Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingrenzung des Begriffs Spekulationsgeschäft nur auf Anschaffung und Veräußerung bei zwischenzeitlicher Bebauung. Ausdehnung der Spekulationsbesteuerung auf zwischen Anschaffung und Veräußerung hergestellte Gebäude nicht zulässig. Änderung der Rechtsprechung
Leitsatz (amtlich)
Wird ein Wohngebäude in Ausübung eines angeschafften Erbbaurechts hergestellt und zusammen mit dem Erbbaurecht innerhalb von zwei Jahren nach dessen Anschaffung veräußert, so liegt ein Spekulationsgeschäft nur hinsichtlich des Erbbaurechts vor; in bezug auf das Gebäude fehlt es an der erforderlichen Anschaffung (Änderung der Rechtsprechung).
Normenkette
EStG § 2 Abs. 3 Nr. 7, § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1a
Tatbestand
Streitig ist bei der Zusammenveranlagung des Steuerpflichtigen mit seiner Ehefrau (Beigeladene und Revisionsklägerin) zur Einkommensteuer 1965, ob die Voraussetzungen eines Spekulationsgeschäfts nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1 a EStG hinsichtlich der Frist von zwei Jahren zwischen Anschaffung und Veräußerung eines Erbbaurechtes vorgelegen haben oder nicht.
Die Eheleute erwarben durch notariellen Vertrag vom 3. Mai 1963 ein Erbbaurecht je zur ideellen Hälfte an einem unbebauten Grundstück und veräußerten es mit dem in Ausübung des Erbbaurechts auf dem Grundstück errichteten Gebäude (Haus mit 32 Wohnungen) durch notariellen Vertrag vom 24. März 1965.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) bejahte das Vorliegen eines Spekulationsgeschäfts gemäß § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1 a EStG hinsichtlich Erbbaurecht und Gebäude und unterwarf den entsprechend ermittelten Gewinn bei der Einkommensteuerzusammenveranlagung 1965 der Eheleute der Besteuerung. Er vertrat die Auffassung, der notarielle Vertrag vom 3. Mai 1963 sei als Anschaffung des Erbbaurechts zu beurteilen, so daß der Zeitraum zwischen der am 3. Mai 1963 getätigten Anschaffung und der durch notariellen Vertrag vom 24. März 1965 vorgenommenen Veräußerung nicht mehr als zwei Jahre betragen habe (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 a EStG).
Der Steuerpflichtige sah dagegen die Frist von zwei Jahren als überschritten an mit der Begründung, er sei bereits im Jahre 1961 wirtschaftlicher Erbbauberechtigter geworden. Er stützte seine Meinung hauptsächlich auf folgende Umstände: Das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück war ursprünglich Teil eines größeren, dessen Eigentümer D sich durch notariellen Vorvertrag vom 2. Februar 1961 gegenüber dem Bauunternehmer X verpflichtet hatte, Erbbaurechte am Grundstück dem K oder von K zu benennenden Dritten einzuräumen. K, so trug der Steuerpflichtige vor, habe ihn dann im Jahre 1961 zur Errichtung eines Gebäudes auf einem bestimmten Teil des Geländes „ermächtigt”. Daraufhin habe er einen Antrag auf Baugenehmigung für das 1963/1964 durchgeführte Bauvorhaben sowie einen Kreditantrag zu dessen Finanzierung, den K unterzeichnet habe, im Jahre 1962 gestellt, auch vor Bestellung des Erbbaurechts Mietverträge über das zu erbauende Wohnhaus abgeschlossen.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage, mit welcher der Ehemann – wie im Veranlagungs- und Einspruchsverfahren – Streichung des Spekulationsgewinnes mit entsprechender Herabsetzung der Einkommensteuer auf null DM erstrebte, wies das FG – nach Beiladung der Ehefrau – als unbegründet ab. Es hielt, wie das FA, die gesetzlichen Voraussetzungen eines Spekulationsgeschäfts nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1 a EStG, insbesondere auch hinsichtlich des Zeitraums von zwei Jahren zwischen Anschaffung und Veräußerung des Erbbaurechts, für gegeben. Die Vorinstanz beurteilte den notariellen Vertrag vom 3. Mai 1963 über die Bestellung des Erbbaurechts als Anschaffungsgeschäft i. S. der genannten Vorschriften. Dieser Beurteilung entgegenstehende Verhältnisse, insbesondere eine wirtschaftliche Erbbauberechtigung der Eheleute vor Abschluß des Erbbaurechtsvertrags, so führte das FG im einzelnen aus, hätten nach den Gegebenheiten des Falles nicht vorgelegen.
