Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitunternehmerschaft in einer Familien-KG
Leitsatz (NV)
1. Mitunternehmer ist, wer aufgrund eines Gesellschafts- oder eines damit vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisses Unternehmerrisiko trägt und Unternehmerinitiative entfalten kann.
2. Ein Kommanditist trägt ein Mitunternehmerrisiko, wenn er einerseits am laufenden Gewinn, im Fall des Ausscheidens oder der Liquidation der Gesellschaft auch an den stillen Reserven des Betriebsvermögens, andererseits nach Maßgabe des § 167 Abs. 3 HGB auch am Verlust des Unternehmens beteiligt ist.
3. Hat ein Kommanditist aufgrund von Beschränkungen seiner Gesellschaftsrechte nicht die Stellung eines Mitunternehmers erlangt, kann er steuerrechtlich gleichwohl wie ein typischer stiller Gesellschafter behandelt werden; sein Gewinnanteil stellt für die Gesellschaft in diesem Fall steuerrechtlich eine Betriebsausgabe dar.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, betreibt ein Ferienhotel. Sie war zunächst als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zwischen A und seinem Sohn B, den Beigeladenen zu 1 und 2, vereinbart. Zum 1. Mai 1977 änderten die Gesellschafter die Rechtsform der Gesellschaft in eine KG, in der sie persönlich haftende Gesellschafter wurden. Kommanditisten wurden vier minderjährige Kinder des Sohnes B, die Beigeladenen zu 3 bis 6; ihre Einlagen von jeweils 30 000 DM wurden durch Umbuchung von den Kapitalkonten der persönlich haftenden Gesellschafter erbracht.
In dem unter Beteiligung von Pflegern abgeschlossenen und vormundschaftsgerichtlich genehmigten Gesellschaftsvertrag ist vorgesehen, daß die Kommanditisten eine angemessene Verzinsung ihrer Einlage erhalten und daß der Restgewinn zwischen den Komplementären verteilt wird. Ein ausscheidender Kommanditist sollte den Buchwert seiner Einlage erhalten, ein ausscheidender Komplementär dagegen nach dem Zeitwert des Betriebsvermögens abgefunden werden. Das Widerspruchsrecht der Kommanditisten gemäß § 164 des Handelsgesetzbuches (HGB) war ausgeschlossen. Der Komplementär B behielt sich das Recht vor, ,,über die gesamte Rechtsposition der Gesellschaftsanteile der Kommanditisten den Nießbrauch geltend zu machen".
In den Wirtschaftsjahren 1977/78 und 1978/79 erhielten die Kommanditisten 15 v.H. Zinsen auf den Betrag ihrer Kapitaleinlage. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte die Gewinnverteilung zunächst mit unter Nachprüfungsvorbehalt stehenden Gewinnfeststellungsbescheiden an. Nach einer Betriebsprüfung kam das FA zu der Auffassung, daß die Beigeladenen zu 3 bis 6 nicht Mitunternehmer geworden seien und daß sie auch nicht wie typische stille Gesellschafter behandelt werden könnten. Das FA rechnete die bisher den Beigeladenen zu 3 bis 6 gutgeschriebenen Zinsen als zusätzlichen Gewinn den Komplementären zu. Die Gewinnfeststellungsbescheide 1978 und 1979 wurden entsprechend geändert.
Die hiergegen erhobene Klage blieb erfolglos.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils, die Beigeladenen zu 3 bis 6 als Mitunternehmer anzusehen und ihnen Gewinnanteile von jeweils 4 500 DM für 1978 und 5 175 DM für 1979 zuzurechnen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Die Beigeladenen zu 3 bis 6 sind nicht Mitunternehmer des Gewerbebetriebs der Klägerin geworden, so daß sie an dem von der Klägerin erzielten Gewinn steuerlich keinen Anteil haben.
