Leitsatz (amtlich)
1. Der für das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft festgestellte Einheitswert ist auf die einzelnen Gesellschafter grundsätzlich nach dem Verhältnis zu vertellen, in dem die Mitgliedschaftsrechte der einzelnen Beteiligten in allen ihren vermögensmäßigen Beziehungen zu den Mitgliedschaften der anderen Beteiligten stehen. Dabei ist das Wertverhältnis der Mitgliedschaftsrechte der Beteiligten unter Berücksichtigung von Substanz- und Ertragswert des Unternehmens zu ermitteln (Änderung der Rechtsprechung und Abweichung von Abschn. 18 VStR).
2. Ergibt sich für einen Kommanditisten, der seine vertraglich vereinbarte Einlage geleistet hat, auch bei voller Erfassung des Substanzwerts und bei Berücksichtigung des auf ihn entfallenden Anteils an dem Geschäftswert ein negatives "Kapitalkonto", so darf ihm ein Antell an dem Gesamthandsvermögen der Gesellschaft nicht zugerechnet werden (Abweichung von Abschn. 19 VStR).
Normenkette
BewG §§ 3, 97 Abs. 1 Nr. 5; StAnpG § 11 Nr. 5
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Streit geht im Revisionsverfahren nur noch um die Aufteilung des Einheitswerts des Betriebsvermögens einer Kommanditgesellschaft (Klägerin). An dieser war ein Komplementär beteiligt, dessen Kapitalkonto am 31. Dezember 1959 und am 31. Dezember 1968 jeweils einen negativen, am 31. Dezember 1960, 1961, 1962 und 1965 jeweils einen positiven Bestand auswies. Die Kapitalkonten sämtlicher Kommanditisten waren an allen hier streitigen Stichtagen negativ.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) hat durch geänderte Bescheide vom 10. November 1977, die auf Antrag der Klägerin gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Verfahrens vor dem Finanzgericht (FG) wurden, den Einheitswert für das Betriebsvermögen der Klägerin wie folgt festgestellt:
1. Januar 1960 ./. 97 000 DM
1. Januar 1961 + 623 000 DM
1. Januar 1962 + 393 000 DM
1. Januar 1963 ./. 335 000 DM
1. Januar 1966 + 369 000 DM
1. Januar 1969 ./. 1 606 000 DM
Bei der Aufteilung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der Klägerin auf die Gesellschafter rechnete das FA den Kommanditisten negative Anteile an dem Einheitswert des Betriebsvermögens zu. Hierdurch ergaben sich für den Komplementär Einheitswertanteile, die - an sämtlichen Stichtagen - die Höhe des für das Betriebsvermögen der Kommanditgesellschaft insgesamt festgestellten Einheitswerts überschritten. Dem Begehren der Klägerin, den für ihr Betriebsvermögen festgestellten Einheitswert ausschließlich und in voller Höhe dem Komplementär zuzurechnen, gab das FA nicht statt. Unter Hinweis auf Abschn. 19 der Vermögensteuer-Richtlinien (VStR) vertrat es die Auffassung, bei der Aufteilung des Einheitswerts des Betriebsvermögens einer KG sei das negative Kapitalkonto auch eines Kommanditisten zu berücksichtigen. Eine Aufteilung des Einheitswerts, wie sie die Klägerin begehre, sei gemäß Abschn. 18 Abs. 1 Satz 5 VStR in der ab 1974 geltenden Fassung nur noch zulässig, wenn diese von allen Gesellschaftern übereinstimmend beantragt werde. Dies sei im Streitfall nicht geschehen.
