Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährungsbeginn der Steuerberaterhaftung. Umfang der Beratungspflicht bei steuersparenden Vermögensanlagen. Ersatz des Vertrauensschadens
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Umfang der Beratungspflicht des Steuerberaters bei der Beteiligung an steuersparenden Vermögensanlagen.
2. Hat der Mandant infolge fehlerhafter Beratung durch den Steuerberater eine nachteilige Vermögensanlageentscheidung getroffen, kann er grundsätzlich nur den Schaden ersetzt verlangen, der ihm durch das Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Beratung entstanden ist.
3. Zum Verjährungsbeginn eines solchen Schadensersatzanspruchs.
Leitsatz (redaktionell)
Der Steuerberater hat grundsätzlich von der Belehrungsbedürftigkeit seines Auftraggebers in steuerlichen Dingen auszugehen. Er schuldet diesem, wenn es um die Beteiligung an einer steuersparenden Vermögensanlage geht, grundsätzlich eine umfassende Aufklärung über die Arten und Möglichkeiten der zu erzielenden Verlustzuweisungen und über deren Vorteile, Nachteile und Risiken in steuerlicher Hinsicht. Dagegen trifft ihn eine Verpflichtung, wirtschaftlich zu beraten, nur, wenn er einen weitergehenden, auch die Anlageberatung einschließenden Auftrag erhalten hat oder von sich aus eine bestimmte Beteiligung empfiehlt. Erst dann darf der Mandant darauf vertrauen, der Steuerberater habe die für ihn wesentlichen wirtschaftlichen Umstände berücksichtigt und einen auf seine aktuelle finanzielle Situation zugeschnittenen Rat erteilt. Da der Steuerberater im Rahmen seiner allgemeinen Vertragspflicht den Mandanten vor Schaden bewahren muß, hat er auf etwaige wirtschaftliche Fehlentscheidungen hinzuweisen, wenn diese für ihn offen zutage liegen.
Normenkette
StBerG § 68; BGB §§ 675, 249 S. 1
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 20.06.1990; Aktenzeichen 19 U 28/90) |
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 06.12.1989; Aktenzeichen 2/12 O 128/86) |
Tatbestand
Die Klägerin verlangt vom Beklagten, ihrem früheren Steuerberater, Schadensersatz wegen falscher Beratung im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem sogenannten Bauherrenmodell.
Die Klägerin, die ein Elektrogeschäft betreibt, übersandte dem Beklagten, der ihr schon in der Vergangenheit Beteiligungen an Bauherrenmodellen vermittelt hatte, im Herbst 1980 einen Prospekt über das Objekt „Schloßresidenz I.” mit der Bitte um Prüfung. Der Beklagte bezeichnete die darin genannten Steuervorteile von ca. 300 % für 1980 und ca. 200 % für 1981/82 bei höchster Steuerprogression, bezogen auf die jeweils bar aufzuwendenden Eigenkapitalanteile, als realistisch. Die Klägerin schloß daraufhin die Verträge über zwei Wohnungen mit einem Eigenkapitalanteil von insgesamt 94.316 DM, der jeweils zur Hälfte in den Jahren 1980 und 1981/82 aufzubringen war.
Wegen der Beteiligung an anderen Steuersparmodellen hatte die Klägerin im Jahre 1980 ohnehin keine Einkommensteuer zu entrichten; in den nachfolgenden Jahren konnten die Verlustbeträge aus dem Objekt „Schloßresidenz I.” nur teilweise steuermindernd berücksichtigt werden. Mit der am 7. Juni 1986 erhobenen Klage nimmt die Klägerin deshalb den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch. Sie behauptet, er habe ihr die Vermögensanlage empfohlen, obwohl er aufgrund aller ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen ihre wirtschaftliche Lage genau gekannt habe. Ihr Schaden liege in der aufgewandten Beratungsgebühr, den infolge fehlender Steuerersparnis entstandenen realen Verlusten, den Zinsaufwendungen sowie der bei einer Veräußerung der Wohnungen entstehenden Einbuße.
