Entscheidungsstichwort (Thema)
Globalzession. Werthaltigmachung von abgetretenen Forderungen. Erbringung von Bauleistungen für Abschlagszahlungen. Verrechnung. Kongruente Deckung. Insolvenzanfechtung
Leitsatz (amtlich)
Macht die künftige Insolvenzschuldnerin die global an ihre Bank abgetretenen (künftigen) Forderungen gegen ihre Auftraggeber dadurch werthaltig, dass sie die geschuldeten Arbeitsleistungen durch ihre Arbeitnehmer erbringen lässt, ist die Werthaltigmachung der abgetretenen Forderungen als kongruente Deckung anfechtbar.
Normenkette
InsO §§ 129-130
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 12.07.2005; Aktenzeichen 10 O 359/04) |
Tenor
Auf die Sprungrevision des Klägers wird das Urteil der 10. Zivilkammer des LG Aachen vom 12.7.2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das LG zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
[1] Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der K. GmbH & Co. KG (im Folgenden: Schuldnerin). Diese stand in ständiger Geschäftsbeziehung zu der beklagten Sparkasse. Mit Vertrag vom 2.6.1997 hatte die Schuldnerin der Beklagten zur Sicherung aller Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung alle ihr aus Warenlieferungen und Leistungen gegen ihre Kunden zustehenden gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen abgetreten (Globalzession). Am 21.3.2002 gewährte die Beklagte der Schuldnerin einen Kontokorrentkredit über 200.000 EUR. Am 14.7.2002 wies dieses Konto einen Sollstand von 332.868,33 EUR auf.
[2] Spätestens am 23.7.2002 war die Schuldnerin zahlungsunfähig. Am 14.8.2002 stellte sie Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Das Verfahren wurde zum 1.9.2002 eröffnet.
[3] Die Schuldnerin hatte im Jahr 2001 von der Stadt H. den Auftrag für die Erschließung eines Gewerbegebietes erhalten. Es waren Abschlagszahlungen vereinbart. Im Juli 2002 erbrachte die Schuldnerin die Bauleistungen für die 15. und 16. Abschlagszahlung. Die Stadt H. zahlte auf das Kontokorrentkonto auf die 15. Abschlagszahlung am 1.8.2002 30.148,52 EUR und auf die 16. Abschlagszahlung am 5.8.2002 86.352,97 EUR, zusammen 116.501,49 EUR. Im Zeitpunkt der Zahlungen wusste die Beklagte, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig war. Anschließend ließ die Beklagte noch Belastungen des Kontos über 8.837,35 EUR zu. Den auf 107.706,44 EUR (richtig: 107.664,14 EUR) bezifferten Differenzbetrag verlangt der Kläger im Wege der Insolvenzanfechtung.
[4] Das LG hat die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Sprungrevision verfolgt der Kläger sein Anfechtungsbegehren in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe
[5] Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LG.
I.
[6] Das LG hat ausgeführt, dem Kläger stehe der Zahlungsanspruch nicht zu. Durch die Verrechnungen sei der Anspruch der Schuldnerin auf Herausgabe der Zahlungen erloschen. Der Kläger sei nicht zur Anfechtung der Verrechnungen gem. § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO berechtigt, weil diese die Gläubiger objektiv nicht benachteiligt hätten. Eine Gläubigerbenachteiligung liege nicht vor, wenn ein Dritter an die Bank zahle und die Bank gleichzeitig ein Pfandrecht nach Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken an dem Anspruch des Schuldners auf Auszahlung erwerbe.
[7] Die Forderungen gegen die Stadt H. seien von der Globalabtretung erfasst gewesen, weil diese sich auf zukünftige Forderungen der Schuldnerin bezogen habe und hinreichend bestimmt gewesen sei. Es habe sich folglich lediglich um einen Austausch von Sicherheiten gehandelt.
