Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest (Urteile vom 11. Oktober 1974 III R 103/73, BFHE 113, 382, BStBl II 1975, 54, und vom 13. Dezember 1974 III R 82/73, BFHE 114, 264, BStBl II 1975, 191), daß bei Bewertung eines bebauten Grundstücks im Ertragswertverfahren auf der Grundlage der pauschalierten Kostenmiete eine Erhöhung der Miete wegen Übernahme der Kosten der Schönheitsreparaturen durch den Mieter nicht in Betracht kommt.
Normenkette
BewG 1965 § 79 Abs. 2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Eigentümerin einer 1971 bezugsfertig errichteten Eigentumswohnung. Der Beklagte und Revisionskläger (FA) ermittelte den Wert dieser Wohnung im Ertragswertverfahren und stellte zum 1. Januar 1974 durch Nachfeststellung einen Einheitswert von 30 300 DM fest. Das FA setzte als übliche Miete die Kostenmiete an, die es mit 6 v. H. der Grundstücks- und Baukosten schätzte. Diese Miete erhöhte es um 5 v. H. wegen Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter.
Die Klägerin wendete ein, sie bewohne ihre Wohnung selbst und habe deshalb auch die Kosten der Schönheitsreparaturen selbst zu tragen. Nach erfolglosem Einspruch ermäßigte das FG auf die Klage den Einheitswert auf 28 900 DM. Es vertrat unter Berufung auf die Rechtsprechung des BFH die Auffassung, die Schönheitsreparaturen seien durch die geschätzte Kostenmiete abgegolten.
Mit der zugelassenen Revision rügt das FA unrichtige Anwendung des § 79 Abs. 2 BewG. Komme die Kostenmiete als übliche Miete in Betracht, so müsse ihre Höhe grundsätzlich dem Bewilligungsbescheid entnommen werden. Fehle die Angabe der Kostenmiete im Bewilligungsbescheid, so könnten bestimmte Grundbeträge zur Schätzung der Kostenmiete aus den Wohnungsbauförderungsbestimmungen entnommen werden. Dazu gehörten nicht die Kosten für Schönheitsreparaturen, weil diese auf die Mieter abwälzbar seien. Dies gelte auch für die vereinfachte Ermittlung der Kostenmiete.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
1. Im Ertragswertverfahren ergibt sich der Grundstückswert regelmäßig durch Anwendung eines Vervielfältigers auf die Jahresrohmiete (§ 78 BewG). Trotzdem beruht der Grundstückswert auf dem nachhaltig erzielbaren Reinertrag (BFH-Urteil vom 2. Juni 1971 III R 105/70, BFHE 102, 563, BStBl II 1971, 675). Bei der Berechnung der Vervielfältiger sind, wie der Senat in seiner Entscheidung III R 105/70 im einzelnen ausgeführt hat, die Bewirtschaftungskosten und damit auch die Kosten der Schönheitsreparaturen berücksichtigt worden. Dies hat zur Folge, wie ebenfalls in dem Urteil III R 105/70 näher begründet wurde, daß die Barmiete zur Bestimmung der Jahresrohmiete i. S. des § 79 Abs. 1 BewG um einen Zuschlag erhöht werden muß, wenn nicht der Grundstückseigentümer, sondern der Mieter die Kosten der Schönheitsreparaturen trägt. Wird ein bebautes Grundstück auf der Grundlage der üblichen Miete bewertet, so ist folgerichtig die aus Vergleichsgrundstücken abgeleitete übliche Miete um einen Zuschlag für die Übernahme der Schönheitsreparaturen durch die Mieter zu erhöhen, wenn auch bei den Vergleichsobjekten die Mieter neben der vereinbarten Barmiete sich zur Durchführung von Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten verpflichtet haben. Dabei ist es gleichgültig, ob der Eigentümer sein Grundstück selbst bewohnt oder ob die übliche Miete aus einem der anderen in § 79 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 BewG angeführten Gründe die Bewertungsgrundlage bildet. Entscheidend ist vielmehr, daß derjenige die Schönheitsreparaturen trägt, der die Wohnung bewohnt (BFH-Entscheidung vom 6. Dezember 1974 III R 136/73, BFHE 114, 261, BStBl II 1975, 189). Der Senat kann deshalb der Klägerin nicht zustimmen, daß eine Erhöhung der geschätzten üblichen Miete wegen Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter sie schon deshalb in ihren Rechten verletze, weil sie ihre Wohnung selbst bewohne und damit der Eigentümer die Kosten der Schönheitsreparaturen trage.
