Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung der Rechtsnatur von Streitigkeiten
Leitsatz (amtlich)
- Die Erwartung, es bestehe kein besonderes Bedürfnis, dem einzelnen Leistungserbringer den Schutz des Kartellrechts zu erhalten, weil die maßgeblichen Konditionen infolge der Neuregelung durch das Gesundheits-Reformgesetz nunmehr durch Verbände und nicht mehr vom einzelnen Leistungserbringer ausgehandelt würden, trifft für den Bereich der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nicht zu.
- Die vertraglichen Beziehungen zwischen den Leistungserbringern der häuslichen Krankenpflege und der Krankenkassen sind nach dem Willen des Gesetzgebers auch nach der Neuregelung des Gesundheitswesens durch das Gesundheits-Reformgesetz weiterhin dem Privatrecht zuzuordnen.
Normenkette
SGB V §§ 132, 69; GVG § 13; GWB § 87 Abs. 1
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Juli 1990 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Klägerin ist staatlich geprüfte Krankenschwester. Als freiberufliche Krankenpflegerin betreut sie Kranke in ihren Wohnungen. Die meisten der von ihr betreuten Patienten sind in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert.
Der Beklagte ist ein Verband, dessen Mitglieder gesetzliche Krankenkassen sind. Die Mitgliedskassen des Beklagten beschäftigen keine eigenen Angestellten zur Gewährung häuslicher Krankenpflege, sondern nehmen dafür Leistungserbringer in Anspruch, mit denen sie Verträge schließen. Sie haben dem Beklagten die Befugnis übertragen, für sie mit Leistungserbringern Einzelverträge der in § 132 Abs. 1 Satz 2 SGB V genannten Art über die Versorgung mit häuslicher Krankenpflege abzuschließen. Im Bereich der Stadt H., die ebenso wie der Wohnort der Klägerin zum M.-K.-Kreis gehört, hat der Beklagte solche Verträge auch mit selbständigen Krankenpflegern abgeschlossen.
Die Klägerin ist an den Beklagten herangetreten, auch mit ihr einen derartigen Vertrag abzuschließen. Sie trägt vor: Dieser Vertrag würde es ihr ermöglichen, die in der häuslichen Krankenpflege erbrachten Leistungen direkt mit der jeweiligen Krankenkasse abzurechnen. Gegenwärtig sei sie gezwungen, ihren Patienten Rechnungen zu erteilen, die diese den Krankenkassen zur Erstattung vorlegten. Von den Patienten werde dieses mit Risiken und Mühen verbundene Kostenerstattungsverfahren als lästig empfunden. Das führe dazu, daß sozialversicherte Patienten ihre, der Klägerin, Leistungen häufig nicht mehr in Anspruch nähmen.
Der Beklagte hat es abgelehnt, mit der Klägerin einen Vertrag abzuschließen. Er trägt vor: Im Bereich des Wohnsitzes der Klägerin sei die flächendeckende Versorgung mit Leistungen der häuslichen Krankenpflege bereits durch Verträge mit der evangelischen Kirchengemeinde und der Kommunalverwaltung sichergestellt.
Mit der Klage begehrt die Klägerin, den Beklagten zu verurteilen, ihr für seine Mitgliedskassen ein Vertragsangebot zur Erbringung häuslicher Krankenpflege zu den Konditionen zu unterbreiten, die üblicherweise selbständigen Krankenschwestern/Krankenpflegern zur Erbringung häuslicher Krankenpflege im Sinne von § 132 Abs. 1 Satz 2 SGB V angeboten werden, hilfsweise, sie bei dem Abschluß von Verträgen über häusliche Krankenpflege in den Kreis der zu berücksichtigenden Anbieter einzubeziehen.
Der Beklagte begehrt die Abweisung der Klage. Er meint, der Rechtsweg zu den Zivilgerichten sei verschlossen, weil gemäß § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG sämtliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern nunmehr den Sozialgerichten zugewiesen seien.
Das Landgericht hat die Klage als im beschrittenen Rechtsweg unzulässig abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat den Rechtsstreit auf den erst im Berufungsrechtszug gestellten Hilfsantrag der Klägerin an das Sozialgericht Düsseldorf verwiesen.
Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Der Beklagte beantragt
die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
1.