Die hiergegen gerichtete Revision der Eheleute, mit der sie Aufhebung der Vorentscheidungen und Festsetzung der Einkommensteuer auf null DM erstreben, rügt Verletzung formellen und materiellen Rechts (§ 76 Abs. 1 FGO; § 23 Abs. 1 EStG, § 5 Abs. 3 StAnpG).
Das Verfahren über die Revision des Ehemannes, das durch die Eröffnung des Anschlußkonkurses über sein Vermögen unterbrochen wurde (§ 155 FGO i. V. m. § 240 ZPO), ist vom Konkursverwalter aufgenommen worden unter Aufrechterhaltung des bisherigen Vorbringens und Begehrens.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Revision ist begründet.
Die Vorentscheidung ist zwar formell- und materiell-rechtlich nicht zu beanstanden, soweit das FG hinsichtlich des Erbbaurechts die Voraussetzungen eines Spekulationsgeschäfts iS von § 2 Abs 3 Nr 7, § 22 Nr 2, § 23 Abs 1 Nr 1a EStG bejaht hat. Die Vorinstanz hat jedoch zu Unrecht diese Voraussetzungen auch hinsichtlich des (nicht angeschafften, sondern) in Ausübung des Erbbaurechts hergestellten und mit ihm veräußerten Gebäudes als gegeben angesehen. Dieser materielle Rechtsirrtum, auf dem die Vorentscheidung beruht, führt zu ihrer Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache zwecks anderweitiger Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs 3 Nr 2 FGO).
II.
Anschaffung und Veräußerung des Erbbaurechts
Das FG hat zutreffend angenommen, daß die Anschaffung und Veräußerung des Erbbaurechts innerhalb von zwei Jahren geschehen und damit als Spekulationsgeschäft zu beurteilen ist.
a) Eine Verletzung von Pflichten zur Aufklärung des Sachverhalts seitens der Vorinstanz (§ 76 FGO) ist insoweit nicht zu ersehen. Es war bei gebotener Berücksichtigung der den Beteiligten im Rahmen der Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhalts obliegenden Mitwirkungspflichten grundsätzlich Sache der Eheleute, die für ihre Rechtsauffassung sprechenden Umstände im einzelnen darzulegen, soweit sie dem FG nicht bekannt sein mußten oder konnten. Dazu gehörte unter dem Gesichtspunkt der von den Eheleuten behaupteten, vom Grundstückseigentümer D. über K. hergeleiteten wirtschaftlichen Erbbauberechtigung ein Eingehen auf ihre Beziehungen zu D., soweit das wegen Bestehens solcher Beziehungen insbesondere in Form des nunmehr behaupteten Angebots des D. an den Ehemann, diesem ein Erbbaurecht zu bestellen, erforderlich war. Das FG mußte und konnte seine Ermittlungen in dieser Richtung nicht weiter als geschehen, insbesondere nicht auf ein mögliches Angebot des D. an den Ehemann oder die Eheleute, erstrecken, weil bei Beachtung des Akteninhalts hierzu kein Anlaß bestand.
Das erstmalige Vorbringen in der Revision, D. habe dem Ehemann die Einräumung eines Erbbaurechts angeboten, kann deshalb als neue und damit unerhebliche Tatsache nicht mehr berücksichtigt werden.
