Leitsatz (amtlich)
Ob sich die Tätigkeit eines "anderen unabhängigen Vertreters" i. S. des Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d DBA-Niederlande im Rahmen seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit hält, entscheidet sich danach, was nach Lage des Einzelfalles als verkehrsüblich anzusehen ist.
Normenkette
DBA NLD Art. 2 Abs. 1 Nr. 2, Art. 5; KStG § 6 Abs. 1; EStG § 49 Abs. 1 Nr. 2
Tatbestand
Der Streit geht um die Frage, ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) in der Bundesrepublik Deutschland der Körperschaftsteuer unterliegt.
Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts, die das Versicherungsgeschäft betreibt. Für den Zweig der Transportversicherung bestellte sie für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Firma X in ... zu ihrem Vertreter und Hauptbevollmächtigten. Die Firma X. vertritt als Versicherungsvertreter neben der Klägerin zahlreiche andere in- und ausländische Versicherungsgesellschaften, die ebenfalls die Transportversicherung betreiben. Die von der Klägerin der Firma X. erteilte Vollmacht entspricht einem Vordruck, den der Verein Bremer Seeversicherer e. V. (VBS) seinen Mitgliedern (in- und ausländischen Versicherungsgesellschaften) für die Bevollmächtigung Bremer Versicherungsvertreter (Makler und Agenten) vorgeschrieben hat. Die Vollmacht richtet sich darauf,
"... Transport-Versicherungen aller Art, in direkter Versicherung und in Rückversicherung ... zu übernehmen und abzuschließen, hierüber Policen auszustellen und auszuliefern, Prämien einzukassieren und darüber zu quittieren, Schäden zu regulieren, Prozesse zu führen, Eide zuzuschieben und anzunehmen, Vergleiche zu schließen, Prozeß- und andere Bevollmächtigte zu bestellen und solche Bestellungen wieder aufzuheben, überhaupt in jeder Beziehung die Interessen der Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich wahrzunehmen und zu vertreten.
Alles, was der Bevollmächtigte hiernach im Namen der Gesellschaft vornehmen wird, soll so angesehen werden, als ob die Gesellschaft selbst gehandelt hätte.
Die Gesellschaft verpflichtet sich, in der Person ihres Bevollmächtigten für alle aus seiner Tätigkeit als Bevollmächtigter entstehenden Beziehungen vor den bremischen Gerichten Recht zu nehmen, sowie auch im Falle des Erlöschens dieser Vollmacht entweder in der Person eines neuen Bevollmächtigten ununterbrochen weiter in Bremen Recht zu nehmen oder, bei gleichzeitiger Aufhebung der Vertretung in Bremen, dortselbst zur endgültigen Abwicklung aller schwebenden Angelegenheiten einen Liquidator zu bestellen und alsdann in dessen Person in Bremen Recht zu nehmen..."
Die Firma X. ist als Versicherungsvertreter für andere von ihr vertretene in- und ausländische Versicherungsgesellschaften aufgrund der gleichen Vollmacht und in der gleichen Weise wie für die Klägerin tätig.
Der Beklagte und Revisionskläger (FA) veranlagte die Klägerin für die Streitjahre 1965 bis 1969 als beschränkt Steuerpflichtige zur Körperschaftsteuer. Es gründete sein Besteuerungsrecht auf Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiet vom 16. Juni 1959 - DBA-Niederlande - (BGBl II 1960, 1782, BStBl I 1960, 382). Das FA nahm an, daß die Klägerin durch die Bevollmächtigung der Firma X. eine Betriebstätte in der Bundesrepublik Deutschland begründet habe.
Die unmittelbar zum FG erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG hob die Steuerbescheide auf. Sein Urteil ist in EFG 1973, 478 abgedruckt.