Während das Landgericht die Auffassung vertreten hat, bei dem vorliegenden Rechtsstreit handele es sich um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit, die durch § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGG in der Fassung von Art. 32 des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S. 2477, 2580; im folgenden: Gesundheits-Reformgesetz), das am 1. Januar 1989 in Kraft getreten ist, den Sozialgerichten zugewiesen sei, vertritt das Berufungsgericht die Ansicht, es handele sich vorliegend überhaupt nicht um eine bürgerlich-rechtliche, sondern um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Der Gesetzgeber habe die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den Leistungserbringern durch das Gesundheits-Reformgesetz insgesamt neu gestaltet. Das Gesetz mache den Abschluß von Verträgen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern nunmehr grundsätzlich von einer vorherigen öffentlich-rechtlichen Zulassung des Leistungserbringers abhängig. Darüber hinaus sei die nach früherem Recht der einzelnen Krankenkasse offenstehende Möglichkeit, mit einzelnen Leistungserbringern Rahmenverträge zu schließen, grundsätzlich durch eine insoweit ausschließliche Zuständigkeit der jeweiligen Spitzenverbände beseitigt worden. Daraus sei zu schließen, daß der Gesetzgeber das materielle Rechtsverhältnis zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern insgesamt dem öffentlichen Recht habe zuordnen wollen. Nur so lasse sich das vom Gesetz angestrebte Ziel erreichen, "Justiz-Enklaven" zu verhindern und den Sozialgerichten die Entscheidungskompetenz auch dann zu erhalten, wenn es bei Beschaffungsverträgen um kartellrechtlich relevante Fragen gehe. Auf öffentlich-rechtliche Verträge fänden § 35 Abs. 1, § 26 Abs. 2 GWB keine Anwendung. Da die maßgeblichen Vertragskonditionen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern auf Verbandsebene ausgehandelt würden, sei auch das Bedürfnis, dem einzelnen Leistungserbringer den vollen Schutz des GWB zu erhalten, deutlich verringert.
2.
Dieser Beurteilung vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die vorliegende Rechtsstreitigkeit ist bürgerlich-rechtlicher Natur.
Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (vgl. GmS-OGB, Beschl. v. 10.04.1986, BGHZ 97, 312, 313, 314 m.w.N.; Beschl. v. 29.10.1987, BGHZ 102, 280, 283; Beschl. v. 10.07.1989, BGHZ 108, 284, 286, 287). Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob die an der Streitigkeit Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und ob sich der Träger der hoheitlichen Gewalt der besonderen, ihm zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient oder ob er sich den für jedermann geltenden zivilrechtlichen Regelungen unterstellt. Aus einem Gleichordnungsverhältnis kann zwar noch nicht ohne weiteres auf eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit geschlossen werden, weil auch dem öffentlichen Recht eine gleichgeordnete Beziehung zwischen Berechtigtem und Verpflichteten nicht fremd ist. So liegt es im Wesen - auch des öffentlich-rechtlichen - Vertrages, daß sich die Vertragsparteien grundsätzlich gleichgeordnet gegenüberstehen. Für die Abgrenzung von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Vertrag kommt es daher auf dessen Gegenstand und Zweck an. Die Rechtsnatur des Vertrages bestimmt sich danach, ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzurechnen ist (vgl. GmS-OGB, BGHZ 97, 312, 314 m.w.N.). Über die Zuordnung des Vertragsgegenstandes entscheidet, ob die Vertragsabmachungen mit ihrem Schwerpunkt öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich ausgestaltet sind und welcher Teil dem Vertrag das entscheidende Gepräge gibt (BGH, Urteil vom 09.12.1982 - III ZR 56/81, MDR 1983, 827; BVerwGE 42, 331, 333). Für den öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen einem Träger öffentlicher Verwaltung und einer Privatperson ist dabei typisch, wenn auch nicht wesensnotwendig, daß er an die Stelle einer sonst möglichen Regelung durch Verwaltungsakt tritt (vgl. § 54 Satz 2 VwVfG, § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X).
a)
Das hier in Rede stehende Rechtsverhältnis ist bürgerlich-rechtlicher Natur, denn die Klägerin begehrt den Abschluß eines zivilrechtlichen Vertrages.
