Leitsatz (amtlich)
Wird ein Betrieb in eine GmbH & Co. KG gegen Gewährung von Kommanditanteilen eingebracht, so ist § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 nur dann anwendbar, wenn der die Steuer begründende Rechtsvorgang bis zum 31. Dezember 1972 zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet worden ist.
Normenkette
UmwStG 1969 § 29
Tatbestand
Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, ist aus einer OHG hervorgegangen, deren Gesellschafter die jetzigen Kommanditisten waren. Durch privatschriftlichen Gesellschaftsvertrag vom 27. Dezember 1972 traten in die OHG, die bereits vor dem 1. Januar 1968 bestanden hatte, X und eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung als persönlich haftende Gesellschafter ein, die bisherigen persönlich haftenden Gesellschafter wurden Kommanditisten.
Die Einlagen der Kommanditisten sollten durch Verrechnung mit deren Einlagen bei der OHG per 30. Dezember 1972 geleistet werden. Die GmbH hatte ihre Einlage in bar bis spätestens zum 31. Dezember 1972 zu leisten.
Nach dem Gesellschaftsvertrag sollte die Kommanditgesellschaft am 30. Dezember 1972 beginnen. Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb eines Import- und Einzelhandelsunternehmens mit Konsumgütern aller Art, sowie die Verwaltung von Vermögen aller Art.
Die gesellschaftsrechtlichen Veränderungen sind mit Schreiben vom 23. Januar 1973 zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet worden.
Die Klägerin begehrt Steuerfreiheit gem. § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969. Das beklagte Finanzamt hat die Anwendung dieser Vorschrift mit der Begründung abgelehnt, die Anmeldung zum Handelsregister sei nicht bis zum 31. Dezember 1972 erfolgt. Die Voraussetzungen des § 29 Satz 2 UmwStG 1969 seien deshalb nicht erfüllt worden. Es hat die Klägerin mit vorläufigem Bescheid vom 3. Juli 1973 zu einer Gesellschaftsteuer in Höhe von 10 000 DM herangezogen.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hat Erfolg gehabt. Das Finanzgericht hat die Auffassung vertreten, daß der Erwerb der Kommanditanteile gem. § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 steuerfrei sei. Da der Steuertatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972 bereits 1972 verwirklicht worden sei, sei es ohne Bedeutung, daß die Anmeldung der Gründung der GmbH & Co. KG erst im Januar 1973 erfolgt sei.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Finanzamts ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Finanzgerichts und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO)
Die begehrte Steuerfreiheit scheitert auf jeden Fall daran, daß die gesellschaftsrechtlichen Veränderungen aufgrund des Gesellschaftsvertrages vom 27. Dezember 1972 nicht bis zum 31. Dezember 1972 zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet worden sind, wie dies durch § 29 Satz 2 UmwStG 1969 gefordert wird. Unter diesen Umständen kann die Frage offen bleiben, ob in Fällen der vorliegenden Art überhaupt eine Vermögensübertragung im Sinne des § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 vorliegt (vgl. auch das Urteil vom 17. April 1975 II R 64/72, BFHE 116, 54, 55, BStBl II 1975, 646).
Gemäß § 29 Satz 2 UmwStG 1969 ist die Steuerfreiheit davon abhängig, daß der die Steuerpflicht begründende Rechtsvorgang bis zum 31. Dezember 1972 zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet wird. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall unstreitig nicht erfüllt, da die die Gesellschaftsteuerpflicht auslösenden Vorgänge (Eintritt einer GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin, Übertritt der bisherigen Gesellschafter in die Stellung von Kommanditisten) erst 1973 zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet worden sind.
Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts kann dem § 29 UmwStG 1969 nicht der allgemeine Grundsatz entnommen werden, daß diese Vorschrift ohne Rücksicht auf die Erfüllung der Voraussetzungen seines Satzes 2 auch dann anwendbar sein soll, wenn die Steuerschuld bis zum 31. Dezember 1972 entstanden ist. In den Fällen, in denen ein unter den § 29 UmwStG 1969 fallender Vorgang nicht zu einer Eintragung in das Handelsregister führen kann (vgl. z. B. die Fälle des Einbringens eines Betriebes in eine Kapitalgesellschaft unter Vereinbarung einer stillen Gesellschaft zwischen dieser Kapitalgesellschaft und dem Einbringenden), wird zwar mangels Anwendbarkeit des § 29 Satz 2 UmwStG 1969 darauf abzustellen sein, ob die Gesellschaftsteuer bis zum 31. Dezember 1972 entstanden ist. Diese Auslegung ist aber für die Fälle nicht zwingend, in denen eine Eintragung in das Handelsregister gesetzlich vorgeschrieben ist, mag sie auch nur deklaratorische Wirkung haben, wie dies z. B. bei der Neugründung einer ein Grundhandelsgewerbe betreibenden GmbH & Co. KG der Fall ist (vgl. § 161 Abs. 2 i. V. m. § 123 Abs. 2 HGB). Weder aus dem Gesetzestext noch aus der Entstehungsgeschichte läßt sich folgern, daß eine wörtliche Anwendung des § 29 Satz 2 UmwStG 1969 auf Rechtsvorgänge bei der GmbH & Co. KG zu Ergebnissen führe, die mit dem Sinn und Zweck des § 29 UmwStG 1969 nicht zu vereinbaren seien.
