Schenkung von Gesellschaftsanteilen an Minderjährige
In Familienunternehmen sind minderjährige Kinder häufig als Gesellschafter anzutreffen. Die Motive hierfür sind vielfältig. Häufig werden Gesellschaftsanteile schon frühzeitig übertragen, um die steuerlichen Freibeträge ausnutzen zu können. Daneben eröffnet die Beteiligung Minderjähriger an Familiengesellschaften die Möglichkeit, die nächste Generation schon früh an das Unternehmen heranzuführen und unternehmerische Kompetenzen bereits im jungen Alter zu entwickeln.
Bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen auf minderjährige Kinder sind allerdings einige rechtliche Besonderheiten zu berücksichtigen.
Grundsätzlich werden Minderjährige von ihren Eltern vertreten. Die Eltern sind allerdings nicht zur Vertretung eines Kindes berechtigt, wenn sie beim selben Rechtsgeschäft sowohl im eigenen Namen als auch im Namen des Kindes handeln (sog. Insichgeschäft) und das Rechtsgeschäft für das Kind nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist. In diesen Fällen ist für das minderjährige Kind ein Ergänzungspfleger zu bestellen. Das gilt auch dann, wenn nur ein Elternteil rechtlich von der Vertretung ausgeschlossen ist.
Danach sind Eltern insbesondere nicht zur Vertretung ihres minderjährigen Kindes berechtigt, wenn sie eigene Gesellschaftsanteile auf ihr minderjähriges Kind übertragen, sofern die Schenkung für das Kind nicht nur rechtlich vorteilhaft ist. Entscheidend für die Frage, ob die Schenkung lediglich rechtlich vorteilhaft ist, ist allein die rechtliche Wirkung; wirtschaftliche Vorteile bleiben unberücksichtigt. Die Schenkung ist für das Kind nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, sofern bestehende Rechte des Kindes geschmälert werden oder wenn das Kind durch die Schenkung mit Verpflichtungen belastet wird, für die es nicht nur mit dem beschenkten Gegenstand, sondern auch persönlich mit dem eigenen Vermögen haftet. Das ist beim Eintritt in eine Personengesellschaft jedoch in der Regel der Fall. Anderes gilt nur für die schenkweise Übertragung eines voll eingezahlten Kommanditanteils, sofern die Wirksamkeit der Anteilsübertragung unter die aufschiebende Bedingung ihrer Eintragung in das Handelsregister gestellt wird. Denn durch diese Vertragskonstruktion wird die Haftung des Kindes mit seinem privaten Vermögen ausgeschlossen.
Damit allerdings nicht genug: Für die Schenkung von Gesellschaftsanteilen an minderjährige Kinder ist zusätzlich eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich, wenn die Gesellschaft ein Erwerbsgeschäft betreibt. Dabei ist seit dem 1.1.2023 unerheblich, ob es sich um Geschäftsanteile an einer Personen- oder einer Kapitalgesellschaft handelt. Als „Erwerbsgeschäft“ ist jede berufsmäßig ausgeübte, auf selbstständigen Erwerb gerichtete Tätigkeit zu verstehen, die auf Dauer angelegt ist und mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Jede operativ tätige Gesellschaft ist demnach als „Erwerbsgeschäft“ zu betrachten, sodass eine familienrechtliche Genehmigung eingeholt werden muss, bevor Anteile auf Minderjährige übertragen werden können. Reine Vermögensverwaltung zählt nicht dazu. Die Grenzen zwischen Vermögensverwaltung und Erwerbsgeschäft sind allerdings fließend. Entscheidend ist dabei insbesondere die Höhe des zu verwaltenden Vermögens und das unternehmerische Risiko.
