Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von mit einer Grundstückslieferung vereinbarten Sonderleistungen: einheitliche Leistung, Nebenleistung, selbständige Leistung, Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG 1980
Leitsatz (amtlich)
Besteuerungsgegenstand ist umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich die ausgeführte Leistung. Sie wird bestimmt durch die Art ihrer Ausführung, den Gegenstand auf den die Ausführung gerichtet ist, durch die Beteiligten (Leistender, Leistungsempfänger) und durch ihre Entgeltlichkeit. Dies gilt auch für einen nach § 4 Nr.9 Buchst.a UStG steuerfreien Grundstücksumsatz.
Orientierungssatz
1. Umsatzsteuerrechtlich umfaßt der Umsatz nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung weitere Leistungen nur, wenn sie mit dem Leistungsgegenstand so abgestimmt sind, daß sie in ihm aufgehen und ihre Selbständigkeit verlieren. Entsprechend werden Nebenleistungen, das sind Leistungen, die im Vergleich zur Hauptleistung nebensächlich sind, sie wirtschaftlich ergänzen, abrunden und üblicherweise zusammen mit der Hauptleistung ausgeführt werden, umsatzsteuerrechtlich nicht selbständig, sondern ebenso wie die Hauptleistung beurteilt. Im übrigen wird der Grundsatz der selbständigen Beurteilung jedes Umsatzes, d.h. der einzelnen Leistung, im Umsatzsteuerrecht nicht mehr durchbrochen (vgl. BFH-Rechtsprechung).
2. Der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG 1980 steht nicht entgegen, daß der unter das GrEStG fallende Umsatz wegen Grunderwerbsteuer-Befreiung nicht besteuert worden ist.
3. Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von im Zusammenhang mit der Grundstückslieferung vereinbarten Sonderleistungen: Kosten der Bauvoranfrage, Vermessungskosten, Kosten der Baugenehmigung, Statik, Prüfstatik, Gebäudeversicherung, Bauwesenhaftpflichtversicherung und Bauherrenhaftpflichtversicherung, Erschließungsleistungen (Hausanschlüsse und Kanalanschlüsse), Architektenkosten für Planung und Bauleitung, Ausführung des Richtfestes, Lieferung eines Bauschildes).
Normenkette
UStG 1980 § 4 Nr. 9 Buchst. a, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 9a, § 10 Abs. 1 S. 4
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) veräußerte im Mai 1979 fünf durch Parzellierung eines Grundstücks in E entstandene Einzelgrundstücke an verschiedene Erwerber (Erwerber). In § 2 des jeweiligen notariellen Grundstückskaufvertrages wurden zwischen den Parteien des Kaufvertrages privatschriftlich vereinbarte Sonderleistungen, die als "Paket" bezeichnet worden waren (mit insgesamt 19 Ziffern), zum Gegenstand des Grundstückskaufvertrages gemacht.
Darin waren neben dem Verkauf der jeweiligen unbebauten Grundstücke als Leistungen der Klägerin ausgewiesen worden: Straßenanliegerkosten, Kanalanschluß, Kosten der Bauvoranfrage, Vermessungskosten, die gesamten Architektenkosten für Planung und Bauleitung, die Kosten der einzelnen Baugenehmigungen, die Kosten der Statik und Prüfstatik, die Verlegung des Brunnens und der Wasserentnahmestelle, die Kosten der Versorgungsunternehmung für die Versorgung mit Gas-, Wasser-, Strom- und Hausanschluß, die Kosten der Gebäudeversicherung, die Kosten der Bauwesen- und der Bauherrenhaftpflichtversicherung bis zur Bezugsfertigkeit, die technische und wirtschaftliche Betreuung der Bauherren, die Beschaffung der einzelnen Finanzierungsmittel als sog. kostenlose Serviceleistung, die Bereitstellung der Finanzierungsunterlagen, Beschaffung des Wegerechts und die Ausführung des Richtfestes.
Die Klägerin verpflichtete sich in dem jeweiligen notariellen Grundstückskaufvertrag weiter (§ 2 Abs.2), die ihr nach dem "Paket" obliegenden Leistungen zu erbringen und Gewährleistungsansprüche in diesem Zusammenhang gegen die am Bau Beteiligten an die Erwerber abzutreten. Die Erwerber hatten nach § 8 des jeweiligen notariellen Kaufvertrages als Kaufpreis für das jeweilige Grundstück "und zur Abgeltung der Leistungen aus dem Paket" einen Gesamtbetrag in mehreren Raten an die Klägerin und auf das für sie geführte Notar-Ander-Konto zu zahlen. Im August 1979 wurden die Erwerber im Grundbuch für das jeweilige Grundstück als Eigentümer eingetragen. Die letzten in dem Paket übernommenen Leistungen (außerdem --gegen Entgelt--: das Fällen von Bäumen) wurden bis Mitte 1981 ausgeführt.
