Leitsatz (amtlich)
1. Der Nutzungswert einer in Spanien belegenen eigengenutzten Eigentumswohnung unterliegt der inländischen Besteuerung.
2. Eine Eigennutzung der Eigentumswohnung ist auch dann gegeben, wenn sie im Jahr nur etwa zweibis dreimal für je zwei bis drei Wochen genutzt wird.
2. Der Nutzungswert einer in Spanien belegenen eigengenutzten Eigentumswohnung ist nach § 21 Abs. 2 EStG zu ermitteln.
2. Zur Frage der Liebhaberei bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Normenkette
DBA ESP Art. 6 Abs. 1, 3, Art. 23 Abs. 1 Buchst. b; EStG 1971 § 3 Nr. 41, § 21 Abs. 2
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1973 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Der Kläger nutzte im Streitjahr seine im Juli 1973 bezugsfertig gewordene Eigentumswohnung in Spanien etwa zwei- bis dreimal für je zwei bis drei Wochen. In seiner Einkommensteuererklärung für 1973 gab er als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dieser Eigentumswohnung 3 % der Anschaffungskosten von 39 500 DM, bezogen auf einen Zeitraum von fünf Monaten = 493 DM, an. Der Kläger vertrat die Meinung, daß diese Einkünfte nach § 3 Nr. 41 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei seien.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) zog die Einkünfte unter Hinweis auf Art. 6 i. V. m. Art. 23 Abs. 1 b des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vom 5. Dezember 1966 (DBA-Spanien) zur Besteuerung heran.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage nach erfolglosem Einspruch in seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1978 S. 430 (EFG 1978, 430) veröffentlichten Urteil vom 23. Juni 1978 I 52/77 statt. Es ist der Ansicht, daß entgegen der Meinung des Klägers für die strittigen Einkünfte ein Anspruch auf Befreiung nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung gemäß § 3 Nr. 41 EStG nicht in Betracht komme. Art. 23 Abs. 1 a DBA-Spanien gelte ausdrücklich nicht für die unter b) genannten Einkünfte, darunter solche aus unbeweglichem Vermögen, sofern es nicht zu einer in Spanien gelegenen Betriebstätte gehöre (Buchst. ee).
Die Klage führe aber aus einem anderen Grunde zum Erfolg. Die Eigentumswohnung in Spanien sei keine Einkunftsquelle i. S. des Einkommensteuergesetzes. Zwar könne nach höchstrichterlicher Rechtsprechung für ein nicht ständig genutztes, nur zum Wochenendaufenthalt dienendes Wohngrundstück ein Nutzungswert anzusetzen sein, wenn die Wohnung dem Steuerpflichtigen zur jederzeitigen Benutzung zur Verfügung stehe (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. August 1972 VIII R 82/71, BFHE 106, 543, BStBl II 1972, 883). Von einem solchen Zurverfügungstehen könne aber nur dann die Rede sein, wenn die Nutzung der Wohnung nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch jederzeit möglich sei. Eine Ferienwohnung in Spanien sei indessen für einen in der Bundesrepublik Deutschland wohnenden Eigentümer in der Regel nur schwer und mit erheblichem Aufwand an Zeit und Geld zu erreichen. Die Nutzung werde sich daher, wenn die Wohnung nicht an Dritte vermietet werde, in verhältnismäßig bescheidenem Rahmen halten. Das Leerstehenlassen während der übrigen Zeit könne aber wegen der tatsächlichen Hinderungsgründe, die einem häufigeren Gebrauch durch den Eigentümer oder seine Angehörigen entgegenstünden, der Eigennutzung nicht hinzugerechnet werden.
Der Verzicht auf mögliche Mieteinnahmen führe ebenfalls nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen. Der in sinngemäßer Anwendung des § 8 Abs. 2 EStG zu schätzende Nutzungswert - die Einfamilienhaus-Verordnung (Einf-Haus-VO) sei nicht anwendbar - sei hiernach so gering, daß von einer angemessenen Verzinsung des aufgewendeten Kapitals (Abschn. 161 a Abs. 2 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR -) keine Rede sein könne. Wenn man bedenke, welche Kosten allein die gelegentlich notwendigen Reisen zum "nach dem Rechten sehen" und Beaufsichtigen der Wohnung verursacht würden, so werde deutlich, daß das Motiv für den Erwerb und das Unterhalten der Eigentumswohnung nicht die Absicht der Erschließung und Nutzung einer Einkunftsquelle i. S. des § 21 Abs. 2 EStG sei, sondern daß der Kläger dem Grundbesitz in Spanien zuliebe bewußt hohe Aufwendungen in Kauf nehme, denen ein entsprechender Nutzungswert nicht gegenüberstehe. Die hieraus entstehenden Verluste seien dem Bereich der Liebhaberei zuzurechnen und dürften deshalb das zu versteuernde Einkommen nicht mindern; ebenso könne aber dann auch nicht ein Nutzungswert angesetzt werden.
