Rn 30
Mit dem Ausschluss einer Zustimmungsersetzung im Fall einer wirtschaftlichen Schlechterstellung sollen betroffene Gläubiger vor einem Sonderopfer bewahrt werden. Kein Gläubiger soll schlechter gestellt werden als bei der Durchführung des Insolvenzverfahrens mit ggf. anschließender Restschuldbefreiung. Dies ermittelt sich aus einem fiktiven Vergleich des zu erwartenden Werts der Forderung des den Plan ablehnenden Gläubigers im Fall der Durchführung des Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahrens mit dem zu erwartenden Wert der Forderung bei einer Annahme des Schuldenbereinigungsplans. Gläubiger, die eine wirtschaftliche Schlechterstellung einwenden, müssen ebenso wie bei den Einwendungen nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 einen konkreten Sachverhalt darlegen und konkrete Umstände glaubhaft machen. Sie müssen eine fiktive Vergleichsberechnung vorlegen. Zur Ermittlung des fiktiven Ergebnisses des Insolvenzverfahrens müssen die Erträge der Vermögensverwertung, der Wert des Neuerwerbs bis zum Ende des Restschuldbefreiungsverfahrens geschätzt und die Kosten des Verfahrens (einschließlich Veröffentlichungskosten, Auslagen des Treuhänders, etc.) abgezogen werden. Durch die Einfügung des Wortes "voraussichtlich" in § 309 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 (siehe auch § 245 Abs. 1 Nr. 1) wird klargestellt, dass das Insolvenzgericht eine Prognoseentscheidung im Rahmen einer hypothetischen Berechnung zu treffen hat. Deshalb muss das Insolvenzgericht zwar feststellen, ob eine Schlechterstellung des Gläubigers durch Zustimmungsersetzung zum Schuldenbereinigungsplan wahrscheinlicher ist als ohne Zustimmungsersetzung und Durchführung des Verfahrens nach §§ 311 ff. u. 286 ff. Eine Prognose über zukünftige wirtschaftliche Angelegenheiten und Vermögensentwicklungen beim Schuldner kann keine exakten, mathematisch genauen Feststellungen treffen, da sich die zur Zeit der Antragstellung vorhandenen Grundlagen und Einflussfaktoren jederzeit ändern könnten.
Rn 31
Es ist ausreichend, dass ein Gläubiger, der die Schlechterstellung durch den Schuldenbereinigungsplan behauptet, im Rahmen seiner ihm durch Abs. 2 Satz 2 auferlegten Glaubhaftmachung die Vergleichsberechnung auf der Grundlage der Informationen aufstellt, die sich aus den vom Schuldner mit dem Antrag vorgelegten Unterlagen ergeben (s.u. Rdn. 46). Hieraus ergibt sich für den Gläubiger, dass er für zusätzliche Vermögenswerte, die sich nicht aus den angeführten Unterlagen ergeben, zunächst die Glaubhaftmachungslast trägt.
Rn 32
Bei der Berechnung sind im Zweifel die Vermögens-, Einkommens und Familienverhältnisse des Schuldners im Zeitpunkt des Antrags auf Zustimmungsersetzung für das gesamte Verfahren zugrunde zu legen (Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 am Ende). Die absehbaren Veränderungen (Wegfall von Unterhaltspflichten, Erreichen der Altersgrenze im Beruf, Ablauf von Abtretungen, Schwangerschaft der Ehefrau etc.) sind in die Vergleichsberechnung einzubeziehen. Wird eine Einmalzahlung angeboten, ist diesem Betrag der Kapitalwert der den Gläubigern im eröffneten Verfahren und der sich anschließenden Wohlverhaltensperiode als nachschüssige Jahresrente zufließenden Zahlungen, gemindert um die im Verfahren anfallenden Kosten, gegenüberzustellen. Bei der Vergleichsberechnung sind auch Ansprüche aus Insolvenzanfechtung zu berücksichtigen.
Rn 33
Für die Frage, ob sich der die Zustimmung verweigernde Gläubiger bei der Fortsetzung des Eröffnungsantragsverfahrens besserstellen würde als bei Annahme des Schuldenbereinigungsplans, ist zunächst zu prognostizieren, ob es überhaupt zur Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens kommen würde, was seit Einführung der Möglichkeit der Verfahrenskostenstundung zugunsten des Schuldners regelmäßig der Fall sein dürfte. Da der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung bereits im Antragsverfahren Geltung beanspruchen kann (etwa durch die Möglichkeit der Einstellung oder Untersagung der Einzelzwangsvollstreckung durch das Insolvenzgericht), kann eine schlechtere Stellung des Gläubigers bei Annahme des Schuldenbereinigungsplans nicht damit begründet werden, dass er bereits im Besitz eines Vollstreckungstitels ist und dementsprechend im Rahmen einer Einzelzwangsvollstreckung Priorität vor anderen Gläubigern haben würde, deren Ansprüche noch nicht tituliert sind.
Rn 34
Ist zu unterstellen, dass es bei Scheitern des gerichtlichen Schuldenbereinigungsplans zu einer Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens kommt, ist der weitere Verlauf des Verfahrens und die insoweit zu erwartende Befriedigungsaussicht für den betroffenen Gläubiger ggf. unter Berücksichtigung zu seinen Gunsten bestehender Sicherheiten zu prognostizieren.
Rn 35
Bei der Prognose muss zunächst grundsätzlich außer Betracht bleiben, ob der Schuldner aufgrund seines bisherigen Verhaltens wahrscheinlich den Plan erfüllen kann. Anders könnte es sich verhalten, wenn der widersprechende Gläubiger z.B. eine unveränderte Drogenabhängigkeit des Schuldners oder Infektanfälligkeit, die immer wie...