Mit seiner Revision beantragt das FA, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen. Es rügt die unrichtige Anwendung des Begriffs "Betriebstätte" i. S. der Art. 5 und 2 DBA-Niederlande und des Begriffs "inländische Einkünfte" i. S. der beschränkten Steuerpflicht (Verletzung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 6 Abs. 1 KStG, § 18 KStDV, § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Es macht geltend: Das FG habe das Verhältnis der Regelung in Buchst. c des Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Niederlande zu der in Buchst. d getroffenen Regelung verkannt. Es sei nicht richtig, daß unter Buchst. c nur abhängige Personen einzuordnen seien und alle unabhängigen Personen unter Buchst. d fielen. Im übrigen sei die Firma X. aber auch "abhängig". Denn nach Auffassung des FG sei sie "Handlungsbevollmächtigte" (§ 54 HGB). Die Tätigkeit des Handlungsbevollmächtigten sei aber vielen Beschränkungen unterworfen (§ 54 Abs. 2, § 55 Abs. 2 und 3, § 57 und § 58 HGB). Schließlich lägen die von der Firma X. und ihren Gesellschaftern aufgrund der von der Klägerin erteilten Vollmachten ausgeübten Tätigkeiten nicht sämtlich innerhalb der ordentlichen Geschäftstätigkeit eines Versicherungsvertreters. Das vom FG eingeholte Gutachten der Handelskammer erfasse nur einen Teil der Gesamttätigkeit der Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland, nämlich nur die Tätigkeiten, die in der beim VBS niedergelegten Vollmacht enthalten seien. Der Gutachter habe (da nicht danach befragt) nicht die Frage beantwortet, ob auch weitere Tätigkeiten der Firma X. für die Klägerin im Rahmen der ordentlichen Geschäftstätigkeit eines Vertreters lägen. - Die Klägerin habe ihren inländischen Bevollmächtigten mit der vom VBS vorgeschriebenen Vollmacht ganz ähnliche Verpflichtungen übertragen, wie sie für andere Versicherungszweige durch § 108 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) den Hauptbevollmächtigten auferlegt würden.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Sie hält das Urteil des FG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I.
Die Klägerin ist allerdings nach den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts nur mit ihren inländischen Einkünften beschränkt steuerpflichtig (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 KStG). Zu den inländischen Einkünften gehören nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KStG i. V. m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung Einkünfte aus Gewerbebetrieb, für den im Inland eine Betriebstätte unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter bestellt ist. Jedenfalls die 2. Alternative dieser Vorschrift trifft im Streitfall zu; denn die Firma X. ist nach den Feststellungen des FG von der Klägerin als einem ausländischen Unternehmen auf eine gewisse Dauer damit betraut, im Inland anstelle der Klägerin in deren Betrieb fallende Tätigkeiten vorzunehmen und muß die sachlichen Weisungen der Klägerin befolgen. Ob die Klägerin dabei im Rahmen ihres eigenen Gewerbebetriebs handelt oder diesen überschreitet, ist für die Auslegung des Merkmals "ständiger Vertreter" in § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG, das selbständig neben das Merkmal der Betriebstätte tritt, nicht entscheidend (Urteil des BFH vom 28. Juni 1972 I R 35/70, BFHE 106, 206, BStBl II 1972, 785).
II.