Entsprechend Nr.1 und Nr.3 der als sog. "Spielregeln" vereinbarten Verpflichtungen der Erwerber vergaben diese die Bauleistungen für die geplanten Reihenhäuser im eigenen Namen --gemeinsam mit dem Architekten der Klägerin-- an Bauhandwerker. Demgemäß enthielt der im Grundstückskaufvertrag vereinbarte Preis keine Baukosten für die zu errichtenden Wohngebäude, Garagen und Außenanlagen.
Die Klägerin vertrat in der Umsatzsteuererklärung für 1981 die Ansicht, die Gesamtentgelte im Zusammenhang mit den bezeichneten Grundstücksveräußerungen habe sie für steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr.9 Buchst.a des Umsatzsteuergesetzes 1980 (UStG 1980) erhalten.
Dagegen besteuerte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Sonderleistungen der Klägerin als Werkleistungen aufgrund eines "Werkleistungsvertrages". Das FA ordnete ihnen als Entgelt durch Schätzung einen Teilbetrag des jeweiligen Gesamtentgelts zu, den es nach dem Verhältnis der Kosten, die der Klägerin für die Grundstücksbeschaffung einschließlich Erschließung und Gebühren und der Kosten, die ihr für die Sonderleistungen entstanden waren, aufteilte. Nach Abzug der auf die Sonderleistungen entfallenden Vorsteuerbeträge setzte das FA eine Umsatzsteuer gegen die Klägerin für 1981 von 18 104 DM fest.
Der Einspruch blieb erfolglos. Dagegen gab das Finanzgericht (FG) der Klage im wesentlichen statt. Es führte zur Begründung seiner Entscheidung u.a. aus, die strittigen Entgelte seien Teil der grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung "für die Veräußerung der bebauten Grundstücke" und damit nach § 4 Nr.9 Buchst.a UStG 1980 steuerfrei. Im Streitfall seien die bebauten Grundstücke Kaufobjekt, weil die Klägerin bei Abgabe der Kaufoption die Bauplanung bereits vollendet habe. Der jeweilige Erwerber habe mit dem Abschluß des Kaufvertrages zugleich in die Erstellung des von der Klägerin fertiggeplanten Hauses einwilligen müssen. Wenn nun grunderwerbsteuerrechtlich das bebaute Grundstück als Gegenstand des Erwerbsvorganges zu beurteilen sei, so müsse umsatzsteuerrechtlich der Veräußerungsgegenstand damit identisch sein.
Mit der Revision macht das FA geltend, die Vorentscheidung verstoße gegen § 4 Nr.9 Buchst.a UStG 1980. Es meint, das FG habe die unterschiedlichen Regelungsgegenstände zwischen dem Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG), das den Erwerb des bebauten Grundstücks als einheitlichen Rechtsvorgang ansehe, und dem UStG, das auf einzelne entgeltliche Leistungen abstelle, nicht beachtet. Die von der Klägerin erbrachten, im Vertrag als "Paket" bezeichneten Leistungen seien nicht Nebenleistungen zur Grundstücksübertragung und gingen auch nicht in ihr als einheitliche Leistung auf.
Das FA beantragt sinngemäß Aufhebung der Vorentscheidung und Klageabweisung.
Die Klägerin ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Die Vorentscheidung wird aufgehoben, weil die vorhandenen Feststellungen die Beurteilung nicht ermöglichen, ob und in welchem Umfang die Klägerin --soweit das FG der Klage stattgegeben hat-- steuerfreie, unter das GrEStG fallende Umsätze (§ 4 Nr.9 Buchst.a UStG 1980) ausgeführt hat.
Die vom FG getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht seine Annahme, die Klägerin habe umsatzsteuerrechtlich ein bebautes Grundstück an den jeweiligen Erwerber geliefert. Welche Leistungen zum Gegenstand des Grundstückserwerbsvorgangs gehören (und damit umsatzsteuerfrei sind), läßt sich diesen Feststellungen nicht entnehmen.