Eine Verletzung von Aufklärungspflichten durch das FG ist entgegen der Ansicht der Revision auch nicht darin zu finden, daß das FG der Frage, ob und inwieweit der Ehemann vor Abschluß des Erbbaurechtsvertrags zugleich für seine Ehefrau gehandelt hat und hierzu berechtigt war, nicht weiter nachgegangen ist, weil die Klärung dieser Frage für die materielle Beurteilung der Streitsache ohne entscheidende Bedeutung ist.
b) Die Vorentscheidung ist materiell-rechtlich in diesem Punkt ebenfalls als einwandfrei zu beurteilen.
Spekulationsgeschäfte sind Veräußerungsgeschäfte, bei denen – falls es sich um Rechte handelt, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (zB Erbbaurecht, Erbpachtrecht, Mineralgewinnungsrecht) – der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zwei Jahre beträgt (§ 2 Abs 3 Nr 7, § 22 Nr 2, § 23 Abs 1 Nr 1a EStG). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist für die Berechnung des Zeitraums zwischen Anschaffung und Veräußerung vom Zeitpunkt des Abschlusses der obligatorischen Verträge auszugehen (vgl Urteil des Senats vom 19. Oktober 1971 VIII R 84/71, BFHE 104, 513, BStBl II 1972, 452; Urteile vom 7. August 1970 VI R 166/67, BFHE 100, 93, BStBl II 1970, 806; vom 15. Januar 1974 VIII R 63/68, BFHE 112, 31, BStBl II 1974, 606). Als Zeitpunkt der Anschaffung ist demgemäß bei Bestellung eines Erbbaurechts grundsätzlich der Zeitpunkt des Abschlusses des Erbbaurechtsvertrags (hier: des Vertrages vom 3. Mai 1963) anzusehen.
Die Annahme einer vor diesem Zeitpunkt liegenden Anschaffung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Vertragspartner vor Abschluß der schuldrechtlichen Vereinbarungen Verhältnisse geschaffen haben, die einer Anschaffung iS von § 23 EStG gleichstehen, also das Ergebnis des obligatorischen Anschaffungsgeschäftes bei wirtschaftlicher Betrachtung (§ 1 StAnpG) vorwegnehmen. Das kann dadurch geschehen, daß die Vertragspartner dem obligatorischen Anschaffungsgeschäft gleichzustellende Vereinbarungen getroffen oder das dingliche Rechtsgeschäft vor dem obligatorischen Rechtsgeschäft vollzogen haben. So ist anerkannt, daß die Abgabe eines bindenden Verkaufsangebots als Veräußerung iS von § 23 EStG angesehen werden kann, wenn das Angebot durch Hinzutreten weiterer Umstände (Verschaffung wirtschaftlichen Eigentums durch den Verkäufer und wirtschaftliche Vertragserfüllung durch den Käufer) als endgültig betrachtet werden muß (vgl BFH-Urteil VI R 166/67). Diese für Veräußerungen entwickelten Rechtserwägungen gelten sinngemäß auch für Anschaffungen. Hiernach ist die Annahme der Vorinstanz, daß vor Abschluß des Erbbaurechtsvertrags vom 3. Mai 1963 keine Verhältnisse vorlagen, welche die Annahme einer Anschaffung des Erbbaurechts rechtfertigen, frei von Rechtsirrtum.
Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat mangels zulässiger und begründeter Revisionsrügen gebunden ist (§ 118 Abs 2 FGO), hat der Ehemann – mag er zugleich die Ehefrau wirksam vertreten haben oder nicht – weder durch Vereinbarungen mit K. oder mit D. noch anderweitig Verhältnisse geschaffen, die einer Anschaffung des Erbbaurechts wirtschaftlich gleichstehen. Eine dieser Beurteilung entgegenstehende Gestaltung des Falles ist insbesondere in der Ermächtigung des Ehemannes durch K., auf dem Grundstück des D. das in Rede stehende Gebäude zu errichten, weder in obligatorischer noch dinglicher Beziehung zu finden. Dabei kann es dahinstehen, ob K. rechtlich in der Lage war, dem Ehemann bzw den Eheleuten ein entsprechendes Erbbaurecht zu besorgen, weil jedenfalls eine rechtliche oder wirtschaftliche Verschaffung des vom Grundstückseigentümer D. zu bestellenden Erbbaurechts mit der genannten Ermächtigung nicht verbunden ist. Mangels einer Verpflichtung des D. oder K. gegenüber dem Ehemann oder den Eheleuten zur Bestellung des Erbbaurechts oder einer Verpflichtung des einen oder beider Ehepartner zu dessen Erwerb kann deshalb vom wirtschaftlichen Erwerb einer Erbbauberechtigung durch diese oder einer wirtschaftlichen Erfüllung von Gegenpflichten oder von einem aufgrund wirtschaftlicher Erbbauberechtigung ausgeübten Besitz der Eheleute vor Abschluß des notariellen Erbbaurechtsvertrags nach den Gegebenheiten, wie sie die Vorinstanz einwandfrei festgestellt hat, nicht die Rede sein.
Das gilt auch dann, wenn ein Bauantrag oder bei der Bausparkasse ein Kreditantrag für das Bauvorhaben der Eheleute unter Mitwirkung des K. gestellt worden ist. Dadurch erhielten die Eheleute vom Grundstückseigentümer D. oder von K. ebenfalls noch keine Erbbauberechtigung oder Anwartschaft auf eine solche eingeräumt, die wirtschaftlich als Anschaffung des Erbbaurechts zu betrachten wäre. Zudem weist die Stellung des Bauantrages durch K. als solche einen Sachzusammenhang mit dem späteren Erbbaurecht der Eheleute nicht auf. Wenn der Ehemann gewisse Aufwendungen in Erwartung einer Bestellung des Erbbaurechts vor Abschluß der notariellen Vereinbarungen von 1963 erbracht hat, rechtfertigen diese Tatsachen und die sonstigen Umstände (Ermächtigung zum Bau durch K., Bauantrag des K., Kreditantrag unter Mitwirkung des K.) weder allein noch im Zusammenhang die Annahme einer Anschaffung des Erbbaurechts vor dem Abschluß des notariellen Vertrags vom 3. Mai 1963.
§ 5 Abs 3 StAnpG ist ebenfalls nicht verletzt. Die Vorinstanz hat die einkommensteuerrechtlich maßgebende Gestaltung der Verhältnisse beachtet. Nach dem Inhalt dieser Vorschrift ist das Fehlen eines Rechtsgeschäfts (hier: Erbbaurechtsvertrag bzw -bestellung) dessen Vornahme keinesfalls gleichzustellen.
III.
Herstellung und Veräußerung des Gebäudes.
Das FG hat jedoch unter Verkennung des materiellen Inhalts des § 23 EStG als Spekulationsgeschäft auch die Herstellung des von den Eheleuten in Ausübung des Erbbaurechts errichteten Gebäudes und dessen Veräußerung behandelt.
Gemäß § 23 Abs 1 EStG sind, wie bereits erörtert, Spekulationsgeschäfte Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung eines Wirtschaftsguts bestimmte Fristen nicht überschreitet (Nr 1a: zwei Jahre, Nr 1b: sechs Monate). Tatbestandsmerkmal eines Spekulationsgeschäfts ist hiernach die Anschaffung und Veräußerung eines Wirtschaftsguts innerhalb gewisser Zeiträume. Dem Rechtsgehalt dieser Vorschrift ist nicht zu entnehmen, daß zu ihren Tatbestandsmerkmalen – außer Anschaffung und Veräußerung eines Wirtschaftsguts – auch die Herstellung und Veräußerung eines Wirtschaftsguts (hier des Gebäudes) innerhalb bestimmter Fristen – ohne Anschaffung – gehört.