[8] Der Kläger könne auch nicht die an die Stadt H. erbrachten Leistungen ggü. der Beklagten gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechten. Ob das Werthaltigmachen der abgetretenen Forderungen ggü. dem Zessionar anfechtbar sei, könne dahinstehen. Jedenfalls fehle es auch insoweit an der objektiven Gläubigerbenachteiligung. Den Gläubigern solle die Anfechtung keine Vorteile verschaffen, die sie ohne Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung nicht erzielt hätten. Der Schuldnerin müsse Haftungssubstrat entzogen worden sein. Der Umstand, dass die Schuldnerin Arbeitskraft eingesetzt habe, reiche für eine Gläubigerbenachteiligung nicht aus. Inwieweit der Schuldnerin Haftungsmasse entzogen worden sei, sei nicht vorgetragen, noch nicht einmal zu etwaigen Unkosten.
II.
[9] Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Mit der Begründung des LG kann eine Unwirksamkeit der Verrechnung nicht verneint werden.
[10] 1. Der Kläger kann von der Beklagten gem. § 667 BGB Auskehrung der gutgeschriebenen Beträge verlangen, wenn die Verrechnung der Beklagten gem. § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unwirksam war. Eine Anfechtung der Verrechnung findet neben der Anwendung dieser Bestimmung nicht statt. Der Verwalter kann sich unmittelbar auf die Unwirksamkeit der Verrechnung berufen (BGHZ 159, 388, 393; BGH, Urt. v. 11.11.2004 - IX ZR 237/03, ZIP 2005, 181, 182; v. 28.2.2008 - IX ZR 177/05, ZIP 2008, 650 Rz. 10).
[11] § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO spricht zwar nur von Aufrechnungen. Die Vorschrift findet aber auch auf Verrechnungen Anwendung (BGH, Urt. v. 12.7.2007 - IX ZR 120/04, ZIP 2007, 1467, 1468 Rz. 8; v. 28.2.2008, a.a.O.).
[12] Der maßgebliche Zeitpunkt bemisst sich nach § 140 Abs. 1 InsO. Danach ist entscheidend, wann das Gegenseitigkeitsverhältnis begründet worden ist (BGHZ 159, 388, 395; BGH, Urt. v. 14.6.2007 - IX ZR 56/06, ZIP 2007, 1507, 1508 f Rz. 13; v. 28.2.2008, a.a.O.).
[13] Die Verrechnungslagen sind hier am 1.8.2002 und am 5.8.2002 entstanden, also jeweils innerhalb des letzten Monats vor dem Eigenantrag vom 14.8.2002. An diesen Tagen gingen die Zahlungen der Stadt H. auf dem Kontokorrentkonto der Schuldnerin ein und begründeten jeweils Ansprüche der Schuldnerin auf Gutschrift. Der Anspruch der Beklagten aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB auf Rückzahlung des Darlehens war bereits zuvor fällig, weil die Schuldnerin nach den Feststellungen des LG die Kreditlinie um mehr als die gutgeschriebenen Beträge überzogen hatte und der Beklagten schon deshalb ein sofort fälliger Zahlungsanspruch zustand. Im Zeitpunkt des Zahlungseingangs war die Schuldnerin jeweils zahlungsunfähig. Das LG hat festgestellt, dass die Zahlungsunfähigkeit spätestens am 23.7.2002 eingetreten ist. Darüber hinaus hat es festgestellt, dass der Beklagten im maßgeblichen Zeitpunkt des Zahlungseingangs die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bekannt war. Damit liegen die Anfechtungsvoraussetzungen des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO hinsichtlich der Verrechnungen vor, wenn sie zu der nach § 129 InsO immer erforderlichen Gläubigerbenachteiligung geführt hat.
[14] 2. Die Stadt H. hat nicht auf die Darlehensforderung der Beklagten, sondern auf die zur Sicherheit abgetretenen Forderungen auf die 15. und 16. Abschlagszahlung geleistet. Aufgrund der Sicherungsabtretung hat die Beklagte die Zahlungen als wahre Berechtigte erhalten. Zwar sind mit der Zahlung die der Beklagten als Sicherheit abgetretenen Forderungen erloschen (§§ 362, 407 Abs. 1 BGB). Die Beklagte hat an deren Stelle jedoch ein Pfandrecht an dem neu entstandenen Anspruch der Schuldnerin aus § 667 BGB gem. Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken bzw. Nr. 21 Abs. 1 AGB-Sparkassen erworben. Der Austausch einer insolvenzbeständigen Sicherheit gegen eine andere benachteiligt die Gläubiger aber nicht (BGHZ 147, 233, 239 f.; BGH, Urt. v. 5.12.1985 - IX ZR 165/84, ZIP 1986, 452, 454 f.; v. 28.2.2008, a.a.O., S. 651 Rz. 12).
