Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Gestaltungsmissbrauch durch sog. Outsourcing in Kapitalanlagegesellschaft in den "Dublin-Docks"
Leitsatz (amtlich)
1. Die Beteiligung einer inländischen Kapitalgesellschaft an einer Kapitalanlagegesellschaft im niedrig besteuerten Ausland (hier: an einer gemeinschaftsrechtlich geförderten sog. IFSC-Gesellschaft in den irischen Dublin Docks) ist jedenfalls nicht deshalb gemäß § 42 AO 1977 rechtsmissbräuchlich, weil die Abwicklung der Wertpapiergeschäfte im Ausland durch eine Managementgesellschaft erfolgt.
2. Einkünfte aus Dividenden werden nach Art. XXII Abs. 2 Buchst. a DBA-Irland nur dann von der deutschen Steuer freigestellt, wenn die Dividenden von einer irischen company limited by shares ausgeschüttet werden.
Normenkette
AO 1977 § 42; AStG § 7 Abs. 1, § 10 Abs. 1, 5-6; DBA IRL Art. XXII Abs. 2 S. 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa S. 3
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (Dok.-Nr. 0144609; IWB 1997/17 Fach 3a, Rechtsprechung Gr. 1, 629) |
Tatbestand
Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist ein inländisches Presseunternehmen. Sie beteiligte sich am 10. Juli 1990 mit einer Kapitaleinzahlung in Höhe von 59 999 800 DM an einer am 26. Januar 1990 gegründeten irischen Kapitalgesellschaft S mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung im International Finance and Service Centre (IFSC) in Dublin. Als weitere Gesellschafterin hat sich eine deutsche Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mit 10 Mio. DM beteiligt. Zweck der S war die gewinnbringende Verwaltung des eingezahlten Kapitals. Durch einen am 10. Juli 1990 abgeschlossenen Management- und Verwaltungsvertrag wurde die Geschäftsführung und Verwaltung der S auf die C, Dublin, übertragen. Diese ist zu 75 v.H. von einer Gesellschaft der deutschen X-Bank-Gruppe beherrscht; 25 v.H. hält die Y-Bank, Dublin.
Die C hatte ein Großraumbüro gemietet und beschäftigte 17 Arbeitnehmer. Sie ist aufgrund entsprechender vertraglicher Vereinbarungen auch für andere Kapitalanlagegesellschaften in Irland tätig. Die S verfügte in Irland zwar nicht über einen eigenen Geschäftsbetrieb (Räume, Personal, Telefonanschluss), jedoch über einen Vorstand (Board of directors) als geschäftsführendes Organ. Diesem Vorstand gehörten zwei in Irland ansässige Beschäftigte der C, zwei Beschäftigte der X-Bank-Gruppe und drei weitere irische Staatsangehörige an. Die Vorstandssitzungen wurden in Irland abgehalten.
Gemäß einer Bestätigung des irischen Finanzministeriums ―FinMin― vom 28. März 1991 wurde die S mit Wirkung vom 10. Juli 1990 als IFSC-Gesellschaft anerkannt und erhielt das entsprechende amtliche Steuerzertifikat. Das IFSC wurde 1987 in Dublin im ehemaligen Hafengebiet ("Custom House Docks Area") geschaffen. Es handelt sich hierbei um eine von der EG-Kommission genehmigte und mehrfach verlängerte (vgl. Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ―ABlEG― 1998/C 395/14 ff. vom 18. Dezember 1998; Koschyk, Steuervergünstigungen als Beihilfen nach Art. 92 EG-Vertrag, 1999, 261, m.w.N.) Fördermaßnahme gemäß Art. 92 Abs. 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ―EGV― (= Art. 87 Abs. 3 nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, ABlEG 1997/C 340/173). Als solche anerkannte IFSC-Gesellschaften werden in Irland mit einem ermäßigten Körperschaftsteuersatz von 10 v.H. besteuert (vgl. zu den IFSC-Gesellschaften ―sog. Dublin-Docks-Gesellschaften― im Einzelnen z.B. Grotherr, Internationale Wirtschaftsbriefe ―IWB― Fach (F.) 5 Irland Gruppe (Gr.) 2, 51; Storck, Die Bank 1997, 395; Rädler/ Lausterer/Blumenberg, Der Betrieb ―DB―, Beilage 3/1996; Weisert in Birtel/Bourgon/ Merbecks, Wirtschafts- und Steuerordnung auf dem Prüfstand, Festschrift für Hermann-Wilfried Bayer, 1998, 345, 356 ff.; Dreßler , Gewinn- und Vermögensverlagerungen in Niedrigsteuerländer und ihre steuerliche Überprüfung, 2. Aufl., 1995, 77 ff.; Serwuschok, IWB F. 3 Gr. 1, 1501; Tulloch, DB 1992, 1444; Rosenthal in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Kommentar, Irland, Vor Art. 1 Rz. 36 ff.; Koschyk, a.a.O., S. 259 ff.; Sapusek, Ökonomische und juristische Analyse der Steuerharmonisierung in der Europäischen Union, 1997, Teil 1, S. 180).