Mit der Revision macht das FA geltend, daß das Urteil des FG § 21 Abs. 2 bzw. § 21 a EStG verletze. Es beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des FG-Urteils die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Auf die Revision des FA wird die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen. Die Vorinstanz ist rechtsirrtümlich davon ausgegangen, daß keine Nutzung der Eigentumswohnung in Spanien i. S. des § 21 Abs. 2 EStG vorliege.
1. Nach § 21 Abs. 2 EStG gehört zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus. Die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) und BFH hat den Begriff der Nutzung weit ausgelegt und hierunter schon das zur jederzeitigen Nutzung Zurverfügungstehen einer Wohnung als ausreichend angesehen, wobei es nicht darauf ankommt, ob und wie oft die Wohnung genutzt wird (BFHE 106, 543, BStBl II 1972, 883, und die weiteren Rechtsprechungshinweise dort). Daran hält der Senat fest. Er hält die Rechtsprechung darüber hinaus auch dann für anwendbar, wenn sich die Nutzung der Wohnung nur im bescheidenen Rahmen hält, weil sie nur schwer und mit einem erheblichen Aufwand an Geld und Zeit zu erreichen ist. Aus welchen Gründen eine Wohnung nur gering genutzt wird, ist nach den Grundsätzen der Rechtsprechung unbeachtlich. Es genügt - wie dargelegt - die Möglichkeit einer Nutzung der Wohnung.
2. Im vorliegenden Fall ist der Nutzungswert der Wohnung nach § 21 Abs. 2 EStG und nicht nach der Einfamilienhaus-Verordnung zu ermitteln. Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Einfamilienhaus-Verordnung nur anzuwenden, wenn ein Haus im Einheitswertverfahren der Art nach als Einfamilienhaus bewertet worden ist (Urteile vom 3. Mai 1963 VI 140/61 U, BFHE 77, 127, BStBl III 1963, 364 und vom 14. Dezember 1976 VIII R 99/72, BFHE 121, 50, BStBl II 1977, 305). Fehlt es aber an einer derartigen Feststellung, so entfällt die Anwendung der Einfamilienhaus-Verordnung (vgl. § 3 Abs. 1 EinfHaus-VO).
3. Ob sich im hier zu entscheidenden Fall die Frage der Liebhaberei stellt, vermag der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Er hat zwar, worauf das FG zutreffend hingewiesen hat, diese Möglichkeit auch für den Bereich der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung bejaht (BFHE 121, 50, BStBl II 1977, 305). Nach dieser Entscheidung und der in ihr angegebenen Rechtsprechung des RFH kommt bei Ferienwohnungen der vorliegenden Art Liebhaberei in Betracht, wenn auf lange Sicht kein Überschuß des nach § 21 Abs. 2 EStG anzusetzenden Mietwertes über die Werbungskosten zu erwarten ist. In diesen Fällen kann der Schluß gerechtfertigt sein, daß die Aufwendungen, die mit der Ferienwohnung in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nicht durch das Streben nach Erzielung von Einnahmen (§ 9 EStG), sondern durch persönliche Motive (§ 12 EStG) veranlaßt sind.
Ob dies der Fali ist, vermag der Senat mangels tatsächlicher Feststellungen des FG nicht zu entscheiden. Denn die Vorinstanz hat keine Feststellungen getroffen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe eine Marktmiete und bei Fehlen von Vergleichsmöglichkeiten in welcher Höhe eine Kostenmiete anzusetzen ist, wie auch, welche Aufwendungen als Werbungskosten anzusetzen sind (vgl. BFHE 123, 347, BStBl II 1977, 860). Ohne Kenntnis dieser Werte kann aber die Frage der Liebhaberei nicht geprüft werden. Das FG wird diese Feststellungen nachholen müssen und erneut entscheiden.
4. FA und FG sind zutreffend davon ausgegangen, daß die hier streitigen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht nach § 3 Nr. 41 EStG in der für den strittigen Veranlagungszeitraum geltenden Fassung steuerfrei sind. Es besteht kein Anspruch auf Befreiung nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (BGBl II 1968, 9, BStBl I 1968, 296). Nach Art. 6 DBA-Spanien können Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem dieses Vermögen liegt (Abs. 1). Das gilt nach Abs. 3 dieses Artikels für Einkünfte aus der unmittelbaren Nutzung, der Vermietung oder Verpachtung sowie jeder anderen Art der Nutzung unbeweglichen Vermögens.
Für eine in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Person werden nach Art. 23 Abs. 1 DBA-Spanien zwar von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer die Einkünfte aus Quellen innerhalb Spaniens und die innerhalb Spaniens gelegenen Vermögensteile ausgenommen, die nach diesem Abkommen in Spanien besteuert werden können. Dies gilt nach Buchstabe b dieser Vorschrift allerdings nicht für Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen. In diesem Fall ist die in Spanien erhobene Steuer auf die deutsche Steuer lediglich anzurechnen. Da im Belegenheitsstaat eine Steuer nicht erhoben worden ist, sind diese Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei der Einkommensteuer uneingeschränkt zu erfassen.
Fundstellen
Haufe-Index 73530 |
BStBl II 1980, 447 |
BFHE 1980, 261 |
NJW 1980, 2040 |