Der Vorschrift des § 132 SGB V, in der bestimmt ist, daß die Krankenkassen mit geeigneten Personen, Einrichtungen oder Unternehmen Verträge über die Gewährung von häuslicher Krankenpflege zu schließen haben, wenn die Kassen diese Leistungen nicht durch eigenes Fachpersonal erbringen, ist kein auf eine öffentlich-rechtliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen Krankenkasse und Leistungserbringer hindeutendes Merkmal zu entnehmen. Die Vorschrift enthält keine öffentlich-rechtlich geprägten Vorgaben für die inhaltliche Gestaltung des Vertragsverhältnisses, die auf die Begründung, Änderung, Aufhebung oder Ausgestaltung eines Rechtsverhältnisses des öffentlichen Rechts gerichtet wären. Hinsichtlich der Gewährung von häuslicher Krankenpflege entspricht § 132 SGB V vielmehr dem bisherigen § 376 b RVO. In § 132 Abs. 1 Satz 2 SGB V ist lediglich allgemein bestimmt, daß die Krankenkasse über Inhalt, Umfang, Vergütung sowie Prüfung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Dienstleistungen Verträge zu schließen hat. Es ist nicht vorgesehen, daß der Vertragsinhalt wie bei der kassenärztlichen Versorgung bei einem Scheitern von Vertragsverhandlungen durch ein Schiedsamt festgesetzt wird (vgl. § 89 SGB V) oder daß wie bei den Beziehungen zu den Krankenhäusern (vgl. § 114 SGB V) und Apothekern (vgl. § 129 Abs. 7 SGB V) eine Schiedsstelle den Vertragsinhalt festlegt, was ein Indiz für die Zuordnung zum öffentlichen Recht wäre (vgl. BVerfGE 70, 1, 17, 20; BSGE 66, 159, 162). Auch die Gesetzesmaterialien zum Gesundheits-Reformgesetz enthalten keinen Hinweis, daß das Rechtsverhältnis zwischen den Krankenkassen und den Leistungserbringern der häuslichen Krankenpflege abweichend vom bisherigen Rechtszustand nunmehr durch öffentlich-rechtlichen Vertrag geregelt werde. Es ist dort nur hervorgehoben, daß die Kassen eine den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen gerecht werdende wohnortnahe und qualifizierte Pflegeleistung zu gewährleisten haben, und daß die Neuregelung die Krankenkasse verpflichte, die Vielfalt der Leistungserbringer zu berücksichtigen und diese nach fachlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten auszuwählen (vgl. BT-Drucksache 11/2237 S. 206).
b)
Aus der Einführung des Erfordernisses einer Zulassung bei den Leistungserbringern von Heil- und Hilfsmitteln (§§ 124, 126 SGB V), kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht gefolgert werden, daß die von der Krankenkasse mit den Leistungserbringern der häuslichen Krankenpflege abgeschlossenen Verträge dem öffentlichen Recht zuzuordnen seien. Abgesehen davon, daß eine öffentlich-rechtliche Zulassung nicht besagt, daß auch das aufgrund einer solchen Zulassung begründete Vertragsverhältnis öffentlichrechtlich wäre (vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 99 Rdn. 34 ff. m.N.; Faber, Verwaltungsrecht, 2. Aufl., S. 146 ff.; Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts Bd. I, 10. Aufl., S. 197 m.N.), sondern sich die Zuordnung des Vertragsverhältnisses zum öffentlichen Recht wie auch sonst danach beurteilt, ob dieses Verhältnis in seiner konkreten Ausgestaltung infolge seines Regelungsgegenstandes durch Rechtssätze des öffentlichen Rechts geprägt ist (vgl. Gesetzesbegründung zum Entwurf des Verwaltungsverfahrensgesetzes v. 18.07.1973, BT-Drucksache 7/910 S. 78; Obermayer, Komm. z. Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl., § 54 Rdn. 4, 26 ff.; Stelkens/Bonk/Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz, 3. Aufl., § 54 Rdn. 35 ff.; Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 3. Aufl., § 54 Rdn. 6 m.N.; Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl., § 54 Rdn. 2 m.N.), ist in § 132 SGB V eine Zulassung zur Leistungserbringung im Bereich der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nicht vorgesehen.