Das Landgericht hat festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr daraus entstanden ist, daß die für das Objekt „Schloßresidenz I.”, Wohnung 2. OG, 11 (58) und Haus I Nr. 1 Typ 28, eingetragen im Grundbuch von I., Flurstücke 10, 7, 5 u.a. versprochenen Steuervorteile für 1980 und 1981 bei ihr von vorneherein nicht eintreten konnten. Das Berufungsgericht hat erkannt, der Beklagte habe der Klägerin 75 % des Schadens zu ersetzen, der ihr daraus entstanden sei, daß sie nicht Steuervorteile von 300 % für 1980 und von 200 % für 1981/82 – jeweils bezogen auf das in diesen Jahren aufzuwendende Eigenkapital – erreicht habe. Mit der Revision begehrt der Beklagte weiterhin Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
1. Das Berufungsgericht hat eine Verletzung vertraglicher Pflichten durch den Beklagten bejaht und zur Begründung ausgeführt: Er habe sich nicht auf die Prüfung beschränken dürfen, ob die im Prospekt geschilderten Verlustzuweisungen theoretisch realisierbar waren, sondern habe bei seinem Rat an die Klägerin, sich an dem I. Bauherrenmodell zu beteiligen, deren spezielle Situation berücksichtigen müssen. Infolge der schon vorhandenen Verlustzuweisungen aus anderen Beteiligungen hätte es ihm oblegen, auf das hohe Risiko hinzuweisen, daß Steuervorteile in dem erstrebten Umfang nur bei einem gegenüber dem Vorjahr deutlich gesteigerten Ertrag entstehen konnten.
2. Die Revision rügt zu Recht, schon die Feststellung, der Beklagte habe der Klägerin zu der Vermögensanlage geraten, sei verfahrensfehlerhaft getroffen worden. Der Tatbestand des Berufungsurteils enthält eine solche Empfehlung nicht als Teil des unstreitigen Sachverhalts. Er erwähnt dort nur die vom Beklagten eingeräumte steuerrechtliche Prüfung des ihm übersandten Prospekts. In den vom Berufungsgericht ergänzend in Bezug genommenen Schriftsätzen hat der Beklagte eine Empfehlung, wie sie die Klägerin behauptet, durchgehend bestritten. Da das Urteil auf das streitige Vorbringen der Parteien nicht eingeht, beruht die Annahme des Berufungsgerichts auf einer Verletzung von § 286 Abs. 1 ZPO.
3. Inhalt und Umfang der Pflichten des Steuerberaters richten sich nach dem im Einzelfall zwischen ihm und dem Mandanten geschlossenen Vertrag. Die Revision meint, der Beklagte habe lediglich Auskunft darüber geben müssen, ob die im Prospekt zu den Steuervorteilen enthaltenen Aussagen realistisch seien. Damit ist der Gegenstand der getroffenen Vereinbarung indes nicht zutreffend beschrieben.
a) Schon nach dem vom Beklagten eingeräumten Sachverhalt beschränkte sich die von ihm zu erbringende Leistung nicht auf die abstrakte Auskunft, ob die im Prospekt dargestellten Steuervorteile für Anleger mit einem Einkommen im Bereich der höchsten Steuerprogression erreichbar waren. Der Beklagte hat nicht bestritten, der Klägerin in der Vergangenheit bereits mehrfach steuersparende Vermögensanlagen vermittelt zu haben. Er hat weiter eingeräumt, die Klägerin habe ihn eingeschaltet, um herauszufinden, ob die Firma Büro T. GmbH, die frühere Beklagte zu 3, auch in B. ein Bauherrenmodell betreibe. Auf seine Veranlassung hin hat ein leitender Angestellter dieser Gesellschaft den Prospekt an die Klägerin übersandt. Im Hinblick auf diese Vorgeschichte lag es für den Beklagten auf der Hand, daß seiner Antwort maßgebliche Bedeutung für die Anlageentscheidung der Mandantin zukam. Da die Klägerin den Beklagten ständig mit der Erledigung und Beratung in allen steuerlichen Angelegenheiten betraut und ihn bereits in der Vergangenheit bei Geldanlagen zu Zwecken der Steuerersparnis konsultiert hatte, war ihm eine im Rahmen des Mandats als Steuerberater liegende Aufgabe und nicht eine isoliert davon zu sehende Einzelleistung übertragen worden.
b) Der Steuerberater hat grundsätzlich von der Belehrungsbedürftigkeit seines Auftraggebers in steuerlichen Dingen auszugehen. Er schuldet diesem, wenn es um die Beteiligung an einer steuersparenden Vermögensanlage geht, grundsätzlich eine umfassende Aufklärung über die Arten und Möglichkeiten der zu erzielenden Verlustzuweisungen und über deren Vorteile, Nachteile und Risiken in steuerlicher Hinsicht (BGH, Urt. v. 6. Dezember 1979 – VII ZR 19/79, WM 1980, 308, 309; v. 4. März 1987 – IVa ZR 222/85, WM 1987, 661, 662). Dagegen trifft ihn eine Verpflichtung, wirtschaftlich zu beraten, nur, wenn er einen weitergehenden, auch die Anlageberatung einschließenden Auftrag erhalten hat oder von sich aus eine bestimmte Beteiligung empfiehlt. Erst dann darf der Mandant darauf vertrauen, der Steuerberater habe die für ihn wesentlichen wirtschaftlichen Umstände berücksichtigt und einen auf seine aktuelle finanzielle Situation zugeschnittenen Rat erteilt (vgl. BGH, Urt. v. 18. September 1985 – IVa ZR 199/83, WM 1985, 1530, 1531).
