Auskunftsbegehren zur Identität von Mitgesellschaftern zwecks Unterbreitung von Kaufangeboten
In dem nun höchstrichterlich entschiedenen Fall war die Klägerin Mitgesellschafterin an einer Zweitmarktfondsgesellschaft in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft. Sie war mit einem Anteil von nominal EUR 20.000,00 über einen Treuhand- und Servicevertrag mit der Beklagten als Treuhandkommanditistin an der I GmbH & Co. geschlossene lnvestment-KG (im Folgenden: "Fondsgesellschaft") beteiligt. Nach dem Gesellschaftsvertrag der Fondsgesellschaft waren die Treugeber mittelbar beteiligte Anleger im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuches und hatten im lnnenverhältnis der Gesellschaft und der Gesellschafter zueinander die gleiche Rechtsstellung wie ein Kommanditist. Die Beklagte führte im Auftrag der Fondsgesellschaft ein Register mit den personenbezogenen Daten sowie der Beteiligungshöhe sämtlicher Treugeber. Die Klägerin nahm nun die Beklagte in Anspruch, ihr Auskunft über den akademischen Titel, die Namen und die Adressen sowie die Beteiligungshöhe sämtlicher Treugeberkommanditisten der Fondsgesellschaft zu erteilen.
Zur Begründung hieß es, die Klägerin benötige die Gesellschafterliste, um mit diesen zur Vorbereitung einer Gesellschafterversammlung und zum Zwecke des Meinungsaustauschs in Kontakt zu treten. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass die Daten dazu benötigt würden, den Mitgesellschaftern ein Kaufangebot zu unterbreiten.
Das erstinstanzliche Amtsgericht hatte die Beklagte zur Auskunft verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht als unzulässig verworfen. Gegen den Verwerfungsbeschluss richtete sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten – ohne Erfolg.
Entscheidung des BGH
Der BGH stellte nunmehr klar, dass ein solches Auskunftsbegehren datenschutzkonform ist und bekräftigt mit seinem Beschluss seine bisherige Rechtsprechung. Danach muss, wer sich an einer Personen- bzw. Personenhandelsgesellschaft, insbesondere in Form einer Publikumsgesellschaft, beteiligt, damit rechnen, dass neben seinen Daten auch seine Beteiligungshöhe an seine Mitgesellschafter bzw. diesen gleichgestellten Mittreugebern mitgeteilt wird. Aufgrund des durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Vertragsverhältnisses ist es ein unentziehbares mitgliedschaftliches Recht eines jeden Gesellschafters, die Beteiligungshöhe seiner Mitgesellschafter zu erfahren. In jeder Gesellschaft ist das Zusammenwirken der Gesellschafter ein elementarer Bestandteil der Willensbildung. Deshalb muss insbesondere der Anleger einer Publikumsgesellschaft, wenn seine Stimmkraft von der Höhe der gezeichneten Kapitaleinlage abhängig ist, wissen, wie die Stimmen und damit die Machtverhältnisse in der Gesellschaft verteilt sind, um seine Mitgliedschaftsrechte informiert ausüben zu können. Es macht für die Stellung des die Auskunft begehrenden Gesellschafters gerade einen entscheidenden Unterschied, ob neben ihm nur Kleinanleger oder auch ein oder mehrere Großanleger beteiligt sind. Infolgedessen ist auch die Kenntnis vom Umfang der Beteiligungen der Mitgesellschafter für die informierte Ausübung der Mitgliedschaftsrechte erforderlich im Sinne des Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. b DSGVO.
Darüber hinaus wird laut BGH entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde der Rahmen der üblichen gesellschaftlichen Belange nicht verlassen, wenn darüber hinaus die Auskunft auch zu dem weiteren Zweck verlangt wird, Kaufangebote für Anteile von Mitgesellschaftern vorzubereiten. Es ist ein legitimes, aus dem Gesellschaftsverhältnis und dem daraus entstandenen Vertragsverhältnis entstandenes Interesse eines Gesellschafters, seinen Einfluss auf die Gesellschaft durch den Ankauf weiterer Anteile zu vergrößern. Aufgrund der Verwendung der Daten in Angelegenheiten der Gesellschaft(er) sowie nur gegenüber Mitgesellschaftern kann ein solches Erwerbsangebot auch nicht mit einer Weitergabe der Daten an Dritte oder einer Nutzung zu gesellschaftsfremden Zwecken verglichen werden. Die nur abstrakte Missbrauchsgefahr gewährt kein Recht, gegenüber dem Mitgesellschafter anonym zu bleiben.
Anmerkungen
Mit diesem Beschluss hat der BGH betont und für unerheblich befunden, dass der überwiegende Anteil der Treugeber einer Weitergabe ihrer Daten an die Klägerin widersprochen hat. Das Auskunftsrecht kann weder durch Regelungen im Gesellschaftsvertrag noch durch Regelungen im Treuhandvertrag ausgeschlossen werden, eine entsprechende Vereinbarung wäre nach Treu und Glauben unwirksam. Dies muss erst recht für eine einseitige Widerspruchserklärung der im Innenverhältnis gleichgestellten Treugeber gelten.
Da die konkreten Regelungen im Fall einer Publikums-KG in der Regel der Verhandlungsmacht des einzelnen Anlegers entzogen sind, sollte die Ausgestaltung der Rechte der Gesellschafter vor dem Eingehen der Beteiligung umso sorgfältiger geprüft werden, insbesondere dann, wenn es dem Anleger auf bestimmte Rechte – wie die Auskunft über die Identität und Beteiligungshöhen der übrigen Investoren – ankommt.
(BGH, Beschluss v. 24.10.2023, II ZB 3/23)
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