Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohneigentumsförderung, Schuldzinsenabzug und Miteigentum
Leitsatz (NV)
- Dem Miteigentümer eines Mehrfamilienhauses steht der Abzugsbetrag für den Ausbau/die Erweiterung der von ihm genutzten Wohnung nur im Ausmaß seines Miteigentumsanteils zu.
- Gleiches gilt für den von der Grundförderung abhängigen Schuldzinsenabzug.
Normenkette
EStG § 10e Abs. 1 S. 6, Abs. 2, § 6a
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die für das Streitjahr (1997) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger war seit Mitte der 80er Jahre zusammen mit seinem inzwischen verstorbenen Vater Miteigentümer zu je 1/2 eines mit einem Zweifamilienhaus bebauten Grundstücks. Der Vater bewohnte die Wohnung im Erdgeschoss. Die Kläger bewohnten die ungefähr gleich große Wohnung im Obergeschoss des Hauses, die sie ab Ende 1993 um ca. 60 qm erweiterten, indem sie insbesondere das Dachgeschoss umfassend ausbauten und in die Wohnung des Obergeschosses integrierten. Im Klageverfahren brachte der Kläger vor, dass er die Kosten des Ausbaus ―abgesehen von einem Zuschuss des Vaters in Höhe von 4 000 DM― in vollem Umfang selbst getragen habe.
In den Jahren 1994 und 1995 erhielt der Kläger für die von ihm für den Ausbau der Wohnung geltend gemachten Herstellungskosten die volle Förderung nach § 10e Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Im bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid für 1996 gewährte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) unter Hinweis auf das hälftige Miteigentum nur noch den halben Abzugsbetrag, jedoch den vollen Schuldzinsenabzug nach § 10e Abs. 6 a EStG. Antragsgemäß berücksichtigte das FA in dem ursprünglichen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1997 den halben Abzugsbetrag und den Schuldzinsenabzug in Höhe von 10 797 DM. Im Verfahren über den Einspruch gegen diesen Bescheid, mit dem der Kläger den vollen Abzugsbetrag begehrte, änderte das FA in der Einspruchsentscheidung nach einem entsprechenden Hinweis auf die Möglichkeit der Verböserung die Steuerfestsetzung, indem es den Schuldzinsenabzug nur noch in Höhe von 6 000 DM gewährte.
In der Klage brachten die Kläger vor, es entspreche dem Regelungszweck des § 10e Abs. 1 Satz 6 EStG, die wohnungs- und nicht mehr gebäudebezogene Förderung bei Miteigentum demjenigen in voller Höhe zu gewähren, der die ihm zur alleinigen Nutzung zugeordnete Wohnung ausgebaut habe, da es andernfalls zu einer nicht gerechtfertigten Benachteiligung der Wohnungseigentumsbildung bei Miteigentum käme. Außerdem sei er wirtschaftlicher Eigentümer der Wohnung und des Ausbaus. Der Kläger legte weiter dar, dass zwischen ihm und seinem Vater vereinbart worden sei, dass der Vater die Wohnung im Erdgeschoss und der Kläger die im Obergeschoss nutzen solle, während weiter gehende Vereinbarungen über die Benutzungsrechte an den Wohnungen oder dem Ausbauteil nicht getroffen worden seien.
Das FA brachte dagegen vor, nach wie vor seien der Kläger und sein Vater je zur Hälfte Eigentümer des gesamten Objekts. 50 % der Baukosten seien also nicht für einen eigenen Eigentumsanteil an dem Ausbau, sondern für einen fremden aufgewendet worden und könnten deshalb nicht berücksichtigt werden.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1368 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab.
Stehe dem Steuerpflichtigen lediglich ein Anteil an der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung bzw. an dem betreffenden Ausbau zu, so könne er gemäß § 10e Abs. 2 i.V.m. § 10e Abs. 1 Satz 6 EStG auch nur den entsprechenden Teil des Abzugsbetrages für den Ausbau wie Sonderausgaben abziehen. Der Kläger sei auch nicht wirtschaftlicher Eigentümer des gesamten Ausbaus geworden.