Nach den vertraglichen Vereinbarungen haben die Gesellschafter der S Mitspracherechte bei der Anlagestrategie der Gesellschaft. Die Tätigkeit der S bestand während des Streitjahres 1990 in der wiederholten Prolongation mehrerer bei inländischen Banken angelegter Festgelder und im Erwerb von DM-Rentenpapieren. Depotbank für das Festgeld und die Wertpapiere war die Y-Bank, als Unterdepotbanken fungierten jeweils Banken in Deutschland.
Im Streitjahr erzielte die S Bruttoerträge von 2 399 081 DM. Für Managementleistungen durch die C wurde der S eine Gebühr von 200 147 DM berechnet, von welcher auf die Klägerin 164 401 DM entfiel. Für die Gründung der S hatten deren Gesellschafter eine irische Verkehrsteuer von 700 000 DM gezahlt. Die Klägerin entrichtete als Investor eine einmalige Effektenprovision an die X-Bank in Höhe von 119 999,60 DM, welche als laufender Aufwand gebucht wurde.
Für die Gewinnausschüttungen der S beanspruchte die Klägerin, gemäß Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Irland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuer vom 17. Oktober 1962 ―DBA-Irland― (BGBl II 1964, 267, BStBl I 1964, 320) von der deutschen Körperschaftsteuer freigestellt zu werden.
Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) folgte dem nicht (vgl. auch Archivmitteilung des Finanzsenators Bremen vom 22. November 1995 S 1300 -5019- 130, Fachnachrichten des Instituts der Wirtschaftsprüfer 1996, 139, dort insbesondere unter Tz. 3.2 und 3.2.2). Er sah die Zwischenschaltung der S als einen Gestaltungsmissbrauch gemäß § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) an, was zur Folge habe, dass die erwirtschafteten Erträge unmittelbar der Klägerin zuzurechnen seien. Dementsprechend legte das FA deren Besteuerung ein um 1 315 441 DM höheres Aktivvermögen (Bestand, Festgelder und Wertpapiere 61 315 214 DM ./. Beteiligungen 59 999 800 DM) zugrunde; zugleich kürzte es die Betriebsausgaben um 815 906 DM.
Die dagegen gerichtete Klage hatte nur zum Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, dass die streitigen Beträge grundsätzlich der deutschen Körperschaftsteuer unterlägen und nicht gemäß Art. XXII Abs. 2 Buchst. a Doppelbuchst. aa DBA-Irland steuerbefreit seien. Die Zwischenschaltung der irischen S erfülle den Tatbestand des § 42 AO 1977. Es liege ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts vor. Das FA müsse allerdings die in Irland gezahlten Gesellschafts- und Körperschaftsteuern, management fees und Provisionen als weitere Betriebsausgaben berücksichtigen. Blieben nämlich die Einschaltung der irischen Zwischengesellschaft und damit der reale Sachverhalt für die steuerliche Zuordnung der erzielten Einkünfte unbeachtlich, so sei allein von dem fingiert zugrunde zu legenden Sachverhalt auszugehen. Da die genannten Steuern und Beträge tatsächlich als (vergebliche) Aufwendungen geleistet worden seien, seien sie in Abzug zu bringen. - Das Urteil des FG ist in IWB F. 3a Rechtsprechung Gr. 1, 629 wiedergegeben.
