Leitsatz (amtlich)
1. Die Vorschrift des § 7b Abs.1 Satz 4 Nr.2 EStG 1977 ist einschränkend dahin auszulegen, daß hiervon wechselseitige Anschaffungen aufgrund sinnvoller wirtschaftlicher Erwägungen ausgenommen sind.
2. Hierfür trifft im Zweifelsfall den Steuerpflichtigen die Feststellungslast.
Orientierungssatz
1. Im Zuge der Erweiterung der Steuervergünstigung nach § 7b EStG 1977 auf sämtliche Erwerbsfälle wollte der Gesetzgeber Gestaltungen zur mißbräuchlichen Erlangung des Steuervorteils nach § 7b EStG 1977 vorbeugen, die nicht --entsprechend seinen Zielsetzungen-- einer wirtschaftlich sinnvollen Umschichtung vorhandener Wohnungen oder der Mobilität der Arbeitnehmer dienen. Anstelle eines Rückgriffs auf die allgemeine Mißbrauchsvorschrift des § 42 AO 1977 wurden die speziellen Mißbrauchstatbestände des § 7b Abs. 1 Satz 4 Nrn. 1 bis 3 EStG 1977 geschaffen, um nicht in jedem Einzelfall feststellen zu müssen, ob die Rechtsgestaltung von wirtschaftlich sinnvollen Erwägungen getragen wird oder ob sie im wesentlichen nur der Erlangung des Steuervorteils aus § 7b EStG 1977 dient (Lit.). Einer Heranziehung der allgemeinen Mißbrauchsvorschrift des § 42 AO 1977 bedarf es somit nur in den Fällen, die noch nicht durch § 7b Abs. 1 Satz 4 Nrn. 1 bis 3 EStG 1977 abgedeckt sind.
2. Der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist verletzt, wenn eine typisierende gesetzliche Regelung den atypischen Fall zum Leitbild wählt (vgl. BVerfG-Beschluß vom 7.10.1969 2 BvR 555/67).
Normenkette
EStG 1977 § 7b Abs. 1 S. 4 Nr. 2; AO 1977 § 42; GG Art. 3 Abs. 1; EStG 1977 § 7b Abs. 1 S. 4 Nrn. 1, 3
Verfahrensgang
FG Hamburg (Entscheidung vom 24.03.1980; Aktenzeichen I 182/79) |
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) wohnte zusammen mit seiner Ehefrau und seinen zwei minderjährigen Kindern bis zum Streitjahr 1978 in einer ihm und seiner Ehefrau gehörenden, etwa 79 qm großen Drei-Zimmer-Eigentumswohnung. Mit Vertrag vom 4.August 1978 tauschten der Kläger und seine Ehefrau ihre Eigentumswohnung gegen eine etwa 88 qm große Vier-Zimmer-Eigentumswohnung im selben Hause ein, die sie zu Miteigentum erwarben. Zusätzlich leisteten sie einen Wertausgleich. Mit dem Tausch verfolgten der Kläger und seine Ehefrau das Ziel, einen weiteren Raum für ihre beiden heranwachsenden Kinder zu bekommen.
Der Kläger reichte am 30.Januar 1979 beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) eine Einkommensteuererklärung für das Jahr 1978 ein, in der er --neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit-- einen Werbungskostenüberschuß bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aufgrund erhöhter Absetzungen nach § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1977 infolge der Anschaffung der Vier-Zimmer-Eigentumswohnung geltend machte.
Das FA erließ daraufhin einen Bescheid über den Lohnsteuer- Jahresausgleich 1978 und lehnte in der Anlage zu diesem Bescheid eine Berücksichtigung eines Werbungskostenüberschusses bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung unter Bezugnahme auf § 7b Abs.1 Satz 4 Nr.2 EStG 1977 ab.
