Leitsatz (amtlich)
Läßt eine Bank sich im Prospekt eines Bauherrenmodells nicht nur als Vertragspartner für die Finanzierung, sondern auch als Referenz benennen, so erwächst ihr daraus gegenüber Anlegern, die mit ihr über eine Finanzierung verhandeln, die Verpflichtung, die Richtigkeit der Prospektangaben und die Bonität der Initiatoren in banküblicher Weise zu überprüfen und die Kreditinteressenten über bestehende Bedenken aufzuklären. Der Schadensersatzanspruch wegen Verletzung dieser Pflicht umfaßt alle mit der Anlageentscheidung verbundenen Nachteile, wenn eine ordnungsgemäße Aufklärung den Kreditnehmer veranlaßt hätte, vom ganzen Projekt Abstand zu nehmen.
Solange der Gläubiger den VolIstreckungstitel unverändert in Händen hält, wird eine Vollstreckungsabwehrklage nicht wegen mangelnden Rechtsschutzinteresses teilweise unzulässig, wenn der Beklagte, der die Zwangsvollstreckung bei Klageerhebung uneingeschränkt betrieb, in einem späteren Prozeßschriftsatz erklärt, er sei inzwischen teilweise befriedigt und verzichte insoweit auf die weitere Vollstreckung.
Auch wenn der Tatbestand des Berufungsurteils wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens keine ausdrückliche Bezugnahme auf die vorangegangenen Schriftsätze enthält, kann das Revisionsgericht in der Regel davon ausgehen, daß deren Inhalt zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist. Für ordnungsgemäß begründete Verfahrensrügen erweitert außerdem § 561 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Regelung des § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Normenkette
BGB § 276; ZPO §§ 767, 543, 561
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 5. April 1991 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger beteiligte sich Ende 1984/Anfang 1985 an zwei Bauherrenmodellen, der Ferienbungalowanlage „M.” im O. Wald und dem „Hotel R.” in P.. Diese Projekte wurden von der Firmengruppe ihres Initiators L. durchgeführt. In den Prospekten beider Projekte war die Beklagte (unter ihrer damaligen Firmenbezeichnung „B. bank”) nicht nur als Vertragspartnerin für die Finanzierung, sondern außerdem auch unter der – dicker gedruckten – Überschrift „Referenzen” aufgeführt. Im Namen des Klägers schloß der von ihm beauftragte Treuhänder mit der Beklagten Kreditverträge zur Zwischenfinanzierung; in vollstreckbaren Urkunden übernahm der Kläger jeweils einen, seinem Gesamtaufwand (159.000 DM und 143.000 DM) entsprechenden Teilbetrag der zugunsten der Beklagten eingetragenen Grundschulden und in gleicher Höhe die persönliche Haftung.
Im Oktober 1985 ergab eine im Auftrag des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen vorgenommene Prüfung der Beklagten einen Wertberichtigungsbedarf von mehr als 1,5 Milliarden DM, hauptsächlich aus dem Kreditgeschäft mit Bauträgern. Daraufhin übernahm die D.bank die Verbindlichkeiten der Beklagten. 1986 wurde über das Vermögen des L. das Konkursverfahren eröffnet. 1987/1988 kündigte die Beklagte die dem Kläger gewährten Kredite. Sie betreibt aus den beiden vollstreckbaren Urkunden die Zwangsvollstreckung gegen den Kläger. Dessen Vollstreckungsabwehrklage ist vom Landgericht abgewiesen worden, seine Berufung ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag, die Zwangsvollstreckung aus den notariellen Urkunden in persönlicher Hinsicht für unzulässig zu erklären, weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochten Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat die Klage aus §§ 795 Satz 1, 794 Abs. 1 Nr. 5, 767 Abs. 1 ZPO teilweise als unzulässig abgewiesen, weil ihr nach einer Teilverzichtserklärung, der Beklagten insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehle.
1. Mit Recht weist die Revision darauf hin, daß der Umfang dieser Abweisung in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils widersprüchlich bestimmt ist: Während dort zunächst erklärt wird, die Vollstreckungsabwehrklage sei unzulässig, soweit sie sich „gegen eine 114.587,82 DM übersteigende Vollstreckung richtet”, heißt es im nächsten Satz, die Klage sei „in Höhe von 114, 587,82 DM unzulässig”.