Ihre Revisionen stützen die Klägerin und das FA auf Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil aufzuheben, den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung zu ändern und die Körperschaftsteuer 1990 auf 15 273 328 DM festzusetzen sowie die Revision des FA zurückzuweisen.
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Das dem Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetretene FinMin Baden-Württemberg hat sich dem Vorbringen des FA angeschlossen, ohne eigene Anträge zu stellen.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen sind begründet. Sie führen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Das FG ist im Ergebnis davon ausgegangen, dass die Zwischenschaltung der irischen S den Tatbestand des § 42 AO 1977 erfülle. Es liege eine Gestaltungsmissbrauch des Rechts vor, was zur Folge habe, dass die in Rede stehenden Kapitalerträge nicht der S, vielmehr unmittelbar der Klägerin zuzurechnen seien und bei dieser der inländischen Besteuerung unterfielen. Dem ist nicht beizupflichten; das Erkenntnis des FG wird von den tatrichterlich getroffenen und den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen nicht getragen; es widerspricht den gesetzlichen Zusammenhängen zwischen § 7 ff. des Außensteuergesetzes (AStG) einerseits und § 42 AO 1977 andererseits.
a) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. Senatsurteile vom 29. Januar 1975 I R 135/70, BFHE 115, 107, BStBl II 1975, 553; vom 5. März 1986 I R 201/82, BFHE 146, 158, BStBl II 1986, 496; vom 10. Juni 1992 I R 105/89, BFHE 168, 279, BStBl II 1992, 1029; vom 23. Oktober 1992 I R 40/89, BFHE 166, 323, BStBl II 1992, 1026; Urteile des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 29. Juli 1976 VIII R 142/73, BFHE 120, 116, BStBl II 1977, 263; vom 9. Dezember 1980 VIII R 11/77, BFHE 132, 198, BStBl II 1981, 339) erfüllt die Zwischenschaltung von Basisgesellschaften in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft im niedrig besteuernden Ausland den Tatbestand des Rechtsmissbrauchs, wenn für ihre Zwischenschaltung in bestimmte Rechtsgestaltungen wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen. Die Rechtsprechung ist Ausdruck des Grundsatzes, dass das Steuerrecht grundsätzlich die gewählte zivilrechtliche Gestaltung respektiert. Dies gilt jedoch nicht für solche Gestaltungen, die nur der Manipulation dienen. Sie können der Besteuerung nur dann zugrunde gelegt werden, wenn mit ihnen ein angemessener wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird.
