Leitsatz (amtlich)
Ist eine als atypische stille Gesellschaft errichtete Publikumsgesellschaft so ausgestaltet, daß die stillen Gesellschafter das Anlagekapital aufbringen und der Geschäftsinhaber weder am Gewinn noch am Verlust nennenswert beteiligt ist, sondern eine Vergütung und Aufwendungsersatz erhält, dann ist eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung grundsätzlich unwirksam, die dem Geschäftsinhaber das einseitige Recht gibt, die kapitalanlegenden Gesellschafter nach freiem Ermessen „hinauszukündigen”.
Normenkette
HGB § 230; BGB §§ 138, 723
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf |
LG Düsseldorf |
Tenor
Auf die Revisionen der Kläger zu 1-126 und 128-148 werden das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 3. September 1992 aufgehoben und das Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 12. November 1991 abgeändert:
Es wird festgestellt, daß die von der Beklagten unter dem 7. November 1988 zum 31. Dezember 1989 ausgesprochenen Kündigungen der atypisch stillen Gesellschaftsverträge zwischen den Klägern zu 1-126 sowie 128-148 und der Beklagten unwirksam sind.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Gegenstand des Unternehmens der beklagten GmbH ist deren Beteiligung an der „Limited Partnership S. H. C.”, welche in S. das „W. Hotel” betreibt. Die von der Beklagten erworbene Kommanditbeteiligung im Nominalwert von 4,1 Mio. US-Dollar stammt bis auf einen geringfügigen Betrag von 50.000,– DM, den die Beklagte aufgebracht hat, von den Klägern und weiteren Anlegern. Diese haben sich als atypische stille Gesellschafter an dem Unternehmen der Beklagten beteiligt und bilden untereinander eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Zweck die gemeinsame Wahrnehmung der aufgrund des stillen Gesellschaftsvertrags (GesV) bestehenden Rechte gegenüber der Beklagten ist (§ 1 Abs. 2 GesV). § 4 Abs. 1 GesV, nach dem die stille Gesellschaft am 15. November 1978 begonnen hat und auf unbestimmte Zeit geschlossen worden ist, bestimmt weiter:
„Eine Kündigung ist frühestens zulässig mit einer Frist von sechs Monaten zum 31. Dezember 1989.”
Bei Liquidation der Limited Partnership wird auch die stille Gesellschaft liquidiert. Im übrigen kann jeder stille Gesellschafter seine Beteiligung grundsätzlich auf einen Dritten übertragen. Nach § 4 Abs. 4 GesV darf die Beklagte das stille Gesellschaftsverhältnis fristlos kündigen, wenn ein Gesellschafter trotz Aufforderung seiner Einzahlungspflicht nicht nachkommt. Die Summe der stillen Gesellschaftereinlagen ist – einen Kurswert von 2,10 DM für 1 US-Dollar zugrundegelegt – zuletzt auf 11.500.000,– DM festgesetzt worden. Für den Fall der Beendigung der stillen Gesellschaft steht dem stillen Gesellschafter ein Auseinandersetzungsanspruch zu, der grundsätzlich aufgrund einer Auseinandersetzungsbilanz ermittelt wird, in die Aktiva und Passiva der Beklagten unter Auflösung der stillen Reserven mit ihrem wirklichen Wert einzusetzen sind (§ 15 Abs. 1 und 2 S. 1 GesV); davon abweichend bestimmt § 15 Abs. 2 S. 2 GesV:
„Erfolgt die Auseinandersetzung nicht im Wege der Liquidation, insbesondere nicht im Wege der Liquidation der S. H. C., sondern lediglich aufgrund Kündigung einzelner Gesellschafter, so sind in die Auseinandersetzungsbilanz schwebende Geschäfte sowie ein etwaiger Firmenwert nicht einzusetzen.”
Nach § 8 GesV führt die Beklagte die Geschäfte der stillen Gesellschaft, wobei sie von dem nach § 9 GesV zu wählenden Beirat unterstützt und überwacht wird. Für bestimmte Handlungen bedarf die Beklagte der Zustimmung der Gesellschafterversammlung; hierzu gehört„die – ganze oder teilweise – Veräußerung oder Kündigung des Kommanditanteils an der S. H. C.” (§ 8 Nr. 3 GesV).
