Leitsatz (amtlich)
Zur Frage des überwiegenden festen Geschäftsverkehrs eines Zwischenmeisters mit bestimmten Unternehmern und zur Frage der Schutzbedürftigkeit.
Normenkette
UStG § 4 Ziff. 18; UStDB 1951 § 44
Tatbestand
Die Beschwerdegegnerin (Bgin.) betreibt einen Handel mit Kurzwaren; sie ist außerdem als Zwischenmeisterin in der Lohnstickerei tätig. Ihr Umsatz 1952 betrug 12 074 DM aus dem Kurzwarenhandel und 12 034 DM aus ihrer Tätigkeit als Zwischenmeisterin. Das Finanzamt hat den gesamten Umsatz von 24 108 DM mit 4 v. H. zur Umsatzsteuer herangezogen. Die Bgin. begehrt Umsatzsteuerfreiheit gemäß § 4 Ziff. 18 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), § 44 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB) 1951 für die Einnahmen aus der Tätigkeit als Zwischenmeisterin, weil sie als solche nur in festem Geschäftsverkehr mit bestimmten Unternehmern gestanden habe.
Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen, weil nach dem noch gültigen Erlaß des Reichsministers der Finanzen S 4161 -- 21 III vom 15. Oktober 1942 (Reichssteuerblatt -- RStBl -- 1942 S. 969 = Umsatzsteuer-Kartei S 4161 Karte 3) die Tätigkeit als Hausgewerbetreibender (Zwischenmeister) überwiegen müsse, wenn daneben auch eine andere Tätigkeit ausgeübt werde, daß also der Umsatz aus der anderen Tätigkeit weniger als 50 v. H. des Gesamtumsatzes betragen müsse. Das sei bei der Bgin. nicht der Fall. Auch dem Hilfsantrag der Bgin., die von ihr als Zwischenmeisterin an die Hausgewerbetreibenden gezahlten Löhne als durchlaufende Posten nach § 5 Abs. 3 UStG anzuerkennen, könne nicht stattgegeben werden, weil sie diese Löhne im eigenen Namen und für eigene Rechnung bezahlt habe.
Das Finanzgericht hat der Berufung stattgegeben und die 12 034 DM aus der Tätigkeit als Zwischenmeisterin freigestellt. Bei der durch § 44 UStDB 1951 veranlaßten Prüfung der Frage, ob der Hausgewerbetreibende oder Zwischenmeister überwiegend mit bestimmten Unternehmern (z. B. Verlegern, Zwischenmeistern) in festem Geschäftsverkehr gestanden habe, seien die außerhalb der Tätigkeit als Hausgewerbetreibender oder als Zwischenmeister ausgeübten Tätigkeiten außer Betracht zu lassen. Es komme also nur darauf an, ob der Hausgewerbetreibende oder Zwischenmeister, soweit er als solcher tätig werde, überwiegend mit bestimmten Unternehmern in festem Geschäftsverkehr gestanden habe, was im Streitfalle zutreffe.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) führt zur Aufhebung der Vorentscheidung. Dem Finanzgericht ist darin zuzustimmen, daß für die Frage, ob ein Hausgewerbetreibender oder Zwischenmeister überwiegend mit bestimmten Unternehmern in festem Geschäftsverkehr steht, Einkünfte, die außerhalb seiner Tätigkeit als Hausgewerbetreibender (Zwischenmeister) liegen, außer Betracht zu bleiben haben. Dies hat der erkennende Senat schon insoweit ausgesprochen, als diese Einnahmen aus einer Lohntätigkeit als Arbeitnehmer herrührten. Es gilt aber auch für Einnahmen, die ein Hausgewerbetreibender (Zwischenmeister) zwar als Unternehmer, aber außerhalb seiner Eigenschaft und Tätigkeit als Hausgewerbetreibender (z. B. als Händler, Landwirt, Handelsvertreter, Künstler usw.) erzielt. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des § 44 UStDB 1951, wo das Merkmal des festen Geschäftsverkehrs "überwiegend mit bestimmten Unternehmern" durch zwei Beispiele "(z. B. Verlegern, Zwischenmeistern)" erläutert ist, die zeigen, daß die Frage des überwiegenden oder nicht überwiegenden Geschäftsverkehrs nur innerhalb der Tätigkeit als Hausgewerbetreibender (Zwischenmeister) zu prüfen ist. Eine andere Auslegung würde dazu führen, daß Einnahmen aus nicht gleichartigem Geschäftsverkehr gleichwertig beurteilt würden.
Die Vorentscheidung war trotzdem aufzuheben, weil das Finanzgericht die Frage, ob wegen des kleinen Ausmaßes des Gewerbebetriebs besondere wirtschaftliche Abhängigkeit und Schutzbedürftigkeit der Bgin. vorliegt, die nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (Urteil V A 263/36 vom 21. Dezember 1936, Slg. Bd. 40 S. 257 = RStBl 1937 S. 326) und des Bundesfinanzhofs (Urteil V 26/54 U vom 21. Dezember 1954, Slg. Bd. 60 S. 207, Bundessteuerblatt -- BStBl -- 1955 III S. 79) Voraussetzung für die Anwendung der Befreiungsvorschrift ist, nicht geprüft hat. Für diese Prüfung spielen allerdings auch die Einkünfte aus den anderen Betätigungen eine Rolle. Hierbei sind aber die Arten dieser anderen Einkünfte nach ihrem wirtschaftlichen Gewicht zu wägen. So sind z. B. Einkünfte, die ein Hausgewerbetreibender (Zwischenmeister) nebenbei aus der Tätigkeit als Handelsvertreter (ohne wesentliche Geschäftsunkosten) erwirbt, für die Frage der Schutzbedürftigkeit anders zu beurteilen, als etwa Einkünfte aus einem Einzelhandelsbetriebe, der nur geringe Gewinne abwirft. Es handelt sich hierbei um die dem Senat nicht zustehende Beurteilung tatsächlicher Verhältnisse.
Die Vorentscheidung war daher aufzuheben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen. Diesem werden auch die Entscheidung über die Kosten und die Festsetzung des Streitwerts übertragen.
Falls das Finanzgericht zur Ablehung der Steuervergünstigung des § 4 Ziff. 18 UStG, § 44 UStDB 1951 kommen sollte, ist der Antrag der Bgin., die Lohnauslagen als durchlaufende Posten abzusetzen, abzulehnen, weil die Bgin. diese Auslagen unzweifelhaft im eigenen Namen gemacht hat.
Fundstellen
BStBl III 1956, 312 |
BFHE 1957, 301 |