Die Klägerin hat einen solchen Sachverhalt behauptet und unter Beweis gestellt, das Berufungsgericht dazu jedoch keine Feststellungen getroffen. Daher ist für die Revisionsinstanz zu unterstellen, daß der Beklagte ein den üblichen Rahmen der Steuerberatung überschreitendes Mandat nicht erhalten hat.
4. Die Klägerin behauptet nicht mehr, die den Prospekt des I. Bauherrenmodells betreffenden steuerlichen Auskünfte des Beklagten seien unzutreffend gewesen. Sie hat die Feststellungen des vom Landgericht beauftragten Sachverständigen zur Höhe der durch die Beteiligung erzielbaren Steuervorteile nicht angegriffen und macht nunmehr allein geltend, der Beklagte hätte ihr deshalb von der Beteiligung abraten müssen, weil ihm bekannt, jedenfalls ohne weiteres ersichtlich gewesen sei, daß unter Berücksichtigung der ihr schon zufließenden Verlustzuweisungen kein Einkommen mehr verbleibe, um die gebotenen Steuervorteile nutzen zu können. Die Klägerin wirft dem Beklagten damit einen Fehler in wirtschaftlicher, nicht in steuerlicher Hinsicht vor; denn jedem Gewerbetreibenden ist bewußt, daß Steuervorteile aus einer solchen Beteiligung nur in Betracht kommen, wenn und soweit ihm einkommensteuerpflichtige Einkünfte verbleiben. Insoweit ist er nicht belehrungsbedürftig. Gleichwohl hat das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung des Beklagten bejaht. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Der Steuerberater hat allerdings im Rahmen seiner allgemeinen Vertragspflicht, den Mandanten vor Schaden zu bewahren, auf etwaige wirtschaftliche Fehlentscheidungen hinzuweisen, wenn diese für ihn offen zutage liegen (BGH, Urt. v. 4. März 1987 – IVa ZR 222/85, WM 1987, 661, 662). Ist für ihn aufgrund der durch seine bisherige Tätigkeit gewonnenen Kenntnis der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klienten ohne weiteres ersichtlich, daß eine vorgesehene Vermögensanlage den damit beabsichtigten Zweck der Steuerersparnis nicht erreichen wird, so hat er dem Auftraggeber seine Bedenken von sich aus mitzuteilen.
b) Solche besonderen Umstände zeigt das angefochtene Urteil nicht auf. Sie lassen sich dem bisherigen Vorbringen der Klägerin auch nicht entnehmen.
Allerdings enthält der Steuerbescheid der Klägerin für das Jahr 1980 zur Höhe des zu versteuernden Einkommens folgende Feststellungen:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb |
260.130 DM |
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit |
66.938 DM |
Verluste aus Vermietung und Verpachtung (ohne I.) |
373.492 DM |
|
46.424 DM |
Verluste aus I. |
112.491 DM |
Sonderausgaben und sonstige Freibeträge |
11.099 DM |
Einkommen |
170.014 DM. |
Danach konnten sich die Verluste aus dem I. Bauherrenmodell für die Klägerin im Jahre 1980 überhaupt nicht steuermindernd auswirken. Indes belegt der Umstand, daß der Beklagte die Buchhaltung erledigte, die anderen Vermögensbeteiligungen kannte und der Steuerbescheid des Jahres 1979 negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 249.251 DM enthielt, nicht hinreichend, daß eine Beteiligung in I. eine ihm im November 1980 ohne weiteres ersichtliche Fehlentscheidung darstellte. Das Berufungsurteil zeigt nicht auf, in welcher Größenordnung die Einkünfte und die Verluste aus Vermietung und Verpachtung für das Jahr 1980 damals absehbar waren. Es beachtet nicht, daß die tatsächlichen Verluste an Beteiligungsobjekten von den in den Prospekten errechneten nicht selten erheblich abweichen und die Zeichnung steuersparender Beteiligungen auch wegen der Möglichkeit des Verlustabzugs nach § 10 d EStG wirtschaftlich lohnend sein kann, und trifft auch keine Feststellungen dazu, ob dem Beklagten der Umfang der von der Klägerin beabsichtigten Beteiligung bekannt war. Damit fehlt es an der notwendigen Tatsachengrundlage für den Vorwurf, er habe die allgemeine Pflicht zur Schadensverhütung durch das Versäumnis, auf klar zutage liegende schwerwiegende Risiken für die Klägerin hinzuweisen, verletzt.
