Rn 3
§ 138 Abs. 1 regelt, wer als dem Schuldner nahe stehend anzusehen ist, wenn dieser eine natürliche Person ist. Zunächst ist nach § 138 Abs. 1 Nr. 1 der Ehegatte des Insolvenzschuldners erfasst, soweit eine wirksame Eheschließung i.S.d. §§ 1310 f. BGB (§§ 16 ff. EheG a.F.) bzw. der entsprechenden ausländischen Bestimmungen vorliegt. Die InsO erfasst – im Gegensatz zur Regelung des § 31 Nr. 2 KO – auch den früheren Ehegatten des Insolvenzschuldners, sofern die Ehe nicht früher als ein Jahr vor der anfechtbaren Rechtshandlung aufgelöst worden ist. Damit wurde der nach altem Recht bestehende Widerspruch beseitigt, dass nach § 31 Nr. 2 KO die Verwandten des früheren Ehegatten im Hinblick auf die Anfechtbarkeit der Rechtshandlung schlechter gestellt wurden als der Ehegatte selbst. Die Begrenzung auf den Zeitraum von einem Jahr nach Auflösung der Ehe erklärt sich daraus, dass nach Ablauf dieser Zeit nicht mehr von einer besonderen Informationsmöglichkeit des geschiedenen Ehegatten ausgegangen werden kann.
Rn 4
Durch Gesetzesänderung zum 1.8.2001 wird nach § 138 Nr. 1a ein gleichgeschlechtlicher Partner genauso wie ein Ehegatte behandelt, wenn der Insolvenzschuldner mit diesem eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen ist. Dieses eigenständige familienrechtliche Institut wurde geschaffen, um die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebensformen abzubauen. Insolvenzrechtlich ergeben sich kaum Unterschiede, weil solche Personen bisher unter § 138 Abs. 1 Nr. 3 zu subsumieren waren. Die Änderung vereinfacht somit lediglich die Beweisführung.
Rn 5
§ 138 Abs. 1 Nr. 2 erfasst die Verwandtschaft und bezieht die (Ur-)Urgroßeltern, die Großeltern, die Eltern, die Kinder, die Enkelkinder und die (Ur-)Urenkel des Schuldners, seines Ehegatten und seines früheren Ehegatten (Letztere nur insoweit, als die Ehe innerhalb der Jahresfrist vor der Handlung aufgelöst worden ist) mit in den Kreis der nahe stehenden Personen ein. Des Weiteren werden auch jeweils deren Ehegatten mit erfasst. In Ermangelung einer näheren Bestimmung über den Zeitpunkt des Bestands der Ehe kommt es hier – im Gegensatz zu § 138 Abs. 1 Nr. 1 – nur auf eine bestehende Ehe im Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung an.
Rn 6
Durch § 138 Abs. 1 Nr. 3 werden auch solche Personen einbezogen, die mit dem Schuldner in häuslicher Gemeinschaft leben bzw. im letzten Jahr vor der Handlung gelebt haben. Damit sind – im Hinblick auf die Vermeidung der Schlechterstellung Verheirateter – in erster Linie die Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften gemeint. Erfasst wird aber z.B. auch das Verhältnis zwischen Pflegeeltern und ihren Pflegekindern, nicht hingegen bloße Zweckwohngemeinschaften (z.B. Studenten-Wohngemeinschaften), da hier der Grad der persönlichen Verbundenheit ein geringerer ist.
Rn 7
Das Gesetz weist systematische Schwächen auf. So wird nicht geregelt, inwieweit eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit in der Insolvenz einer natürlichen Person als nahestehend zu behandeln ist (zum Fall der Insolvenz der Gesellschaft siehe Rn. 14). Besteht eine Verbindung des Schuldners bzw. einer nahe stehenden Person nach § 138 Abs. 1 zu einer solchen Gesellschaft, so ist diese unter dem Gesichtspunkt der Umgehung ebenfalls als nahe stehend anzusehen, wenn die Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 vorliegen. Zur Schließung der Lücken sind mithin § 138 Abs. 1 und 2 analog anzuwenden.