Welche Überlegungen den Gesetzgeber bei Schaffung des § 29 Satz 2 UmwStG 1969 bewegt haben, kann nur vermutet werden. Die Materialien geben keine sicheren Hinweise. Anzunehmen ist, daß dem § 29 UmwStG 1969 die Vorstellung zugrunde lag, diese Vorschrift habe nur für die Kapitalgesellschaften im Sinne des § 5 KVStG 1959 Bedeutung, bei denen regelmäßig die Steuerpflicht nicht vor der Eintragung in das Handelsregister entstand. Daraus kann aber nicht auf einen Willen des Gesetzgebers geschlossen werden, die Einhaltung der Begünstigungsfrist stets dann als gegeben anzusehen, wenn der Steuertatbestand bis zum 31. Dezember 1972 verwirklicht wird, mag die Anmeldung zum Handelsregister auch erst später erfolgen. Näher liegt nach Sachlage die Annahme, daß an diese Fälle überhaupt nicht gedacht worden ist. Sonst wären sie sicher ausdrücklich geregelt worden.
Vergleicht man § 29 Satz 2 mit § 25 Abs. 1 UmwStG 1969, so gelangt man zu der weiteren Schlußfolgerung, daß es für die Inanspruchnahme der Gesellschaftsteuerfreiheit nicht für ausreichend angesehen wurde, wenn bis zum 31. Dezember 1972 lediglich ein Umwandlungsbeschluß gefaßt oder ein Verschmelzungsvertrag wirksam wurde, ohne daß schon die Anmeldung zum Handelsregister erfolgt war. Dem Gesetzgeber kam es danach darauf an, daß bis zum 31. Dezember 1972 alle Maßnahmen ergriffen wurden, um die alsbaldige Eintragung der Vorgänge in das Handelsregister sicherzustellen.
Überträgt man diese Überlegungen auf die Fälle der GmbH & Co. KG, so führen sie auch hier zu einem sinnvollen Ergebnis. Soll eine neugegründete GmbH & Co. KG ein Gewerbe im Sinne des § 2 HGB betreiben, so entsteht sie als Kommanditgesellschaft erst mit ihrer Eintragung in das Handelsregister. Vorher ist sie eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13. Juni 1977 II ZR 232/75, NJW 1977, 1683). Da die Eintragung in das Handelsregister wie die Eintragung einer GmbH oder einer Aktiengesellschaft konstitutiv wirkt, kann es für diese Fälle keine Bedenken geben, § 29 Satz 2 UmwStG 1969 wortlautgemäß anzuwenden.
Seine Anwendung ist aber auch in den Fällen gerechtfertigt, in denen die neugegründete GmbH & Co. KG ein Grundhandelsgewerbe betreibt. Die Kommanditgesellschaft wird in diesen Fällen zwar nach außen bereits mit dem Zeitpunkt des Geschäftsbeginns wirksam (vgl. § 161 Abs. 2 i. V. m. § 123 Abs. 2 HGB). Die eine Kommanditgesellschaft kennzeichnende beschränkte Haftung der Kommanditisten (vgl. § 161 Abs. 1, §§ 171, 172 Abs. 1 HGB) ist nach dem Gesetzeswortlaut jedoch erst dann endgültig gesichert, wenn die Eintragung in das Handelsregister erfolgt ist (vgl. § 176 HGB). Wird durch § 176 HGB, der unter den dort genannten Umständen zu einer Haftung des Kommanditisten gleich einem persönlich haftenden Gesellschafter führt, mittelbar ein Zwang auf die Gesellschafter ausgeübt, das Bestehen der Kommanditgesellschaft bzw. der Kommanditbeteiligung alsbald, den gesetzlichen Vorschriften entsprechend (§ 161 Abs. 2 i. V. m. §§ 106 bis 108, § 162 HGB), zum Handelsregister anzumelden, so ist es durchaus sinnvoll, wenn auch in diesen Fällen die Gesellschaftsteuerfreiheit davon abhängig gemacht wird, daß die Anmeldung bis zum 31. Dezember 1972 zum Handelsregister erfolgt ist.
Dem Gesetzgeber wäre es allerdings unbenommen geblieben, für die Anwendung des § 29 UmwStG 1969 in erster Linie darauf abzustellen, daß die Steuer bis zum 31. Dezember 1972 entstanden ist, und erst in zweiter Linie darauf, daß zumindest die Anmeldung zum Handelsregister bis zu diesem Zeitpunkt erfolgt ist. Er hat dies jedoch nicht getan. Auch als der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kapitalverkehrsteuergesetzes und anderer Gesetze vorgelegt wurde (Bundestagsdrucksache VI/2769) und man sich dabei bewußt war, daß vom Inkrafttreten dieses Gesetzes ab § 29 UmwStG 1969 auch auf die GmbH & Co. KG anwendbar sein würde (a. a. O. S. 5), hat der Gesetzgeber keine Veranlassung gesehen, den § 29 Satz 2 UmwStG 1969 zu ändern oder zu ergänzen, obwohl ihm nicht unbekannt gewesen sein kann, daß bei der GmbH & Co. KG die Eintragung in das Handelsregister in vielen Fällen nur deklaratorisch wirkt.
Bei dieser Sachlage ist es den Gerichten nicht gestattet, den § 29 Satz 2 UmwStG 1969 in den Fällen, in denen seine wörtliche Anwendung zu durchaus sinnvollen Ergebnissen führt, im Auslegungswege zu ergänzen. Es muß deshalb dabei verbleiben, daß die Klägerin im vorliegenden Fall die Steuerfreiheit gemäß § 29 UmwStG 1969 nicht in Anspruch nehmen kann.
Die Revision des Finanzamts ist unter diesen Umständen begründet. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da weitere Ermittlungen seitens des Finanzgerichts angesichts des Umstandes nicht erforderlich sind, daß das Finanzamt die Steuer hinsichtlich des Steuermaßstabes nur vorläufig festgesetzt hat und über den vorläufigen Ansatz des Steuermaßstabes kein Streit besteht.
Fundstellen
Haufe-Index 72715 |
BStBl II 1978, 314 |
BFHE 1978, 384 |