2. Auch wenn es sich bei dem letztgenannten Satz nur um eine Unrichtigkeit im Ausdruck handeln sollte, bestehen gegen die Teilabweisung der Klage als unzulässig durchgreifende rechtliche Bedenken.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vermag grundsätzlich selbst ein Verzicht des Gläubigers auf die Zwangsvollstreckung das Rechtsschutzinteresse für eine Klage aus § 767 ZPO nicht zu beseitigen, solange der Gläubiger den Titel noch in Händen hat (BGH, Urteile vom 23. November 1973 – V ZR 23/72 = WM 1974, 59, 60/61; vom 10. Oktober 1975 – V ZR 5/74 = WM 1975, 1213; vom 8. Februar 1984 – IV b ZR 52/82 = NJW 1984, 2826, 2827 zu I. 2. c) aa). Das gilt selbst dann, wenn der Gläubiger nach Teilerfüllung für den Forderungsrest noch einen Titel benötigt; er kann dann nach § 733 ZPO eine beschränkte weitere Ausfertigung erwirken und den weitergehenden ursprünglichen Titel dem Schuldner aushändigen (BGH, Urteil vom 23. November 1973 a.a.O.). Ausnahmen werden allerdings – insbesondere bei Titeln auf wiederkehrende Unterhaltsleistungen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 1984 a.a.O.) – zugelassen, soweit eine Zwangsvollstreckung nach den Umständen des Falles unzweifelhaft nicht mehr droht (BGH, Urteil vom 19. September 1988 – II ZR 362/87 = WM 1988, 1592, 1593 = BGHR ZPO § 767 – Rechtsschutzinteresse 1). Eine solche Ausnahme ist hier jedoch nicht gerechtfertigt. Bei Klageerhebung war die Klage in vollem Umfang zulässig, weil die Beklagte damals die Zwangsvollstreckung uneingeschränkt betrieb. Erst im Berufungsverfahren hat sie im Schriftsatz vom 4. Juli 1990 erklärt, sie vollstrecke aus den abstrakten Schuldversprechen nach nunmehr erfolgtem Teilzahlungseingang nur mehr in Höhe von 114.547,82 DM nebst Zinsen ab 24. April 1990, insoweit gebe sie eine Teilverzichtserklärung ab, die sich aber nicht auf die ab 24. April 1990 weiter anlaufenden Zinsen auf den verbleibenden Restkredithauptsachebetrag erstrecke. Diese Erklärung genügt allein nicht, um den Kläger in einem hinreichend bestimmten Umfang und in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise vor einer uneingeschränkten Vollstreckung aus den Titeln zu schützen, solange diese sich unverändert in der Hand der Beklagten befinden. Der Kläger war daher aus prozessualen Gründen nicht gehindert, seinen Klageantrag uneingeschränkt weiterzuverfolgen; er hat ein berechtigtes Interesse daran, daß der Umfang der noch zulässigen Vollstreckung durch Sachurteil eindeutig festgelegt wird.
II.
Die vom Kläger erhobenen materiellen Einwendungen gegen die vollstreckbaren Ansprüche aus § 780, BGB hat das Berufungsgericht, soweit es die Klage für zulässig erachtet hat, für unbegründet erklärt.
1. Zu dem Einwand, die Beklagte sei nicht mehr Rechtsinhaberin, sondern habe die streitigen Schuldanerkenntnisse als Sicherheiten auf die D.-Bank übertragen, hat das Berufungsgericht ausgeführt, aus den vorgelegten Urkunden ergebe sich eine solche Übertragung nicht; den – vom Kläger erst in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten – Antrag auf Zeugenvernehmung hat es gemäß – §§ 523, 282, 296 Abs. 2 ZPO als verspätet zurückgewiesen.