[15] Eine Bank ist deshalb auch in der Krise anfechtungsrechtlich zur Verrechnung der Zahlungseingänge berechtigt, die aus ihr zur Sicherheit anfechtungsfest abgetretenen werthaltigen Forderungen stammen (BGH, Urt. v. 1.10.2002 - IX ZR 360/99, WM 2002, 2369, 2371; v. 2.6.2005 - IX ZR 181/03, WM 2005, 1790, 1791; v. 19.1.2006 - IX ZR 154/03, WM 2006, 915, 916; v. 28.2.2008, a.a.O., Rz. 12).
[16] 3. Maßgebend ist daher, ob die Abtretung dieser Forderungen an die Beklagte oder ihre Werthaltigmachung anfechtbar ist. Dies hat das LG zu Unrecht dahingestellt sein lassen.
[17] a) Wie der Senat mit Urteil vom 29.11.2007 (IX ZR 30/07, ZIP 2008, 183, z.V.b. in BGHZ 174, 297; vgl. auch BGH, Urt. v. 29.11.2007 - IX ZR 165/05, ZIP 2008, 372) entschieden hat, sind Globalzessionsverträge auch hinsichtlich der künftig entstehenden Forderungen grundsätzlich als kongruente Deckung anfechtbar. Das Werthaltigmachen zukünftiger Forderungen die von einer Globalzession erfasst werden, ist als selbständige Rechtshandlung anfechtbar, wenn das Werthaltigmachen dem Vertragsschluss zeitlich nachfolgt; insoweit handelt es sich ebenfalls um eine kongruente Deckung, wenn dies für das Entstehen der Forderung zutrifft.
[18] Der vorliegende Sicherheitentausch benachteiligte die Gläubiger nicht, wenn die Beklagte aufgrund der Globalabtretung vom 2.6.1997 an den Forderungen ein anfechtungsfestes Absonderungsrecht (§ 51 Nr. 1 InsO) erworben hatte (BGH, Urt. v. 1.10.2002, a.a.O.; v. 2.6.2005, a.a.O.; v. 29.11.2007 - IX ZR 30/07, a.a.O., S. 184 Rz. 13).
[19] Dabei ist für die anfechtungsrechtliche Beurteilung der Abtretung auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die zukünftigen Forderungen jeweils begründet worden sind (BGHZ 157, 350, 353 f.; BGH, Urt. v. 20.3.2003 - IX ZR 166/02, ZIP 2003, 808, 809; v. 8.3.2007 - IX ZR 127/05, ZIP 2007, 924, 925 Rz. 16 f.; v. 29.11.2007 - IX ZR 30/07, a.a.O.).
[20] Der Vertrag der Schuldnerin mit der Stadt H., aus dem die erfüllten Ansprüche auf Abschlagszahlungen resultierten, ist im Jahr 2001 geschlossen; die Ansprüche auf Abschlagszahlungen sind also in diesem Zeitpunkt begründet worden. Dieser lag weit vor der kritischen Zeit; die Voraussetzungen des § 130 InsO liegen insoweit nicht vor.
[21] b) Die Forderungen wurden jedoch erst dadurch werthaltig, dass die Schuldnerin im Juli 2002 die Bauleistungen für die 15. und 16. Abschlagszahlung erbracht hat, also innerhalb des Dreimonatszeitraums des § 130 InsO, der am 14.5.2002 begann (§ 139 InsO).