Die Rechtsbedeutung des Begriffes Anschaffung eines Wirtschaftsguts ist objektiv von der des Begriffes Herstellung eines Wirtschaftsguts wesentlich verschieden. Während steuerrechtlich allgemein unter Anschaffung der Erwerb vorhandener Werte in Gestalt von Wirtschaftsgütern im Wege der Überlassung durch Dritte gegen Entgelt zu verstehen ist (derivativer Erwerb), handelt es sich grundsätzlich bei einer Herstellung um die Erzeugung (Schaffung) zuvor nicht vorhandener Werte in bezug auf Wirtschaftsgüter durch Eigenleistung ohne Herleitung von Dritten (originärer Erwerb). Angesichts der Verwendung beider Begriffe im Einkommensteuergesetz mit vielfach und eindeutig getroffenen Unterscheidungen zwischen Anschaffung und Herstellung sowie Anschaffungs- und Herstellungskosten in hieran geknüpften Rechtsfolgen (vgl zB zur Unterscheidung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten ua § 6 Abs 1 Nrn 1 bis 3, Nrn 5 bis 7, § 6b, § 6c, § 7 EStG; zur Zulassung der Absetzung für Abnutzung (AfA) ua auf Anschaffungs- oder Herstellungskosten § 7 Abs 1 bis 4 EStG, nur auf Herstellungskosten § 7 Abs 5, § 7b Abs 1 und 2 Satz 1, § 7e Abs 1 und 2, § 54 Abs 1 EStG, nur auf Anschaffungskosten § 7b Abs 3 Satz 2, § 54 Abs 2 Satz 2 EStG), kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber im Rahmen der Spekulationsvorschriften den Begriff Anschaffung dem Begriff Herstellung inhaltlich gleichsetzen oder ihn in bestimmtem Umfange ändern wollte. Anhaltspunkte für eine abweichende Auffassung sind dem Gesetz nicht zu entnehmen, zumal der Gesetzgeber in den Grenzen der Spekulationsvorschriften weiterhin bei der gesetzlichen Umschreibung des Spekulationsgewinns in § 23 Abs 4 EStG zwischen Anschaffungs- „oder” Herstellungskosten unterschieden hat.
Sinn und Zweck des § 23 EStG, Wertmehrungen oder Wertminderungen aus verhältnismäßig kurzfristigen Wertdurchgängen beim Steuerpflichtigen der Einkommensteuer zu unterwerfen, nicht jedoch Eigenleistungen im Wesen der Herstellung bisher nicht vorhandener Wirtschaftsgüter, lassen eine ausdehnende Anwendung der Spekulationsvorschriften über die Anschaffung und Veräußerung von Wirtschaftsgütern auf Vorgänge ihrer Erstellung und Veräußerung ebenfalls nicht zu. Das gilt auch bei Beachtung des gesetzlichen Zusammenhangs, insbesondere des Verhältnisses der Vorschriften in § 23 Abs 1 und § 23 Abs 4 EStG. Bei der letztgenannten Vorschrift, die als Spekulationsgewinn den Unterschied zwischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten (einschließlich Werbungskosten) und dem Veräußerungspreis definiert, handelt es sich um eine Regelung zur Ermittlung des Spekulationsergebnisses, die den zur Einkommensteuer heranzuziehenden wirtschaftlichen Erfolg des zuvor definierten Spekulationsgeschäfts bestimmt und dessen Vorliegen – Anschaffung und Veräußerung eines Wirtschaftsguts iS von § 23 Abs 1 EStG – voraussetzt, ohne den Tatbestandsmerkmalen des Spekulationsgeschäfts weitere hinzuzufügen. Das zeigt neben dem Wortlaut vor allem die Stellung dieser Vorschrift innerhalb des § 23 EStG. Es entspricht im allgemeinen dem systematischen Aufbau ertragsteuerlicher gesetzlicher Regelungen, der Normierung steuerpflichtiger Vorgänge in Einzelmerkmalen besondere Vorschriften über die Ermittlung der aus ihnen anzusetzenden Erträge hinzuzusetzen, ohne die zuvor normierten Sachverhalte zu ändern (vgl § 2 Abs 3 Nrn 1 bis 7 iVm §§ 13 bis 24 EStG einerseits; § 2 Abs 4 Nrn 1 und 2 iVm §§ 4 bis 7e, §§ 8 bis 9a EStG andererseits). Daß im Verhältnis von § 23 Abs 1 zu Abs 4 EStG (Definition des Spekulationsgeschäfts im Verhältnis zur Definition der steuerrechtlich als Ertrag zu berücksichtigenden Auswirkung) etwas anderes gelten sollte, ist nicht zu ersehen, insbesondere auch nicht aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes herzuleiten.