Über die dagegen erhobenen Revisionsrügen braucht der Senat nicht zu entscheiden, da das angefochtene Urteil bereits aus anderen Gründen (vgl. unten zu 4. b) aufgehoben werden muß. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit zur weiteren Aufklärung, falls der Kläger sich, obwohl er durch § 407 BGB geschützt wird, weiter darauf beruft, soweit überhaupt vollstreckbare Ansprüche gegen ihn gegeben seien, stünden sie nicht mehr der Beklagten, sondern der D.-Bank zu.
2. Den Einwand des Klägers, die notariellen Schuldversprechen seien – ebenso wie die Kreditverträge der Parteien – sittenwidrig, hat das Berufungsgericht mit der Begründung zurückgewiesen, hierzu fehle es an hinreichendem Sachvortrag.
Die auf § 286 ZPO gestützte Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe insoweit die entscheidungserheblichen Behauptungen des Klägers nicht in ihrer Gesamtheit gewürdigt, hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO).
3. Auch einen Gegenanspruch des Klägers auf Schadensersatz aus § 826 BGB hat das Berufungsgericht mit der Begründung verneint, es fehle schlüssiger Sachvortrag für eine vorsätzliche unerlaubte Handlung der Beklagten. Dagegen erhebt die Revision keine Einwendungen.
4. Vertragliche Schadensersatzansprüche des Klägers, gerichtet auf seine Freistellung von den in den notariellen Urkunden übernommenen Verpflichtungen, hat das Berufungsgericht ebenfalls abgelehnt.
a) Zur Begründung solcher Ansprüche hat der Kläger vorgetragen, er habe, bevor er sich an dem ersten Bauherrenmodell beteiligt habe, auf seine telefonische Anfrage von der Beklagten die Auskunft erhalten, sie habe das Projekt „M.” geprüft und für sehr gut befunden, die Initiatorengruppe L. sei ein seriöses Unternehmen ohne wirtschaftliche Probleme.
Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, sowohl der Sachvortrag des Klägers zur telefonischen Auskunftserteilung wie auch sein Beweisangebot seien aus grober Nachlässigkeit so spät erfolgt, daß eine vollständige Beweisaufnahme über alle eventuell erheblich werdenden Streitpunkte in der bereits anberaumten Berufungsverhandlung nicht mehr möglich gewesen wäre; außerdem fehle es an einem schlüssigen Sachvortrag dazu, daß die Prospektangaben unrichtig gewesen seien und die mangelnde Bonität der L.-Gruppe sich in irgendeiner Weise auf die Durchführung des Projekts ausgewirkt habe.
Dagegen erhebt die Revision Verfahrensrügen. Über deren Berechtigung braucht nicht entschieden zu werden, soweit sie sich dagegen richten, daß das Berufungsgericht das Klägervorbringen über die telefonische Auskunftserteilung als verspätet angesehen und insoweit eine Sachaufklärung abgelehnt hat. Darauf kommt es nicht an, weil das angefochtene Urteil bereits aus einem anderen Grunde aufgehoben werden muß. Das Berufungsgericht hat nämlich weiteren Tatsachenvortrag des Klägers, aus dem sich eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten im gleichen Umfang wie aus der telefonischen Auskunft ergibt, rechtlich falsch gewürdigt:
b) Unstreitig war die Beklagte in den Prospekten beider Bauherrenmodelle nicht nur als Vertragspartnerin für die Finanzierung, sondern außerdem auch als Referenz benannt worden. Nach dem – im Revisionsverfahren als richtig zu unterstellenden – Vorbringen des Klägers geschah das im Einverständnis der Beklagten, zumindest aber aufgrund jahrelanger Duldung in früheren Fällen.
Das Berufungsgericht hat in dieser Referenzbenennung nur das Angebot gesehen, sich bei der Bank über die beteiligten Vertragspartner und deren Seriosität erkundigen zu können. Jegliche Verpflichtung der Bank, für die inhaltliche Richtigkeit der Prospektangaben und für die Bonität der Vertragspartner einstehen zu müssen, hat das Berufungsgericht abgelehnt.
Diese rechtliche Würdigung wird der Bedeutung, die der Referenzbenennung nach Treu und Glauben beizulegen ist, nicht gerecht.