Mit seiner Klage machte der Kläger den erklärten Werbungskostenüberschuß bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung weiter geltend. Dabei beantragte er, den Bescheid über den Lohnsteuer-Jahresausgleich und die Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Das Finanzgericht (FG) faßte das Klagebegehren dahin auf, daß der Kläger die Verpflichtung des FA zur Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung nach § 46 Abs.2 Satz 1 Nr.8 Buchst.b EStG begehre und gab der Klage unter gleichzeitiger Aufhebung des Bescheids über den Lohnsteuer-Jahresausgleich mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1980, 432 veröffentlichten Urteil statt. Es legte § 7b Abs.1 Satz 4 Nr.2 EStG 1977 einschränkend dahin aus, daß erhöhte Absetzungen nach § 7b Abs.1 Satz 1 EStG 1977 nur im Falle einer wechselseitigen Anschaffung funktionsgleicher Objekte ausgeschlossen seien.
Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung des § 7b Abs.1 Satz 4 Nr.2 EStG 1977. Diese Vorschrift sei nach ihrem Wortlaut auf den vorliegenden Tausch zweier Eigentumswohnungen anwendbar. Für ihre einschränkende Auslegung gegen den Wortlaut sei kein Raum. Das FG habe nicht begründen können, daß eine wortgetreue Auslegung dem objektivierten Willen des Gesetzgebers widerspräche.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die einschränkende Auslegung des § 7b Abs.1 Satz 4 Nr.2 EStG 1977 entspreche dem Willen des Gesetzgebers und dem Zweck der Erstreckung der erhöhten Absetzungen auf gebrauchte Objekte. Ohne eine solche einschränkende Auslegung begegne die Vorschrift verfassungsrechtlichen Bedenken.
Der Bundesminister der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten: Der Wortsinn des § 7b Abs.1 Satz 4 Nr.2 EStG 1977 erlaube keine einschränkende Auslegung. Bei der Schaffung der Vorschrift habe man bewußt keine Ausnahme für den Fall zulassen wollen, daß eine wechselseitige Anschaffung von beachtlichen außersteuerlichen Gründen getragen werde. Die Rechtssicherheit habe den Vorrang vor einer Einzelfallgerechtigkeit erhalten sollen, da sich nicht in jedem Einzelfall feststellen lasse, ob die Rechtsgestaltung auf sinnvollen wirtschaftlichen Erwägungen beruhe. § 7b Abs.1 Satz 4 Nr.2 EStG 1977 sei nicht als Mißbrauchstatbestand gedacht gewesen. Aus der Begründung zum Regierungsentwurf (BTDrucks 8/286 S.14) lasse sich entnehmen, daß mißbräuchliche Gestaltungen nach der allgemeinen Vorschrift des § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) ausgeschlossen sein sollten.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist unbegründet.
1. Das FG hat das Klagebegehren zutreffend dahin ausgelegt, daß es auf die Verpflichtung des FA gerichtet ist, eine Einkommensteuerveranlagung zur Berücksichtigung eines Verlustes aus Vermietung und Verpachtung nach § 46 Abs.2 Satz 1 Nr.8 Buchst.b EStG durchzuführen. Der Kläger hat sich zwar in seinem Klagantrag auf eine Aufhebung des Bescheids über den Lohnsteuer-Jahresausgleich beschränkt. Das Gericht ist jedoch an die Fassung des Antrags nicht gebunden (§ 96 Abs.1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), sondern hat im Wege der Auslegung den Willen der Partei anhand der erkennbaren Umstände zu ermitteln. Der Kläger wendet sich dagegen, daß das FA in der Anlage zu seinem Bescheid über den Lohnsteuer-Jahresausgleich eine Veranlagung zur Berücksichtigung eines Verlustes abgelehnt hat. Gegen die Ablehnung ist die Verpflichtungsklage gegeben.
2. Das FG hat das FA zutreffend nach § 46 Abs.2 Satz 1 Nr.8 Buchst.b EStG verpflichtet, eine Veranlagung zur Berücksichtigung eines Verlustes aus Vermietung und Verpachtung durchzuführen. Der Kläger und seine Ehefrau sind berechtigt, die erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG in der seit dem 1.Januar 1977 geltenden Fassung für die von ihnen mit Tauschvertrag vom 4.August 1978 angeschaffte Eigentumswohnung in Anspruch zu nehmen. Die Vergünstigung ist durch § 7b Abs.1 Satz 1 EStG 1977 auf sämtliche Erwerbsfälle ausgedehnt worden. Den erhöhten Absetzungen steht nicht § 7b Abs.1 Satz 4 Nr.2 EStG 1977 entgegen.