Die Vorschriften des innerstaatlichen Rechts über die beschränkte Steuerpflicht sind jedoch im Streitfall durch die Bestimmungen des DBA-Niederlande eingeschränkt (§ 6 Abs. 1 Satz 1 KStG, § 3 Nr. 41 EStG). Bezieht eine Person wie die Klägerin mit "Wohnsitz" (Ort der Leitung; Art. 3 Abs. 5 DBA-Niederlande) in den Niederlanden Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen, dessen Wirkung sich auf die Bundesrepublik Deutschland erstreckt, so hat die Bundesrepublik Deutschland das Besteuerungsrecht insoweit, als die Einkünfte auf eine hier befindliche Betriebstätte entfallen (Art. 5 Abs. 1 DBA-Niederlande). Eine Betriebstätte setzt grundsätzlich eine feste Geschäftseinrichtung voraus, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird (Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Niederlande). Indessen zählt das DBA-Niederlande bestimmte Fälle auf, in denen eine Betriebstätte fingiert wird. Hierzu gehört unter bestimmten Voraussetzungen eine Person, die in einem der Vertragstaaten für ein Unternehmen des anderen Vertragstaates tätig ist (Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c DBA-Niederlande). Dagegen wird ein Unternehmen mit Ort der Leitung in den Niederlanden in der Bundesrepublik Deutschland nicht schon deshalb so behandelt, als habe es hier eine Betriebstätte, weil es hier "Geschäftsbeziehungen durch einen Makler, Kommissionär oder einen anderen unabhängigen Vertreter unterhält, sofern diese Person im Rahmen ihrer ordentlichen Geschäftstätigkeit handelt" (Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d DBA-Niederlande). Dies entspricht Art. 5 des OECD-Musterabkommens (Bericht des Steuerausschusses der OECD 1963, herausgegeben vom Bundesminister der Finanzen, Bonn 1965).
1. Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, daß die Firma X. gegenüber der Klägerin ein unabhängiger Vertreter ist (Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d DBA-Niederlande).
a) Ob ein Vertreter unabhängig ist, kann nach dem Wortlaut der Bestimmung entweder nach der sachlichen oder nach der persönlichen oder sowohl nach der sachlichen wie nach der persönlichen Unabhängigkeit bestimmt werden. Sachliche Abhängigkeit ist die Bindung an die Weisungen des Unternehmens, während unter der persönlichen Abhängigkeit der Status des Vertreters hinsichtlich seiner Eingliederung in den Betrieb des Unternehmens verstanden wird.
Unabhängiger Vertreter kann in diesem Zusammenhang nicht schon der sachlich weisungsgebundene Vertreter sein. Andernfalls würde die Regelung ihren Sinn verlieren; denn sachlich abhängig, d. h. weisungsgebunden, ist jeder Makler, Kommissionär oder Vertreter, mit dem das ausländische Unternehmen im Inland Geschäftsbeziehungen unterhält. Dies ergibt sich bereits aus dem bürgerlich-rechtlich zwischen dem Makler, Kommissionär oder Vertreter und dem Unternehmen bestehenden Innenverhältnis (vgl. für den Handelsvertreter §§ 665, 675 BGB; siehe dazu Baumbach-Duden, Handelsgesetzbuch, 21. Aufl., § 84 Anm. 5 C). Unabhängig ist danach i. S. von persönlicher Freiheit zu verstehen, wie sie auch das Merkmal "selbständig" in § 1 Abs. 1 GewStDV und in § 84 Abs. 1 HGB kennzeichnet (vgl. Baumbach-Duden, a. a. O., § 84 Anm. 5 A).
b) Die Firma X. ist als Versicherungsvertreter selbständiger Handelsvertreter (§ 92, § 84 HGB). Da ihre Unabhängigkeit i. S. einer persönlichen Selbständigkeit zu verstehen ist, können die Einwände des FA nicht durchgreifen, die Firma X. sei als Abschlußvertreter Handlungsbevollmächtigter (§ 55 HGB) und in dieser Eigenschaft einer Reihe von Beschränkungen unterworfen. Alle die vom FA erwähnten Einschränkungen - § 54 Abs. 2, § 55 Abs. 2 und 3, § 57, § 58 HGB - sind solche sachlicher Art und berühren die persönliche Selbständigkeit der Firma X. nicht.
