Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessungsgrundlage für Geschenke an die Gastgeberin einer Hausverkaufsparty
Leitsatz (NV)
Das Entgelt für die Lieferung von Geschenkgegenständen an eine Gastgeberin, die für eine Heimvorführung von bestimmten Erzeugnissen ihre Wohnung zur Verfügung stellt, Gäste einlädt und bewirtet, die Ausgabe der bestellten Gegenstände übernimmt und den Kaufpreis dafür einzieht, ist der Wert dieser sonstigen Leistungen. Dieser Wert muß geschätzt werden. Dabei können sich aus dem Wert der Lieferung des Unternehmers Hinweise für den Wert der Gegenleistung ergeben. Im Rahmen dieser Schätzung darf der gelieferte Geschenkgegenstand nicht mit dessen Verkaufspreis angesetzt werden.
Normenkette
UStG 1980 § 3 Abs. 12 S. 2, § 10 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) vertreibt als Bezirkshändlerin ... -Ware auf sog. "Hauspartys". Bei diesen Heimvorführungen tritt eine bei einer früheren Vorführung geworbene Hausfrau als Gastgeberin auf. Sie lädt Gäste ein, stellt die Wohnung für die Veranstaltung zur Verfügung und bewirtet die Gäste. Die Klägerin wendet der jeweiligen Gastgeberin für die bezeichneten Leistungen sog. Gastgeberinnen-Geschenke in Form von ... -Ware und Fremderzeugnissen zu. Die Gastgeberin kann diese Gegenstände nach einem Punktsystem auswählen. Die Anzahl der Punkte hängt von der Zahl der Gäste, dem Umfang der von ihnen bestellten Waren und von dem Zustandekommen weiterer Verabredungen ab.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) besteuerte die Lieferungen der von den Gastgeberinnen gewählten Gegenstände in den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden 1987 bis 1990 entgegen der Beurteilung durch die Klägerin mit den Verkaufspreisen und nicht mit den Einkaufspreisen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage nach erfolglosem Vorverfahren ab. Es legte dar, daß ein tauschähnlicher Umsatz vorliege, bei dem die Lieferungen der Gastgeberinnen-Geschenke gemäß § 3 Abs. 12 Satz 2, § 10 Abs. 2 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 mit dem gemeinen Wert (§ 9 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes -- BewG -- abzüglich Umsatzsteuer) der Leistungen der Gastgeberinnen (durch Zurverfügungstellung des jeweiligen Raumes und der Bewirtung der Gäste) zu bemessen seien. Die bezeichneten Leistungen der Gastgeberinnen seien so viel wert, wie sie, die Gastgeberinnen, hätten aufwenden müssen, um die Geschenke zu erhalten. Sie hätten die Geschenke nur zum Verkaufspreis erhalten können. Eine mittelbare Wertbestimmung, bei der für die Bemessungsgrundlage der Lieferungen von dem Wert der zu versteuernden Leistung ausgegangen werde, dürfe nicht vorgenommen werden, weil der "Wert der Gegenleistung hier eindeutig feststellbar" sei.
Mit der (vom Senat durch Beschluß vom 31. März 1995 V B 94/94, BFH/NV 1995, 1028 zugelassenen) Revision rügt die Klägerin Verletzung sachlichen Rechts. Sie vertritt die Auffassung, der Wert der von den Gastgeberinnen erbrachten Leistungen als Entgelt für die Lieferung der Geschenke sei zu schätzen, weil es dafür keinen Verkehrswert gebe. Sie -- die Klägerin -- wende für die sonstigen Leistungen der Gastgeberinnen nicht mehr auf, als ihr diese Leistungen wert seien. Das sei nur der Aufwand für die Anschaffung dieser Gegenstände, die sie den Gastgeberinnen überlasse. Damit übereinstimmend habe der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) in dem Urteil vom 2. Juni 1994 Rs. C-33/93 (Slg. 1994, I-2329, Umsatzsteuer-Rundschau -- UR -- 1995, 64, Steuerrechtsprechung in Karteiform -- StRK --, 6. USt-Rl (EWG), Art. 11, Rechtsspruch 13, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -- HFR -- 1994, 561) dahin erkannt, daß der Wert des Entgelts für eine empfangene Dienstleistung, die nicht bar entgolten werde, ein subjektiver Wert sei. Er entspreche dem Betrag, den der Empfänger der Dienstleistung zu diesem Zweck aufzuwenden bereit sei, z. B. dem Kaufpreis, den der Lieferer der Gegenstände für deren Erwerb gezahlt habe.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Umsatzsteuer für 1987 bis 1990 -- wie im finanzgerichtlichen Verfahren beantragt -- festzusetzen.