Keine andere Beurteilung des Streitfalls ergebe die Auffassung der Finanzverwaltung in Tz. 62 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 31. Dezember 1994 IV B -S 2225a- 294/94 (BStBl I 1994, 887), dass in dem Fall, in dem der Miteigentümer lediglich eine Wohnung nutze, deren Wert seinem Miteigentumsanteil entspreche, ihm die gesamte Grundförderung zustehe. Hieraus folge nicht, dass sich im Falle einer Erweiterung dieser Wohnung, für die ihm ggf. die gesamte Grundförderung zugestanden hätte, die Gesamtberechtigung auch an dem Ausbau fortsetze.
Entsprechend der Sach- und Rechtslage zur Grundförderung gelte gemäß § 10e Abs. 6 a Satz 3 EStG im Bereich des Schuldzinsenabzugs die Regelung des § 10e Abs. 1 Satz 6 EStG sinngemäß. Dies bedeute, dass in denjenigen Fällen, in denen dem Steuerpflichtigen nur ein Anteil am Förderobjekt zustehe auch nur ein entsprechender Teil des begrenzten Schuldzinsenabzugs gewährt werden könne.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung des § 10e EStG und des § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977). Das FG habe verkannt, dass bereits eine teleologische Auslegung des § 10e Abs. 1 Satz 6 EStG dazu führe, dem Kläger als alleinigem Nutzer der Wohnung die vollen Abzugsbeträge zuzumessen, ohne dass es auf die Frage des wirtschaftlichen Eigentums ankomme.
Hinsichtlich des Ausbaus sei dieselbe Situation gegeben wie bei der Errichtung der Wohnungen im Beispielsfall des BMF-Schreibens in BStBl I 1994, 887 Tz. 62.
Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil abzuändern und nach ihren erstinstanzlich zuletzt gestellten Anträgen zu erkennen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision wird als unbegründet zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das FG hat zu Recht die dem Kläger gewährte Wohneigentumsförderung auf seinen Anteil an der ausgebauten bzw. erweiterten Wohnung beschränkt.
1. Nach § 10e Abs. 2 EStG gilt für Herstellungskosten zu eigenen Wohnzwecken genutzter Ausbauten/Erweiterungen an einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung § 10e Abs. 1 EStG entsprechend. Das bedeutet, dass die in Absatz 1 für die Begünstigung von Herstellungskosten einer Wohnung genannten Voraussetzungen auch bei Ausbauten/Erweiterungen erfüllt sein müssen, soll das Vorhaben gefördert werden.
a) Nach § 10e Abs. 1 Satz 1 EStG steht dem Steuerpflichtigen für die Herstellungskosten einer Wohnung ein Abzugsbetrag lediglich zu, wenn es sich um eine Wohnung im eigenen Haus oder um eine eigene Eigentumswohnung handelt. Aufgrund der durch § 10e Abs. 2 EStG angeordneten sinngemäßen Geltung sind deshalb Herstellungskosten für Ausbauten/Erweiterungen ebenfalls nur begünstigt, wenn sie eine Wohnung im eigenen Haus oder eine eigene Eigentumswohnung betreffen. Der Steuerpflichtige muss zivilrechtlicher oder zumindest wirtschaftlicher Eigentümer der ausgebauten/erweiterten Wohnung sein.
b) Der Kläger und sein Vater waren im Streitjahr 1997 je zur Hälfte Miteigentümer des Grundstücks. Als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks gehörte auch das darauf errichtete Gebäude ―unabhängig davon, wer die Kosten getragen hat― zivilrechtlich dem Kläger und seinem Vater je zur Hälfte.