Das FG gab der Klage statt und rechnete den für das Betriebsvermögen der Klägerin festgestellten Einheitswert an allen hier streitigen Stichtagen in voller Höhe und ausschließlich dem Komplementär zu. Zur Begründung der in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1978 S. 419 (EFG 1978, 419) veröffentlichten Entscheidung führte die Vorinstanz im wesentlichen aus: Ein Kommanditist hafte gemäß §§ 171, 172 HGB nur mit seiner Vermögenseinlage. Habe er diese geleistet, sei er bei Fehlen abweichender vertraglicher Regelungen zum Nachschuß nicht verpflichtet. Gemäß § 167 Abs. 3 HGB nehme der Kommanditist zwar nur bis zum Betrag seines Kapitalanteils und seiner rückständigen Einlage am Verlust teil. Trotz dieser Haftungsbeschränkung sei jedoch anerkannt, daß der Kommanditist ein negatives Kapitalkonto haben könne. Dieses stelle jedoch wegen der fehlenden Nachschußpflicht keine echte Schuld dar. In dem negativen Kapitalkonto des Kommanditisten spiegele sich der mögliche Verlust späterer Gewinnanteile wider, der sich jedoch im Feststellungszeitpunkt noch nicht manifestiere. Deshalb könne die Anerkennung eines negativen Kapitalkontos eines Kommanditisten im Handels- und Einkommensteuerrecht nicht ohne weiteres für die Vermögensbesteuerung übernommen werden. Die Verpflichtung des Kommanditisten, etwaige Gewinne nachfolgender Wirtschaftsjahre zuerst zur Deckung eines negativen Kapitalkontos zu verwenden, stelle an dem jeweiligen Stichtag noch kein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut dar. Entgegen Abschn. 19 Satz 3 VStR könne daher der Kommanditist keinen negativen Anteil an dem Einheitswert des Betriebsvermögens einer KG haben. Der Einheitswert sei an den hier streitigen Stichtagen ausschließlich dem Komplementär zuzurechnen. Die Einheitswertanteile der Kommanditisten betrügen 0 DM.
Das FG hat die Kommanditisten durch Beschluß vom 13. Februar 1978 gemäß § 60 Abs. 3 FGO zum Verfahren beigeladen.
Das FA rügt mit der Revision einen Verstoß der Vorentscheidung gegen materielles Recht. Für die Zurechnung des Einheitwerts des Betriebsvermögens einer Kommanditgesellschaft an deren Gesellschafter sei der "Vermögensanteil" des einzelnen Gesellschafters, seine Berechtigung zur gesamten Hand, maßgebend. Ein Kommanditist bleibe gesamthandsberechtigt, auch wenn sein Kapitalkonto negativ werde. Solange eine Kommanditgesellschaft als werbende Gesellschaft fortbestehe, ergebe sich bei der Zurechnung des Einheitswerts an die einzelnen Gesellschafter kein Unterschied zwischen Komplementär und Kommanditisten mit negativem Kapitalkonto. Nur für die Feststellung des Einheitswerts, nicht auch für dessen Aufteilung seien bewertungsrechtliche Kriterien maßgebend. Bei der Aufteilung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf die Gesellschafter einer KG komme es nicht auf den Wert des Anteils, sondern auf die Beteiligungsquote an. Deshalb sei es unerheblich, daß der Kommanditist bei negativem Kapitalkonto nicht zum Empfang der Erträge berechtigt sei. Etwaige Schwierigkeiten und Zweifel, die sich bei der Zurechnung eines Mehr- oder Minderwerts zwischen der Summe der Kapitalkonten und dem Einheitswert ergäben, ständen einer Zurechnung des anteiligen Einheitswerts an den Kommanditisten mit negativem Kapitalkonto nicht entgegen.