II.
Das angefochtene Urteil ist auch insoweit rechtsfehlerhaft, als es der Klägerin etwas zugesprochen hat, was sie nicht beantragt hat und ihr auch nicht zusteht.
1. Nach dem Inhalt des vom Berufungsgericht formulierten Feststellungsausspruchs hat der Beklagte der Klägerin die finanziellen Nachteile zu erstatten, die sich daraus ergeben, daß ihr Steuervorteile nicht in dem vom Prospekt angegebenen Umfang zugeflossen sind. Der Schaden bestände danach in der Differenz zwischen den bei hohem Einkommen möglichen und den tatsächlich erzielten Steuervorteilen. Die Klägerin begehrt jedoch Ersatz des Schadens, der ihr dadurch entstanden ist, daß sie der angeblichen Empfehlung des Beklagten vertraut hat. Sie behauptet, sie hätte sich bei sachgerechter Beratung durch den Beklagten nicht an dem Bauherrenmodell in I. beteiligt, und verlangt daher, wirtschaftlich so gestellt zu werden, wie wenn sie die diesbezüglichen Verträge nicht eingegangen wäre. Das kommt zwar in dem gestellten Antrag nur unvollkommen zum Ausdruck, geht aber aus der Klagebegründung und dem nachfolgenden Vorbringen hinreichend deutlich hervor. Das Berufungsgericht hätte daher gemäß § 139 ZPO auf eine sachgerechte Antragstellung in dem Sinne hinwirken müssen, daß der Beklagte der Klägerin den Schaden zu ersetzen hat, der ihr durch die Beteiligung an dem Bauherrenmodell „Schloßresidenz I.” entstanden ist.
2. Im übrigen steht der Klägerin ein Anspruch, wie ihn das Berufungsgericht gewähren will, selbst dann nicht zu, wenn der Beklagte eine ihm obliegende Beratungspflicht schuldhaft verletzt hat. Der Steuerberater kann wegen fehlerhafter Beratung grundsätzlich nicht auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung der steuerlichen Vorteile des Anlagemodells im Sinne einer Garantie für einen bestimmten steuerlichen Erfolg in Anspruch genommen werden; denn aus lediglich beratender Tätigkeit läßt sich eine solche Haftung nicht herleiten. Er hat vielmehr dem Mandanten nur den Nachteil zu ersetzen, der ihm durch das Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der erhaltenen Beratung entstanden ist, ihn also so zu stellen, wie er bei pflichtgemäßem Verhalten stände. Der Schaden ist daher grundsätzlich in derselben Weise wie in Fällen der Anwalts- und Notarhaftung zu berechnen (dazu BGHZ 96, 352, 354; Senatsurt. v. 20. November 1984 – IX ZR 9/84, WM 1985, 203, 204; v. 17. März 1988 – IX ZR 43/87, NJW 1988, 2880, 2881). Da die Klägerin keinen Anspruch gegen den Treuhänder oder die Initiatoren des Bauherrenmodells hat, die diesbezüglichen Verträge rückgängig zu machen, besteht ihr Schaden in der Differenz zwischen den wirtschaftlichen Folgen der das I. Objekt betreffenden Verträge und der finanziellen Lage ohne eine solche Beteiligung.
Ob bei nicht sachgerechter Vermögensberatung als ersatzfähiger Nachteil auch der Betrag in Betracht kommt, welchen der Geschädigte für das ihm empfohlene Anlageobjekt zuviel aufgewendet hat (vgl. BGH, Urt. v. 27. September 1988 – XI ZR 4/88, ZIP 1988, 1464, 1467), kann offenbleiben. Diese Rechtsprechung betrifft Fälle, in denen das Anlageobjekt selbst Mängel aufweist und deshalb den vom Anleger gezahlten Preis objektiv nicht wert ist. Das macht die Klägerin hier nicht geltend. Ihr Schaden soll allein darin liegen, daß sie infolge ihrer individuellen Einkommenslage die von dem Anlageobjekt gebotenen Steuervorteile nur sehr eingeschränkt nutzen konnte und deshalb bei einem entsprechenden Hinweis sich nicht beteiligt hätte.
