidung, bestimmte Kosten und "Gebühren" aus der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer auszunehmen, damit begründet, daß diese Aufwendungen nicht auf die Erlangung der Objekte als solcher, sondern auf den Erhalt wirtschaftlich eigenständiger Leistungen gerichtet gewesen seien. Die Kläger hätten die Zinsen und Finanzierungsnebenkosten als eigene Verpflichtungen zu tragen gehabt; die Vermittlungs- und Bearbeitungsgebühr sei dafür gezahlt worden, daß der Betreuer die Verträge über die Zwischenfinanzierung zwischen den Klägern und einem Kreditinstitut abgeschlossen habe; die Bürgschaftsprovision sei Gegenleistung dafür gewesen, daß der Betreuer es als Bürge übernommen habe, für die Verbindlichkeiten der Kläger einzustehen. Das FG beruft sich hierfür zu Unrecht auf die Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 27. Juni 1968 II 112/64, BFHE 93, 183, BStBl II 1968, 690; vom 9. Mai 1979 II R 56/74, BFHE 128, 92, BStBl II 1979, 577, und vom 29. Juni 1988 II R 258/85, BFHE 154, 149, BStBl II 1988, 898). Den vom FG herangezogenen Urteilen kann, ebensowenig wie den neueren Entscheidungen des BFH (vgl. Urteil vom 12. Februar 1992 II R 20/91, BFHE 167, 193, BStBl II 1992, 422; Beschluß vom 2. September 1993 II B 71/93, BStBl II 1994, 48) entnommen werden, daß Leistungen des Erwerbers dann nicht in die grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage nach § 9 Abs.1 Nr.1 GrEStG einzubeziehen seien, wenn sie als "eigene Verpflichtung" zur "Abgeltung einer wirtschaftlich eigenständigen Leistung" eines Dritten, ggf. auch des Veräußerers, ausgestaltet seien. Vielmehr hat der BFH in ständiger Rechtsprechung auf die Verknüpfung der sonstigen Leistung mit dem Gegenstand des Erwerbsvorgangs abgehoben (so auch deutlich in BFHE 154, 149, BStBl II 1988, 898; ebenso in den Urteilen vom 5. November 1980 II R 28/75, BFHE 132, 111, BStBl II 1981, 174, und vom 12. Februar 1992 II R 20/91, BFHE 167, 193, BStBl II 1992, 422). Zur Gegenleistung i.S. des § 9 Abs.1 Nr.1 GrEStG rechnet demgemäß jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für die Veräußerung des Grundstücks in dem Zustand gewährt, in dem es zum Gegenstand des Erwerbsvorganges gemacht ist. Aus der --grunderwerbsteuerrechtlichen-- Gegenleistung scheiden nur solche Leistungen des Erwerbers aus, die nicht den der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang betreffen.
Ob das eine oder das andere anzunehmen ist, entscheidet sich nicht nach der Bezeichnung der Leistung durch die Parteien, sondern zunächst danach, ob mit den Leistungen des Erwerbers objektiv Aufwand abgegolten werden soll, der die Herstellung des vereinbarten Zustandes des veräußerten Grundstücks betrifft; im Urteil in BFHE 157, 248, BStBl II 1989, 685 ist dies dahingehend charakterisiert, daß die Gegenleistung im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinn durch den Erwerbsgegenstand bestimmt wird (vgl. auch BFH-Urteil vom 9. Oktober 1991 II R 20/89, BFHE 165, 548, BStBl II 1992, 152, und vom 25. November 1992 II R 67/89, BFHE 169, 533, BStBl II 1993, 308). Erfaßt werden daher auch Leistungen des Erwerbers, die aufgrund eines mit einem Dritten abgeschlossenen Vertrages zu erbringen sind, wenn die Leistung des Dritten dazu führen soll, das Grundstück in den Zustand zu versetzen, in dem es zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht worden ist (BFH-Urteile vom 11. März 1981 II R 77/78, BFHE 133, 230, BStBl II 1981, 537; in BFHE 157, 248, BStBl II 1989, 685; in BFHE 167, 193, BStBl II 1992, 422; BFH-Beschluß vom 2. September 1993 II B 71/93, BStBl II 1994, 48). Insbesondere gilt dies, wenn --wie im Streitfall-- Gestaltungen zu beurteilen sind, bei denen im Rahmen eines einheitlichen Vertragswerks der von dem Erwerber zu erbringende Gesamtaufwand aus Einzelposten zusammengesetzt ist, die, nach ihrer Bezeichnung, sowohl Bestandteil des Kaufpreises für den Gegenstand des Erwerbs sein, als auch durch die Inanspruchnahme anderer, den Erwerbsgegenstand nicht betreffende Leistungen veranlaßt sein können (s. zum "umgekehrten" Fall der nachträglichen Aufgliederung eines Gesamtkaufpreises in Kalkulationsbestandteile, BFH-Urteil in BFHE 157, 248, BStBl II 1989, 685). Maßstab für die zutreffende Zuordnung ist der Erwerbsgegenstand, im Streitfall die bezugsfertige Eigentumswohnung. Alle Leistungen, die aus der Sicht des Verkäufers einer entsprechenden Sache --kalkulatorisch-- in den einem Erwerber in Rechnung zu stellenden Kaufpreis einzubeziehen wären, gehören danach zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer (§ 8 Abs.1, § 9 Abs.1 Nr.1 GrEStG). Das sind nicht nur die Bauleistungen und ähnlichen Leistungen, sondern auch "Hilfsleistungen", wie z.B. die Finanzierung.