c) Dadurch, dass der Kläger die Herstellungskosten des Ausbaus/der Erweiterung der im Miteigentum seines Vaters stehenden Wohnung getragen hat, ist er nicht nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 wirtschaftlicher Eigentümer der ausgebauten/erweiterten Wohnung geworden. Denn selbst wenn der zivilrechtliche Eigentümer bei Beendigung der Nutzung ggf. eine Entschädigung in Höhe des Wertes des Ausbaus/der Erweiterung zu leisten hat, wird sein zivilrechtlicher Anspruch auf Herausgabe der Wohnung nicht wirtschaftlich wertlos (Senatsurteile vom 7. März 2001 X R 82/95, BFHE 195, 214, BStBl II 2001, 481, und X R 147/97, BFH/NV 2001, 1235).
d) Wirtschaftliches Eigentum ―das grundsätzlich auch an einem realen Gebäudeteil möglich ist (Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 28. Juli 1999 X R 116/96, BFH/NV 2000, 182)― könnte allenfalls an dem Ausbau/der Erweiterung selbst bestehen, wenn der Steuerpflichtige die Herstellungskosten hierfür getragen hat.
Wirtschaftliches Eigentum an dem Ausbau/der Erweiterung allein berechtigt jedoch nicht zur Inanspruchnahme der Grundförderung nach § 10e Abs. 2 EStG. Denn ―wie der Senat in seinen Urteilen in BFHE 195, 214, BStBl II 2001, 481 und in BFH/NV 2001, 1235 unter Hinweis auf den Sinn und Zweck der Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG, auf dessen amtliche Überschrift und auf die ausdrückliche Regelung in der Nachfolgeregelung im Eigenheimzulagengesetz dargelegt hat― setzt die Begünstigung nach § 10e Abs. 2 EStG voraus, dass der Steuerpflichtige zivilrechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer der ausgebauten oder erweiterten Wohnung ist.
2. Weil § 10e Abs. 1 Satz 6 EStG für die Begünstigung von Ausbauten/Erweiterungen sinngemäß gilt, kann der Miteigentümer einer eigengenutzten Wohnung auch im Fall des Ausbaus/der Erweiterung nur den seinem Miteigentumsanteil entsprechenden Teil der Abzugsbeträge nach § 10e Abs. 1 EStG abziehen, selbst wenn er die gesamten Kosten des Ausbaus/der Erweiterung getragen hat. Ein Abzugsbetrag steht ihm nur für die anteiligen Herstellungs- oder Anschaffungskosten bis zu einem entsprechenden Teil des Höchstbetrags zu.
a) Dies ist für Miteigentumsverhältnisse an einem Einfamilienhaus bereits entschieden (Senatsurteile in BFH/NV 2001, 1235, und vom 18. Juli 2001 X R 15/99, BFH/NV 2002, 175).
b) Bei Zwei- oder Mehrfamilienhäusern hat die Finanzverwaltung allerdings angeordnet, dass ein Miteigentümer die vollen Abzugsbeträge nach § 10e EStG in Anspruch nehmen kann, soweit er eine Wohnung alleine bewohnt und der Wert des Miteigentumsanteils den Wert der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung einschließlich des dazugehörenden Grund und Bodens nicht übersteigt (BMF-Schreiben in BStBl I 1994, 887 Tz. 61 bis 63). Dem ist in der Literatur überwiegend beigepflichtet worden (vgl. Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 21. Aufl. 2002, § 10e Rz. 61).
aa) Im Ergebnis sieht die Finanzverwaltung also im Fall der Herstellung oder Anschaffung die in einem solchen Haus von einem Miteigentümer allein genutzte Wohnung im Hinblick auf § 10e Abs. 1 EStG trotz Miteigentums als nur dem Nutzenden allein gehörig an. Keine ausdrückliche Regelung ist jedoch für den Fall des Ausbaus/der Erweiterung getroffen worden.