III.
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Für das neue Berufungsverfahren weist der Senat auf folgendes hin:
1. Ergibt sich aufgrund der durchzuführenden Beweisaufnahme, daß der Beklagte seine Beratungspflichten schuldhaft verletzt hat und deshalb zum Schadensersatz verpflichtet ist, dringt er mit der Verjährungseinrede nicht durch.
a) Die dreijährige Verjährungsfrist nach § 68 StBerG beginnt allerdings nicht, wie das Berufungsgericht meint, erst mit dem Abschluß einer Betriebsprüfung, die hier bis zur Klageerhebung nicht durchgeführt worden ist. Wie der Senat nunmehr, in Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des IVa – Zivilsenats (BGHZ 96, 290), entschieden hat, ist der durch eine Pflichtwidrigkeit des Steuerberaters verursachte Schaden nur dann infolge der Außenprüfung entstanden, wenn aufgrund dieser Maßnahme höhere Steuern erhoben werden und die Mehrbeträge ohne den Fehler des Steuerberaters auch nach dem Ergebnis der Außenprüfung nicht festgesetzt worden wären. Ansonsten beginnt die Verjährung mit der Bestandskraft des Bescheides, der auf die fehlerhafte Steuererklärung hin ergangen ist (Urt. v. 4. April 1991 – IX ZR 215/90, z.V. in BGHZ bestimmt; vgl. BGHZ 73, 363; BGH, Urt. v. 14. Juli 1982 – IVa ZR 10/81, VersR 1982, 1053).
b) Vorliegend ist indes dem Steuerberater kein Fehler bei Abgabe der Steuererklärung unterlaufen. Die Steuerbescheide entsprechen der Sach- und Rechtslage. Vielmehr wirft die Klägerin dem Beklagten vor, ihr eine nachteilige Vermögensanlage empfohlen beziehungsweise sie vor einer offen zutage liegenden Fehlentscheidung nicht gewarnt zu haben. Infolgedessen verlangt sie Ersatz der ihr daraus entstandenen vermögensrechtlichen Nachteile. Dieser Schaden kann dem Grunde nach bereits mit dem Zeitpunkt der rechtlichen Bindung an das Beteiligungsobjekt eingetreten sein. Danach kommt hier als frühester Verjährungsbeginn die Unterzeichnung des ersten Vertrages zum I. Bauherrenmodell am 28. November 1980 in Betracht.
c) Da der Beklagte aber – eine Vertragsverletzung unterstellt – den Beratungsfehler bei Abgabe der Steuererklärungen für die Jahre 1981 und 1982 hätte bemerken müssen, hatte er begründeten Anlaß, hierauf und auf den Wortlaut des § 68 StBerG hinzuweisen. Er hat auch nicht ausreichend dargetan, daß die Klägerin schon rechtzeitig vor Ablauf des Primäranspruchs ihren jetzigen Steuerberater beauftragt und von diesem eine entsprechende Belehrung erhalten hat (vgl. Senat, Urt. v. 18. September 1986 – IX ZR 204/85, NJW 1987, 326). Im übrigen gehört es grundsätzlich nicht zu den Aufgaben eines Steuerberaters, auf eventuelle Schadensersatzansprüche gegen seinen Vorgänger hinzuweisen. Die Verjährung des infolgedessen entstandenen Sekundäranspruchs (vgl. Senatsurt. v. 4. April 1991 – IX ZR 215/90) begann erst mit dem Eintritt der Verjährung des Primäranspruchs (BGHZ 94, 380, 390; BGH, Urt. v. 25. September 1990 – XI ZR 126/89, WM 1990, 1915), somit frühestens am 29. November 1983. Die Klage ist daher am 7. Juni 1986 rechtzeitig erhoben worden.
2. Das Berufungsgericht ist nicht gehindert, der Klägerin 3/4 des Schadens zuzuerkennen, obwohl sie in erster Instanz nur die Hälfte ihres Schadens geltend gemacht und das Landgericht unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO eine weitergehende Feststellung zu Lasten des Beklagten getroffen hatte. Der vom Landgericht begangene Verfahrensverstoß ist dadurch geheilt, daß die Klägerin Zurückweisung der Berufung beantragt und dadurch in zulässiger Weise (§§ 523, 264 Nr. 2 ZPO) ihr Begehren erweitert hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 1990 – V ZR 282/88, BGHR ZPO § 308 Abs. 1 Heilung 2 m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 2024670 |
BB 1991, 1374 |