Leitsatz (amtlich)
1. Es besteht eine unwiderlegbare gesetzliche Vermutung, daß Einnahmen, die ein Steuerpflichtiger aus einer nebenberuflichen Tätigkeit i.S. des § 3 Nr.26 EStG bezieht, bis zur Höhe von 2 400 DM als steuerfreie Aufwandsentschädigung anzusehen sind.
2. Übersteigen die Einnahmen aus einer solchen Tätigkeit den Betrag von 2 400 DM, so richtet sich deren steuerrechtliche Einordnung (z.B. als Einkünfte aus selbständiger oder nichtselbständiger Arbeit) sowie die Berücksichtigung von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nach den allgemeinen steuerrechtlichen Vorschriften.
3. Betriebsausgaben oder Werbungskosten können in einem solchen Fall allerdings nur abgezogen werden, wenn sie 2 400 DM übersteigen und entsprechend nachgewiesen werden.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 26, § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden für das Streitjahr 1981 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger bezog im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit; die Klägerin erzielte Einkünfte aus einer selbständigen Unterrichtstätigkeit an der Volkshochschule der Stadt X.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr berechneten die Kläger die Einkünfte aus der Unterrichtstätigkeit der Klägerin wie folgt:
Einnahmen: 6 900 DM = 100 v.H.
hiervon steuerfrei nach § 3
Nr.26 des
Einkommensteuergesetzes (EStG): 2 400 DM = 34,8 v.H.
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steuerpflichtig: 4 500 DM = 65,2 v.H.
Ausgaben: 1 444,26 DM
hiervon 65,2 v.H. = ./. 942 DM
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Einkünfte 3 558 DM
Bei der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr ließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die von den Klägern geltend gemachten Betriebsausgaben in Höhe von 942 DM nicht zum Abzug zu. Er legte der Veranlagung einen Betrag von 4 500 DM als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zugrunde.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Mit der vom Finanzgericht (FG) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragen sinngemäß, das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer unter Zugrundelegung von Einkünften aus selbständiger Arbeit in Höhe von 3 558 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Das FG hat zu Recht entschieden, daß Betriebsausgaben, die im Zusammenhang mit einer nebenberuflichen Tätigkeit i.S. des § 3 Nr.26 EStG stehen, nur dann berücksichtigt werden können, wenn sie den Betrag der steuerfreien Aufwandsentschädigung von 2 400 DM übersteigen.
Steuerfrei sind nach § 3 Nr.26 EStG 1980 Aufwandsentschädigungen für nebenberufliche Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher oder für eine vergleichbare nebenberufliche Tätigkeit zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke im Dienst oder Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer unter § 5 Abs.1 Nr.9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) fallenden Einrichtung. Als Aufwandsentschädigungen sind Einnahmen für die bezeichneten Tätigkeiten bis zur Höhe von insgesamt 2 400 DM im Jahr anzusehen.
Nach dem zweiten Bericht des Finanzausschusses (BTDrucks 8/3898 S.8) zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze sollten mit der --nunmehr in § 3 Nr.26 EStG enthaltenen-- Regelung "Bürger, die im gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Bereich nebenberuflich tätig sind, von steuerlichen Verpflichtungen freigestellt werden, soweit sie für diese Tätigkeit im wesentlichen nur eine Aufwandsentschädigung erhalten". In § 3 Nr.26 EStG kommt diese Freistellung von steuerlichen Verpflichtungen dem Grunde nach in Satz 1, dem Umfang nach in Satz 2 zum Ausdruck. Satz 1 grenzt die für eine Begünstigung vorgesehenen Einnahmen nach sachlichen Gesichtspunkten, insbesondere nach Tätigkeitsmerkmalen, ab ("Aufwandsentschädigungen für nebenberufliche Tätigkeiten als ...."); Satz 2 spricht in Ergänzung dazu aus, daß Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten bis zur Höhe von 2 400 DM im Jahr als Aufwandsentschädigung anzusehen sind. Das bedeutet, daß im Einzelfall nicht geprüft zu werden braucht, ob es sich bei den Einnahmen bis zur Höhe von 2 400 DM im Jahr tatsächlich um Aufwandsentschädigungen handelt. Derartige Zahlungen müssen bis zur Höhe von 2 400 DM auch dann als steuerfrei behandelt werden, wenn sie nicht als Aufwandsentschädigung, sondern als Vergütung für eine (selbständige oder nichtselbständige) Arbeit geleistet werden (Birkenfeld, Finanz-Rundschau --FR-- 1981, 601; Eggebrecht, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 1982, 423, 424; Scholtz in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 3 Nr.38 v). Nach der Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze (BTDrucks 8/3688 S.16) beinhaltet diese Regelung eine unwiderlegliche Vermutung.