bb) Die volle Förderung der von ihm getragenen Kosten des Ausbaus/der Erweiterung könnte der Kläger auf der Grundlage dieser Verwaltungsauffassung somit nur verlangen, wenn diese zur Herstellung bzw. Anschaffung einer von einem Miteigentümer allein genutzten Wohnung in einem Zwei- oder Mehrfamilienhaus dahin gehend verstanden und angewendet werden könnte, dass die von einem Miteigentümer allein genutzte Wohnung, für die er im Fall der Herstellung bzw. Anschaffung die volle Grundförderung in Anspruch nehmen kann, auch im Hinblick auf § 10e Abs. 2 EStG unabhängig vom Miteigentum eines anderen als ihm gehörig angesehen werden kann. Dann hätte der Kläger eine steuerlich gesehen ihm allein gehörende Wohnung erweitert bzw. ausgebaut und könnte infolgedessen dafür auch die Förderung nach § 10e Abs. 2 EStG beanspruchen.
cc) Für eine solche Annahme besteht kein Anlass. Sie würde den Miteigentümer eines Zwei- oder Mehrfamilienhauses, der eine Wohnung allein nutzt, besser stellen als den Miteigentümer eines Einfamilienhauses oder einer Eigentumswohnung und bedeutete den Verzicht darauf, dass ein Ausbau/eine Erweiterung der Wohnung nur insoweit gefördert werden kann, als es dem Miteigentumsanteil entspricht, weil der Ausbau/die Erweiterung die eigene Wohnung betreffen muss.
dd) Das genannte BMF-Schreiben, das als allgemeine Billigkeitsregelung verstanden werden muss (so z.B. Wacker, Eigenheimzulagengesetz, 3. Aufl. 2001, § 9 Rz. 40, ausdrücklich auch zu § 10e EStG), entgegen § 10 Abs. 1 Satz 6 EStG auf Ausbauten/Erweiterungen zu erstrecken, steht den Finanzgerichten nicht zu. Im Übrigen wird in diesem Fall die volle Förderung unter Hinweis auf die Verwaltungsauffassung selbst verneint und der Steuerpflichtige auf die anteilige Förderung verwiesen (vgl. für die entsprechende Verwaltungsregelung zum Eigenheimzulagengesetz: Hausen/Kohlrust-Schulz, Die Eigenheimzulage, 2. Aufl., 1998, Rz. 418; Handzik/Meyer, Die Eigenheimzulage, 4. Aufl., 2001, Tz. 421; Fischer-Tobies, Die Information 1998, 193, 199). Wenn und weil die erweiterte/ausgebaute Wohnung wertmäßig nicht mehr dem rechtlichen Miteigentumsanteil entspricht, liegen die von der Finanzverwaltung geforderten Voraussetzungen für eine volle Förderung nicht vor.
3. Zutreffend hat das FG auch den Schuldzinsenabzug nach § 10e Abs. 6 a Satz 1 EStG gemäß § 10e Abs. 6 a Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 6 EStG auf 6 000 DM beschränkt.
a) Der Senat kann dahingestellt lassen, ob er sich bei Miteigentum im Herstellungs- oder Anschaffungsfall der Auffassung anschließen könnte, sinngemäße Anwendung nach § 10e Abs. 6 a Satz 3 bedeute "Anteil an den Schuldzinsen" und nicht "Anteil am Objekt" mit der Folge der Möglichkeit des vollen Schuldzinsenabzugs für jeden Miteigentümer (so Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 10e Rz. 118).
b) Die Verweisung in § 10e Abs. 6 a Satz 3 auf § 10e Abs. l Satz 6 EStG rechtfertigt jedenfalls im Falle des Ausbaus/der Erweiterung einer Wohnung ein solches Ergebnis nicht. Denn wenn im Falle des Miteigentums schon der Ausbau/die Erweiterung nur anteilig gefördert wird, so muss dies für den Schuldzinsenabzug erst recht gelten, der von der Gewährung der Grundförderung abhängig ist.
Fundstellen
Haufe-Index 1049381 |
BFH/NV 2003, 1578 |
HFR 2003, 1168 |