Mit Schreiben vom 7. November 1988 hat die Beklagte gegenüber. allen stillen Gesellschaftern die Kündigung des Gesellschaftsvertrages zum 31. Dezember 1989 erklärt. In einer wenig später abgehaltenen Gesellschafterversammlung hat der Geschäftsführer der Beklagten diese Kündigung damit begründet, er sei die Querelen mit den stillen Gesellschaftern leid. Die Kläger halten diese Kündigung für unwirksam und haben in erster Linie entsprechende Feststellung, hilfsweise aber die Übertragung des Kommanditanteils an eine neu zu gründende Beteiligungsgesellschaft oder einen noch zu benennenden Treuhänder begehrt. Das Landgericht hat die Klagen abgewiesen, die Berufungen der Kläger hatten keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen sind begründet. Mit Recht begehren die Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit der ihnen gegenüber am 7. November 1988 ausgesprochenen Kündigung der stillen Gesellschaftsverträge durch die Beklagte. Da schon der Hauptantrag Erfolg hat, bedürfen die stufenweise gestellten Hilfsanträge keiner Entscheidung.
a) Zutreffend ist allerdings entgegen der Meinung der Revision die Auffassung des Berufungsgerichts, daß es sich bei dem Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und den Klägern weder bloß um ein Auftragsverhältnis noch um eine BGB-Gesellschaft handelt, sondern daß die Parteien in Form einer atypischen stillen Gesellschaft miteinander verbunden sind. Wie sich aus dem Wortlaut und den einzelnen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages ergibt, liegt eine mehrgliedrige stille Gesellschaft vor, bei welcher die Beklagte als Inhabern des Geschäfts nach außen auftritt und die Beteiligung an der amerikanischen Kommanditgesellschaft hält, während die Kläger als stille Gesellschafter sich an dem Unternehmen der Beklagten beteiligen und sich ihrerseits zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbunden haben, um gemeinsam die ihnen nach dem Vertrag mit der Beklagten eingeräumten Mitwirkungs- und Kontrollrechte wahrzunehmen. Daß ein solches, gerade bei Publikumsgesellschaften typischerweise anzutreffendes mehrgliedriges stilles Gesellschaftsverhältnis rechtlich zulässig ist, hat der Senat unter Zustimmung des Schrifttums bereits ausgesprochen (Urt. v. 10. Juni 1958 – II ZR 320/56, WM 1958, 1336; v. 21. April 1980 – II ZR 144/79, BB 1980, 958; Paulick/Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, 4. Aufl. § 5 II 3, § 9; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, 3. Aufl. S. 127ff.; Staub/Zutt, HGB, 4. Aufl. § 230 Rdnr. 44ff.; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, 5. Aufl. § 230 [n.F.] Rdnr. 67ff., 72ff.).
b) Zu Unrecht macht die Revision geltend, um eine stille Gesellschaft könne es sich deswegen nicht handeln, weil die Beklagte kein – wie § 230 HGB fordert – Handelsgewerbe betreibe. Auf die Frage, ob der in § 1 Abs. 1 Satz 2 GesV beschriebene Unternehmensgegenstand ein Handelsgewerbe im Sinne des § 1 HGB ist, kommt es indessen nicht an. Nach der h. M. ist die GmbH unabhängig von ihrem Unternehmensgegenstand kraft ihrer Rechtsform Handelsgesellschaft (§§ 13 Abs. 3 GmbHG, 6 HGB) und kann deswegen ohne weiteres einen oder mehrere stille Gesellschafter an ihrem Unternehmen beteiligen (vgl. Staub/Zutt a.a.O. § 230 Rdnr. 37; Paulick/Blaurock a.a.O. § 5 I f bb; MünchHandb. z. GesellschaftsR/Bezzenberger Bd. 2, § 5 StG Rdnr. 10; Hadding, ZIP 1984, 1295, 1300f. unter Hinweis auf BGHZ 66, 48, 50f.; Schulze-Osterloh, ZGR 1974, 427, 428; BFH v. 21. Juni 1983 – VIII R 237/80, GmbHR 1983, 281). Die Gegenansicht (Schlegelberger/K. Schmidt a.a.O. § 230 [n.F.] Rdnr. 14, 21), die nicht die Kaufmannseigenschaft des Geschäftsinhabers, sondern das Vorhandensein eines auf Gewinnerzielung gerichteten Unternehmens für entscheidend hält, führt hier zu keinem anderen Ergebnis, weil die Beklagte nicht ideelle Zwecke verfolgt, sondern die Erwirtschaftung von Gewinnen bezweckt. In früheren Revisionsverfahren, in denen es um die aus dem vorliegenden Vertragsmuster folgenden Rechte und Pflichten ging, hat der Senat deswegen ebenfalls das Bestehen einer atypischen stillen Gesellschaft angenommen (Urt. v. 29. Juni 1987 – II ZR 173/86, LM Nr. 1 zu § 230 HGB = WM 1987, 1193 ZIP 1987, 1316; Urt. v. 5. Februar 1990 – II ZR 94/89, LM Nr. 2 zu § 230 HGB = WM 1990, 714).