[22] Gemäß §§ 130, 131 InsO sind auch Rechtshandlungen anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung ermöglichen. Deshalb gehören zu den anfechtbaren Rechtshandlungen i.S.d. § 129 Abs. 1 InsO nicht nur Rechtsgeschäfte, sondern auch rechtsgeschäftsähnliche Handlungen und Realakte. Wird durch vom Schuldner veranlasste Maßnahmen die Fälligkeit der Vergütung herbeigeführt oder die Einrede nach § 320 BGB ausgeräumt, so gewinnt die Forderung dadurch für den Sicherungsnehmer an Wert. Deshalb sind solche tatsächlichen Leistungen als gegenüber einem vorausgegangenen Vertragsschluss des Schuldners selbständige Rechtshandlungen ebenfalls insolvenzrechtlich anfechtbar (BGH, Urt. v. 29.11.2007 - IX ZR 30/07, a.a.O., S. 187 Rz. 37 m.w.N.). Sie sind, wenn - wie hier - die Entstehung der Forderung eine kongruente Deckung darstellte, ebenfalls nur als kongruente Deckung anfechtbar (BGH, Urt. v. 29.11.2007 - IX ZR 30/07, a.a.O., S. 187 f Rz. 38 f m.w.N.).
[23] c) Nach den Feststellungen des LG hat die Schuldnerin im Juli 2002 die Bauleistungen für die 15. und 16. Abschlagszahlung erbracht und damit den Anspruch auf diese Abschlagszahlungen werthaltig gemacht, nämlich die Fälligkeit des Anspruchs auf Abschlagszahlung herbeigeführt und die Einrede des nicht erfüllten Vertrages gem. § 320 BGB ausgeräumt. Dieses Werthaltigmachen ist nach § 130 InsO anfechtbar. Das LG hat jedoch die Voraussetzungen der Deckungsanfechtung nach dieser Vorschrift nicht festgestellt. Die Werthaltigmachung erfolgte zwar im Juli 2002 und damit in den letzten drei Monaten vor dem am 14.8.2002 gestellten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Es ist aber lediglich festgestellt, dass die Schuldnerin spätestens am 23.7.2002 zahlungsunfähig war und dass die Beklagte im Zeitpunkt der Zahlungen die Zahlungsunfähigkeit kannte.
[24] Das genügt nicht. Maßgebender Zeitpunkt ist gem. § 140 Abs. 1 InsO derjenige, in dem die Forderungen werthaltig gemacht, also die erforderlichen Bauleistungen abgeschlossen wurden. Zu diesem Zeitpunkt müssen die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und die Kenntnis der Beklagten hiervon vorgelegen haben. Weder dies, noch die Kenntnis von Umständen, die gem. § 130 Abs. 2 InsO zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen, sind festgestellt.
[25] 4. Entgegen der Auffassung des LG kann die insoweit erforderliche objektive Gläubigerbenachteiligung gem. § 129 InsO nicht mit der Begründung verneint werden, es sei nicht hinreichend dargelegt, dass der Schuldnerin Haftungssubstrat entzogen worden sei.
[26] a) Eine Gläubigerbenachteiligung liegt im Allgemeinen vor, wenn die anzufechtende Rechtshandlung die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff der Gläubiger auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat (HK-InsO/Kreft, 4. Aufl., § 129 Rz. 36).
[27] Das Werthaltigmachen einer Forderung der Schuldnerin, die die Gläubiger zuvor wegen fehlender Fälligkeit und der Einrede des nicht erfüllten Vertrages nicht hätten verwerten können, zugunsten lediglich eines einzelnen Gläubigers, benachteiligt die Gläubigergesamtheit, auch wenn sich das vor der Werthaltigmachung vorhandene Vermögen nicht vermindert und lediglich die Arbeitskraft der Arbeitnehmer der Schuldnerin zur Werthaltigmachung eingesetzt worden sein sollte.
[28] b) Die Schuldnerin hat unstreitig die Arbeitskraft ihrer Arbeitnehmer dazu eingesetzt, die vereinbarten Bauleistungen für die 15. und 16. Abschlagszahlung zu erbringen. Dies ist für eine objektive Gläubigerbenachteiligung ausreichend.
[29] Die Arbeitskraft des Schuldners, wenn er eine natürliche Person ist, unterliegt zwar im Hinblick auf § 888 Abs. 2 ZPO nicht dem Insolvenzbeschlag. Sie fällt gem. § 35, 36 Abs. 1 InsO auch nicht in die Insolvenzmasse (Kirchhof in MünchKomm/InsO, 2. Aufl., § 129 Rz. 91).