Es braucht nicht entschieden zu werden, ob diese Benennung eine Prospekthaftung aus Garantenstellung (vgl. Senatsurteil vom 31. März 1992 – XI ZR 70/91 = WM 1992, 901, 906 zu IV.) gegenüber jedem Anleger rechtfertigt, der sich im Vertrauen auf die Prospektangaben an den angebotenen Bauherrenmodellen beteiligt. Auf jeden Fall führt diese Benennung als Referenz zu einer Haftung der Bank aus Aufklärungspflichtverletzung gegenüber einem Anleger, der – wie hier der Kläger – mit ihr in Vertragsverhandlungen über eine Finanzierung seiner Beteiligung tritt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine kreditgebende Bank zwar grundsätzlich nicht verpflichtet, den Darlehensnehmer über die Risiken der von ihm beabsichtigten Darlehensverwendung aufzuklären (Senatsurteil vom 31. März 1992 a.a.O. S. 902 zu II. m. w. Nachw.). Etwas anderes kann jedoch gelten, wenn die Bank im Einzelfall über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht. Das ist hier geschehen, indem die Beklagte sich in den Prospekten nicht nur als Kreditgeberin, sondern außerdem auch als Referenz benennen ließ. Daraus erwuchs ihr gegenüber dem Kläger eine gesteigerte Verpflichtung: Sie mußte die Richtigkeit der Prospektangaben und die Bonität der Initiatoren in banküblicher Weise überprüfen und den Kreditinteressenten über bestehende Bedenken von sich aus, auch ohne ausdrückliche Anfrage, aufklären.
Schadensersatzansprüche des Klägers wegen Verletzung dieser Prüfungs- und Aufklärungspflichten scheitern nicht an der Feststellung des Berufungsgerichts, es fehle an einem schlüssigen Sachvortrag, daß Prospektangaben unrichtig gewesen seien und die mangelnde Bonität der L.-Gruppe sich in irgendeiner Weise bei den Projekten ausgewirkt habe. Mit Recht rügt die Revision, daß das Berufungsgericht insoweit schriftsätzliches Vorbringen des Klägers unter Verstoß gegen § 286 ZPO außer acht gelassen hat. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dieses Vorbringen zu berücksichtigen, auch wenn der Tatbestand des Berufungsurteils, der eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO enthält, wegen der weiteren Einzelheiten nicht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf die Schriftsätze Bezug nimmt. Wenn Tatbestand oder Verhandlungsprotokoll nichts Gegenteiliges ergeben, kann das Revisionsgericht davon ausgehen, daß durch die Stellung der Anträge und anschließendes Verhandeln der gesamte, bis zum Termin angefallene Akteninhalt zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist (BGH, Urteil vom 29. April 1981 – VIII ZR 157/80 = WM 1981, 798, 799). Für ordnungsgemäß begründete Verfahrensrügen erweitert außerdem § 561 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Regelung des § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Nach dem Vorbringen des Klägers waren die Prospektangaben über die erzielbaren Mieteinnahmen völlig unrealistisch, der Prospekthinweis auf die bereits erzielte Auslastung eines vergleichbaren anderen Projekts, des Hotels H., („deutlich mehr als 50 %”) falsch. Das hätte die Beklagte bei banküblicher Nachprüfung der Prospektangaben erkennen und dem Kläger mitteilen müssen.
Das gleiche gilt für die – nach dem Klägervorbringen bereits seit 1982 bestehende – Konkursreife der Firmengruppe L. Das Berufungsgericht hat insoweit zwar mit Recht eine positive Kenntnis der Beklagten für nicht hinreichend dargetan angesehen; jedoch den Vorwurf für gerechtfertigt erklärt, die Beklagte habe sich bei der Beurteilung der L.-Gruppe in leichtfertiger Weise der Erkenntnis bestehender Risiken verschlossen.