2. Keiner Entscheidung bedarf ferner die von den Klägern in der Revisionsinstanz erneut aufgeworfene Frage, ob der Gesellschaftsvertrag, wie das Berufungsgericht gemeint hat, dahin auszulegen ist, nicht nur die stillen Gesellschafter, sondern auch die Beklagte sei zur Kündigung des Vertrages berechtigt. Denn selbst wenn ungeachtet der von der Revision besonders herausgestellten Bestimmung in § 8 Nr. 3 GesV der Auslegung des Berufungsgerichts gefolgt wird, erweisen sich jedenfalls die Revisionsangriffe als begründet, die die Kläger gegen die Anerkennung eines nach Ablauf der ersten Vertragsphase für die Beklagte bestehenden unbeschränkten Kündigungsrechts erhoben haben.
a) Das Berufungsgericht hat sich bei seiner Entscheidung davon leiten lassen, daß auch bei der stillen Gesellschaft das Recht zu ordentlicher Kündigung auf Dauer nicht ausgeschlossen werden kann (BGHZ 23, 10, 12ff.); es hat deswegen gemeint, die vertraglichen Kündigungsbestimmungen, auf die sich die Beklagte gestützt hat, hielten einer Inhaltskontrolle stand.
Dem ist nicht zu folgen. Das Oberlandesgericht hat den Gedanken der Vertragsbeendigungsfreiheit überbewertet, sich zu sehr am gesetzlichen Leitbild der stillen Gesellschaft orientiert und hat vor allem nicht hinreichend beachtet, daß bei der atypischen Gestaltung der hier vereinbarten stillen Gesellschaften das Vertragsverhältnis sich weit von der in den §§ 230ff. HGB geregelten Rechtsfigur entfernt und – ähnlich wie bei in anderer Form errichteten Publikumsgesellschaften – in erheblichem Umfang auftragsrechtliche Elemente enthält. In diesem Zusammenhang gewinnt der Umstand besonderes Gewicht, daß die Beklagte als formalrechtliche Geschäftsinhaberin die Mittel für die von ihr erworbene Beteiligung an der Limited Partnership fast vollständig von den stillen Gesellschaftern erhalten hat, daß sie weder am Gewinn noch am Verlust nennenswert beteiligt ist, dennoch aber aufgrund ihrer Stellung als Geschäftsinhaberin die Möglichkeit hat, nach Ablauf der ersten Vertragsphase die Beteiligung auch im wirtschaftlichen Sinn zu einem ihr genehmen Zeitpunkt durch Ausspruch einer kollektiven Kündigung der stillen Gesellschaftsverträge zu übernehmen. Die darin begründete Ungleichgewichtigkeit der Rechte der Beklagten einerseits und der Kläger als stillen Gesellschaftern andererseits ist nicht hinnehmbar. Die Unterschiede zwischen der hier vorliegenden Vertragsgestaltung und der Geldanlage durch Beteiligung an einer in der Form einer Kommanditgesellschaft geführten Publikumsgesellschaft rechtfertigen es nämlich entgegen der Ansicht der Beklagten nicht, die für diese Anlageformen in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Regeln nicht anzuwenden, nach denen gesellschaftsvertragliche Bestimmungen, die eine „Hinauskündigung” zulassen, regelmäßig unwirksam sind (BGHZ 84, 11, 14f.;BGHZ 104, 50, 57f.; vgl. ferner BGHZ 81, 263, 266ff.; BGHZ 105, 213, 216f.; Urt. v. 25. März 1985 – II ZR 240/84, ZIP 1985, 737 = WM 1985, 772; ferner Kellermann/Stodolkowitz, Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Personengesellschaftsrecht, 3. Aufl. S. 67ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. § 50 III 4).