2. Dem FG ist auch darin zu folgen, daß die Firma X. im Streitfall den Rahmen ihrer ordentlichen Geschäftstätigkeit nicht überschritten hat.
a) Der Senat ist allerdings mit dem FA der Auffassung, daß es bei der Bestimmung der ordentlichen Geschäftstätigkeit eines Vertreters nicht ohne weiteres darauf ankommen kann, wie der Vertreter selbst in anderen Fällen seine Geschäftsbeziehungen gestaltet. Dies kann von Zufälligkeiten abhängen, die dem Einflußbereich des ausländischen Unternehmers entzogen sind und die für dessen Besteuerung in der Bundesrepublik Deutschland nicht entscheidend sein können. Andererseits kann der Rahmen der ordentlichen Geschäftstätigkeit des Vertreters nicht nach einem abstrakten, von den jeweiligen Gepflogenheiten des Geschäftszweigs losgelösten Berufsbild bestimmt werden. Ob sich eine Tätigkeit im Rahmen der ordentlichen Geschäftstätigkeit hält, entscheidet sich danach, was nach Lage des Einzelfalles als verkehrsüblich anzusehen ist (vgl. Korn-Dietz-Debatin, Doppelbesteuerung, Vorbem. IV D, Tz. 12; Kommentar zum OECD-Musterabkommen, a. a. O., Anm. 7 zu Art. 5)
b) Das FG hat die Frage, was im Streitfall verkehrsüblich ist, durch eine gutachtliche Äußerung der Handelskammer Bremen erforscht. Diese Auskunft hat ergeben, daß Versicherungsgesellschaften mit Sitz außerhalb Bremens, die in Bremen das Transportversicherungsgeschäft betreiben wollen, entweder eine eigene Geschäftsstelle errichten oder einen Generalagenten (Assekuradeur) bevollmächtigen. Wegen der Eigenart des Transport-Versicherungsgeschäfts reiche die dem Generalagenten erteilte Vollmacht außerordentlich weit. Tatsächlich sei sie im Außenverhältnis unbeschränkt. U. a. wegen der Funktion des VBS bei der Schadensregulierung sei die Mitgliedschaft der betreffenden Versicherungsgesellschaft beim VBS ein wesentliches Erfordernis für den Betrieb des Transportversicherungsgeschäfts in Bremen. Die Mitgliedschaft beim VBS setze bei Betrieb des Geschäfts über Assekuradeure die Erteilung einer Vollmacht voraus, die gemäß der Satzung des VBS für alle Mitglieder und die von ihnen erteilten Vollmachten gleichlautend festgelegt werde. Bei der Vollmacht, wie sie die Klägerin der Firma X. erteilt habe, handle es sich um eine derartige Vollmachterteilung mit vorgeschriebenem Wortlaut. Die darin aufgeführten Tätigkeiten entsprächen somit der ordentlichen Geschäftstätigkeit eines selbständigen Versicherungsagenten in der Transportversicherung (Assekuradeur).
c) Die Ermittlung der Verkehrsauffassung i. S. des Standpunkts der beteiligten Wirtschaft gehört zu den Tatsachen, die das FG zu ermitteln hat und an deren Feststellung das Revisionsgericht, falls sie ohne Rechtsfehler zustande gekommen sind, gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist (vgl. hierzu Tipke-Kruse, Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 1 StAnpG Anm. 14). Daß das FG die von der Handelskammer abgegebene Äußerung als Verkehrsanschauung seiner Entscheidung zugrunde gelegt und daraus geschlossen hat, die Firma X. habe im Rahmen ihrer ordentlichen Geschäftstätigkeit gehandelt, kann um so weniger beanstandet werden, als die der Firma X. von der Klägerin übertragenen Befugnisse denen entsprechen, die nach deutschem Handelsrecht einem Versicherungsvertreter eingeräumt werden dürfen. Das gilt einmal für die Abschlußvollmacht (§ 92 HGB, § 45 des Versicherungsvertragsgesetzes - VVG -). Zwar gehen die Befugnisse der Firma X. über die in §§ 43, 45 VVG vorgesehenen Betätigungen hinaus. Indessen handelt es sich bei den in den genannten Vorschriften aufgeführten Befugnissen um solche im Rahmen einer sogenannten "standardisierten" Vertretungsmacht. Die §§ 43, 45 VVG sind dispositiver Art; die dort aufgeführten Befugnisse können durch eine entsprechende Vollmacht des Versicherers eingeschränkt, aber auch erweitert werden (Bruck-Möller, Versicherungsvertragsgesetz, 8. Aufl., § 43 Anm. 29 ff., § 45 Anm. 22; Prölss-Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 19. Aufl., § 43 Anm. 6). Das gilt insbesondere für die Inkassovollmacht und die Berechtigung und Verpflichtung zur Schadensregulierung.