Das FA ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung. Das FG hat § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG 1980 für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage der von der Klägerin an die Gastgeberinnen ausgeführten Lieferungen fehlerhaft angewendet. Mangels ausreichender Feststellungen kann der Senat nicht abschließend entscheiden.
1. Zutreffend hat das FG angenommen, daß die Klägerin Lieferungen von Gegenständen, die als sog. Gastgeberinnen-Geschenke bezeichnet werden, gegen Entgelt ausgeführt hat. Mit den Lieferungen hat sie im Austausch gegen die von den Gastgeberinnen erbrachten sonstigen Leistungen, z. B. durch Bereitstellen von geeigneten Räumen für eine Verkaufsveranstaltung in der Wohnung und die Bewirtung der Kunden, steuerbare Leistungen bewirkt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, 6 UStG 1980). Da das Entgelt für die Lieferungen der Klägerin in den bezeichneten sonstigen Leistungen der Gastgeberinnen besteht, sind tauschähnliche Umsätze gegeben (§ 3 Abs. 12 Satz 2 UStG 1980).
Bei tauschähnlichen Umsätzen gilt der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz (§ 10 Abs. 2 Satz 2 UStG 1980). Die Umsatzsteuer gehört nicht zum Entgelt (§ 10 Abs. 2 Satz 3 UStG 1980). Danach gilt der Wert der von den Gastgeberinnen erbrachten sonstigen Leistungen als Entgelt für die Lieferungen der Klägerin. Der Wert der sonstigen Leistungen ist nach objektiven Maßstäben zu bestimmen (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 12. November 1987 V B 52/86, BFHE 151, 474, BStBl II 1988, 156) und, falls dies nicht möglich ist, gemäß § 162 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) zu schätzen (BFH-Urteil vom 24. November 1988 V R 30/83, BFHE 155, 210, BStBl II 1989, 210). Wenn der Wert der Gegenleistung nicht hinreichend objektiv bestimmbar ist, sondern geschätzt werden muß, können sich aus dem Wert der eigenen Leistungen der Klägerin Hinweise für die Ermittlung des Werts der Gegenleistung ergeben (vgl. BFH in BFHE 155, 210, BStBl II 1989, 210). Leistung und Gegenleistung brauchen nicht gleichwertig zu sein (vgl. BFH-Urteil vom 6. Juni 1984 V R 33/83, BFHE 141, 355, BStBl II 1984, 686). Für den Streitfall folgt daraus, daß die jeweilige (vgl. BFH-Urteil vom 15. Dezember 1988 V R 24/84, BFHE 155, 431, BStBl II 1989, 252) Lieferung nach dem anteiligen Wert der von der Gastgeberin erbrachten sonstigen Leistung zu bemessen ist.
2. Das FG hat die Ansicht vertreten, daß "der Wert der Gegenleistung hier eindeutig feststellbar ist". Es hat -- ohne dies im einzelnen zu begründen -- den üblichen Verkaufspreis der den Gastgeberinnen gelieferten Gegenstände als Wert für die von ihnen erbrachten sonstigen Leistungen angesehen. Demgegenüber hat der EuGH (in Slg. 1994, I-2329, UR 1995, 64, StRK, 6. USt-Rl [EWG], Art. 11, Rechtsspruch 13, HFR 1994, 561; Anm. Rothenberger, UR 1995, 65) entschieden, daß sich der Wert der Lieferung eines Gegenstands für die Zuführung von Kunden mit dem Kaufpreis bemißt, den der Lieferer für den Erwerb des Artikels bezahlt hat (EuGH, a.a.O., Anm. 18, 19). Die Einkaufspreise für die Gastgeberinnen-Geschenke hat das FG nicht festgestellt. Das Urteil des FG ist deshalb aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Fundstellen