Die Beigeladenen haben sich, soweit sie Erklärungen abgegeben haben, im wesentlichen der Begründung des FA angeschlossen.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin tritt diesem Antrag entgegen. Sie macht geltend: Der Zurechnung eines negativen Anteils am Einheitswert des Betriebsvermögens an einen Kommanditisten mit negativem Kapitalkonto stehe entgegen, daß die Verpflichtung des Kommanditisten, etwaige Gewinne nachfolgender Wirtschaftsjahre zur Deckung des negativen Kapitalkontos zu verwenden, kein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut darstelle. Wirtschaftlich sei der Kommanditist mit einem negativen Kapitalkonto nicht zum Empfang künftiger Erträge berechtigt. Sei die Einlage des Kommanditisten durch Verluste aufgezehrt, erhalte er im Falle der Liquidation keine Ausschüttung. Etwas anderes folge auch nicht daraus, daß ein Kommanditist mit negativem Kapitalkonto gesamthandsberechtigt bleibe. Bei der steuerlichen Zurechnung des Einheitswerts sei die begrenzte Risikobeteiligung des Kommanditisten entscheidend zu berücksichtigen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Steht ein Wirtschaftsgut (eine wirtschaftliche Einheit) mehreren Personen zu, so ist der Wert im ganzen zu ermitteln und auf die Beteiligten nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu verteilen, soweit nicht nach dem maßgebenden Steuergesetz die Gemeinschaft selbständig steuerpflichtig ist (§ 3 des Bewertungsgesetzes - BewG -). Nach § 11 Nr. 5 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG - (jetzt: § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -) wird Gesamthandsvermögen den Beteiligten so zugerechnet, als wären sie nach Bruchteilen beteiligt. Durch die Regelung des § 11 Nr. 5 StAnpG wird das privatrechtliche Institut der Gesamthand, das rechnerische Beteiligungsquoten des einzelnen Beteiligten an dem Gesamthandsvermögen nicht kennt, in einer Weise "wirtschaftlich ausgedeutet" (Riewald in Becker/Riewald/Koch, Reichsabgabenordnung, Kommentar, 9. Aufl., § 11 StAnpG, Anm. 4 Abs. 1), die eine Zuordnung von rechnerischen Anteilen an dem Gesamthandsvermögen an die einzelnen Gesamthandsberechtigten ermöglicht (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. April 1974 III R 168/72, BFHE 112, 401, BStBl II 1974, 598). Nach welchem Maßstab das Gesamthandsvermögen - im Streifall der Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin - den einzelnen Gesellschaftern zuzurechnen ist, ist im Gesetz nicht eindeutig geregelt. Nach § 11 Nr. 5 Satz 2 StAnpG soll sich die Höhe der Bruchteile nach den "Anteilen" bemessen, zu denen die einzelnen Beteiligten an dem Gesamthandsvermögen berechtigt sind (sog. "Vermögensanteil") oder nach dem Verhältnis dessen, was den Beteiligten bei der Auflösung der Gesamthandsgemeinschaft zufallen würde (sog. "Liquidationsanteil"). Die Verteilung des Vermögens einer Personengesellschaft auf die Gesellschafter gemäß § 11 Nr. 5 StAnpG soll nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats in erster Linie nach dem "Vermögensanteil" der Gesellschafter am Gesamthandsvermögen erfolgen (Urteil vom 2. Juli 1971 III R 72/70, BFHE 103, 1, BStBl II 1971, 678). Der "Liquidationsanteil" ist nach dieser Rechtsprechung ein Hilfsmaßstab, der nur zum Zuge kommt, wenn an dem maßgebenden Stichtag feststeht, daß die Gesellschaft aufgelöst oder abgewickelt werden wird (BFHE 103, 1, 5, BStBl II 1971, 678).