Nach dieser Vorschrift ist § 7b Abs.1 Satz 1 EStG 1977 nicht anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige das Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus, die Eigentumswohnung oder einen Anteil an einem dieser Gebäude oder an einer Eigentumswohnung anschafft und in zeitlichem Zusammenhang mit der Anschaffung an den Veräußerer ein Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus oder eine Eigentumswohnung oder einen Anteil an einem dieser Gebäude oder an einer Eigentumswohnung veräußert. § 7b Abs.1 Satz 4 Nr.2 EStG 1977 muß --wie es das FG zutreffend getan hat-- einschränkend dahin ausgelegt werden, daß er im Falle wechselseitiger Anschaffungen nicht anwendbar ist, wenn der Zweck des Erwerbs nicht vornehmlich auf die Erlangung der erhöhten Absetzungen gerichtet ist, sondern von sinnvollen wirtschaftlichen Erwägungen getragen wird. Auch die überwiegende Meinung in der Literatur tritt für eine einschränkende Auslegung in diesem Sinne ein (für eine teleologische Reduktion Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 7b EStG, grüne Blätter, Erl. zu Abs.1 Anm.IV.1.; Littmann, Einkommensteuergesetz, 13.Aufl. 1981, § 7b Rdnrn.105 l f.; Söffing, Finanz-Rundschau --FR-- 1982, 323; Frost in Frotscher, Einkommensteuergesetz, § 7b Anm.92 ff.; für eine weite Auslegung hingegen Blümich/Falk/Uelner, Einkommensteuergesetz, § 7b Rdnr.202; Stuhrmann, Betriebs-Berater --BB-- 1977, 1035, 1036; zweifelnd Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 3.Aufl. 1984, § 7b Anm.6 c).
a) Schon der mögliche Wortsinn des § 7b Abs.1 Satz 4 Nr.2 EStG 1977 zwingt nicht zu der Annahme, daß durch diese Regelung sämtliche wechselseitigen, in zeitlichem Zusammenhang stehenden Anschaffungen von den erhöhten Absetzungen ausgeschlossen sein sollen. Ebenso ließe sich die Nr.2 als Regel verstehen, die Ausnahmen zuläßt. Eine solche könnte bereits dem Abs.5 Satz 4 dieser Vorschrift entnommen werden, wonach ein Steuerpflichtiger, der für sein Erstobjekt die erhöhten Absetzungen mangels Zurechenbarkeit nicht für den gesamten Begünstigungszeitraum von acht Jahren ausschöpfen kann, den noch nicht ausgenutzten Teil auf ein anderes im zeitlichen Zusammenhang angeschafftes oder hergestelltes Folgeobjekt übertragen darf. Hierdurch sollen die erhöhten Absetzungen für den vollen Begünstigungszeitraum für das Erst- und das Folgeobjekt erhalten bleiben. Es wäre schwer verständlich, warum im Falle von wechselseitigen Anschaffungen diese Regelung nach Abs.5 Satz 4 nicht anwendbar sein sollte (a.A. offenbar Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 7b Anm.6 l).
Daß von der in § 7b Abs.1 Satz 4 Nr.2 EStG 1977 enthaltenen Regel Ausnahmen gegeben sein müssen, ergibt sich auch aus dem Vergleich der Nr.2 mit den Nrn.1 und 3 dieser Vorschrift. In der Nr.1 wechselt lediglich das Eigentum oder Miteigentum an ein und demselben Objekt innerhalb der ehelichen Gemeinschaft. Nr.3 erfaßt den Rückkauf desselben Objekts, das der Steuerpflichtige zuvor veräußert hatte. Auf einen derartigen nur bloß formalen Eigentumswechsel stellt zwar die Wortfassung der Nr.2 nicht ab, weil sie sämtliche wechselseitigen Anschaffungsgeschäfte umfaßt. Nach der Begründung zum "Entwurf eines Gesetzes über steuerliche Vergünstigungen bei der Herstellung oder Anschaffung bestimmter Wohngebäude" vom 14.April 1977 (BTDrucks 8/286 S.14) beruht die Nr.2 jedoch auf denselben Überlegungen wie die Nrn.1 und 3, daß nämlich ein "bloßer Wechsel des Eigentums" nicht schon eine erneute Inanspruchnahme der Vergünstigung nach § 7b EStG 1977 eröffnen solle; der Zweck der Regelung in Nr.2 kann damit nicht auf wechselseitige, wirtschaftlich sinnvolle Anschaffungsgeschäfte abzielen.