Soweit der jeweilige Erwerber Bauleistungen zur Herstellung von Wohngebäuden, Garagen und Außenanlagen nicht von der Klägerin, sondern von Bauhandwerkern beanspruchen konnte und in Anspruch genommen hat, haben die im eigenen Namen handelnden Bauhandwerker Umsätze in Form von Werklieferungen (§ 3 Abs.4 Satz 2 UStG 1980) durch Errichtung von Wohngebäuden, Garagen und Außenanlagen an die jeweiligen Erwerber ausgeführt (vgl. zur Bestimmung des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13.März 1987 V R 33/79, BFHE 149, 313, BStBl II 1987, 524 unter II. 1.; vom 24.September 1987 V R 152/78, BFHE 151, 90, BStBl II 1988, 29 unter II 1.b). Der Senat hat in dem Urteil vom 7.Februar 1991 V R 53/85 (BFHE 164, 482, BStBl II 1991, 737) entschieden, daß von Bauhandwerkern im eigenen Namen gegenüber einem Bauherrn ausgeführte Werklieferungen grundsätzlich nicht mit Umsätzen eines anderen Unternehmers (Grundstückslieferers oder Initiators eines Bauvorhabens) "gebündelt" werden dürfen und damit nicht nach § 4 Nr.9 Buchst.a UStG umsatzsteuerfrei sind.
2. Das FG wird Feststellungen nachholen und prüfen müssen, welche umsatzsteuerbaren Leistungen die Klägerin ausgeführt hat. Es kommt in Betracht, daß die Klägerin nur ein unbebautes Grundstück oder ein erschlossenes unbebautes Grundstück (jeweils steuerfrei nach § 4 Nr.9 Buchst.a UStG 1980) geliefert und außerdem weitere Leistungen ausgeführt hat. Die Klägerin könnte auch ein bebautes Grundstück an die Grundstückserwerber geliefert haben, wenn sie ihnen --abweichend von den zivilrechtlichen Vereinbarungen der Bauhandwerker mit den Grundstückserwerbern-- nach dem wirtschaftlichen Gehalt ihrer Tätigkeit die Bauleistungen (steuerfrei nach § 4 Nr.9 Buchst.a UStG 1980) verschafft hat.
Vieles spricht dafür, daß die Klägerin den Erwerbern ein erschlossenes unbebautes Grundstück geliefert hat. Für diesen Fall ist bei der Beurteilung der Steuerfreiheit der streitigen, in dem sog. Paket bezeichneten Leistungen der Klägerin an die Grundstückserwerber zu beachten:
a) Von den unter § 1 Abs.1 Nr.1 bis 3 UStG 1980 fallenden Umsätzen sind steuerfrei (§ 4 Satz 1 am Anfang UStG 1980): Die Umsätze, die unter das GrEStG fallen (§ 4 Nr.9 Buchst.a UStG 1980). Zu den unter § 1 Abs.1 Nr.1 UStG 1980 fallenden Umsätzen gehören Lieferungen oder sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Erhebungsgebiet gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.
Besteuerungsgegenstand (§ 1 Abs.1 Nr.1 Satz 1 UStG 1980) ist umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich die ausgeführte einzelne Leistung (BFH-Beschluß vom 30.Oktober 1986 V B 44/86, BFHE 148, 80, BStBl II 1987, 145 m.w.N.). Sie wird bestimmt durch die Art ihrer Ausführung (Lieferung oder sonstige Leistung), den Gegenstand, auf den die Ausführung gerichtet ist (z.B. Lieferung eines erschlossenen unbebauten Grundstücks), durch die Beteiligten (Leistender, Leistungsempfänger) und durch ihre Entgeltlichkeit (im Sinne einer Entgeltserwartung, --vgl. dazu BFH-Urteil vom 7.Mai 1981 V R 47/76, BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495--), nicht aber durch den Umfang einer Bemessungsgrundlage.
Umsatzsteuerrechtlich umfaßt der Umsatz nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung weitere Leistungen nur, wenn sie mit dem Leistungsgegenstand so abgestimmt sind, daß sie in ihm aufgehen und ihre Selbständigkeit verlieren (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 18.Dezember 1980 V B 24/80, BFHE 132, 147, BStBl II 1981, 197 unter 1.). Entsprechend werden Nebenleistungen, das sind Leistungen, die im Vergleich zur Hauptleistung nebensächlich sind, sie wirtschaftlich ergänzen, abrunden und üblicherweise zusammen mit der Hauptleistung ausgeführt werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 12.Dezember 1985 V R 15/80, BFHE 146, 181, BStBl II 1986, 499 unter 2.), umsatzsteuerrechtlich nicht selbständig, sondern ebenso wie die Hauptleistung beurteilt. Im übrigen wird der Grundsatz der selbständigen Beurteilung jedes Umsatzes, d.h. der einzelnen Leistung, im Umsatzsteuerrecht nicht mehr durchbrochen (vgl. auch BFH-Urteil vom 3.März 1988 V R 183/83, BFHE 153, 90, BStBl II 1989, 205 unter II. 1., 2.).