Der Gesetzgeber hat die im Vierten Kapitel des Fünften Buches Sozialgesetzbuch geregelten Beziehungen der Krankenkassen zu den verschiedenen Leistungserbringern im Bereich des Gesundheitswesens bewußt unterschiedlich gestaltet. Im Bereich des Kassenarztrechts waren die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen, Ärzten und Versicherten einschließlich der Leistungen und des Vertragssystems seit jeher öffentlich-rechtlich ausgestaltet (vgl. BVerfGE 11, 30, 32 f., 39 f.; 68, 193, 209). Auch die Rechtsbeziehungen zwischen Zahnärzten und Zahntechnikern sowie den Krankenkassen unterstanden schon vor dem Inkrafttreten des Gesundheits-Reformgesetzes dem öffentlichen Recht, einschließlich der "besonderen Vereinbarungen über die Vergütung" (§ 368 g Abs. 5 a Satz 2 RVO; vgl. BVerfGE 68, 193, 210; 70, 1, 17). Im Bereich der Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern von Heil- und Hilfsmitteln (SGB V, Viertes Kapitel, Fünfter und Sechster Abschnitt) ist durch das Gesundheits-Reformgesetz insoweit eine Änderung eingetreten, als eine Leistungsbeziehung zur Krankenkasse nunmehr eine öffentlich-rechtliche Zulassung voraussetzt, durch die bei den Leistungserbringern von Heilmitteln die persönliche und fachliche Eignung (Ausbildung, berufspraktische Erfahrungszeit) und bei den Leistungserbringern von Hilfsmitteln die funktionsgerechte und wirtschaftliche Herstellung und Anpassung gewährleistet und eine die sachgerechte Leistungserbringung voraussetzende Praxis- und Geschäftsausstattung sichergestellt werden soll. Die im Achten Abschnitt des Vierten Kapitels SGB V geregelten "Beziehungen zu sonstigen Leistungserbringern", worunter auch die Versorgung mit häuslicher Krankenpflege fällt, sehen demgegenüber eine öffentlich-rechtliche Zulassung nicht vor.
c)
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts können die Verträge über die Versorgung mit häuslicher Krankenpflege auch nicht deshalb dem öffentlichen Recht zugeordnet werden, weil es sich dabei im System der Gesundheitsvorsorge um ganz unbedeutende Teilbereiche handele, die der Gesetzgeber demselben Regime habe unterstellen wollen, das er für die Erbringung von ärztlichen Leistungen und die Krankenhausbehandlung geschaffen habe. Bei den in einem eigenen Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB V besonders geregelten Beziehungen der Krankenkassen zu sonstigen Leistungserbringern (vgl. §§ 132 ff. SGB V) handelt es sich nicht um einen unwesentlichen Teilbereich im System der Versorgung, sondern um ein Marktsegment von beachtlicher Größenordnung und wirtschaftlicher Bedeutung, das nicht auf die Versorgung mit häuslicher Krankenpflege beschränkt ist. Im übrigen ist der Gesetzgeber nicht gehindert, Teilbereiche einer von ihm weitgehend öffentlich-rechtlich geregelten Rechtsmaterie privatrechtlich zu gestalten. Soweit sich dies im Bereich der Krankenversicherung nicht wegen der Natur der zu regelnden Rechtsmaterie verbietet, gibt es wirtschaftliche Gründe, das vom Gesetzgeber mit dem Gesundheits-Reformgesetz angestrebte Ziel der Kostendämpfung im Gesundheitswesen auf dem Weg der Eröffnung eines ungehinderten Zutritts zum Markt und damit durch einen nicht reglementierten Leistungswettbewerb anzustreben.
d)
Das Berufungsgericht meint, auch aus der "Klammervorschrift" des § 69 SGB V sei eine generelle Zuordnung aller Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den Leistungserbringern zum öffentlichen Recht herzuleiten. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Vorschrift kommt keine eigenständige normative Bedeutung zu (vgl. Hauck/Haines, SGB V, Kommentar, K § 69 Rdn. 1); sie enthält keine Aussage über Inhalt und Art der Rechtsbeziehungen der Krankenkasse zu den Leistungserbringern, auf die es für die Abgrenzung zwischen öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Vertrag ankommt.