Betrifft der Aufwand des Erwerbers keine "erwerbsobjektbezogene" Leistung des Veräußerers oder eines Dritten, so zählt er gleichwohl insoweit zur Gegenleistung i.S. des § 9 Abs.1 Nr.1 GrEStG, als sich Leistung und Gegenleistung nicht ausgewogen gegenüberstehen, denn in diesem Ausmaß gewährt der Erwerber eine zusätzliche Leistung für den Erwerb des Grundstücks (BFH-Urteile vom 13. Dezember 1989 II R 115/86, BFHE 159, 362, BStBl II 1990, 440; in BFHE 167, 193, BStBl II 1992, 422, und in BFHE 169, 533, BStBl II 1993, 308). Für Leistungen aufgrund von Verträgen mit Dritten gilt dies allerdings nur, wenn die Verpflichtung zum Abschluß des Vertrages mit dem Dritten dem Verkäufer gegenüber eingegangen worden ist und sich die Verpflichtungen aus dem Vertrag mit dem Dritten und dem Erwerber dem Werte nach unausgewogen gegenüberstehen (BFH-Urteil in BFHE 159, 362, BStBl II 1990, 440; BFH-Beschluß II B 71/93).
In die Bemessungsgrundlage i.S. des § 8 Abs.1 GrEStG sind grundsätzlich auch einzubeziehen diejenigen Aufwendungen des Erwerbers, die er selbst dann zu erbringen hat, wenn er die betreffenden Leistungen nicht in Anspruch nimmt, wenn also die Nichtabnahme einzelner in dem Vertragswerk angebotener Leistungen nicht zu einer Minderung der Gesamtleistungspflicht des Erwerbers führt (BFH-Urteil in BFHE 157, 248, BStBl II 1989, 685 zu 1 b). Dies gilt nur dann und insoweit nicht, als sich die Leistungen des Erwerbers als angemessener Aufwand für tatsächlich erbrachte, den Gegenstand des Erwerbs nicht betreffende Leistungen darstellen (vgl. auch Koordinierter Ländererlaß, z.B. Erlaß Rheinland-Pfalz S 4521A-447 vom 1. März 1990, StEK GrEStG 1983, § 9 Nr.49).
b) Zutreffend hat das FA nach den Ausführungen zu a) insbesondere gerügt, daß das FG die Zinsen und Finanzierungsnebenkosten aus der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ausgeschieden und damit § 8 Abs.1, § 9 Abs.1 Nr.1 GrEStG verletzt hat. Es handelt sich entgegen der Auffassung des FG um Aufwand für die Herstellung des Gebäudes, der in den Kaufpreis der Eigentumswohnung eingeht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 157, 248, BStBl II 1989, 685, und vom 24. Juli 1991 II R 104/88, BFH/NV 1992, 553). Ohne Belang ist, ob die einzelnen Aufwendungen als kalkulatorische Leistungsbestandteile des Gesamtkaufpreises einzeln aufgeführt werden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 157, 248, BStBl II 1989, 685) und wann sie abgerechnet und bezahlt worden sind. Ist, wie im Streitfall, Gegenstand des Erwerbs jeweils eine Eigentumswohnung, so gehören alle Kosten für die Erstellung dieser Wohnung, die kalkulatorisch in den Preis der Wohnung einzubeziehen wären, zur Bemessungsgrundlage. Ohne Einfluß auf die Höhe der Gegenleistung ist es, ob die einzelnen Kostenbestandteile bereits vor der endgültigen Fertigstellung vom Erwerber gefordert und bezahlt werden und ob die Verpflichtung des Erwerbers hierzu auf einer Abrede mit einem Dritten beruht, sofern sie Bestandteil des dem Erwerber angebotenen Vertragsgeflechtes ist.
Entsprechendes gilt für die vom FG aus der Bemessungsgrundlage ausgeschiedenen Gebühren für die Vermittlung und Bearbeitung der Zwischenfinanzierung und für die Bürgschaftsprovision. Ob dies auch für die Gebühren für die Vermittlung und Bearbeitung der Endfinanzierung und für die steuerliche Objektbetreuung und -beratung zutrifft, vermag der Senat aufgrund der Feststellungen des FG nicht zu entscheiden; die Sache geht daher an das FG zurück.
Fundstellen
Haufe-Index 65008 |
BFH/NV 1994, 45 |
BStBl II 1994, 409 |
BFHE 173, 442 |
BFHE 1994, 442 |
BB 1994, 924 |
BB 1994, 924-926 (LT) |
DB 1994, 1271 (L) |
DStR 1994, 697-699 (KT) |
DStZ 1994, 474-476 (KT) |
HFR 1994, 406-407 (LT) |
StE 1994, 262 (K) |
WPg 1994, 466 (L) |
StRK, R.26 (LT) |
Information StW 1994, 510 (KT) |
UVR 1994, 188-189 (K) |
DWW 1994, 162-163 (LT) |
NJW-RR 1994, 1423 (L) |
DNotI-Report 1994, Nr 13, 7-8 (L) |
MittRhNotK 1994, 226-229 (LT) |
ZAP, EN-Nr 517/94 (S) |