Soweit die Einnahmen den Betrag von 2 400 DM übersteigen, sind sie nach § 3 Nr.26 EStG nicht befreit. Die Besteuerung des übersteigenden Betrags richtet sich vielmehr nach den allgemeinen Vorschriften über den Umfang der Besteuerung (vgl. § 2 EStG). Das gilt sowohl für die steuerrechtliche Einordnung der Einkünfte (z.B. als solche aus selbständiger oder nichtselbständiger Arbeit) als auch hinsichtlich der Berücksichtigung der im Rahmen dieser Einkünfte anfallenden Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Da nach § 3 Nr.26 EStG in unwiderlegbarer Weise vermutet wird, daß die vom Steuerpflichtigen gemachten Aufwendungen bis zu einer Höhe von 2 400 DM (durch eine Aufwandsentschädigung in entsprechender Höhe) bereits abgegolten sind, ist eine die Einkünfte zusätzlich mindernde Berücksichtigung von Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten nur möglich, soweit es sich um höhere Aufwendungen als 2 400 DM handelt (Birkenfeld, a.a.O., 604 f.; Scholtz, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1981, 613; Keßler in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 14.Aufl., § 3 Tz.151 ff.; Birkholz/Altehoefer in Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 3 Anm.3; Richter, FR 1980, 425, 428; Schad/Eversberg, Der Betrieb --DB-- 1980, 1234; Koch, DStZ 1980, 219). Hierzu müßte der Steuerpflichtige allerdings gegebenenfalls nachweisen, daß seine Aufwendungen im Zusammenhang mit der in § 3 Nr.26 EStG bezeichneten Tätigkeit mehr als 2 400 DM betragen haben.
Der Auffassung von Herrmann/Heuer/Raupach (Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19.Aufl., § 3 EStG, Grüne Blätter, Erläuterungen zu Nr.26), nach der gemäß Satz 1 des § 3 Nr.26 EStG alle Einnahmen aus einer der dort bezeichneten Tätigkeiten steuerfrei seien, falls es sich um Aufwandsentschädigungen handle, und außerdem gemäß Satz 2 bei Einnahmen bis zur Höhe von 2 400 DM das Vorliegen von Aufwandsentschädigungen unwiderleglich vermutet werde, kann sich der Senat nicht anschließen. Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Vorschrift sprechen dafür, daß hier nicht zwei selbständig nebeneinander bestehende Steuerbefreiungen gewährt werden sollten, sondern daß der Inhalt des Satzes 1 und des Satzes 2 --wie oben ausgeführt-- in gegenseitiger Abhängigkeit voneinander stehen (so auch Scholtz in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, a.a.O., § 3 Tz.38 v; Keßler in Littmann/Bitz/Meincke, a.a.O., 14.Aufl., § 3 Tz.151 f.).
Auch der Auffassung der Kläger, die entstandenen Betriebsausgaben (Werbungskosten) müßten verhältnismäßig (auf den steuerfreien und den steuerpflichtigen Teil der Einnahmen) aufgeteilt werden und der auf den steuerpflichtigen Teil der Einnahmen entfallende Teil der Ausgaben müsse demgemäß die Einkünfte aus selbständiger (nichtselbständiger) Arbeit mindern, kann nicht beigepflichtet werden. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß die Einnahmen und die Ausgaben durch eine unteilbare Tätigkeit verursacht werden und der steuerfreie Einnahmenbetrag von 2 400 DM mit den tätigkeitsbedingten Ausgaben bis zur gleichen Höhe zu saldieren ist (Birkenfeld, a.a.O.). Daraus folgt, daß der Abzug von Ausgaben bis zur Höhe der steuerfreien Einnahmen untersagt ist und nur diejenigen Aufwendungen, die die steuerfreien Einnahmen übersteigen, abziehbar sind. Die Vorschrift des § 3c EStG, nach der Ausgaben nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden dürfen, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, kommt hier nicht zur Anwendung (ebenso FG München, Urteil vom 6.Juni 1984 IX 97/83 E, Entscheidungen der Finanzgerichte 1985, 13, sowie Oberfinanzdirektion --OFD-- München, Verfügung vom 19.April 1984 S 2121 - 19 St 21, Einkommensteuerkartei OFD München, EStG § 3 Nr.26 Karte 1.2). Denn § 3c EStG bestätigt nur den allgemeinen Rechtsgrundsatz, daß bei steuerfreien Einnahmen kein doppelter steuerlicher Vorteil durch den zusätzlichen Abzug von unmittelbar mit diesen Einnahmen zusammenhängenden Aufwendungen erzielt werden soll. Die Anwendbarkeit des § 3c EStG wird durch diese Zweckbestimmung begrenzt (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 4.März 1977 VI R 213/75, BFHE 122, 265, BStBl II 1977, 507).
Von dieser Auffassung ist das FG im Streitfall ausgegangen. Es ist deshalb zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß die von den Klägern begehrte verhältnismäßige Aufteilung der Betriebsausgaben auf den steuerfreien und den steuerpflichtigen Teil der Einnahmen nicht zulässig ist.
Fundstellen
BStBl II 1986, 401 |
BFHE 146, 65 |
BFHE 1986, 65 |
NJW 1987, 400 |
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