Leitsatz (amtlich)
Die Schenkung eines Grundstückes ist ausgeführt, wenn die Vertragspartner des notariell beurkundeten Grundstücksübertragungsvertrages die Auflassung des Grundstückes erklärt haben, eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen ist und die Anträge zur Eintragung des Eigentümerwechsels im Grundbuch notariell beurkundet sind. Dies gilt auch dann, wenn der Notar die Umschreibung des Grundstücks im Grundbuch erst beim Tode der Veräußerin oder vorher auf deren besondere schriftliche Anweisung veranlassen darf (Anschluß an das Urteil vom 14. März 1979 II R 67/76, BFHE 127, 437, BStBl II 1979, 642).
Normenkette
ErbStG 1959 § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 1 Nr. 2
Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) schloß am 30. Juli 1964 mit ihrer 70 Jahre alten Mutter einen notariell beurkundeten Vertrag (Vertrag I) über mehrere Grundstücke, die in ihrer Gesamtheit das "Gut X" bilden. Die Mutter übertrug diese Grundstücke der Klägerin unter Anrechnung auf deren zukünftigen Erbteil. Ein Barpreis war nicht zu zahlen. Die Klägerin übernahm jedoch ein auf dem Grundbesitz gesichertes Darlehen. Außerdem behielt sich die Mutter "den lebenslänglichen, unentgeltlichen und unbeschränkten Nießbrauch an dem vorbezeichneten Grundbesitz, insbesondere die Leitung des Betriebes ausdrücklich vor".
Besitz, Gefahr, Nutzungen mit Ausnahme des vorbehaltenen Nießbrauches und Lasten sollten mit dem 1. August 1964 auf die Erwerberin übergehen. Die Beteiligten erklärten außerdem die Auflassung und bewilligten und beantragten die Eintragung des Eigentumswechsels und des Nießbrauches im Grundbuch. Der Notar wurde jedoch angewiesen, "die Umschreibung aus dieser Urkunde und die Eintragung des Nießbrauchs erst beim Tode der Veräußerin oder auf deren besondere schriftliche Anweisung vorzunehmen (§ 15 GBO)". Ausgenommen waren einige Parzellen, deren Umschreibung sofort veranlaßt werden sollte. Der Anspruch der Klägerin auf Auflassung der übrigen Parzellen wurde durch Eintragung einer Vormerkung gesichert.
Am 25. Juni 1966 schlossen die Klägerin, ihre Mutter und die Y-Stiftung einen notariell beurkundeten Vertrag (Vertrag II). Danach veräußerte die Mutter der Klägerin mit deren Zustimmung die oben genannten Grundstücke - mit Ausnahme der damals an die Klägerin übereigneten Parzellen - an die genannte Stiftung. In Anrechnung auf diesen Kaufpreis übernahm die Stiftung das gesicherte vorgenannte Darlehen sowie eine weitere Darlehensverbindlichkeit. Von den bar zu zahlenden 1 925 000 DM sollten 1 000 000 DM an die Klägerin gezahlt werden.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) setzte gegen die Klägerin Schenkungsteuer nach einem Wert des Erwerbes von 1 000 000 DM fest. In den "Mitteilungen" des Bescheides heißt es: "Besteuerungsgrundlage ist die Zuwendung von 1 000 000 DM aufgrund der Vereinbarungen vom 30.7.64/25.6.1966."
Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg. Auf die Klage hob das Finanzgericht (FG) den Steuerbescheid und die Einspruchsentscheidung auf. Der Vertrag II enthalte keine Schenkung unter Lebenden i. S. des § 3 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1959, während der Vertrag I zwar eine solche Schenkung darstelle, aber aufgrund der für die Wertermittlung geltenden Vorschriften der §§ 23 ff. ErbStG 1959 nicht zu einer Bereicherung im steuerlichen Sinne geführt habe.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des FA ist unbegründet.
1. Der Senat legt den angefochtenen Steuerbescheid dahin aus, daß die Zuwendung der Geldsumme von 1 000 000 DM gem. Vertrag II und nicht eine Zuwendung der Grundstücke durch Vertrag I erfaßt werden sollte.
2. Der Empfang der Geldsumme oder die Zuwendung eines Anspruches auf diesen Betrag entsprechend dem Vertrag II konnte nur insoweit gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 ErbStG 1959 der Steuer unterliegen, als der Klägerin nicht schon vorher durch den Vertrag I die später verkauften Grundstücke i. S. dieser Vorschriften geschenkt worden waren und diese Zuwendung ausgeführt worden war (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG 1959).