In die Gewinnermittlungsvorschrift für Spekulationsgeschäfte, die ursprünglich als Spekulationsgewinn die Differenz zwischen Anschaffungskosten (einschließlich Werbungskosten) einerseits, Veräußerungspreis andererseits umschrieb (EStG 1925 § 42 Abs 1 Satz 2 Nr 1a, § 43), wurde durch das EStG 1934 § 23 Abs 4 dem Tatbestandsmerkmal Anschaffungskosten das Merkmal „oder Herstellungskosten” hinzugesetzt (vgl Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 23 EStG, früher Rdnr 16a, nunmehr Rdnr 20, 69, 71, Lieferung 114, September 1975; Heinemann, Spekulationsgewinne bei der Veräußerung selbst hergestellter Gebäude, Steuer und Wirtschaft – StuW –, 1964 Sp 349). Hätte der Gesetzgeber dadurch zugleich den Begriff des Spekulationsgeschäfts, wie er in § 23 Abs 1 EStG enthalten ist, ändern wollen, so hätte es iS eines systematischen und üblichen Aufbaues einer einkommensteuerlichen Regelung in § 23 EStG nahegelegen, Abs 1 durch Einfügung des Merkmals „oder Herstellung” zum vorhandenen Merkmal „Anschaffung” entsprechend zu fassen, demgemäß das Spekulationsgeschäft als Veräußerungsgeschäft zu definieren, bei dem der Zeitraum zwischen Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts und seiner Veräußerung nicht mehr als zwei Jahre bzw sechs Monate betrage. Es ist jedoch lediglich die Vorschrift zur Ermittlung des Gewinns aus dem in Abs 1 unverändert definierten Spekulationsgeschäft geändert worden. Das läßt darauf schließen, daß es bei der Definition des Spekulationsgeschäfts als Anschaffung und Veräußerung eines Wirtschaftsguts verbleiben sollte, zumal ausreichende Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung fehlen (vgl auch Gesetzesbegründung zu § 23 EStG 1934, RStBl 1935, 33ff, 44ff).
Die Vorschriften des § 23 Abs 1 und Abs 4 EStG werden bei dieser Auslegung (keine Erweiterung, Ergänzung oder sonstige Beeinflussung der Definition Spekulationsgeschäft in Abs 1 durch Verwendung des Begriffs Herstellungskosten in Abs 4) für sich betrachtet und in ihrer Beziehung zu anderen Vorschriften weder gegenstandslos oder wirtschaftlich sinnlos (§ 1 StAnpG), etwa unter dem Gesichtspunkt, bei Eingrenzung des Begriffs Spekulationsgeschäft auf Anschaffung und Veräußerung eines Wirtschaftsguts in bestimmter Frist könnten Herstellungskosten nicht anfallen, ihr Ansatz komme bei Ermittlung des Spekulationsgewinns demgemäß schlechthin nicht in Betracht, die Nennung von Herstellungskosten in § 23 Abs 4 EStG gehe bei dieser Auslegung ins Leere. Eine dahingehende Ansicht beachtet nicht, daß nach Anschaffung von Wirtschaftsgütern an diesen gewisse Herstellungsmaßnahmen mit entsprechenden Kosten vorgenommen werden können, ohne das angeschaffte Wirtschaftsgut in ein hergestelltes (anderes) Wirtschaftsgut bei wirtschaftlicher Betrachtung zu verwandeln (zB räumliche Umgestaltung eines mehrstöckigen Mietshauses nur in Teilen des Erdgeschosses usw). Solange angeschaffte und veräußerte Wirtschaftsgüter trotz gewisser Herstellungsmaßnahmen wirtschaftlich betrachtet als identisch angesehen werden müssen, sind die Voraussetzungen eines Spekulationsgeschäfts iS von § 23 Abs 1 EStG auch bei Anfall von Herstellungsmaßnahmen und -kosten, falls die sonstigen Voraussetzungen gegeben sind, erfüllt.
