Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Bei Gewährung handelsüblicher Skonten in verschiedener Höhe, z. B. 3 % bei Zahlung innerhalb von 10 Tagen und 2 % bei Zahlung innerhalb von 30 Tagen, ist zur Bemessung des Zollwerts stets der höchste Skontosatz von dem Warenbruttopreis (Warenpreis einschließlich Kreditkosten) abzuziehen.
Normenkette
UStG § 6 Abs. 1, § 11
Tatbestand
Auf Antrag der Beschwerdeführerin (Bfin.) hat das Zollamt X am 30. Juni 1952 58 Ballen Sohlleder der Zolltarif-Nr. 4102 B 2 a zum freien Verkehr abgefertigt. Für sie waren bei Bezahlung innerhalb 10 Tagen 3 %, innerhalb 30 Tagen 2 % Skonto vereinbart. Am 4. Juli 1952 ist der Warenpreis (Rechnungsbetrag) abzüglich 3 % Skonto dem Lieferer überwiesen worden.
Streitig ist, ob bei der Bemessung des Zollwertes der vereinbarte Skonto von dem Rechnungsbetrag abzusetzen ist. Das Zollamt hat dies nicht getan. Es hat als Zollwert den vollen Rechnungsbetrag angesehen und die in Betracht kommenden Abgaben (Zölle und Umsatzausgleichsteuer) von der Bfin. angefordert. Die Bfin. hat diese Abgaben zwar bezahlt, hat aber gegen den Steuerbescheid Anfechtung eingelegt mit der Begründung, Zollwert sei nur der um 3 % ermäßigte Rechnungsbetrag, den sie auch nur ihrem Lieferanten überwiesen habe. Sie hat deshalb um Erstattung der von ihr zuviel gezahlten Abgaben gebeten.
Die Anfechtungsentscheidung hat die Erstattung dieses Betrages abgelehnt unter Berufung auf den - inzwischen aufgehobenen - Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 18. Dezember 1951 III Z 2031 A - 149/51, nach dem ein handelsüblicher Skonto nur dann bei der Zollwertbemessung berücksichtigt werden durfte, wenn die Barzahlung im Zeitpunkt der Abfertigung zum freien Verkehr bereits durchgeführt war. Dies ist aber vorliegend nicht der Fall gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.), mit der die Bfin. erneut ausführt, Zollwert sei nur der um 3 % ermäßigte Rechnungsbetrag, hat Erfolg.
Die Bfin. hat von ihrem Lieferanten unbestritten für das Sohlleder 3 % Skonto bei Bezahlung innerhalb 10 Tagen und 2 % Skonto bei Bezahlung innerhalb 30 Tagen erhalten.
Der handelsübliche Zahlungsskonto ist eine besondere Regelung der Zahlung des Warenpreises. Der Verkäufer, dem der Käufer die Ware alsbald ("Zug um Zug") bezahlt, kann das erhaltene Geld auch alsbald für sich arbeiten lassen. Es verzinst sich für ihn. Der Verkäufer dagegen, der dem Käufer gestattet, die Ware erst später z. B. nach 10 Tagen, nach 30 Tagen, zu bezahlen (sog. Zielgeschäft), der ihm also für die Zahlung des Kaufpreises eine bestimmte Zeit Kredit gewährt, kann das Geld nicht alsbald für sich arbeiten lassen. Er hat nicht sofort Zinsen von dem Kaufpreis und muß außerdem über die Kreditgewährung Anschreibungen führen und die Zahlung überwachen. Die ihm so entstehenden Kosten der Kreditgewährung, die bei den einzelnen Geschäften verschieden sein können, trägt der Verkäufer aber nicht selbst, sondern schlägt sie dem Warenpreis zu. Er kann von dem Zuschlage dieser Kosten zum Warenpreis aber insoweit absehen, als der Käufer den Kredit nicht in Anspruch nimmt und infolgedessen Kreditkosten nicht entstehen. Dies wird in der Form des Skontos vereinbart, z. B. 3 % Skonto bei Zahlung innerhalb von 10 Tagen, 2 % Skonto bei Zahlung innerhalb von 30 Tagen. Den Warenpreis mit den ihm zugeschlagenen Kosten der Kredithergabe kann man als Bruttowarenpreis oder Bruttokassenpreis oder Zielpreis, den Warenpreis ohne die Kosten der Kredithergabe als Nettokassenpreis bezeichnen (vgl. Prof. Dr. Seyffert, Wirtschaftslehre des Handels, Köln 1951 S. 365/366). Nur der Warenpreis (Rechnungsbetrag), in dem keine Kreditkosten enthalten sind, also der Nettokassenpreis ist der erzielbare freie Marktpreis, der Normalpreis des § 6 des Zolltarifgesetzes (ZollTG). Nur er ist infolgedessen der für die Berechnung des Zolles und der Umsatzausgleichsteuer maßgebende Zollwert im Sinne des § 5 ZollTG.
Aus diesen Ausführungen ergibt sich, daß der Zahlungsskonto mit dem Zollwert nichts zu tun hat. Er ist infolgedessen von dem Warenpreis, dem die Kreditkosten zugeschlagen sind (Bruttowarenpreis), stets abzuziehen.
Es ist daher für die Ermittlung des Zollwerts unwesentlich, ob der Käufer den Bruttowarenpreis (Rechnungsbetrag) alsbald unter Abzug des höchsten Skontos von z. B. 3 % oder später unter Abzug eines niedrigeren Skontos von z. B. 2 % oder noch später ohne Abzug eines Skontos oder ob er ihn unter Abzug eines Skontos vor oder nach der Stellung des Antrags auf Zollabfertigung bezahlt. Maßgebend für die Berechnung des Zolles und der Umsatzausgleichsteuer ist ausschließlich der Zollwert (der erzielbare freie Marktpreis) der Ware, zu dem die Skontosätze nicht gehören. Im vorliegenden Falle enthält der höchste Skontosatz von 3 % den Gesamtbetrag der Kreditkosten, um den der Rechnungsbetrag ermäßigt wird, weil der Verkäufer sie bei Zahlung innerhalb von 10 Tagen nicht zu tragen hat, während bei einer späteren Zahlung ein Teil der Kreditkosten vom Verkäufer getragen werden muß und deshalb der Rechnungspreis nur um 2 % ermäßigt werden kann. Den erzielbaren freien Marktpreis, den Zollwert, erhält man aber nur durch Abzug der gesamten Kreditkosten vom Rechnungsbetrag (Bruttowarenpreis), denen der höchste Skontosatz, im vorliegenden Falle 3 %, entspricht. Voraussetzung aber ist, daß der abzuziehende Skontosatz handelsüblich ist. Dies ist von den Vorinstanzen noch nicht festgestellt. Diese Feststellung kann auch nicht durch bloße überlegung eines Finanzgerichts oder einer Verwaltungsbehörde ersetzt werden. Ebenso wie bei der Verkehrsanschauung muß die Handelsüblichkeit des Skontos durch Gutachten Sachverständiger, z. B. einer Handelskammer oder beteiligter Fachverbände, ermittelt werden; es sei denn, daß sie "gerichtnotorisch" ist.
Die Vorentscheidung war deshalb aufzuheben und zur Vornahme der erforderlichen Ermittlungen an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 318 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung, die Entscheidung über die Feststellung des Wertes des Streitgegenstandes auf § 320 Abs. 3 der Reichsabgabenordnung.
Fundstellen
Haufe-Index 407906 |
BStBl III 1954, 182 |
BFHE 58, 712 |