Der auf diese Weise bestimmte Umsatz begrenzt zugleich den Regelungsbereich des § 4 Nr.9 Buchst.a UStG 1980 (vgl. dazu Weiß, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 1986, 109). Nur für diesen Regelungsbereich wirkt § 4 Nr.9 Buchst.a UStG 1980. Steuerfrei ist danach ein Umsatz, wenn er "unter das Grunderwerbsteuergesetz fällt", d.h. im Regelfall, wenn das ihm zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft nach § 1 GrEStG steuerbar ist.
Soweit die Klägerin den Erwerbern nach den noch zu treffenden Feststellungen jeweils ein erschlossenes oder nicht erschlossenes, bebautes oder unbebautes Grundstück geliefert (§ 1 Abs.1 Nr.1 Satz 1, § 3 Abs.1, Abs.6 UStG 1980) hat, ist dieser Umsatz nach § 4 Nr.9 Buchst.a UStG 1980 steuerfrei, weil er unter das GrEStG (§ 1 Abs.1 Nr.1 GrEStG) fällt. Daß er nach § 1 des Gesetzes über Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau i.d.F. der Bekanntmachung vom 20.Juli 1970 --GrEStWoBauG NW-- (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen --GVBl NW-- 1970, 620) nicht besteuert worden ist, steht der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr.9 Buchst.a UStG 1980 nicht entgegen. Der Umsatz durch Lieferung des Grundstücks schließt alle Leistungen der Klägerin gegenüber den Erwerbern ein, die mit diesem Leistungsgegenstand so abgestimmt sind, daß sie in ihm aufgehen und ihre Selbständigkeit verlieren (einheitliche Leistung). Ebenso erfaßt die Steuerbefreiung unselbständige Nebenleistungen.
c) Die übrigen von der Klägerin an die Erwerber ausgeführten, in dem sog. Paket beschriebenen Leistungen sind im einzelnen darauf zu untersuchen, ob und welche Umsätze die Klägerin damit an die Erwerber ausgeführt hat und ob und welche Umsätze Teil einer einheitlichen Leistung durch Lieferung erschlossener unbebauter Grundstücke oder Nebenleistungen zu einer solchen Lieferung sind. Die Beurteilung, ob eine einheitliche Leistung oder eine Nebenleistung vorliegt, ist nach umsatzsteuerrechtlichen Grundsätzen (vgl. dazu z.B. BFH in BFHE 153, 90, BStBl II 1989, 205 unter II 1 und 2 jeweils m.w.N.) durchzuführen. Eine Bündelung von Leistungen durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung oder durch grunderwerbsteuerrechtliche Verbindung scheidet aus.
aa) Falls die Klägerin bereits vor der Lieferung der unbebauten Grundstücke selbst Leistungen durch Vermessung oder durch Klärung der baurechtlichen Verhältnisse (Bauvoranfrage) empfangen haben sollte, hat sie keine entsprechenden Leistungen an die Erwerber ausgeführt. Es liegt nahe, daß die dafür den Erwerbern in dem sog. Paket berechneten Beträge unter anderer Bezeichnung belastete Entgelte für die (steuerfreie) Lieferung des jeweiligen unbebauten Grundstücks in dem vereinbarten Zustand sind.
bb) Bei den in dem sog. Paket berechneten Leistungen für Baugenehmigungen, Statik, Prüfstatik und Gebäudeversicherungen ist zu prüfen, ob und wie die Klägerin entsprechende Leistungen an die Grundstückserwerber ausgeführt oder ob sie Geschäftsbesorgungsleistungen erbracht hat, die nicht nach § 4 Nr.9 Buchst.a UStG 1980 steuerfrei sind, oder ob sie diese Beträge als durchlaufende Posten (§ 10 Abs.1 Satz 4 UStG 1980) vereinnahmt hat.