Daß die mangelnde Bonität der L.-Gruppe nicht zum völligen Scheitern des Projekts geführt hat, steht einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten nicht entgegen. Mit Erfolg rügt die Revision, daß das Berufungsgericht in verfahrensfehlerhafter Weise Vorbringen des Klägers übergangen hat, nach dem der Zusammenbruch der an der Projektdurchführung beteiligten L.-Gesellschaften ihm andere, wenn auch im Umfang begrenztere Nachteile gebracht hat: So sollte die H.-GmbH bei dem Projekt „M.” vereinbarungsgemäß nach der Bauphase die Vermietung der Ferienbungalows durchführen; diese Gesellschaft fiel nach dem Klägervorbringen 1987 in Konkurs; erst ab Mitte 1988 konnte eine andere Gesellschaft ihre Aufgabe übernehmen. Gegen die Firma H. stand dem Kläger außerdem ein Anspruch auf Verschaffung der Endfinanzierung mit Höchstzinsgarantien zu. Die Firma L. GmbH A. sollte ihm die versprochene Nutzung von Appartements in anderen Ferienlagern garantieren. Dadurch, daß diese Firmen als solvente Anspruchsgegner ausfielen, entstand dem Kläger nach seinem Vorbringen ein Schaden, der in zurechenbarer Weise auf die mangelnde Aufklärung zurückzuführen ist. Das Gleiche gilt auch für Ausfälle, die der Kläger dadurch erlitten hat, daß die am Projekt „Hotel R.” beteiligten L.-Gesellschaften ihre übernommenen Verpflichtungen (Nutzungsrechte, Fertigstellungsgarantie, Finanzierungsleistung) wegen Insolvenz nicht erfüllen konnten.
Im übrigen beschränkt sich der Schadensersatzanspruch des Klägers, wenn die Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten nur Einzelrisiken des Anlageprojekts betraf, nicht notwendigerweise auf die in dem betreffenden Risikobereich entstandenen Ausfälle. Wenn eine ordnungsgemäße Aufklärung in Einzelpunkten den Kläger veranlaßt hätte, vom ganzen Projekt Abstand zu nehmen, wenn also die Kausalität zwischen Aufklärungspflichtverletzung und Anlageentschluß feststeht, erstreckt sich der Ersatzanspruch auf alle Nachteile, die aus der Anlageentscheidung erwachsen sind; der Kläger kann dann von der Beklagten auch volle Befreiung von seinen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag verlangen, allerdings nur unter Ausgleich der ihm aus der Anlageentscheidung erwachsenen Vorteile.
Der Grundsatz, daß der Haftungsumfang, durch den Schutzzweck, der verletzten Pflicht begrenzt wird (Senatsurteil vom 3. Dezember 1991 – XI ZR 300/90 = WM 1992, 133, 134/135 m. w. Nachw.), führt hier nicht zu einer weitergehenden Einschränkung der Ersatzansprüche. Im Fall der zitierten Senatsentscheidung vom 3. Dezember 1991 schuldete die Bank dem Anlageinteressenten Beratung und Aufklärung nur hinsichtlich eines bestimmten Einzelpunkts; daraus ergab sich dort die Haftungsbeschränkung gemäß dem Schutzzweck der verletzten Pflicht. Anders liegt es dagegen nach der – im Senatsurteil vom 3. Dezember 1991 ausdrücklich bestätigten (a.a.O. S. 135 zu 4. a) – Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei einem Ersatzpflichtigen, der dem Anlageinteressenten eine umfassende Beratung oder Aufklärung schuldete; er haftet für alle mit einer nachteiligen Anlageentscheidung verbundenen Schäden, wenn er seine Pflicht auch nur hinsichtlich eines Einzelpunkts verletzt, gerade dadurch aber die Anlageentscheidung verursacht hat. Die Voraussetzungen einer so umfassenden Haftung sind bei einer Bank zu bejahen, wenn sie sich in einem Prospekt ganz allgemein als Referenz benennen läßt und dadurch den Eindruck erweckt, sie habe das gesamte Projekt mit positivem Ergebnis geprüft. Sie ist dann gegenüber einem Anleger, der mit ihr Finanzierungsverhandlungen aufnimmt, zur umfassenden Aufklärung über alle bei banküblicher Überprüfung erkennbaren Projektrisiken verpflichtet.
Fundstellen
Haufe-Index 609823 |
BB 1992, 1454 |
NJW 1992, 2148 |
ZIP 1992, 987 |
ZBB 1992, 223 |