Andererseits sind hiervon zu unterscheiden die Fälle, in denen nach Anschaffung eines Wirtschaftsguts – im Rahmen von Herstellungsmaßnahmen – ein anderes oder zusätzliches Wirtschaftsgut geschaffen wird, das bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht als angeschafft beurteilt werden kann. Dann fehlt es bei dessen Veräußerung zur Annahme eines Spekulationsgeschäfts an der Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals seiner Anschaffung. Das Normalbild des § 23 EStG – Anschaffung und Veräußerung von Wirtschaftsgütern als Durchgangserwerb – ist bei Herstellung neuer oder zusätzlicher Wirtschaftsgüter (ohne oder unter Zuhilfenahme angeschaffter) nicht mehr erfüllt. Die Anschaffung eines Wirtschaftsguts einerseits, die Herstellung eines Wirtschaftsguts andererseits unterscheiden sich in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung so wesentlich, daß eine Gleichbehandlung der Anschaffung und Herstellung ausscheidet, sofern das Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt. Daran fehlt es.
Den zT abweichenden Erkenntnissen insbesondere der BFH-Urteile vom 12. Dezember 1956 VI 86/55 U (BFHE 64, 133, BStBl III 1957, 51), vom 9. April 1963 VI 295/61 U (BFHE 77, 46, BStBl III 1963, 334), vom 19. August 1969 VI R 319/67 (BFHE 96, 520, BStBl II 1969, 705) schließt sich der Senat nicht an. Die dieser Rechtsprechung zugrunde liegende Rechtsauffassung geht weitgehend von der Maßgeblichkeit der bürgerlich-rechtlichen Gestaltung aus, wenn sie bei Anschaffung und – nach Bebauung – Veräußerung eines Grundstücks im Rahmen des zu ermittelnden Spekulationsgewinns die Herstellungskosten des Gebäudes und den auf das Gebäude entfallenden Teil des Veräußerungspreises deshalb berücksichtigt wissen will, weil das Gebäude als wesentlicher Bestandteil des angeschafften Grund und Bodens (§ 94 Abs 1 BGB) mit seinen Herstellungskosten dessen Rechtsschicksal teilt. Diese Beurteilung trägt der im Einkommensteuerrecht maßgeblichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise (§ 1 StAnpG) insofern nicht hinreichend Rechnung, als hiernach Grund und Boden einerseits, aufstehende Gebäude andererseits sowohl bei einheitlichem Erwerb wie bei nachträglicher Gebäudeerrichtung im Wirtschaftsverkehr selbständige und verschiedene Wirtschaftsgüter (Grund und Boden einerseits, Gebäude andererseits) bilden und bleiben, die wesentlich unterschiedlichen Steuerregelungen unterliegen (vgl Beschluß des Großen Senats des BFH vom 16. Juli 1968 GrS 7/67, BFHE 94, 124, BStBl II 1969, 108; BFH-Urteile vom 21. Januar 1971 IV 123/65, BFHE 102, 464, BStBl II 1971, 682; vom 19. Dezember 1972 VIII R 124/69, BFHE 108, 168, BStBl II 1973, 295; Littmann in Deutsches Steuerrecht 1969 S 703; Herrmann/Heuer, aaO, § 23 EStG, Rdnr 20). Es kann deshalb nicht gesagt werden, daß die Herstellung eines Gebäudes zugleich Anschaffung oder Herstellung des Grund und Bodens oder dieser Anschaffung oder Herstellung gleichzusetzen sei, in die Anschaffung oder Herstellung eingehe oder daß dessen Anschaffung oder Herstellung sich auf die Herstellung des Gebäudes ohne weiteres erstrecke (vgl Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 11. Aufl, §§ 22, 23 EStG, Rdnr 54; vgl auch Herrmann/Heuer, aaO, § 23 EStG, Rdnr 20). Gründe dafür, daß in diesen Punkten das Steuerrecht zu Lasten des Steuerpflichtigen dem bürgerlichen Recht folgen müßte, sind nicht zu ersehen.