cc) Im Zusammenhang mit den im Paket bezeichneten Leistungen durch Lieferung eines Bauschilds und durch Ausführung des Richtfestes ist zunächst zu prüfen, ob die Klägerin den Grundstückserwerbern die Verfügungsmacht an dem Bauschild oder an Speisen und Getränken anläßlich des Richtfestes verschafft hat. Soweit die Klägerin selbst Leistungen an die Erwerber erbracht hat, die mit der Herstellung der Gebäude durch Bauhandwerker zusammenhängen (Lieferung eines Bauschildes, Ausführung des Richtfestes), hat sie dadurch weder mit der Lieferung des jeweiligen unbebauten (erschlossenen) Grundstücks einheitlich verbundene Leistungen noch unselbständige Nebenleistungen ausgeführt. Die bezeichneten Umsätze sind nicht nach § 4 Nr.9 Buchst.a UStG 1980 steuerfrei, denn sie fallen nicht unter das GrEStG. Die Verpflichtung zur Ausführung der bezeichneten Umsätze ist nicht nach § 1 GrEStG steuerbar.
dd) Die Erschließungsleistungen (Haus- und Kanalanschlüsse) gehen in eine etwa von der Klägerin geschuldete und ausgeführte Lieferung des erschlossenen oder bebauten Baugrundstücks ein. Der Leistungsgegenstand der Lieferung des erschlossenen Baugrundstücks vollendet sich erst durch diese Leistungen. Insoweit sind sie Teil des Umsatzes, der nach § 4 Nr.9 Buchst.a UStG 1980 unter das GrEStG fällt. Die Verpflichtung zur Übereignung des erschlossenen Baugrundstücks schließt die bezeichneten Leistungen ein. Diese Verpflichtung ist grunderwerbsteuerrechtlich Gegenstand des Erwerbsvorgangs (vgl. oben II. 2. a 3.Absatz).
ee) Dasselbe gilt für die Leistung "Baumfällen", falls das FG feststellen sollte, daß die Klägerin die Lieferung von abgeholzten Grundstücken geschuldet haben sollte.
ff) Auch bei den Architektenleistungen (Planung, Baubetreuung), ist zu prüfen, ob diese überhaupt von der Klägerin ausgeführt und nicht nur besorgt worden sind. Sie bleiben wirtschaftlich neben der Lieferung des unbebauten erschlossenen Baugrundstücks selbständig. Umsatzsteuerrechtlich reicht unter diesen Umständen zur Annahme einer einheitlichen Leistung nicht aus, daß mehrere Leistungen einem einheitlichen wirtschaftlichen Zweck dienen oder daß sie nur rechtsgeschäftlich verbunden worden sind (vgl. BFH in BFHE 153, 90, BStBl II 1989, 205).
Die Architektenleistungen verlieren hinter der Lieferung eines unbebauten Baugrundstücks ihre wirtschaftliche Eigenständigkeit nicht. Sie werden durch unterschiedliche Handlungen und zu unterschiedlichen Zeiten (vgl. § 5 des Kaufvertrages für die Grundstückslieferung) bewirkt. Mängel werden nach unterschiedlichen Vorschriften beurteilt. Die Klägerin hat den Erwerbern Mängelansprüche wegen der Architektenleistungen nach den vertraglichen Vereinbarungen (§ 2 Abs.3, 4 des Kaufvertrages) gegen die von ihr beauftragten Architekten abgetreten. Für die Lieferung eines unbebauten Grundstücks behalten die Architektenleistungen somit eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung.
Die Architektenleistungen sind auch nicht üblicherweise mit der Lieferung von unbebauten Grundstücken verbunden. Sie sind nicht als unselbständige Nebenleistung zur Grundstückslieferung zu beurteilen. Dieser Umsatz ist nicht nach § 4 Nr.9 Buchst.a UStG 1980 steuerfrei. Er fällt nicht unter das GrEStG. § 1 GrEStG besteuert nicht die Verpflichtung zur Ausführung von Architektenleistung.
gg) Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen auch nicht beurteilen, ob die gegen die Klägerin für steuerpflichtige Leistungen festgesetzte Steuer im Streitjahr 1981 oder nicht bereits vorher entstanden ist (§ 13 Abs.1 Buchst.1 UStG 1980).
Fundstellen
Haufe-Index 63729 |
BFH/NV 1992, 18 |
BStBl II 1992, 206 |
BFHE 166, 185 |
BFHE 1992, 185 |
BB 1992, 1267 |
BB 1992, 1267-1269 (LT) |
DB 1992, 459-460 (LT) |
DStR 1992, 216 (KT) |
DStZ 1992, 187 (KT) |
HFR 1992, 196 (LT) |
StE 1992, 88 (K) |
WPg 1992, 235 (S) |
StRK, R.7 (LT) |
Information StW 1992, 212 (KT) |
NWB 1993, 4286 |
UVR 1992, 114 (K) |
UStR 1992, 76 (KT) |