Das FG ist zu dem Ergebnis gekommen, daß bereits durch den Vertrag I der Klägerin die Grundstücke geschenkt worden sind und diese Schenkung ausgeführt worden ist. Gegen diese Ansicht bestehen keine rechtlichen Bedenken.
Die Steuer für eine Schenkung entsteht, sobald die Schenkung ausgeführt worden ist (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG 1959). Bei Zuwendung eines Grundstückes erfordert dies nicht die Eintragung des Beschenkten im Grundbuch. Auch wenn lediglich die Eintragungsanträge gestellt sind und der Beschenkte daher diese Eintragung herbeiführen kann, ist die Schenkung schon ausgeführt (Urteil vom 14. März 1979 II R 67/76, BFHE 127, 437, BStBl II 1979, 642). Denn aufgrund dieser Eintragungsanträge kann der Rechtsübergang nunmehr zwangsläufig eintreten (vgl. dazu den Kommentar von Staudinger 12. Aufl. 1978 zum BGB, § 518 Rdnr. 16). Nachdem der Zuwendungsempfänger den Eintragungsantrag gestellt hat, steht diesem überdies ein Vermögensrecht zu, das übertragen, verpfändet und gepfändet werden kann (Beschluß des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 18. Dezember 1967 V ZB 6/76, BGHZ 49, 197, 200). Damit deckt sich bei der Schenkung von Grundstücken nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung gem. § 14 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG in der Regel mit demjenigen der Bewirkung nach § 518 Abs. 2 BGB (BFHE 127, 437, BStBl II 1979, 642).
Im vorliegenden Fall war zwar der Eintragungsantrag gestellt und die Bewilligung erklärt. Mit Ausnahme einiger sofort auf die Klägerin umzuschreibenden Parzellen sollte der Notar aber "die Umschreibung" im Grundbuch erst beim Tode der Veräußerin oder auf deren schriftliche Anweisung "vornehmen (§ 15 GBO)", also die Anträge erst dann beim Grundbuchamt einreichen. Zweifelhaft mag sein, ob dies allein schon für eine Ausführung der Schenkung i. S. des § 14 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG 1959 ausreichte. Einerseits war damit die Möglichkeit geschaffen, daß spätestens beim Tode der Schenkerin die Klägerin bzw. deren Erben ohne weitere eigene Mitwirkung Eigentümer der Grundstücke wurden und damit bereits bei Abschluß des Vertrages I ein befristetes Anwartschaftsrecht hatten, das später zum Vollrecht (Eigentumsrecht) werden konnte (vgl. dazu das BGH-Urteil vom 14. Juli 1971 III ZR 91/70, Der Betrieb 1971 S. 2209 - DB 1971, 2209 -). Andererseits hätten all diese Umstände jedoch nicht ausgeschlossen, daß die Schenkerin inzwischen die Grundstücke an einen Dritten veräußerte und dieser auch im Grundbuch als Eigentümer eingetragen worden wäre, weil der Notar vorläufig die Eintragungsanträge aus dem Vertrag I nicht beim Grundbuchamt einreichen durfte. Diese Zweifel können hier dahinstehen; denn zur Sicherung des Auflassungsanspruchs der Klägerin war eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen worden. Zwar reicht auch nicht jede Sicherung des Erfüllungsanspruches aus, nämlich wenn die Auflassungserklärung und die Eintragungsanträge noch nicht abgegeben sind (vgl. das BGH-Urteil vom 16. Oktober 1974 IV ZR 85/73, Neue Juristische Wochenschrift 1974 S. 2319 - NJW 1974, 2319 -). Zusammen mit dem vorgenannten Anwartschaftsrecht aufgrund der Auflassung und dem Auftrag an den Notal zur befristeten Stellung der Eintragungsanträge erhielt die Klägerin jedoch durch die Vormerkung eine Rechtsstellung, welche es rechtfertigt, die Schenkung der Grundstücke als ausgeführt anzusehen; denn das Anwartschaftsrecht war dadurch gegen jeden Eingriff in Form einer Belastung oder einer Übertragung des Grundstückes an Dritte geschützt (§ 883 Abs. 2 BGB). Damit war es ebenso wie bei einem vom Auflassungsempfänger gestellten Eintragungsantrag nur eine Frage der Zeit, bis sich das Anwartschaftsrecht der Klägerin zum Vollrecht (Eigentum) verstärkte.
Fundstellen
Haufe-Index 73471 |
BStBl II 1980, 307 |
BFHE 1980, 64 |
JZ 1980, 817 |