e)
Die vom Berufungsgericht angestellte weitere Erwägung, es bestehe kein besonderes Bedürfnis, dem einzelnen Leistungserbringer den Schutz des Kartellrechts zu erhalten, weil die maßgeblichen Konditionen infolge der Neuregelung durch das Gesundheits-Reformgesetz nunmehr durch Verbände und nicht mehr vom einzelnen Leistungserbringer ausgehandelt würden, trifft für den Bereich der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nicht zu. Denn § 132 Abs. 1 Satz 2 SGB V bestimmt, daß die Krankenkassen mit dafür geeigneten Personen Verträge über die Erbringung häuslicher Krankenpflege für ihre Mitglieder abschließen können. Im Bereich der häuslichen Krankenpflege ist der einzelne Leistungserbringer daher nicht durch einen von gleichgewichtigen Verhandlungspartnern auf Verbandsebene ausgehandelten kollektiven Vertrag geschützt, der in der Regel auch für eine gleichmäßige Anwendung im Einzelfall sorgt. Da es im Bereich der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege außerdem ein die Gleichbehandlung bei der Zulassung der Leistungserbringer sicherndes öffentlich-rechtliches Zulassungsverfahren nicht gibt, sind diese Leistungserbringer entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auf den Schutz des § 26 Abs. 2 GWB besonders angewiesen.
f)
Daß die vertraglichen Beziehungen zwischen den Leistungserbringern der häuslichen Krankenpflege und den Krankenkassen nach dem Willen des Gesetzgebers auch nach der Neuregelung des Gesundheitswesens durch das Gesundheits-Reformgesetz weiterhin dem Privatrecht zuzuordnen sind, wird schließlich auch durch die Neufassung von § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG in Art. 32 des Gesundheits-Reformgesetzes bestätigt. Hätte der Gesetzgeber die Verträge zwischen den Krankenkassen oder ihren Verbänden und den Leistungserbringern durch das Gesundheits-Reformgesetz schlechthin dem öffentlichen Recht zugeordnet, wäre die Vorschrift des § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGG überflüssig, durch die den Sozialgerichten Streitigkeiten aufgrund von Verträgen der Krankenkassen oder ihrer Verbände in Angelegenheiten nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch zugewiesen sind. Denn wären diese Rechtsstreitigkeiten öffentlich-rechtlicher Natur, hätte es einer besonderen Zuweisung nicht bedurft, weil sich die Zuständigkeit der Sozialgerichte bereits aus dem unverändert gebliebenen § 51 Abs. 1 SGG ergeben hätte, durch den ihnen alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung zugewiesen sind. Durch die Gesetzesmaterialien zur Neufassung des § 51 SGG wird bestätigt (vgl. BT-Drucksache 11/3480 S. 77), daß der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, daß sich an der bürgerlichen Natur der in Rede stehenden Verträge nichts ändert.
3.
Da es sich im vorliegenden Fall um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit handelt, die sich aus dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ergibt, ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gemäß § 13 GVG i.V.m. § 87 Abs. 1 GWB eröffnet. Wie der Senat im Urteil vom 12. März 1991 (KZR 26/89, Urteilsumdruck S. 8 ff. unter Ziff. I, 2. - Einzelkostenabrechnung, zum Abdruck in der amtlichen Sammlung bestimmt) im einzelnen dargelegt hat, ist durch die Änderung von § 51 Abs. 2 SGG in der Fassung von Art. 32 des Gesundheits-Reformgesetzes keine Zuweisung kartellrechtlicher Streitigkeiten an die Sozialgerichte erfolgt. Dem widerspricht soweit ersichtlich auch die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht, das eine Zuständigkeit der Sozialgerichte für kartellrechtliche Rechtsstreitigkeiten i.S. von § 87 GWB nicht in Anspruch genommen hat (BSG, Urt. v. 24.01.1990 - 3 RK 11/88, BSGE 66, 159 ff.; BSG, Urt. v. 09.02.1989 - 3 RK 7/88, NJW 1989, 2773 ff.); um die Frage, inwieweit § 96 Abs. 2 GWB anzuwenden ist, geht es hier nicht.
II.
Das Berufungsgericht hat sich - von seinem Standpunkt aus zu Recht - mit dem sachlichen Begehren der Klägerin nicht befaßt. Der Rechtsstreit ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen wird.
Unterschriften
Odersky
Piper
Brandes
Maltzahn
v. Ungern-Sternberg
Fundstellen