d) Das FA kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, daß sich das Gutachten der Handelskammer nur auf die Tätigkeiten der Firma X. beschränke, die in der beim VBS niedergelegten Vollmacht beschrieben seien, während andere Tätigkeiten außer acht geblieben seien. Das FA verweist in diesem Zusammenhang auf die Tätigkeit als stimmberechtigter Bevollmächtigter für die Klägerin in den Mitgliederversammlungen des VBS, als Bevollmächtigter der Klägerin bei Beschlußfassungen des Deutschen Transport-Versicherungsverbandes e. V., als Hauptbevollmächtigter für das Bundesgebiet lt. einer Vollmacht vom 18. Februar 1952 und als Generalbevollmächtigter i. S. eines Schreibens des niederländischen Finanzministeriums an das Bundesministerium der Finanzen vom 16. Oktober 1969. Offenbar will das FA rügen, daß das FG diese Tätigkeiten nicht in die Beurteilung dessen miteinbezogen habe, was im Streitfall nach der Verkehrsauffassung als ordentliche Geschäftstätigkeit der Firma X. angesehen werden müsse. Diese Rüge greift jedoch deshalb nicht durch, weil schon die vom FG festgestellte Vollmacht so weit gehalten ist, daß sie das Recht der Firma X. mitumfaßt, "in jeder Beziehung die Interessen der Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich wahrzunehmen und zu vertreten". Die Äußerung der Handelskammer geht denn auch ausdrücklich davon aus, die bei Transportversicherungsgeschäften dem Generalagenten erteilte Vollmacht sei außerordentlich weit und im Außenverhältnis tatsächlich unbeschränkt.
Damit weicht der erkennende Senat nicht von den zu § 16 Abs. 2 Nr. 2 StAnpG ergangenen BFH-Entscheidungen ab, nach denen die Betriebstätte eines Unternehmens durch dessen ständigen Vertreter u. a. dann begründet wird, wenn der ständige Vertreter an Stelle des Unternehmers in dessen Betrieb fallende Handlungen vornimmt (vgl. BFH-Urteil vom 14. Juli 1971 I R 127/68, BFHE 103, 195, BStBl II 1971, 776). In dem zuletzt genannten Urteil hat der Senat einen Bezirkskommissar als ständigen Vertreter einer Sachversicherungsanstalt angesehen, weil er die in den Rahmen des § 43 und des § 45 VVG fallenden Tätigkeiten überschritten hatte. Indessen sind die Voraussetzungen, unter denen über den ständigen Vertreter eines Unternehmens eine Betriebstätte nach § 16 StAnpG begründet werden kann, andere als diejenigen des Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Niederlande. Einerseits wird der in § 16 StAnpG verwendete Begriff des ständigen Vertreters nicht durch ein Tätigwerden im Rahmen seines "ordentlichen Geschäftsbetriebs" beschränkt. Zum anderen reichen die an die Tätigkeit des ständigen Vertreters gestellten Anforderungen nicht aus, eine Betriebstätte nach § 16 StAnpG zu begründen. Vielmehr muß der ständige Vertreter über eine ständige Geschäftseinrichtung verfügen, die zur Ausübung des Gewerbes des (fremden) Unternehmens dient. Dazu wiederum ist notwendig, daß dem Unternehmer über die eigenen Geschäftsräume des Vertreters wenigstens eine gewisse, nicht nur vorübergehende Verfügungsgewalt zusteht (vgl. BFH-Urteil I R 127/68 mit weiteren Hinweisen). Ein räumlicher Bezugspunkt dieser Art ist in § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c und d DBA-Niederlande nicht vorgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 71441 |
BStBl II 1975, 626 |
BFHE 1975, 504 |