b) Der Senat ist des Weiteren davon ausgegangen, dass die Anwendung des § 42 AO 1977 aus logischen Gründen vorrangig vor derjenigen der §§ 7 ff. AStG sei (Senatsurteile in BFHE 168, 279, BStBl II 1992, 1029, und in BFHE 166, 323, BStBl II 1992, 1026). Er hat diesen Vorrang aus den unterschiedlichen Rechtsfolgen abgeleitet: §§ 7 ff. AStG behandeln die ausländische Zwischengesellschaft als Einkünfteerzielungssubjekt. Die von diesem Subjekt erzielten Zwischeneinkünfte werden so behandelt, als ob sie zum frühestmöglichen Zeitpunkt ausgeschüttet worden wären. § 42 AO 1977 setze jedoch ―ebenso wie bereits § 2 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes ―EStG― (vgl. dazu in diesem Zusammenhang P. Fischer, Steuer und Wirtschaft International ―SWI― 1999, 104, 105 f.)― logisch früher an, nämlich schon bei der Einkünfteerzielung im steuerlichen Sinne. Es sei die Rechtsfolge dieser Vorschriften, dass die Zwischeneinkünfte nicht von der Zwischengesellschaft, sondern von den hinter dieser stehenden Gesellschaftern erzielt würden. Diese steuerliche Zuordnung schließe es aus, die Einkünfte noch einmal als Zwischeneinkünfte der Zwischengesellschaft zuzurechnen und sie gemäß §§ 7 ff. AStG zu erfassen. Der Senat hat den so verstandenen Vorrang des § 42 AO 1977 jedoch wieder eingeschränkt, indem er darauf hingewiesen hat, dass § 42 AO 1977 einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts voraussetze, der am Gesetzeszweck der §§ 7 ff. AStG zu messen sei. Diese Vorschriften seien darauf angelegt, auch und gerade der "Steuerflucht" durch Einschaltung sog. Basisgesellschaften zu begegnen. Aus diesen Zwecken sei abzuleiten, dass das bloße Erzielen von Einkünften aus passivem Erwerb für sich genommen keinen Missbrauchsvorwurf rechtfertigen könne, sondern nur die Hinzurechnungsbesteuerung auslöse. Um § 42 AO 1977 daneben anwenden zu können, müssten deshalb weitere Umstände hinzutreten, die die Gestaltung als missbräuchlich kennzeichnen, was insbesondere bei Einschaltung bloßer Briefkastenfirmen der Fall sei.
c) Nach dieser Rechtsprechung bleibt es im Streitfall im Grundsatz bei den in §§ 7 ff. AStG i.V.m. Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa DBA-Irland bestimmten Rechtsfolgen, also ―zunächst― der Hinzurechnung der von der S erwirtschafteten Kapitaleinkünfte gemäß § 7 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 AStG und ―sodann― der Freistellung des hinzugerechneten Betrages gemäß Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 DBA-Irland, § 10 Abs. 5 AStG. Die dagegen gerichteten Erwägungen des FG und des FA, die S sei als ausländische Basisgesellschaft in rechtsmissbräuchlicher Weise nur zu dem Zwecke eingeschaltet worden, um die Klägerin in den Genuss des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs gelangen zu lassen (sog. rule shopping, vgl. Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., MA Art. 1 Rz. 68 f.), und die fraglichen Kapitalerträge seien deshalb ihr und nicht der S zuzurechnen, sind nicht tragfähig.
aa) Zwar erzielte die S nach den getroffenen Feststellungen nur passive Einkünfte. Sie ist jedoch keine bloße Briefkastengesellschaft. Solche wären in Irland im Rahmen des IFSC auch nicht anerkannt worden (vgl. Rosenthal in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Irland, Vor Art. I Rz. 38; ferner Tulloch, DB 1992, 1444, 1449). Ihre "Passivität" beschränkt sich vielmehr darauf, das Kapitalanlagegeschäft zu betreiben. Zu diesem Zweck verfügte sie über einen eigenen Board of directors, dem die eigentliche Entscheidung darüber, in welcher Weise das Kapital anzulegen war, oblag und die dieser auch ―im Einvernehmen mit den Gesellschaftern― wahrnahm. Damit ist sie nicht eigenwirtschaftlich funktionslos. Sie überlässt vielmehr auf eigene Rechnung und Gefahr Kapitalvermögen gegen Entgelt zur Nutzung und bezieht dadurch entsprechende ―eigene― (positive oder auch negative) Einkünfte.