b) Die einschränkende Auslegung der Nr.2 ist --unabhängig von den vorstehenden Erwägungen-- aber vor allem im Hinblick auf den erkennbaren Regelungszweck des § 7b EStG 1977 geboten. Nach der Begründung zum Entwurf der Fassung des § 7b EStG 1977 (BTDrucks 8/286 S.1) wurden damit "vermögenspolitische, städtebauliche und wohnungspolitische Zielsetzungen verfolgt" und außerdem "positive Auswirkungen auf die Mobilität der Wohnungseigentümer" erwartet. Die Einbeziehung bereits vorhandener Wohnungen in die Vergünstigung nach § 7b EStG sollte "dazu beitragen, daß sich eine stärkere Eigentumsbildung künftig auch über Umschichtungen im vorhandenen Wohnungsbestand vollzieht"; darüber hinaus sollte diese Maßnahme vor allem auch der Zielsetzung Rechnung tragen, "im Wohnungseigentum liegende Hemmnisse gegen einen Arbeitsplatz- und Wohnortwechsel abzubauen" (BTDrucks 8/286 S.11).
Im Zuge dieser Erweiterung der Steuervergünstigung nach § 7b EStG 1977 auf sämtliche Erwerbsfälle wollte der Gesetzgeber Gestaltungen zur mißbräuchlichen Erlangung des Steuervorteils nach § 7b EStG 1977 vorbeugen, die nicht --entsprechend seinen Zielsetzungen-- einer wirtschaftlich sinnvollen Umschichtung vorhandener Wohnungen oder der Mobilität der Arbeitnehmer dienen (Kieschke, Deutsche Steuer-Zeitung/Ausgabe A --DStZ/A-- 1977, 419, 423). Anstelle eines Rückgriffs auf die allgemeine Mißbrauchsvorschrift des § 42 AO 1977 wurden die speziellen Mißbrauchstatbestände des § 7b Abs.1 Satz 4 Nrn.1 bis 3 EStG 1977 geschaffen, um --wie auch der BMF hervorhebt-- nicht in jedem Einzelfall feststellen zu müssen, ob die Rechtsgestaltung von wirtschaftlich sinnvollen Erwägungen getragen wird oder ob sie im wesentlichen nur der Erlangung des Steuervorteils aus § 7b EStG 1977 dient (vgl. Kieschke, DStZ/A 1977, 419, 424). Einer Heranziehung der allgemeinen Mißbrauchsvorschrift des § 42 AO 1977 bedarf es somit nur in den Fällen, die noch nicht durch § 7b Abs.1 Satz 4 Nrn.1 bis 3 EStG 1977 abgedeckt sind (BTDrucks 8/286 S.14).
Damit der vorstehende Regelungszweck des § 7b EStG 1977 erreicht werden kann, müssen demnach von dem Ausnahmetatbestand des Satzes 4 Nr.2 diejenigen wechselseitigen Anschaffungen ausgenommen werden, mit denen ein Steuerpflichtiger eine wirtschaftlich sinnvolle Umschichtung vorhandener Objekte anstrebt oder ein im Wohnungseigentum liegendes Hemmnis für einen Arbeitsplatz- oder Wohnortwechsel beseitigt, nicht aber vornehmlich auf die Erlangung der Steuervergünstigung nach § 7b EStG 1977 abzielt.