2. An den hier streitigen Stichtagen waren keine Anhaltspunkte für eine Auflösung oder Abwicklung der Klägerin erkennbar. Der Einheitswert des Betriebsvermögens ist daher im Streitfall den Gesellschaftern nach den "Anteilen" zuzurechnen, zu denen sie an dem Vermögen zur gesamten Hand berechtigt sind. Zur Ermittlung dieser Anteile ist die Mitgliedschaft der einzelnen Gesellschafter in allen ihren vermögensmäßigen Beziehungen zu den Mitgliedschaften der anderen Gesellschafter ins Verhältnis zu setzen und der für das Betriebsvermögen festgestellte Einheitswert nach diesem Verhältnis auf die Gesellschaft aufzuteilen.
a) Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs - RFH - (so bereits Urteile vom 28. Januar 1938 III 22/38, RFHE 43, 173, RStBl 1938, 373 und III 101/37, RFHE 43, 208, RStBl 1938, 372), der die Rechtsprechung des BFH im wesentlichen gefolgt ist (zuletzt BFHE 103, 1, BStBl II 1971, 678), und nach der Verwaltungspraxis (zuletzt Abschn. 18 Abs. 1 VStR 1980) ist der Einheitswert des Betriebsvermögens in der Weise auf die Beteiligten aufzuteilen, daß zunächst jedem Mitunternehmer das auf dem Kapitalkonto der Handelsbilanz und etwaigen Sonderkonten nach dem Stand vom Stichtag ausgewiesene Vermögen zugerechnet wird. Ergibt sich zwischen der Summe der Kapitalkonten (zuzüglich etwaiger Sonderkonten) und dem Einheitswert ein Unterschiedsbetrag, so soll dieser nach dem Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssel hinzuzurechnen oder abzuziehen sein. Hat der Unterschiedsbetrag zwischen der Summe der Kapitalkonten und dem Einheitswert des Betriebsvermögens - z. B. die Abweichung zwischen den Handelsbilanzwerten und den für die Betriebsgrundstücke festgestellten Einheitswerten - nicht den Charakter von Gewinn oder Verlust, so soll diese Abweichung nach der neueren Rechtsprechung des Senats nicht nach dem Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssel, sondern nach den Kapitalanteilen auf die Gesellschafter zu verteilen sein (Urteil in BFHE 103, 1, BStBl II 1971, 678; vgl. auch das Urteil des Niedersächsischen FG vom 17. August 1973 I 160/72, EFG 1974, 3; anders Abschn. 18 Abs. 1 VStR).
b) Im Schrifttum ist die Aufteilung des Einheitswerts des Betriebsvermögens einer Personengesellschaft nach Abschn. 18 VStR weitgehend auf Bedenken gestoßen (vgl. insbesondere Flume, Der Betrieb 1973 S. 13 ff. - DB 1973, 13 ff. -; Groh, Deutsches Steuerrecht 1972 S. 587 - DStR 1972, 587 -; Höll, DStR 1972, 591). Der Senat teilt diese Bedenken. Eine Aufteilung des Einheitswerts auf der Grundlage der Kapitalkonten führt, wie insbesondere Flume (a. a. O.) nachgewiesen hat, zu - und zwar nicht nur in Einzelfällen - willkürlichen Ergebnissen, weil die Kapitalkonten vom jeweiligen Stichtag nicht die Mitgliedschaft der einzelnen Gesellschafter in allen ihren vermögensmäßigen Beziehungen zu den Mitgliedschaften der anderen Gesellschafter zum Ausdruck bringen. Im Schrifttum ist anerkannt, daß die unveränderten Kapitalkonten der Gesellschafter in der Handelsbilanz während des Bestehens der Gesellschaft keinen Aufschluß über den Umfang der mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten der Gesellschafter geben (vgl. Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, 1970, S. 173 f., 183, 184, mit weiteren Nachweisen).