Mitunternehmer ist, wer aufgrund eines Gesellschafts- oder damit vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisses Unternehmerrisiko trägt und Unternehmerinitiative entfalten kann (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751). Handelt es sich um ein Gesellschaftsverhältnis zwischen Angehörigen, ist außerdem zu verlangen, daß der Gesellschaftsvertrag wie unter Dritten zustande kommt und tatsächlich vollzogen wird (BFH-Urteil vom 5. Juni 1986 IV R 53/82, BFHE 147, 139, BStBl II 1986, 798). Der Senat kann offenlassen, ob dem letztgenannten Erfordernis im Streitfall überhaupt genügt ist. Denn die den Beigeladenen eingeräumte Rechtsstellung verschafft ihnen nicht die Befugnisse von Mitunternehmern; sie haben insbesondere kein Mitunternehmerrisiko getragen.
a) Mitunternehmerrisiko bedeutet die Teilnahme am Erfolg oder Mißerfolg des gewerblichen Unternehmens. Ein Kommanditist trägt ein solches Risiko, indem er einerseits am laufenden Gewinn, im Falle seines Ausscheidens oder der Liquidation auch an den stillen Reserven des Betriebsvermögens, andererseits nach Maßgabe des § 167 Abs. 3 HGB auch am Verlust des Unternehmens beteiligt ist (Beschluß in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751). Im Streitfall kann zweifelhaft sein, ob die Beigeladenen zu 3 bis 6 in dem hier vorausgesetzten Umfang überhaupt am laufenden Gewinn beteiligt waren. Nach dem Gesellschaftsvertrag sollten sie als Gewinnanteil nämlich lediglich eine angemessene Verzinsung ihrer Einlage erhalten. Damit war zwar - wie bei der in § 121 Abs. 1 HGB vorgesehenen Vorabverzinsung - der Vergütungsanspruch davon abhängig, daß die Gesellschaft überhaupt einen Gewinn erzielte. Die Beigeladenen erlangten daraus aber nur eine feste, nicht mit dem Unternehmenserfolg schwankende Vergütung; das Unternehmerrisiko zeigt sich aber gerade in der Beteiligung am Auf und Ab des Unternehmenserfolgs. Die Vereinbarung beruht möglicherweise auf einer mißverstandenen Auslegung der BFH-Entscheidung vom 29. Mai 1972 GrS 4/71 (BFHE 106, 504, BStBl II 1973, 5). Darin hat der Große Senat des BFH im Falle der Schenkung eines Kommanditanteils an nicht mitarbeitende Angehörige eine Gewinnverteilungsabrede als angemessen angesehen, die auf längere Sicht eine durchschnittliche Rendite von nicht mehr als 15 v.H. des tatsächlichen Werts der Beteiligung ergibt. Dabei war aber vorausgesetzt, daß der Kommanditist jeweils einen Anteil am laufenden Gewinn erhält und er nicht auf die Verzinsung seiner Einlage verwiesen wird; sollte die vom BFH angegebene Grenze eingehalten werden, hätte die Rendite von 15 v.H. in einen Anteil am Gesellschaftsgewinn umgesetzt werden müssen.
Selbst wenn aufgrund dieser Vereinbarung noch eine Beteiligung am laufenden Gewinn anzunehmen wäre, so war doch die für die Annahme der Mitunternehmerschaft wesentliche Beteiligung der Beigeladenen zu 3 bis 6 an einem laufenden Verlust und insbesondere an den stillen Reserven des Unternehmens ausgeschlossen. Nach dem Gesellschaftsvertrag stand ihnen im Falle ihres Ausscheidens nur der Betrag ihres Kapitalkontos zu. Auch an einem Gewinn aus der Liquidation der Gesellschaft nahmen sie nicht teil, weil insoweit die allgemeine Vereinbarung über die Verteilung von Gewinn und Verlust gilt, nach dem Gesellschaftsvertrag aber nur die Komplementäre am Gewinn beteiligt waren. Nach der Rechtsprechung können allerdings bei Beurteilung der Mitunternehmerschaft Beeinträchtigungen der Gewinnbeteiligung durch eine ausgeprägte Beteiligung an den unternehmerischen Entscheidungen ausgeglichen werden (BFH-Urteil vom 28. Januar 1982 IV R 197/79, BFHE 135, 237, BStBl II 1982, 389, m.w.N.). Derartige Befugnisse sind den Beigeladenen zu 3 bis 6 aber nicht eingeräumt; ihnen ist im Gegenteil sogar das Widerspruchsrecht gegen Geschäftsführungsmaßnahmen aus § 164 Satz 1 HGB genommen worden.
b) Der Mitunternehmerschaft der Beigeladenen zu 3 bis 6 steht außerdem entgegen, daß die Gesellschaftsanteile der Beigeladenen mit einem Nießbrauch zugunsten ihres Vaters belastet sind.