Nach dieser Rechtsprechung kann eine gesellschaftsvertragliche Regelung nicht anerkannt werden, die einem einzelnen Gesellschafter das Recht einräumt, Mitgesellschafter ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes aus der Personengesellschaft auszuschließen. Tragende Erwägung hierfür ist, die von der Ausschließung oder Kündigung bedrohten Gesellschafter zu schützen. Diese können nämlich einerseits das freie Kündigungsrecht als Disziplinierungsmittel empfinden, das sie einem ihre Entscheidungsfreiheit bei der Wahrnehmung ihrer gesellschaftsvertraglichen Rechte beeinflussenden Druck aussetzt (BGHZ 105, 213, 217). Bei einer Publikumsmassengesellschaft besteht darüber hinaus, auch wenn der Ausscheidende eine angemessene Abfindung erhält (vgl. BGHZ 81, 263, 268f.), die Gefahr, daß der Treuhänder von dem ihm eingeräumten freien Kündigungs- oder Ausschließungsrecht in einer Weise Gebrauch macht, die ihm und nicht den Anlegern die Früchte einer erfolgreichen Teilnahme der Gesellschaft am Wirtschaftsleben sichert, während er die Risiken nicht zu tragen hat (BGHZ 104, 50, 58f.).
b) Nicht nur für eine Kommanditgesellschaft, an der sich der interessierte Anleger unmittelbar als Kommanditist beteiligt (vgl. BGHZ 84, 11, 14f.), oder für eine mittelbare Beteiligung durch Zwischenschaltung eines Treuhandkommanditisten treffen diese Erwägungen zu, sie haben ebenso Gültigkeit, wenn ein Anleger sich in der hier gegebenen, Chancen und Risiken ungleichgewichtig verteilenden Art und Weise als atypisch stiller Gesellschafter an dem Unternehmen eines anderen beteiligt. Zwar kann es dann kein Ausschließungsrecht geben, im wirtschaftlichen Ergebnis führt aber die von dem Geschäftsinhaber ausgesprochene Kündigung der stillen Gesellschaft zu demselben Ergebnis, weil der Anleger auf seinen Abfindungs- und Auseinandersetzungsanspruch verwiesen ist, während der Geschäftsinhaber sich die mit dem nicht von ihm aufgebrachten Anlagekapital erworbenen Chancen des Unternehmens sichern kann.
c) Ein solches, nicht an einschränkende Voraussetzungen gebundenes Kündigungsrecht hat sich die Beklagte mit dem von ihr entworfenen Gesellschaftsvertrag einräumen lassen. Kündigt sie nach Ablauf der ersten Vertragsphase einzelnen stillen Gesellschaftern, so führt dies im wirtschaftlichen Ergebnis zum Ausschluß dieser Anleger, während die mehrgliedrige stille Gesellschaft im übrigen mit den verbleibenden stillen Gesellschaftern fortgesetzt wird, wobei der Gesellschaftsvertrag und vor allem dessen § 2 Abs. 2 GesV weiterhin gilt, der die Beteiligung der Beklagten an der stillen Gesellschaft auf höchstens 1% der Einlage aller Gesellschafter beschränkt. Werden dagegen sämtliche stillen Gesellschaftsverhältnisse gleichzeitig von der Beklagten gekündigt, hat dies weitergehende Folgen, weil hierdurch sämtliche gesellschaftsrechtlichen und körperschaftlichen Verbindungen zwischen ihr und den Anlegern beendet werden, die Beklagte ohne jede Beschränkung über den mit den Mitteln der stillen Gesellschafter erworbenen Kommanditanteil an der amerikanischen Hotelgesellschaft verfügen kann und lediglich schuldrechtlichen Auseinandersetzungs- und Abfindungsansprüchen ausgesetzt ist. Hierdurch wird die Beklagte in die Lage versetzt, ohne Zustimmung der stillen Gesellschafter das mit deren Kapital geschaffene Vermögen an sich zu bringen, diese von einer in Zukunft erwarteten positiven Geschäftsentwicklung auszuschließen und obendrein – bei geschickter Wahl des Zeitpunktes der Massenkündigung – die Höhe des von ihr zu zahlenden Abfindungsbetrages möglichst niedrig zu halten. Diese Regelung eröffnet der Beklagten die nach der oben genannten Rechtsprechung des Senats bei einer Publikumsgesellschaft nicht hinnehmbare Möglichkeit, zu Lasten der das wirtschaftliche Risiko der Beteiligung tragenden stillen Gesellschafter zu spekulieren (vgl. BGHZ 104, 50, 58).