bb) Dass die Ausführung der einzelnen Anlagegeschäfte in wesentlichen Bereichen der C überlassen worden ist, vermag daran nichts zu ändern. Es ist im Kapitalanlagegeschäft üblich, sich einschlägig versierter Dienstleistender, in erster Linie Banken und Kreditinstitute, zu bedienen, die getroffene Anlageentscheidung ―auch in Zusammenarbeit mit diesen― vorzubereiten und sodann durch diese durchführen zu lassen. Im Rahmen der gemeinschaftsrechtlichen IFSC-Förderung ist insbesondere der Abschluss entsprechender Managementverträge regelmäßig sogar Förderungsvoraussetzung (vgl. Raupach/Burwitz in Steuerrecht und europäische Integration, Festschrift für Rädler, a.a.O., S. 539 ff.). Die im Streitfall gewählte Vorgehensweise ist sonach für Kapitalanlagegeschäfte geradezu typisch; sie rechtfertigt ohne Hinzutreten weiterer, hier nicht ersichtlicher Umstände, wie sie bei bloßen Briefkastenfirmen bestehen mögen (siehe dazu den Sachverhalt, über den der Senat durch Urteil in BFHE 168, 279, BStBl II 1992, 1029 entschieden hat; ferner Senatsurteil vom 27. August 1997 I R 8/97, BFHE 184, 329, BStBl II 1998, 163), keine von den zivilrechtlichen Vorgaben abweichende steuerliche Zuordnung (s.a. Rosenthal in Debatin/ Wassermeyer, ebenda; Tulloch, DB 1992, 1444, 1449). Insbesondere lässt sich nichts daraus herleiten, dass die S in Irland keine besonderen sächlichen und personellen Voraussetzungen für die Unterhaltung eines Geschäftsbetriebs vorhielt. Gleichermaßen ist nach den vom FG getroffenen Feststellungen nicht erkennbar, dass die S der Klägerin gegenüber lediglich treuhänderisch tätig geworden wäre; sie handelte danach vielmehr ―dem Zweck einer Kapitalanlagegesellschaft entsprechend―, indem sie bei ihr eingelegtes Geld im eigenen Namen (vgl. insoweit zum Begriffsverständnis auch § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften ―KAGG―) verwaltete.
cc) In Anbetracht dessen übersieht die Vorinstanz, dass das Außensteuergesetz (jedenfalls in seiner noch für das Streitjahr maßgeblichen Fassung) gerade die Einschaltung derartiger, passiv tätiger Kapitalanlagegesellschaften uneingeschränkt akzeptiert und einem Missbrauchsverdikt entzieht (Senatsurteile in BFHE 168, 279, BStBl II 1992, 1029; BFHE 166, 323, BStBl II 1992, 1026). Deutlich wird dies vor allem an der Einfügung des § 10 Abs. 6 AStG durch das Steueränderungsgesetz 1992 ―StÄndG 1992― (BGBl I 1992, 297, BStBl I 1992, 146), wonach Abs. 5 der Vorschrift mit erstmaliger Wirkung vom Veranlagungszeitraum 1992 an (vgl. § 21 Abs. 7 AStG i.d.F. des StÄndG 1992) ―und auch seitdem keineswegs generell, vielmehr nur unter bestimmten, begrenzenden Voraussetzungen― bei der Beteiligung an einer Kapitalanlagegesellschaft und daraus erzielten "Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter" (vgl. dazu die Legaldefinition in § 10 Abs. 6 Satz 2 AStG i.d.F. des StÄndG 1992) unanwendbar bleibt. Ausdrückliches Ziel dieser Gesetzesänderung war es, die Erzielung von Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter zu bekämpfen (vgl. BTDrucks 12/1506, 181), und zwar gerade im Hinblick auf die irischen IFSC-Gesellschaften. Auch nach Auffassung des Gesetzgebers ließ sich dieses Ziel früherer Rechtslage nach offenbar nicht erreichen. Im Übrigen zeigt die Neuregelung des § 10 Abs. 6 AStG, dass infolge des darin gesetzlich vermuteten Missbrauchsvorwurfs nicht etwa eine anderweitige Rechtszuordnung der betreffenden Einkünfte vorgenommen wird. Vielmehr verbleibt es ―wenn auch vorbehaltlich abweichender steuerlicher Zuordnungsvorschriften, wie §§ 39, 42 AO 1977 (Flick/Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Kommentar zum Außensteuerrecht, 6. Aufl., § 10 AStG Anm. 209, 212; Vogel in Cagianut/Vallender, Steuerrecht, Festschrift Ernst Höhn, 1995, 461, 476 ff.)― bei der grundsätzlichen Zuordnungsentscheidung des Außensteuergesetzes, also der Zuordnung bei der ausländischen Kapitalanlagegesellschaft. Statt dessen setzt das Gesetz in seinen Rechtsfolgen bei dem inländischen Anteilseigner an und versagt diesem nunmehr lediglich die abkommensrechtliche Schachtelvergünstigung. - Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Einschaltung passiv tätiger Kapitalanlagegesellschaften im Grundsatz den Regelungen der §§ 7 ff. und damit auch des § 10 Abs. 5 AStG unterfällt. Diesen spezifisch außensteuerlichen Wertungszusammenhängen gilt es, bei Anwendung des § 42 AO 1977 Rechnung zu tragen.