Ein zutreffender Aufteilungsmaßstab wird auch nicht dadurch gewonnen, daß der Unterschiedsbetrag zwischen der Summe der Kapitalkonten zuzüglich etwaiger Sonderkonten und dem Einheitswert den Kapitalkonten der Gesellschafter nach dem Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssel hinzugerechnet wird. Der Unterschiedsbetrag zwischen der Summe der Kapitalkonten und dem Einheitswert kann als ein Saldo der Abweichungen von Wertansätzen in der Handelsbilanz und in der Vermögensaufstellung keinen Einfluß auf das Verhältnis der Beteiligungen der Gesellschafter zueinander haben. Denn dieser Saldo wird regelmäßig auf unterschiedlichen Ursachen, z. B. Ansatz von Rückstellungen für Pensionsanwartschaften nur in der Vermögensaufstellung, Ansatz des beweglichen Anlagevermögens mit (höheren) Restwerten in der Vermögensaufstellung, Ansatz der Betriebsgrundstücke mit (niedrigeren) Einheitswerten in der Vermögensaufstellung beruhen, die sich entweder überhaupt nicht oder doch in unterschiedlicher Weise auf die "vermögensmäßige Beteiligung" der Gesellschafter am Gesamthandsvermögen auswirken können. Auch unter - der im Bewertungsrecht im besonderen Maße gebotenen - Berücksichtigung von Grundsätzen der Praktikabilität hält es der Senat für nicht vertretbar, an der Aufteilungsmethode gemäß Abschn. 18 VStR festzuhalten.
c) In Fortentwicklung der bisherigen Rechtsprechung und in Anlehnung an Flume (a. a. O.) ist der Senat der Auffassung, daß der für das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft festgestellte Einheitswert auf die einzelnen Gesellschafter grundsätzlich nach dem Wertverhältnis der Mitgliedschaftsrechte der Beteiligten unter Berücksichtigung von deren Substanz- und Ertragswert aufzuteilen ist.
aa) Zum Zwecke einer hinreichend zutreffenden Ermittlung des Beteiligungsverhältnisses am Substanzwert ist es vertretbar, von den Kapitalkonten der Gesellschafter in der Handelsbilanz auszugehen. Um auf der Grundlage dieser Kapitalkonten einen brauchbaren Maßstab für die Aufteilung des Vermögens zu erhalten, müssen die Kapitalkonten so verändert werden, daß sie das nach gesellschaftsrechtlichen Regeln auf den einzelnen Gesellschafter entfallende tatsächliche Gesellschaftsvermögen hinreichend zutreffend wiedergeben. Hierzu sind die Kapitalkonten laut Handelsbilanz in der Weise zu berichtigen, daß zunächst das Mehrvermögen, das sich im Falle einer Aufdeckung der im beweglichen und unbeweglichen Anlage- und Umlaufvermögen vorhandenen stillen Reserven ergibt, in ungefährer Höhe - regelmäßig mit dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Handelsbilanz- und dem steuerlichen Teilwert - den Kapitalkonten der einzelnen Gesellschafter nach dem Gewinnverteilungsschlüssel zugerechnet wird. Soweit die Gesellschafter für die Zwecke der Aufteilung des Einheitswertes des Betriebsvermögens den Ansatz der zum Gesamthandsvermögen gehörenden Betriebsgrundstücke mit dem Verkehrswert begehren, ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Handelsbilanz- und Verkehrswert - d. h. die auf dem Grundbesitz der Gesamthandsgemeinschaft ruhenden stillen Reserven - den einzelnen Gesellschaftern, und zwar ebenfalls nach dem Gewinnverteilungsschlüssel, zuzurechnen. Wird der Verkehrswert nicht nachgewiesen, dürften keine Bedenken dagegen bestehen, den Verkehrswert der Betriebsgrundstücke vom jeweiligen Stichtag mit dem Zweieinhalbfachen des Einheitswerts, mindestens aber mit dem in der Steuerbilanz ausgewiesenen Wert anzusetzen (vgl. Abschn. 77 Abs. 3 VStR 1980). Die Differenz zwischen dem (niedrigeren) Einheitswert und dem (höheren) Ansatz der Betriebsgrundstücke in der Handelsbilanz ist für die Ermittlung des anteiligen Verhältnisses ohne Auswirkung. Soweit eine Abweichung zwischen der Summe der Kapitalkonten und dem Einheitswert des Betriebsvermögens auf Rückstellungen beruht, die, wie z. B. diejenigen für Pensionsanwartschaften, nicht in der Handelsbilanz, wohl aber bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens angesetzt werden, ist sie ebenfalls ohne Einfluß auf die "anteilsmäßige Beteiligung" des einzelnen Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen und kann deshalb ebenfalls unberücksichtigt bleiben.