Der Senat geht demgemäß – abweichend von den bisherigen Erkenntnissen höchstrichterlicher Rechtsprechung – davon aus, daß bei Anschaffung unbebauten Grund und Bodens mit nachfolgender Herstellung eines Gebäudes und Veräußerung des in dieser Weise bebauten Grundstücks zu einem einheitlichen Veräußerungspreis, als Spekulationsgeschäft, nämlich Anschaffung und Veräußerung eines Wirtschaftsguts, lediglich die auf den Grund und Boden bezogenen Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge beurteilt werden können und die mit der Gebäudeherstellung und -veräußerung zusammenhängenden Sachverhalte hiervon zu trennen sind. Das gilt sinngemäß gleichermaßen für die im Streitfall angenommene Anschaffung und Veräußerung des Erbbaurechts, das als besonderes Wirtschaftsgut – auch im Falle einer nach Anschaffung in Ausübung des Rechts vorgenommenen Bebauung – vom errichteten Gebäude als eines weiteren eigenständigen Wirtschaftsguts grundsätzlich zu unterscheiden ist.
Einer Anrufung des Großen Senats des BFH wegen beabsichtigter Abweichung von einer ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung bedarf es nicht, weil die Entscheidungszuständigkeit in den vorliegend entscheidungserheblichen Rechtsfragen auf den erkennenden Senat geschäftsplanmäßig übergegangen ist.
IV.
Bei Anwendung der entwickelten materiell-rechtlich maßgebenden Grundsätze auf den Streitfall kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Das FG konnte hiernach nicht – wie geschehen – im Rahmen der als Spekulationsgeschäft zu beurteilenden Anschaffung und Veräußerung des Wirtschaftsguts Erbbaurecht die von diesem Spekulationsgeschäft zu trennenden Vorgänge der Gebäudeherstellung und -veräußerung sachlich oder wertmäßig einbeziehen. Die Vorentscheidung unterliegt wegen dieses materiellen Rechtsirrtums, auf dem sie beruht, der Aufhebung.
Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat – von seinem auf eine ständige Rechtsprechung gestützten Standpunkt aus zu Recht – bei Ermittlung des Spekulationsgewinns aus Anschaffung und Veräußerung des Erbbaurechts die auf die Herstellung des Gebäudes entfallenden Kosten sowie den auf das Gebäude entfallenden Teil des Gesamtveräußerungspreises nicht ausgeschieden und die entsprechenden anzusetzenden Werte nicht festgestellt. Der Senat kann deshalb auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen den einkommensteuerpflichtigen Spekulationsgewinn aus Anschaffung und Veräußerung des Erbbaurechts nicht bestimmen. Die Sache geht deshalb zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Das FG wird ua zu beachten haben, daß der auf Erbbaurecht und Gebäude bezogene Gesamtveräußerungspreis zur Ermittlung der auf diese Wirtschaftsgüter jeweils entfallenden Teile im Verhältnis der Verkehrswerte von Erbbaurecht und Gebäude schätzungsweise aufgeteilt werden kann, wenn eine andere Wertermittlung nicht zu genaueren Ergebnissen führt. Unklar ist nach den bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen auch noch, ob die Tätigkeit der Gebäudeherstellung und -veräußerung gewerblichen Charakter hatte.
Fundstellen
BStBl II 1977, 384 |
BFHE 120, 522 |
BFHE 1977, 522 |
BB 1977, 231 |
NJW 1977, 696 |