dd) Unabhängig davon zeigt sich auch andernorts, dass der deutsche Gesetzgeber "das sog. Outsourcing im Bereich der Vermögensanlage und -verwaltung … institutionalisiert und typisiert" hat (so Sorgenfrei, Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht ―EWS― 1998, 413), und zwar auch und sogar unter Verwendung eines eigenwirtschaftlich funktionslosen Vermögenspools, nämlich in § 1 KAGG, der insbesondere in seinem Abs. 2 Anlagegesellschaften in Gestalt an sich funktionsloser Spezialfonds anerkennt. Es wäre ein Wertungswiderspruch, die Einschaltung einer im Ausland, zumal in einem EU-Staat, ansässigen eigenständigen Kapitalgesellschaft mit vergleichbarer Zwecksetzung demgegenüber als missbräuchlich anzusehen, wenn dadurch genau jene Rechtsfolgen ausgelöst werden, die das Gesetz (in §§ 7 ff. AStG) ―auch― für derartige Kapitalanlagegesellschaften vorsieht (siehe insoweit auch ―im Hinblick auf § 10 Abs. 5 AStG― zur Gleichbehandlung der Erträge aus- und inländischer Investmentfonds nach dem Gesetz über Kapitalanlagesellschaften und dem Auslandsinvestitionsgesetz Bundesministerium der Finanzen ―BMF―, Schreiben vom 21. Mai 1999, Finanz-Rundschau 1999, 1084, und vom 30. März 1998, BStBl I 1998, 367).
Der Einwand des FG, gleichgelagerte Fallgestaltungen seien im Inland nicht denkbar, weil sich hier kein Steuervorteil ergeben könne, überzeugt insoweit nicht. Zum einen ist es durchaus denkbar, dass auch ein innerstaatliches "Outsourcing" steuerliche und sonstige wirtschaftliche Vorteile nach sich ziehen kann (beispielsweise bei Einbringung in Stiftungsgesellschaften oder bei Kapitalanlagen im Beitrittsgebiet), ohne dass dies von der deutschen Steuerrechtsordnung grundsätzlich missbilligt würde (vgl. auch Senatsurteil in BFHE 184, 329, BStBl II 1998, 163). Zum anderen geht es darum auch gar nicht. Entscheidend ist vielmehr, dass das Erzielen von Einkünften aus passivem Erwerb durch Anlagegeschäfte für sich genommen nach der Gesetzeskonzeption des Außensteuergesetzes stets eine Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG auslöst und keinen Missbrauchsvorwurf rechtfertigt.