[30] Eine objektive Gläubigerbenachteiligung ist aber zu bejahen, wenn die Schuldnerin - wie hier - ihre Arbeitnehmer zur Erbringung von Leistungen zugunsten eines einzelnen Gläubigers einsetzt und dadurch die an die Bank abgetretene Forderung auf Entgelt werthaltig macht. Der arbeitsvertragliche Anspruch auf die Dienste eines Arbeitnehmers besitzt im Allgemeinen einen objektiven Verkehrswert. Es hat auch einen Vermögenswert im anfechtungsrechtlichen Sinn (BGH, Urt. v. 11.12.2003 - IX ZR 336/01, ZIP 2004, 671, 672; v. 19.4.2007 - IX ZR 79/05, ZIP 2007, 1118, 1119 Rz. 14). Ihr Einsatz zugunsten des vertraglichen Erfüllungsanspruches der Stadt H. und damit die Werthaltigmachung der an die Beklagte abgetretenen Forderungen stellt deshalb eine Verminderung der späteren Masse dar, weil aus ihr tatsächlich die Vermögenswerte der Dienste der Arbeitnehmer entnommen wurden.
[31] Eine Gläubigerbenachteiligung ist insoweit auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Anspruch auf die Dienste der Arbeitnehmer im Zweifel nicht übertragbar (§ 613 Satz 2 BGB) und damit weder abtretbar noch pfändbar sind (§§ 399, 400 BGB, § 851 ZPO). Denn § 613 Satz 2 BGB dient allein dem Schutz der Arbeitnehmer (BGH, Urt. v. 11.12.2003, a.a.O.).
[32] Ohne die Abtretung der Forderung im Rahmen der Globalzession und die Werthaltigmachung der abgetretenen Forderung durch Erbringung der erforderlichen Bauleistungen hätte die vereinbarte Vergütung in Form der Abschlagszahlungen die Vermögensmasse der Schuldnerin um einen entsprechenden Betrag vergrößert und der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger gedient.
[33] 6. Die Anfechtung der Werthaltigmachung musste nicht ggü. der Stadt H. geltend gemacht werden. Die Erfüllungshandlung der Schuldnerin hatte auch ggü. der Beklagten Rechtswirkungen entfaltet. Einerseits wurden damit zwar die vertraglichen Verpflichtungen der Schuldnerin ggü. der Stadt erfüllt. Andererseits erhielt die Beklagte eine Wertauffüllung ihrer Sicherheit. Bei einer derartigen Doppelwirkung einer Leistung hat der Verwalter die Wahl, welchen Leistungsempfänger er in Anspruch nimmt. Es können, sofern die Voraussetzungen vorliegen, beide in Anspruch genommen werden. Sie haften ggf. als Gesamtschuldner (BGH, Urt. v. 29.4.1999 - IX ZR 163/98, ZIP 1999, 973, 974; v. 29.11.2007 - IX ZR 165/05, a.a.O., S. 373 Rz. 17).
III.
[34] Das landgerichtliche Urteil ist somit aufzuheben (§§ 562 Abs. 1, 566 Abs. 8 ZPO). Die Sache ist an das LG zurückzuverweisen (§§ 563 Abs. 1 Satz 1, 566 Abs. 8 Satz 2 ZPO). Dieses wird die Voraussetzungen der Anfechtung der Werthaltigmachung der abgetretenen Forderungen nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO zu prüfen haben, ggf. nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien.
Fundstellen
Haufe-Index 2022045 |
NWB 2009, 112 |
BGHR 2008, 985 |
EBE/BGH 2008 |
NJW-RR 2008, 1728 |
EWiR 2008, 689 |
KTS 2009, 104 |
NZA 2008, 1318 |
NZG 2008, 656 |
StuB 2009, 326 |
WM 2008, 1512 |
ZAP 2008, 1021 |
ZIP 2008, 1435 |
DZWir 2008, 427 |
MDR 2008, 1238 |
NZI 2008, 539 |
ZInsO 2008, 801 |
NJW-Spezial 2008, 533 |
NWB direkt 2009, 42 |
ZBB 2008, 258 |
ZVI 2008, 389 |