Rn 4
Eine Möglichkeit, im Wege der Liquidation Gegenstände zu Geld zu machen, ist der freihändige Verkauf. Dabei wird der Verwalter ggf. einen Marktwert zu beachten haben, von dem er nicht allzu weit abweichen sollte. Es gelten zwar keine Sondervorschriften, aber die allgemeinen Vorschriften sind zu beachten (z.B. § 8 Abs. 2 UWG bei Räumungsverkäufen, Zubehöreigenschaft bei Grundstücksverkäufen, fremde Patente oder Warenzeichen, Erlöschen der Vorkaufsrechte Dritter nach § 512 BGB a.F., steuerliche Regelungen bezüglich erzielter Veräußerungsgewinne usw.). Abweichend von § 1 UWG darf der Verwalter Insolvenzware auch unter Herstellungs- bzw. Anschaffungspreis veräußern und ist keinen Preisbindungen unterworfen. Bei der Werbung für den Verkauf sind wettbewerbsrechtliche Vorgaben zu beachten, wobei infolge der Insolvenzsituation auch auf die gewährten Preisvorteile hingewiesen werden darf.
Rn 5
In der Praxis wird – zur Eindämmung des Gewährleistungsrisikos – dabei regelmäßig ein Gewährleistungsausschluss zugunsten der Insolvenzmasse vereinbart. Seit dem In-Kraft-Treten der Schuldrechtsreform ist diese Vorgehensweise allerdings bei beweglichen Sachen gegenüber Verbrauchern nicht mehr möglich, § 474 Abs. 1 BGB.
Rn 6
Daneben steht dem Verwalter auch die Versteigerung zur Verfügung. Wenn er auch auf diese Weise regelmäßig nur einen geringeren Erlös erwirtschaften wird, so vermeidet er andererseits Gewährleistungsansprüche gegen die Masse (vgl. § 56 Satz 3 ZVG, § 474 Abs. 1 Satz 2 BGB). Allerdings gilt diese Möglichkeit bei der Pfandversteigerung nicht uneingeschränkt, § 445 BGB. Darum muss der Verwalter bei seiner Verwertung diese beiden Möglichkeiten gegeneinander abwägen. Die Entscheidung steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen.
Rn 7
Zuletzt steht dem Verwalter noch die Möglichkeit einer Freigabe (dazu § 35 Rn. 104 ff.) zur Verfügung. Diese kommt immer dann in Betracht, wenn der Erlös der Verwertung voraussichtlich hinter den Kosten zurückbleibt. Besonders lukrative Verwertungsmöglichkeiten eines Gläubigers können möglicherweise durch eine modifizierte Freigabe (§ 170 Rn. 10) für die Masse nutzbar gemacht werden (zu den steuerlichen Folgen § 38 Rn. 68 ff.).
Rn 8
Die in § 117 Abs. 2 KO enthaltene Einschränkung der Verwertung der Geschäftsbücher des Gemeinschuldners ist entfallen. Ein generelles isoliertes Verwertungsverbot wird als überzogen angesehen, zumal § 36 Abs. 2 Nr. 1 jetzt ausdrücklich bestimmt, dass die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten unberührt bleiben. Der Verwalter kann nunmehr in diesen Grenzen auch auf klarer gesetzlicher Grundlage frei über die Geschäftsbücher, z.B. insbesondere Kundenlisten verfügen (vgl. § 36 Rn. 6). Besondere Berufsgeheimnisse (z.B. bei Verwertung einer Arztpraxis; vgl. § 203 StGB) sind ebenso zu beachten wie wirksam vereinbarte Wettbewerbsverbote, deren Höchstdauer regelmäßig auf maximal zwei Jahre begrenzt ist. Außerdem sind – soweit einschlägig – die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes zu beachten.
Rn 9
Soweit Auslandsvermögen des Schuldners vorhanden ist, fällt dieses mit in die Insolvenzmasse (vgl. § 35 Rn. 116). Der Verwalter ist verpflichtet, auch dieses Vermögen mit zu verwerten, der Schuldner hat eine entsprechende Mitwirkungspflicht (§ 97 Abs. 2), muss also alles tun, um dem Verwalter die Verwertung zu ermöglichen, insbesondere z.B. Vollmachten erteilen in den Fällen, in denen die ausländische Rechtsordnung die dem Verwalter durch die deutsche Insolvenzordnung erteilte Verfügungsmacht nicht anerkennt. Denkbar ist auch eine erkaufte Freigabe solcher Vermögensgegenstände, indem der Schuldner oder ein Dritter für den im Ausland belegenen Gegenstand eine Abstandssumme zahlt, die wirtschaftlich gegenüber der oft unsicheren Verwertung bzw. Vollstreckung im Ausland auch dann vorteilhaft sein kann, wenn sie hinter dem (vermeintlichen) Wert des Gegenstandes zurückbleibt.