bb) Bei der Ermittlung des Wertverhältnisses, in dem die Mitgliedschaftsrechte der Beteiligten in allen ihren vermögensmäßigen Beziehungen für die Mitgliedschaften der anderen Gesellschafter stehen, darf die Beteiligung der einzelnen Gesamthänder am Firmenwert nicht außer Ansatz bleiben. Für die Ermittlung des Firmenwerts bieten sich die im Ertragsteuerrecht entwickelten Verfahren als Hilfsmittel an (vgl. BFH-Urteile vom 25. Januar 1979 IV R 56/75, BFHE 127, 32, BStBl II 1979, 302, und vom 24. April 1980 IV R 61/77, BFHE 131, 220, BStBl II 1980, 690). Der Senat hat keine Bedenken, daß die Beteiligung der einzelnen Gesellschafter an Substanz- und Ertragswert bei der Ermittlung des Aufteilungsschlüssels gleichgewichtig berücksichtigt wird.
3. Die Problematik des negativen Kapitalkontos wird sich in aller Regel nicht stellen, wenn nach der Handelsbilanz zwar negative Kapitalkonten bestehen, die Handelsbilanz aber stille Reserven enthält und infolge deren - gedachter - Auflösung und Verteilung auf die einzelnen Gesellschafter entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel die - berichtigten - Kapitalkonten der Gesellschafter einen positiven Bestand ausweisen (vgl. Flume, a. a. O.). Ein positiver Beteiligungswert regelmäßig sämtlicher Gesellschafter wird sich insbesondere dann ergeben, wenn bei der Ermittlung des Anteilsverhältnisses außer den stillen Reserven auch der Geschäftswert berücksichtigt wird.
Sind jedoch die - in der vorstehenden Weise - "berichtigten Kapitalkonten" einzelner Gesellschafter - wie dies im Streitfall nicht ausgeschlossen werden kann - gleichwohl negativ, erscheint es nicht zulässig, diesen Gesellschaftern, soweit es sich um Kommanditisten handelt, die ihre vertraglich vereinbarte Einlage geleistet haben, einen Anteil am Einheitswert des Betriebsvermögens zuzurechnen.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats bildet die Verpflichtung des Kommanditisten mit negativem Kapitalkonto, etwaige Gewinne nachfolgender Wirtschaftsjahre zunächst zur Deckung des negativen Kapitalkontos zu verwenden, zum jeweiligen Stichtag kein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut (Urteil vom 8. Oktober 1971 III R 121/70, BFHE 104, 145, BStBl II 1972, 165). Aus der Erwägung, daß der Vermögensteuer nur das Vermögen unterworfen werden darf, das an dem jeweiligen Stichtag tatsächlich vorhanden ist, hat es der Senat in seiner Entscheidung in BFHE 104, 145, 147, BStBl II 1972, 165 abgelehnt, bei einem Komplementär eine Ausgleichsforderung gegen einen Kommanditisten mit negativem Kapitalkonto anzusetzen. Diese Erwägungen zum Nichtansatz von Ausgleichsforderungen und Ausgleichsschulden bei negativem Kapitalkonto eines Kommanditisten gelten - jedenfalls im Grundsatz - entsprechend für die Aufteilung des Einheitswerts. Auch hier ist zu berücksichtigen, daß der Kommanditist, der seine Einlage geleistet hat, weder von den Gläubigern der Gesellschaft noch von den Mitgesellschaftern in Anspruch genommen werden kann. Der Einheitswert des Betriebsvermögens ist hier regelmäßig nur auf die übrigen Gesellschafter zu verteilen, weil das negative Kapitalkonto des Kommanditisten nur Auswirkungen auf die künftige Gewinnverteilung (§§ 167 ff. HGB), jedoch keine Relevanz für den Vermögenstand am Stichtag hat. Es muß deshalb bei der nach den