ee) In Einklang hiermit sind die von der S erzielten Kapitalerträge dieser und nicht ―weder in unmittelbarer Anwendung von §§ 2 Abs. 1, 20 Abs. 1 EStG noch über § 42 AO 1977― der Klägerin zuzurechnen. Sehen die gesetzlichen Regelungen die Gewährung abkommensrechtlicher Vergünstigungen vor, die ihrerseits, wie vorliegend das Schachtelprivileg gemäß Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 DBA-Irland, ebenfalls nicht unter dem Vorbehalt einer Aktivitäts- oder Produktivitätsklausel stehen, so ist hiernach unabhängig davon zu verfahren, ob dies zu Lasten des inländischen Steuergläubigers gehen kann. § 10 Abs. 5 AStG i.V.m. Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 DBA-Irland verdeutlicht, dass im Streitjahr genau dieses Ergebnis dem gesetzgeberischen Willen entsprach (so auch Rosenthal in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Irland, Art. XXII Rz. 65; P. Fischer, DB 1996, 644, 645 Fn. 12). Bleiben hier Rechtsfolgelücken, so wäre es Sache des Gesetzgebers, diese in den insoweit vorrangigen Regelungen des Außensteuergesetzes und des einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommens zu schließen; eventuelle Zweifel an den Auswirkungen der steuerlichen Beihilfen für IFSC-Gesellschaften hätte die Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) im Rahmen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilfeaufsichtsverfahrens geltend machen müssen (im Ergebnis ebenso Rosenthal in Debatin/ Wassermeyer, a.a.O., Irland, Vor Art. I Rz. 50; Sorgenfrei, EWS 1998, 408; Scherer, Doppelbesteuerung und Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1995, S. 220 f.; Koschyk, a.a.O., S. 266; P. Fischer, ebenda; Vogel in Cagianut/Vallender, a.a.O., 461, 477 f.).
ff) Folglich stellt sich auch nicht die Frage, ob für ein derartiges "Outsourcing" von Anlagekapital im niedrig besteuerten Ausland wirtschaftliche, außersteuerliche Gründe maßgeblich waren, oder ob es der Klägerin möglich gewesen wäre, ihr Kapital in vergleichbarer Weise "durch eine Direktbeauftragung der C und der irischen Depotbank" anzulegen (so aber die Vorinstanz und ―dem folgend― Höppner, IWB F. 3a Rechtsprechung Gr. 1, 632 und 640, in Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 1996/97, 147 ff, 192, und in Steuerrecht und europäische Integration, Festschrift für Rädler, 1999, S. 305 ff.). Bei Einschaltung einer Kapitalanlagegesellschaft im Ausland, insbesondere in einem EU-Mitgliedsstaat, bedarf es solcher Gründe regelmäßig ebenso wenig wie bei Einschaltung derselben im Inland.
2. Auf die weiteren, insbesondere von der Klägerin angestellten Überlegungen zur Normenkollision und zur Vereinbarkeit zwischen §§ 7 ff. AStG und § 42 AO 1977 einerseits und den Regelungen des EG-Vertrages, vor allem dessen Art. 52 betreffend die Niederlassungsfreiheit (= Art. 43 nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam) und deren Art. 67 ff. betreffend die Freiheit des Kapitalverkehrs (= Art. 56 ff. nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam), andererseits, braucht nicht mehr eingegangen zu werden (vgl. dazu umfassend Rosenthal in Debatin/ Wassermeyer, a.a.O., Vor Art. I Rz. 51; Sorgenfrei, EWS 1998, 408, 413 f.; Kraft, Internationales Steuerrecht ―IStR― 2000, 11; Koschyk, a.a.O., S. 211; Blumenberg/Lausterer in Festschrift für Rädler, a.a.O., S. 1 ff., 26). Das Gleiche gilt für die vom FA aufgeworfenen Fragen nach der Reichweite der angemessenen Sachverhaltsfiktion gemäß § 42 Satz 2 AO 1977 im Anschluss an eine als rechtsmissbräuchlich angenommene Gestaltung nach Satz 1 der Vorschrift, vorliegend also die Frage nach der Abzugsfähigkeit der in Irland angefallenen Aufwandspositionen.
3. Die von der Vorinstanz vertretene Rechtsauffassung weicht von jener des erkennenden Senats ab. Ihr Urteil war aufzuheben. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif. Die Sache muss an das FG zurückverwiesen werden, damit dieses den Sachverhalt weiter aufklären kann.
Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass das Schachtelprivileg gemäß Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 DBA-Irland nur für Dividenden gewährt wird, die einer in der Bundesrepublik ansässigen Kapitalgesellschaft von einer in Irland ansässigen Kapitalgesellschaft gezahlt werden. Die Finanzverwaltung (einheitlicher Bund-Länder-Erlass vom 30. Juli 1999, z.B. BMF-Schreiben, BStBl I 1999, 698; FinMin Niedersachsen, GmbH-Rundschau 1999, 1162) nimmt dazu an, das Privileg gelte, wie sich aus der englischen Abkommensfassung ergebe, nur für irische "companies limited by shares". Dem ist beizupflichten (anders Häuselmann, IStR 2000, 8).
Zwar erläutert der Abkommenstext den Begriff company limited by shares bezogen auf die in der Bundesrepublik ansässige Gesellschaft durch den Klammerzusatz "Kapitalgesellschaft". Für die ―im Streitfall ausschlaggebende― irische Beteiligungsgesellschaft fehlt dieser Zusatz aber. Dies lässt die Folgerung zu, dass die in Irland ansässige Gesellschaft die Voraussetzungen einer company limited by shares erfüllen muss. Dass der deutsche Text eine entsprechende Unterscheidung nicht nachvollzieht und uneingeschränkt von "Kapitalgesellschaften" ausgeht, ändert daran nichts. Denn die begrifflichen Unterschiede wecken Zweifel und im Zweifel ist laut Schlussklausel des DBA-Irland die englische Textfassung die maßgebende.
Um eine company limited by shares handelt es sich entsprechenden Verlautbarungen nach (vgl. BMF-Schreiben vom 24. Dezember 1999, BStBl I 1999, 1076, Tabelle 1, S. 1116) ―allein― bei der Public sowie der Private Company limited by shares, abgekürzt PrC. und PLC., nicht aber bei der Limited Partnership (abgekürzt: Ltd.), auch nicht bei der Unlimited Company, unabhängig davon, dass letztere als inländische juristische Person i.S. von § 1 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes zu qualifizieren und dementsprechend zu besteuern ist (vgl. z. B. Senatsurteil vom 24. Oktober 1984 I R 228/81, nicht veröffentlicht; Rosenthal in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Vor Art. I Irland Rz. 17; Beckmann, daselbst, Vor Art. I Großbritannien Rz. 11; FinMin Mecklenburg-Vorpommern, Erlass vom 9. August 1995, Recht der Internationalen Wirtschaft ―RIW― 1995, 961; Oberfinanzdirektion Koblenz, Verfügung vom 8. August 1997, RIW 1997, 1066). Im Streitfall handelt es sich bei der S ausweislich der tatrichterlichen Feststellungen um eine "Ltd.", was die Gewährung des Schachtelprivilegs dem vorstehenden BMF-Schreiben in BStBl I 1999, 698 ausschlösse und die Hinzurechnungsbesteuerung gemäß § 7 i.V.m. § 10 Abs. 1 AStG zur Folge hätte. Andererseits gehen die Beteiligten ―ohne jedoch letzte Erkenntnisse hierüber zu haben― davon aus, dass die S eine company limited by shares sei (vgl. zur "Ltd." ebenso Häuselmann, ebenda; Albrecht, IWB F. 5 Irland Gr. 3, 13, 14 und 33, 36). Darauf könnte hindeuten, dass von ihr bei Gründung irische Verkehrsteuer gezahlt werden musste. Im Einzelnen bleiben indes Ungewissheiten, denen vom FG noch nachzugehen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 424839 |
BFH/NV 2000, 778 |
BStBl II 2001, 222 |
BFHE 191, 257 |
BFHE 2001, 257 |
BB 2000, 658 |
DB 2000, 651 |
DStR 2000, 511 |
DStRE 2000, 376 |
DStZ 2000, 421 |
HFR 2000, 401 |
StE 2000, 183 |
WPg 2000, 433 |
FR 2000, 453 |
LEXinform-Nr. 0553305 |
Inf 2000, 313 |
SteuerBriefe 2000, 587 |
KFR 2000, 217 |
NWB 2000, 1153 |
IWB 2000, 265 |
IWB 2000, 373 |
IWB 2000, 377 |
NZG 2000, 799 |
SteuerStud 2000, 204 |
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