c) Eine Ausnahme der vorstehenden Fallgruppe von der Regelung des § 7b Abs.1 Satz 4 Nr.2 EStG 1977 entspricht schließlich auch einer verfassungskonformen Auslegung. Denn es wäre nicht mit dem Gleichheitssatz (Art.3 Abs.1 des Grundgesetzes --GG--) zu vereinbaren, wenn --im Widerspruch zum Zweck des neugefaßten § 7b EStG 1977, zu einer Eigentumsbildung durch Umschichtung des vorhandenen Wohnungsbestandes beizutragen-- sämtliche zeitlich zusammenhängenden, wechselseitigen Anschaffungsgeschäfte von den erhöhten Absetzungen ohne Rücksicht darauf ausgeschlossen würden, ob im Einzelfall eine wirtschaftlich sinnvolle oder eine mißbräuchliche Gestaltung vorliegt. Der Gleichheitssatz ist nämlich verletzt, wenn eine typisierende gesetzliche Regelung den atypischen Fall zum Leitbild wählt (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 7.Oktober 1969 2 BvR 555/67, BVerfGE 27, 142, 150). Mit einem Ausschluß sämtlicher wechselseitigen Anschaffungsgeschäfte von den erhöhten Absetzungen würde der Mißbrauchsfall als Regelfall unterstellt, obwohl eine Reihe gewichtiger, wirtschaftlich sinnvoller wechselseitiger Anschaffungsgeschäfte in Betracht kommen (vgl. Söffing in FR 1982, 323). Es kommt hinzu, daß das BVerfG (BVerfGE 27, 142, 150) zu befürchtende beweisrechtliche Schwierigkeiten ausdrücklich nicht als Rechtfertigungsgrund dafür angesehen hat, einer nach dem Zweck des Gesetzes begünstigten Gruppe nur deshalb den Vorteil zu versagen. Nach den Ausführungen des dem Verfahren beigetretenen BMF wurde die weite Fassung des § 7b Abs.1 Satz 4 Nr.2 EStG 1977 im Hinblick auf befürchtete Beweisschwierigkeiten gewählt. Nach seinen Angaben war bereits im Gesetzgebungsverfahren erkannt worden, daß wechselseitige Anschaffungen durchaus auch wirtschaftlich sinnvolle Umschichtungen darstellen können. Trotzdem ist aber von einer ausdrücklichen Einschränkung der Nr.2 abgesehen worden, weil eine Feststellung wirtschaftlich sinnvoller Umschichtungen im Einzelfall nicht durchgängig möglich erschien.
d) Durch die vorstehende einschränkende Auslegung des § 7b Abs.1 Satz 4 Nr.2 EStG 1977 wird nicht die Rechtssicherheit beeinträchtigt, auf die sich der BMF mit dem Ziel einer sämtliche wechselseitigen, zeitlich zusammenhängenden Anschaffungen erfassenden Auslegung beruft. Dabei darf allerdings der besondere Charakter dieser Vorschrift als einer speziellen Regelung zur Verhinderung mißbräuchlicher Gestaltungen nicht außer acht gelassen werden, die das FA der Schwierigkeit entheben soll, wie in den Fällen des § 42 AO 1977 nachweisen zu müssen, daß die Gestaltung nicht auf wirtschaftlich sinnvollen Erwägungen beruht, sondern im wesentlichen zur Erlangung der Steuervergünstigung nach § 7b EStG 1977 gewählt worden ist. Damit die Vorschrift diese Wirkung im Interesse einer praktikablen Anwendbarkeit des § 7b EStG 1977 entfalten kann --wie es der BMF mit seinem Hinweis auf die Rechtssicherheit offensichtlich anstrebt--, muß im Zweifelsfall der Steuerpflichtige nachweisen, daß die wechselseitigen Anschaffungsgeschäfte, die in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, von sinnvollen wirtschaftlichen Erwägungen getragen werden. Das trifft hier zu. Denn nach den tatsächlichen Feststellungen des FG tauschten der Kläger und seine Ehefrau ihre bisherige Drei-Zimmer-Eigentumswohnung gegen die Vier-Zimmer-Eigentumswohnung, um einen weiteren Raum für ihre beiden heranwachsenden Kinder zu bekommen.
Fundstellen
Haufe-Index 60745 |
BStBl II 1985, 692 |
BFHE 143, 554 |
BFHE 1985, 554 |
BB 1985, 1710-1711 (ST) |
DB 1985, 1821-1822 (ST) |
DStR 1985, 578-578 (S) |
HFR 1986, 560-561 (ST) |
FR 1985, 533-535 (ST) |
Information StW 1985, 497-498 (ST) |
NJW 1985, 2551 |
NJW 1985, 2551-2552 (ST) |
DStZ/E 1985, 287-287 (ST) |