Verhältnissen am Stichtag orientierten Zurechnung des Betriebsvermögens der Kommanditgesellschaft an die Gesellschafter grundsätzlich außer Ansatz bleiben. Eine hiervon abweichende Beurteilung hätte zur Folge, daß die Summe der den übrigen Gesellschaftern zuzurechnenden Einheitswertanteile höher wäre als der gesamte aufzuteilende Einheitswert des Betriebsvermögens. Da den übrigen Gesellschaftern Ausgleichsforderungen gegen einen Kommanditisten mit negativem Kapitalkonto jedoch nicht zustehen, hätten diese Gesellschafter im Ergebnis Vermögen zu besteuern, das nach bewertungsrechtlichen Grundsätzen am Stichtag nicht vorhanden ist (vgl. Abschn. 18 Abs. 4 VStR, - Beispiel B, wo die Differenz 70 und Beispiel C, wo die Differenz 180 beträgt -). Dies widerspräche dem Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.
b) FA und Beigeladene können sich zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung nicht mit Erfolg auf die abweichende Beurteilung des negativen Kapitalkontos eines Kommanditisten im Einkommensteuerrecht berufen. Der Große Senat des BFH hat zwar erst jüngst das negative Kapitalkonto eines Kommanditisten, dessen gesellschaftsrechtliche Stellung sich im Innen- und Außenverhältnis nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches, insbesondere des § 167 Abs. 3 HGB, bestimmt, in dem Beschluß vom 10. November 1980 GrS 1/79 (BFHE 132, 244, BStBl II 1981, 164) für die Gewinnverteilung anerkannt. In der Begründung zu dieser Entscheidung wird darauf abgestellt, daß der Zwang eines Kommanditisten mit negativem Kapitalkonto, künftige Gewinne zur Deckung früherer Verluste zu verwenden, Ausdruck eines Unternehmerrisikos des Kommanditisten sei und daß sich insoweit der wirtschaftliche Gehalt des negativen Kapitalkontos eines Kommanditisten nicht von dem des negativen Kapitalkontos eines Komplementärs unterscheidet. Die einkommensteuerrechtliche Begründung für die Berücksichtigung des negativen Kapitalkontos - die sog. Verlusthaftung des Kommanditisten mit künftigen Gewinnanteilen - beruht indes entscheidend auf der Berücksichtigung der künftigen Ertragsentwicklung. Eine Übernahme dieser Grundsätze für das Bewertungsrecht steht das Stichtagsprinzip entgegen. Dieses verbietet es, die sog. Verlusthaftung des Kommanditisten mit künftigen Gewinnanteilen bei der Aufteilung des Einheitswerts zu berücksichtigen. Denn bei der Zurechnung des Betriebsvermögens einer KG auf deren Gesellschafter geht es um die Verteilung des am Stichtag tatsächlich vorhandenen Vermögens. Infolge des im Bewertungsrecht geltenden Stichtagsprinzips ist bei der bewertungsrechtlichen Beurteilung des negativen Kapitalkontos der Blick in die Zukunft verwehrt.
4. Die Vorentscheidung war aufzuheben, da der Ermittlung der Einheitswertanteile die Verwaltungsvorschriften in Abschn. 18 VStR zugrundegelegt wurden. Die Sache ist nicht spruchreif, da die bisherigen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz keine Entscheidung darüber zulassen, wie der Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin bei Anwendung der vorstehend entwickelten Grundsätze aufzuteilen ist. Der Rechtsstreit war daher gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO an das FG zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 74097 |
BStBl II 1982, 2 |
BFHE 1981, 157 |
NJW 1982, 255 |