Nach dem Gesellschaftsvertrag behielt sich der Vater der Beigeladenen zu 3 bis 6 das Recht vor, über die gesamte Rechtsposition der Gesellschaftsanteile der Kommanditisten den Nießbrauch geltend zu machen. Dies kann nicht dahin verstanden werden, daß dem Vater der Beigeladenen die Befugnis gegeben werden sollte, ggf. die Einräumung des Nießbrauchs zu verlangen. Die mit dieser Abrede angestrebte Einflußsicherung ließ sich nur erreichen, wenn die Gesellschaftsanteile von vornherein mit dem Nießbrauch belastet wurden und seine Geltendmachung in der Hand des Berechtigten lag. Zudem bedurfte die Einräumung des Nießbrauchs als Verfügung über die Gesellschaftsbeteiligung (§ 1069 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) der Zustimmung aller Gesellschafter (Entscheidung des Oberlandesgerichts - OLG - Hamm vom 27. Dezember 1976 15 W 72/76, Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen - OLGZ - 1977, 283, 288 = Deutsche Notar-Zeitschrift - DNotZ - 1977, 376, 378), war also zweckmäßigerweise mit dem Abschluß des Gesellschaftsvertrags zu verbinden.
In welcher Weise die mitgliedschaftlichen Rechte aus der Beteiligung im Falle der Nießbrauchsbestellung zwischen dem Nießbraucher und den Gesellschaftern aufgespalten werden, mag im einzelnen zweifelhaft sein (vgl. Karsten Schmidt bei Schlegelberger, Handelsgesetzbuch, 5. Aufl., Vorbem. § 335 Rdnr. 13 ff.; L. Schmidt in Festschrift für Hugo v. Wallis, 1985, 359, 360). In jedem Fall erstreckt sich der Nießbrauch aber auf die aus der Beteiligung zu ziehenden Nutzungen, insbesondere den Gewinnanteil (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 20. April 1972 II ZR 143/69, BGHZ 58, 316).
Aufgrund dieser rechtlichen Gegebenheiten gebührte dem Vater der Beigeladenen zu 3 bis 6 auch die seinen Kindern im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Verzinsung ihrer Kommanditanteile. Sie verblieb den Kindern nur so lange, als ihr Vater sein Nießbrauchsrecht tatsächlich nicht in Anspruch nahm. Mit seiner in dieser Sache zu treffenden Entscheidung bestimmte der Vater der Beigeladenen zu 3 bis 6 über den Verbleib der an sich ihm zustehenden Nutzungen. Darin lag ein Akt der Einkommensverwendung, der nicht zur Zurechnung der Gewinnanteile als eigene Erträge der Kinder führen kann.
2. Hat ein Kommanditist aufgrund von Beschränkungen seiner Gesellschaftsrechte nicht die Stellung eines Mitunternehmers erlangt, kann er steuerlich gleichwohl wie ein typischer stiller Gesellschafter behandelt werden; sein Gewinnanteil stellt für die Gesellschaft in diesem Fall steuerlich eine Betriebsausgabe dar (BFH-Urteil vom 29. April 1981 IV R 131/78, BFHE 133, 392, BStBl II 1981, 663). Im Hinblick auf den ihrem Vater zustehenden Nießbrauch an den Beteiligungen haben die Beigeladenen zu 3 bis 6 aber auch insoweit keine eigenen Einkünfte erzielt. Infolgedessen können die ihnen zugewendeten Beträge nicht Betriebsausgaben bei der Klägerin sein.
Fundstellen
Haufe-Index 415012 |
BFH/NV 1989, 363 |