Daneben kann die Geschäftsinhaberin auch im vorliegenden Fall das Kündigungsrecht als Disziplinierungsmittel einsetzen. Gerade die Mitglieder des Beirates, die die Beklagte in ihrer Geschäftsführung haben überwachen und unterstützen müssen, waren dieser Gefahr in besonderem Maße ausgesetzt, nachdem es zu gerichtlich ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten über die Rechte und Pflichten der Beklagten gekommen war. obendrein kann die Beklagte, die das Risiko der Geldanlage in. der amerikanischen Hotelgesellschaft nur mit ihrer geringen eigenen Beteiligung zu tragen hat, das Kündigungsrecht auch als Sanktion gegenüber den unbotmäßigen stillen Gesellschaftern einsetzen, ein Vorgehen, das hier angesichts der Vorgeschichte der Kündigung und des gleichartigen Verhaltens des Geschäftsführers der Beklagten bei Schwestergesellschaften mit zum Teil identischen stillen Gesellschaftern nicht von der Hand zu weisen ist. Könnte die Beklagte, wie es ihr vom Berufungsgericht zugebilligt worden ist, die stillen Gesellschaftsverhältnisse mit einer Frist von sechs Monaten zum Jahresende frei kündigen, unterliefe sie die Bestimmung in § 8 Nr. 3 GesV, die gerade sicherstellen will, daß die Geschäftsinhaberin über das mit den Mitteln der Anleger erworbene Vermögen nicht ohne deren Zustimmung verfügt.
d) Vergleichbare Rechte wie die Beklagte haben die kapitalgebenden stillen Gesellschafter nicht. Jeder Kläger kann zwar sein mit der Beklagten begründetes stilles Gesellschaftsverhältnis kündigen. In diesem Fall muß er jedoch eine niedrigere Abfindung (§ 15 Abs. 2 S. 2 GesV) in Kauf nehmen, von dem erwarteten Erfolg des Hotelunternehmens wird er dann aber ausgeschlossen. Weder der einzelne stille Gesellschafter noch die BGB-Gesellschaft, zu der sich die Anleger verbunden haben, können nach dem Vertrag die Auflösung der Gesellschaft gegen den Willen der Beklagten oder die gleichzeitige Liquidation von stiller Gesellschaft und Limited Partnership herbeiführen.
e) Mit Recht macht die Revision geltend, daß diese Ungleichgewichtigkeit der Rechte der Beklagten einerseits und der Kläger als stillen Gesellschaftern andererseits nicht deswegen gerechtfertigt werden kann, weil die Beklagte als Kommanditistin der Limited Partnership mit den kapitalgebenden Klägern nicht in Form einer auftragsrechtlichen Treuhandabrede verbunden ist, sondern die Anleger als stille Gesellschafter beteiligt hat. Im wirtschaftlichen Ergebnis besteht – wie oben ausgeführt – zwischen beiden Anlageformen kein wesentlicher Unterschied. Das der Beklagten als Geschäftsinhaberin nicht entziehbare Recht, sich aus der Vertragsbindung mit den Klägern lösen zu können, hat jedoch hier eine rechtlich andere Qualität als in dem Fall, der den §§ 230ff. HGB als gesetzliches Leitbild zugrunde liegt. Die Beklagte verwaltet nach Maßgabe der Bestimmungen des stillen Gesellschaftsvertrages und unter Unterstützung und Überwachung durch den Beirat die mit den Mitteln der Anleger erworbene Kommanditbeteiligung; dafür erhält sie eine Vergütung, ist aber – anders als dies dem gesetzlichen Typus der stillen Gesellschaft entspricht – grundsätzlich am Gewinn und Verlust der stillen Gesellschaft nicht beteiligt. Im Verhältnis zu den Klägern stehen deswegen dienstvertragliche Rechte und Pflichten im Vordergrund. Aus dieser vertraglichen Bindung kann sich die Beklagte – wie die Kläger aufgezeigt haben – erforderlichenfalls in anderer Weise als durch Kündigung aller stillen Gesellschaftsverträge und damit ohne die für die Anleger belastenden Folgen des Verlustes ihrer mittelbaren Beteiligung an der Hotelgesellschaft lösen. Deswegen rechtfertigt das von dem Berufungsgericht verfolgte Ziel, die Vertragsbeendigungsfreiheit der Beklagten zu sichern, das nicht an sachliche Gründe gebundene Kündigungsrecht nicht. Dafür, daß die Beklagte, deren Geschäftsführer lediglich seinen Unwillen, mit den stillen Gesellschaftern weiter zusammenzuarbeiten kundgetan hat, solche beachtenswerten Gründe für die Kündigung hat, ist nichts vorgetragen oder nach den Umständen ersichtlich.
Fundstellen
Haufe-Index 609350 |
BGHZ, 74 |
BB 1994, 592 |
NJW 1994, 1156 |
ZIP 1994, 455 |
GmbHR 1994, 324 |
ZBB 1994, 180 |