2. Der Senat ist der Auffassung, daß es dem Wortsinn des § 79 Abs. 2 BewG gerecht wird, wenn bebaute Grundstücke, für die die übliche Miete aus Vergleichsobjekten nicht abgeleitet werden kann, auf der Grundlage der Kostenmiete bewertet werden. Denn es entspricht der Lebenserfahrung, daß jeder Grundstückseigentümer im Vermietungsfall bestrebt ist, eine Miete zu erzielen, die wenigstens die laufenden Kosten des Grundstücks einschließlich einer angemessenen Eigenkapitalverzinsung deckt. Eine Ausnahme besteht nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats nur dann, wenn die Kostenmiete preisrechtlich nicht hätte gefordert werden dürfen oder wenn sie nach den örtlichen Verhältnissen des Wohnungsmarkts nicht zu erzielen gewesen wäre (BFH-Entscheidung vom 11. Oktober 1974 III R 103/73, BFHE 113, 382, BStBl II 1975, 54).
Der Senat hat es auch gebilligt, daß die Kostenmiete für grundsteuerbegünstigte Wohnungen pauschal mit 6 v. H. der Grundstücks- und Baukosten bemessen wird. Bei Ansatz dieser pauschalierten Kostenmiete als übliche Miete kann nach der Rechtsprechung des Senats die Miete nicht wegen Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter oder, was dem gleichsteht, durch den die Wohnung selbst bewohnenden Eigentümer erhöht werden (BFH-Entscheidungen III R 103/73, vom 13. Dezember 1974 III R 82/73, BFHE 114, 264, BStBl II 1975, 191). Dagegen werden vom FA unter Berufung auf die Literatur (vgl. Rössler/Troll/Langner, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 10. Aufl., § 79 BewG Anm. 11 S. 656) Einwendungen erhoben. Sie lassen sich dahin zusammenfassen, daß die Kosten für Schönheitsreparaturen in den Sätzen der Bewirtschaftungskosten der Zweiten Berechnungsverordnung in der für den Hauptfeststellungszeitraum 1964 maßgebenden Fassung vom 1. August 1963 - II. BVO - (BGBl I 1963, 594) nicht enthalten seien. Diese Einwendungen beruhen indessen auf einem Mißverständnis, das durch die Fassung der Urteile III R 103/73 und III R 82/73 ausgelöst worden sein mag. In diesen Entscheidungen wird unter Hinweis auf die gesetzlichen Regelungen ausgeführt, daß bei einer Bemessung der Kostenmiete aufgrund einer Wirtschaftlichkeitsberechnung die Kosten der Schönheitsreparaturen als Unterart der Bewirtschaftungskosten unter den Instandhaltungskosten berücksichtigt seien. Mit dem Hinweis auf die §§ 24 Abs. 1 Nr. 4 und 28 Abs. 4 der II. BVO wollte der Senat jedoch lediglich zum Ausdruck bringen, daß aufgrund der Definition der Kostenmiete in § 85 Abs. 2 II. WoBauG auch die Kosten für Schönheitsreparaturen begrifflich zur Kostenmiete gehören und daß dies durch die nähere Ausgestaltung der Zweiten Berechnungsverordnung belegt werde. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob diese Kosten bei Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsberechnung für den Einzelfall in die Kostenmiete aufgenommen werden würden. Denn die Pauschalierung der Kostenmiete für steuerbegünstigte Wohnungen mit 6 v. H. der Grundstücks- und Baukosten berücksichtigt, wie sich insbesondere aus der Entscheidung III R 103/73 ergibt, von den Bewirtschaftungskosten nur die Abschreibung mit dem individuellen Wert, verzichtet aber darauf, die übrigen Bewirtschaftungskosten im einzelnen anzusetzen. Bei einer derart groben Schätzung der Kostenmiete, die auf eine zutreffende Erfassung der Bewirtschaftungskosten des Einzelfalles verzichtet, erscheint es dem Senat unvertretbar, individuelle Untersuchungen über eine einzige Unterart der Bewirtschaftungskosten anstellen zu wollen. Der pauschalierten Kostenmiete kann vielmehr nur die für den Einzelfall ermittelte Kostenmiete aufgrund einer Wirtschaftlichkeitsberechnung gegenübergestellt werden, wie im Urteil III R 103/73 (unter 1 c letzter Absatz) ausgeführt wurde. Damit kann es aber bei einer Bewertung auf der Grundlage einer pauschalierten Kostenmiete nicht darauf ankommen, wie die Kosten der Schönheitsreparaturen bei Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsberechnung für den Einzelfall behandelt werden würden. Entscheidend ist vielmehr, wie oben dargelegt, daß diese Kosten begrifflich in der Kostenmiete enthalten sind.
Fundstellen
Haufe-Index 72262 |
BStBl II 1977, 376 |
BFHE 1977, 359 |
NJW 1977, 1360 |