Ob das Familiengericht die Genehmigung erteilt, hängt davon ab, ob die Beteiligung dem Wohl des betroffenen Kindes, nämlich dem Kindeswillen und dem Kindesinteresse entspricht. Es genügt, wenn im Ganzen gesehen, das Rechtsgeschäft für den Minderjährigen vorteilhaft ist. Diese Frage ist jedoch strikt von der Thematik der rechtlichen Vorteilhaftigkeit für die Bestellung des Ergänzungspflegers zu trennen. Es gilt der Grundsatz, dass das Familiengericht die Genehmigung nur in begründeten Ausnahmefällen versagen darf. Maßgeblich ist dabei nicht nur das rein finanzielle Interesse, sondern vielmehr, ob der Erwerb der Geschäftsanteile im Gesamtinteresse des Kindes liegt. Dabei sind alle möglichen Vor- und Nachteile unter Berücksichtigung sämtlicher Risiken, Erträge und Aufwendungen, gegeneinander abzuwägen und zu bewerten. Neben rein materiellen Belangen sind gegebenenfalls auch ideelle oder familiäre Interessen des Kindes zu berücksichtigen.
Diese Thematik war jüngst Gegenstand des Verfahrens vor dem OLG Karlsruhe.
Hintergrund
In dem zugrunde liegenden Fall hatte das Familiengericht es abgelehnt, die Schenkung von Anteilen an verschiedenen Personengesellschaften auf minderjährige Kinder zu genehmigen. Das Familiengericht versagte die Genehmigung, weil die Beteiligten aus Sicht der minderjährigen Kinder nicht die haftungsrechtliche günstigste Vertragsgestaltung gewählt hatten (die Kinder hafteten im Zeitraum zwischen Eintritt in die Kommanditgesellschaft und Eintragung im Handelsregister als Kommanditisten wie persönlich haftende Gesellschafter). Die minderjährigen Beschenkten wandten sich mit Erfolg gegen diese Entscheidung.
Zur Begründung verwies das OLG Karlsruhe darauf, dass nicht jedes wirtschaftliche Risiko von Minderjährigen fernzuhalten ist. Es reicht aus, wenn der Erwerb der Gesellschaftsanteile nach Abwägung der Risiken und Vorteile im Ganzen betrachtet für den Minderjährigen vorteilhaft ist. Dazu ist eine Prognose anzustellen, bei der unternehmerische und wirtschaftliche Risiken unter Einbeziehung von Zweckmäßigkeitserwägungen bewertet werden. Folglich ist nicht zwangsweise die Vertragsgestaltung mit dem geringsten haftungsrechtlichen Risiko zu wählen. Denn die risikoärmere Vertragsgestaltung hätte zwar die kurzzeitige Haftung der Minderjährigen vermieden, jedoch gleichzeitig zum Verlust des erheblichen Steuervorteils (Senkung der Schenkungssteuerlast von EUR 3.452.250 pro Kind auf EUR 7.860) geführt. Der Erwerb der Geschäftsanteile nach Maßgabe der gewählten Vertragskonstruktion lag daher insgesamt im Gesamtinteresse der Minderjährigen und war zu genehmigen.
Anmerkungen und Praxistipp
Die Entscheidung des OLG Karlsruhe trägt den Bedürfnissen der Praxis Rechnung. Die (haftungs-)risikoreichere Vertragsgestaltung ermöglicht im zu Grunde liegenden Fall einen enormen wirtschaftlichen Vorteil; eine abweichende Vertragsgestaltung wäre zwar möglich gewesen, hätte jedoch zum Verlust des erheblichen Steuervorteils geführt. Die Feststellung, dass nicht zwingend die risikoärmere Variante der Vertragsgestaltung für eine familiengerichtliche Genehmigung zu wählen ist, unterstreicht das Erfordernis, dass das Familiengericht im Rahmen einer Abwägung alle Vor- und Nachteile zu ermitteln und diese zu bewerten hat. Dabei ist einer Abwägung immanent, dass bestimmte Vorteile etwaige Risiken überwiegen können. Auch der umgekehrte Fall ist denkbar.
Die familiengerichtliche Genehmigung darf nur in begründeten Fällen versagt werden. Daher sollten die Bedeutung des Erwerbs des Gesellschaftsanteils und die daraus folgenden Vor- und Nachteile im Einzelnen dargelegt werden, um dem Familiengericht die Abwägung zu ermöglichen und nicht Gefahr zu laufen, dass die Genehmigung wegen ungeklärter Risiken versagt wird.
(OLG Karlsruhe, Beschluss v. 9.11.2022, 5 WF 77/22)
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